Gewöhnliche Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus), sehr häufig in meinem Garten
Abb. 1 In Kopulation verbundenes Feuerwanzenpaar (Foto W. Probst)
Feuerwanzen sind ohne Übertreibung die häufigsten Insekten in meinem Garten. Oft krabbeln sie um die Steine des schmalen Kieselstreifens, der die Hauswände säumt, aber auch in Mauerritzen und Fugen kann man viele von ihnen beobachten. Nicht selten verirren sie sich auch ins Haus. Ihre auffällige Rückenzeichnung, ein schwarzes Muster auf rotem Grund, hat ihnen ihren Namen gegeben. Dieses Muster kann individuell leicht variieren (vgl. Abb. 1 und 3). Die auffällige Färbung dient vermutlich – ähnlich wie die schwarz-rote Zeichnung von Marienkäfern – als Warnsignal für Fressfeinde, denn die Wanzen können bei Gefahr unangenehme riechende Stoffe ausscheiden, die sie als Nahrung unattraktiv machen.
In Deutschland kommen nur 2 Arten der Familie Pyrrhocoridae vor, insgesamt umfasst sie mehr als 300 vorwiegend tropische und subtropische Arten. Bei den Wanzen, die ich im Garten und im Haus finde, handelt es sich um die Gewöhnliche Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus). Das Artkennwort „apterus“ bedeutet altgriechisch „flügellos“ und geht darauf zurück, dass der größte Teil der Feuerwanzen flugunfähig ist, da die Flügel verkürzt sind. Bei etwa 5 % der Tiere sind die Flügel normal ausgebildet und dies spielt bei der Ausbreitung der Art, zum Beispiel bei ihrem derzeitigen Vorrücken nach Norden, möglicherweise eine Rolle.
Wie alle Wanzen sind auch die Feuerwanzen hemimetabol, d. h. sie entwickeln sich allmählich über mehrere Nymphenstadien (Abb. 2), in diesem Falle 5, zum vollständigen Insekt. Im Freien benötigen sie für diese Entwicklung etwa 3 Monate. Nicht selten findet man dichte Ansammlungen von Wanzen unterschiedlicher Entwicklungsstadien, zum Beispiel an sonnigen Stellen am Fuß von Bäumen. Auch in Kopulation verbundene Wanzenpaare (Abb. 1) kann man oft beobachten. Sie können sehr flink laufen, obwohl ein Partner dabei immer rückwärts laufen muss.
Abb. 2 Nymphe einer Feuerwanze an Berg-Bohnenkraut, an Samen saugend (Foto W. Probst)
Wichtigste Nahrung sind Pflanzensäfte, vor allem auch aus Samen, die sie mi ihrem Stechrüssel anstechen. Nach der Literatur sollen Malvensamen besonders beliebt sein, aber ich habe sie regelmäßig am Berg-Bohnenkraut beobachtend (Abb. ) Allerdings sind die Tiere im Hinblick auf ihre Nahrung nicht sehr wählerisch. Sie saugen auch an toten Insekten (Abb. 3), auch Artgenossen, und sogar Kannibalismus (an frisch gehäutet Nymphen) wurde beobachtet.
Abb. 3 Feuerwanze an toter Amerikanischer Kiefernwanze (Leptoglossus occidentalis) saugend (Foto W. Probst)
Huflattich (Tussilago farfara): Wachstum nach der Blüte
(alle Fotos des Beitrags von W. Probst)
Die ersten Blütenstände des Huflattichs öffnen sich oft schon im Februar oder Anfang März. Sie sind recht kurzgestielt. Die Stiele verlängern sich etwas im Laufe der Blüte und noch stärker, wenn die Blüten verblüht sind und sich die Köpfchen schließen. Die Achsen biegen sich dann nach unten, sodass die Köpfchen wie kleine Glocken nach unten hängen. Mit der Fruchtreife strecken sich die Blütenstandsachsen wieder und wachsen noch einmal erheblich in die Länge, sodass die Fruchtstände mit den Fallschirmfrüchten sich nun auch über die umgebenden Vegetation erheben und der Wind die Flugfrüchte gut verbreiten kann. Die sehr dünnen, seidigen Haare der Flugschirme haften in nassem Zustand auch sehr gut an vorbeistreifenden Tieren und Menschen. Im April kann man alle Stadien dieser Blütenstandsentwicklung nebeneinander beobachten.
Der Huflattich ist in ganz Eurasien und als invasive Pflanze auch in Nordamerika weit verbreitet. Er ist eine Pionierpflanze auf wechselfeuchten lehmigen Böden und wegen seiner langen, oft über 1 m tief reichenden Ausläufern kommt er zu auch sehr gut mit Hangrutschungen zurecht. Er ist ein sehr typischer Erstbesiedler von frisch aufgeschütteten Straßenböschungen, Hängen von Steinbrüchen und Kiesgruben und anderendurch menschliche Aktivitäten entstandenen Offenböden. An Steilufern von Bächen, Flüssen und Seen, die durch Erosion offengehalten werden, können sich vom Huflattich dominierte Pflanzenbestände lange halten. Ein gutes Beispiel ist die Steilküste der Ostsee an der Flensburger Förde (Abbildung). Die Pflanzensoziologie unterscheidet eine eigene Pflanzengesellschaft, das Poo–Tussolaginetum.
Während der deutsche Name auf die hufförmigen Blätter Bezug nimmt, weist der lateinische Name „Tussilago“ auf die hustenlösenden Eigenschaften seiner Inhaltsstoffe hin (lat. tussis = Husten). Deshalb sind Blüten und Blätter auch Bestandteile von Hustentees. Allerdings enthält Huflattich auch karzinogene Pyrrolizidin-Alkaloide , weshalb von der Verwendung selbst gesammelte Huflattichblätter und -blüten abgeraten wird. Mittlerweile gibt es PA-freie Huflattichsorten für die medizinische Verwendung.
Hungerblümchen (Draba verna, syn. Erophila verna)
Die Pflasterfugen in unserem Gartenweg, die im Winter vor allem vom Purpur-Hornzahnmoos begrünt sind, zeigen jetzt im Frühjahr einen ganz besonderen Blütenflor. Tausende winziger Hungerblümchen machen sie zu richtigen Blumenrabatten. Sehr schnell bilden die Zwerge Aus der Familie der Kreuzblütler Früchte und Samen und nach wenigen Wochen sind sie verschwunden. Aber ihre Samen bleiben in den Pflasterfugen und im nächsten Frühjahr, oft schon Ende Februar, treiben sie neue Blütenstände.
In Städten und Siedlungen gibt es viele Ritzen und Fugen. Oft kann man beobachten, wie sie von Anwohnern mühsam ausgekratzt werden. Teilweise kommt es auch zum Einsatz von Herbiziden. Hier könnte man in vielen Fällen Begrünung zulassen und dadurch nicht nur die Biodiversität sondern auch – wie Botaniker der Universität von Santiago de Compostela auch wissenschaftlich bewiesen haben – das Mikroklima verbessern.
An unserem Gartenteich wächst schon seit einigen Jahren eine Schwarz-Erle, die wir regelmäßig sehr stark zurückschneiden, sodass sie nicht höher wird als die krautige Vegetation.
Heute Morgen (11.9.2023) entdeckte ich an den Blättern eines Zweiges sehr viele Raupen. Die oberen Blätter hatten sie schon ganz kahl gefressen. Sie fraßen die Blätter vor allem vom Rand aus an und bei Störung nahmen sie plötzlich eine auffällige Schrägstellung ein: Sie krümmten ihren Körper bis auf das Hinterende s-förmig nach hinten.
Mithilfe des Internets ließen sich die Raupen eindeutig der Breitfüßigen Erlenblattwespe (Nematus septentrionalis, syn. Craesus septendrionalis) zuordnen, die in ganz Europa vorkommt, aber vor allem in Mittel- und Nordeuropa weit verbreitet ist.
Die Weibchen der Blattwespe legen ihre Eier in die Mittelrippen von Blättern, vor allem von Birken, Schwarz-Erlen, Eschen, Ahorn, Weiden und Pappeln. Die die Larven fressen gemeinsam am Blattrand und zwar systematisch bis das Blatt bis zur Mittelrippe und wenigen Seitenrippen abgefressen ist. Laut Wikipedia sollen meist drei Generationen vorkommen, die erste fliegt von Mai bis Juni, die zweite von Juli bis September. Die Puppen der dritten Generation überwintern.
Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal zwischen Schmetterlingsraupen und Blattwespenraupen ist die Anzahl der Beinpaare. Schmetterlingsraupen haben maximal acht Beinpaare. Nach den Brustsegmenten folgen bei Schmetterlingsraupen mindestens zwei Segmente ohne Beine. Bei den Raupen der Blattwespen folgt hinter den drei Beinpaaren der Brustsegmente nur ein beinfreies Segment. Alle übrigen Segmente tragen Beinpaare.
Nektarraub
Schon seit Jahrzehnten gedeiht bei mir die afrikanische Aloe aristata. Ich überwintere sie im Zimmer, in der frostfreien Zeit stehen die Pflanzen im Garten.
Ich habe auch schon versucht, sie im Freien zu überwintern und einige Male ist es geglückt. Den Freilandaufenthalt danken die Pflanzen mit besonders reichlichen Blüten. Die traubigen Blütenstände können bis zu einem halben Meter lang werden. Oft bilden sie ein bis drei Seitentrauben.
Die mehrere Zentimeter langen, schmalen, orangeroten Blütenkronen sind verwachsen und für heimische Insekten ist der Nektar an der Blütenröhrenbasis kaum zugänglich. In ihrer Heimat werden sie vermutlich von langrüsseligen Nachtfaltern oder sogar von Nektarvögeln bestäubt. In unserem Garten kommt es nur sehr selten vor, dass sich aus einer Blüte eine Frucht entwickelt. Aber der Nektar der Blüten wandert trotzdem in einen Insektenmagen: Wespen, vor allem Feldwespen, knabbern regelmäßig an der Blütenbasis Löcher in die Kronröhre und saugen den Nektar aus.
Nektarraub kann man auch an einheimischen Blütenpfflanzen beobachten, besonders häufig am Akelei, bei dem der Nektar in den Spornern der Blütenblätter gespeichert wird.
Der Stachel-Lattich (Lactuca serriola) trägt wechselständige, stachelige Blätter, die mit ihrer Spreite meist senkrecht stehen und häufig nach Norden bzw. Süden zeigen. Deshalb wird die Pflanze auch „Kompass-Lattich“ genannt. Diese Blattstellung wird als Strahlenschutz gedeutet, da die Pflanze häufig an sehr sonnigen Standorten zu finden ist. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Nordafrika bis in die gemäßigten Zonen.
Die kleinen Fallschirmfrüchte sorgen für eine effektive Windverbreitung. Es handelt sich um eine ausgesprochene Pionierpflanze, die häufig an sonnigen Wegrändern und in lückigen Unkrautfluren zu finden ist.
In unserem Garten war sie zu Anfang sehr häufig, vor allem auf einem großen Erdhaufen vom Bauaushub. Später verschwand sie fast vollständig. Zur Zeit keimen ihre Samen vor allem zwischen den Kieseln, die den Plattenweg von der Hauswand trennen.
Nach Ellenberg handelt es sich um eine Volllichtpflanze (L 9) mit geringem Feuchtigkeitsanspruch (F 4) und mäßigem Stickstoffbedarf (N 4)
Der Grüne Salat (Lactuca sativa) mit den Züchtungen „Kopfsalat“ und „Römischer Salat“ stammt vermutlich vom Stachel-Lattich ab.
Wilde Möhre (Daucus carota) – Fam. Apiaceae
Nach dem Kompass-Lattich möchte ich noch eine einheimische Wildpflanze vorstellen, die Ursprungsart für eine wichtige Kulturpflanze ist: die Wilde Möhre (Daucus carota). Die Pflanze blüht bei uns von Mai bis Anfang August. Dieses Jahr mit seinen vielen warmen Sonnentagen ließ die Möhrenbestände sehr gut gedeihen. Die charakteristischen weißen Doppeldolden, meist mit einer schwarzen „Mohrenblüte“ in der Mitte, bilden an vielen Wegrändern – wie im Bild am Bodensee bei Manzell – große Bestände.
Dadurch, dass in den letzten Jahren die Wegränder und Straßenränder weniger häufig gemäht werden, haben sich die Bestände dieser Pflanze erheblich vermehrt.
Innerhalb der Doldenblütengewächse sind weiße Doppeldolden als Blütenstände weit verbreitet. Sie sehen bei den verschiedenen Arten sehr ähnlich aus, aber die Mohrenblüte ist ein Alleinstellungsmerkmal der Wilden Möhre. Über die biologische Bedeutung dieser durch Anthocyane sehr dunkel gefärbten Blüte findet man in der Literatur die Vermutung, dass es sich dabei um eine Fliegenattrappe handelt, die andere Fliegen anlockt.
Man könnte vermuten, dass der Name „Möhre“ oder „Mohrrübe“ mit der dunklen Mittelblüte zu tun hat. Aber das stimmt nicht . Der Name kommt vom mittelhochdeutschen „morche“, „morhe“ oder „more“ für „Rübe“ oder „dicke Pfahlwurzel“. Bis heute werden Möhren in Norddeutschland ja auch „Wurzeln“ genannt. Andere Namen sind Karotte oder Gelbe Rübe. Sie beziehen sich auf die von Carotin verurachte orangegelbe Farbe der Kultur-Möhre. Die Wurzeln der Wilden Möhre sind weißlich oder schwach crremefarben, aber sie schmecken und riechen nach Karotte.
Möhren sind zweijährig. Im ersten Jahr bildet sich eine Blattrosette mit einer dicken Pfahlwurzel. Kultur-Möhren werden in diesem Zustand geerntet. Im zweiten Jahr werden die in der Pfahlwurzel gespeicherten Reservestoffe zum Aufbau der Blütenstände genutzt, die bis über 1 m hoch werden können. Im Gegensatz zu vielen anderen Doldenblütlern sind die Dolden der Möhre vor dem Aufblühen kugelig geschlossen und nach dem Verblühen neigen sich die Doldenäste ebenfalls wieder zu einer Kugel zusammen (an ein Vogelnest erinnernd). Auf den Früchten entwickeln sich hakenförmige Härchen, die der Tierverbreitung dienen.
Der Wasserdost ist eine ausgesprochene Schmetterlingspflanze. In unserem Garten in Flensburg wurde die Staude regelmäßig von vielen Faltern besucht. In unserem Garten in Oberteuringen hat sich der Wasserdost von selbst am Teichufer eingefunden. Die leichten Flugfrüchte werden weit verbreitet. Allerdings ist die Schmetterlingsfauna in den letzten zwei Jahrzehnten sehr viel ärmer geworden, meistens konnten wir deshalb nur einzelne Falterbesuche beobachten.
Wasserdost-Arten stammen aus Afrika, Asien, Nord- und Südamerika, nur wenige sind in Europa heimisch. Für die Gartenkultur werden aber mehrere Arten angeboten, zum Beispiel die Hochstaude Eupatorium fistulosum (Purpur-Wasserdost, Röhriger Wasserdost) aus Nordamerika, von dem es eine Reihe von Zuchtformen gibt.
„Dost“ bedeutet im Mittelhochdeutschen „etwas buschiges, etwas, das in Büschen wächst“. Ohne Zusatz „Wasser“ bezeichnet Dost die Pflanzengattung Origanum aus der Familie der Lippenblütler. Dazu gehören Majoran (Origanum majoranum) und Echter oder Gewöhnlicher Dost, italienisch Oregano (Origanum vulgare), der mit dem Wasserdost nur die violette Blütenfarbe gemeinsam hat. Dies gilt auch für den Lippenblütler Wirbeldost (Clinopodium vulgare).
Die Blätter des Gewöhnlichen Wasserdosts sind drei geteilt und erinnern entfernt an Hanfblätter (Cannabis), daher das Art-Epitheton „cannabinum“.
Seerosen-Honig
Auf den Seerosenblättern in meinem Teich kann man ziemlich regelmäßig jedes Jahr zwei Insektenarten beobachten.
Zum einen ist das der Seerosen-Blattkäfer (Galerucella nymphaeae). Alle Lebensstadien, Eier, Larven, Puppen und Imagines des Käfers leben auf den Blättern von Seerosen. Außerdem kommen die Käfer auf Gelber Teichrose, Wasser-Knöterich und Pfeilkraut, eigenartigerweise auch auf Erdbeerpflanzen vor. Die unregelmäßigen Rillen, die Larven und Käfer in die obere Blattschicht fressen, können bei Massenbefall sehr auffällig sein und die Blätter auch zu frühem Absterben bringen, untergehen tun sie allerdings nicht so schnell, da die untere Epidermis nicht angefressen wird.
Die zweite Insektenart, die auf den Seerosenblättern zum Teil massenhaft auftreten kann, ist die Seerosen-Blattlaus (Rhopalosiphum nymphaea). Ihr Honigtau kann die Spaltöffnungen auf der Seerosenblattoberseite verstopfen und deshalb die Blätter zum vorzeitigen Absterben bringen. Außerdem lockt der süße Saft auch Insekten, Fliegen und vor allem Bienen, an. Sie verwandeln die süßen Ausscheidungen in Honig, Seerosen-Honig.
Auch 2023 gibt es wieder einen Spontanzugang an unserem Kompost- und Mülleimer-Stellplatz: Es hat sich eine prächtige fast 2 m hohe Staude des Färber-Waids (Isatis tinctoria) entwickelt. Mir fiel schon letztes Jahr die große, grundständige Blattrosette auf, aber ich konnte sie nicht zuordnen.
Diese schon seit vorgeschichtlichen Zeiten genutzte Kulturpflanze aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) war bis ins 16. Jahrhundert wichtiger Lieferant für den blauen Farbstoff Indigo, der vor allem für das Färben von Leinenstoffen aber auch für Holzanstriche verwendet wurde. Erst nachdem der Echte Indigo (Indigofera tinctoria) aus Indien, China und Afrika eingeführt wurde, verlor Färber-Waid schnell an Bedeutung.
Nun findet man die Pflanze in Mitteleuropa immer noch, vor allem an kalkreichen, relativ trockenen Standorten. Aber wie er in unseren Garten gekommen ist, bleibt eine offene Frage, denn in der näheren Nachbarschaft kenne ich keine Standorte.
Allerdings werden Färber-Waid-Samen auch vom Gartenversandhandel angeboten. Die Pflanze gilt als gutes Bienenfutter: Die Samen entwickeln sich in einsamigen „Schötchen“, die sich aber – im Gegensatz zu den für die übrige Kreuzblütler typischen Schoten und Schötchen – nicht öffnen, botanisch gesehen also eigentlich Nüsse sind.
Der Himmel über Oberteuringen
Am 5. November 2022, während in Sharm-EL-Sheikh die 27. UN-Klimakonferenz tagte, hatten wir in Oberteuringen einen wunderschönen Sonnentag mit strahlendblauem Himmel. So sah dieser Himmel aus, als ich morgens um neun auf unserer Terrasse rollte: Alle erkennbaren Wolkenbildungen auf diesem Foto gehen auf Kondensstreifen von Flugzeugen zurück. Für jedes Wassermoleküle, dass diese Kondensstreifen verursacht, wird auch ein Kohlenstoffdioxidmolekül ausgestoßen. Die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs werden dadurch indirekt sichtbar.
„Das Unheil im Kondensstreifen bekommt keine Gestalt, obwohl jedes vernünftige westeuropäische Bewusstsein von diesem Unheil weiß. Kondensstreifen gibt es nur, weil es den Flugverkehr gibt, und der Flugverkehr ist ein sichtbares Zeichen für die globale Erwärmung. Ein Kondensstreifen ist eine Beschädigung der Atmosphäre durch den Menschen. Wenn wir diese Beschädigung denken und ihre Folgen bedenken, müsste er einen anderen Namen bekommen. Kondensstreifen sind anthropogene Wolken, was als Begriff wiederum in die Vergangenheit weist. In die Zukunft, in die Folgen gedacht, müssten sie einen Namen des Unglücks bekommen, ein Name der Schmerzen und der Schönheit. Es bleibt eine Wolke, weiß und hell und glänzend am Himmel, ein freundliches Zeichen des Untergangs im Abendlicht.“
Bärfuss, Lukas. Vaters Kiste: Eine Geschichte über das Erben (S.62-63). Rowohlt E-Book. Kindle-Version.
Das Schildblatt (Darmera peltata) stammt aus dem Westen der Vereinigten Staaten von Amerika. Es gedeiht an Bach- und Flussufern in den Staaten Kalifornien und Oregon. Nach unserem Einzug in Oberteuringen erhielten wir einige Pflanzen von unserer Nachbarin. Sie wuchsen zunächst an einigen Stellen in unserem Garten aber dauerhaft hielten sie sich nur am Rand unseres Gartenteiches.
Natürlich, es handelt sich um einen Exoten und strenge Verfechter der Naturgartenidee plädieren dafür, nur Einheimische im Garten wachsen zu lassen. Ich gehöre nicht dazu. Exotische Pflanzen, die mich faszinieren und die im Garten gut gedeihen dürfen dort auch gerne wachsen. In unserem Garten gehört das Schilfblatt dazu.
Schon im April, vor den Blättern, erscheinen die kugeligen rosa Blütenstände an einem Stiel, der bis 30 cm hoch werden kann. Erst im Mai entfalten sich dann die großen Schildblätter. Die Blütenstände strecken sich bis zur Fruchtreife noch einmal auf doppelte Länge, insbesondere die Achsen zwischen den einzelnen Blüten verlängern sich und in jeder Blüte entwickeln sich 2-3 der für Steinbrechergewächse typischen Bälgchen.
Vom Lebensformentyp ähnelt das Schildblatt unserer Gewöhnlichen Pestwurz (Petasites hybridus), die ebenfalls bevorzugt an Bach- und Flussufern und auf teilweise überfluteten Kiesbänken gedeiht und die im zeitigen Frühjahr ihre violetten Blütenstände treibt, bevor sich die riesigen rhabarberartigen Blätter entwickeln. Allerdings würde sich die Pestwurz an unserem nur mit Regenwasser gespeisten und deshalb sehr nährmineralarmen Teich vermutlich nicht gut entwickeln. Auch das Schildblatt erreicht hier keine maximalen Größen – ich sehe das im Vergleich zu den Exemplaren bei unserer Nachbarin, die einen sehr eutrophen Teich mit sehr vielen Fischen pflegt. Trotzdem spenden auch bei uns die Schildblätter den Sommer über sehr viel Schatten. Darunter gedeihen fast nur noch Moose.
Im Herbst erhöht das Schildblatt noch einmal seine Attraktivität durch eine ausgezeichnete Herbstfärbung. Im Winter zieht sich die Pflanze ganz in das kräftige unterirdische Rhizom zurück.
Minen, die nicht explodieren
Ich beobachte eigenartige Linien und Muster, mäandererartig verschlungene Pfade, auf Akeleiblättern. Wenn ich die Blätter gegen das Licht halte, wird deutlich, dass die Blätter an diesen Pfaden sehr durchscheinend sind. Sie bestehen nur aus den chlorophyllfreien Epidermen, den einzellschichtigen Häutchen, die das Blatt nach außen abschließen. Das Blattinnere, das grüne Mesophyll, fehlt. Es wurde von kleinen Insektenlarven aufgefressen, die sich durch das Blattinnere bohren.
Man nennt diese durch Fraß entstandenen Gänge „Minen“ oder „Hyponomien“. Es gibt eine sehr große Anzahl unterschiedlicher Blattminen, die von Mücken-, Fliegen-, Kleinschmetterlings-, Käfer- und Blattwespenlaven erzeugt werden können.
Bei den abgebildeten Akeleiblättern ist der Verursacher die Akelei-Minierfliege Phytomyza aquilegivora. Den Minentyp, bei dem sich die Insektenlarven einen Gang entlang fressen, dessen Durchmesser mit dem Wachstum der Larve immer breiter wird, nennt man „Gangminen“. Eine nahe verwandte Minierfliegen-Art, Phytomyza aquilegiae, frisst sich flächig durch das Blatt und bildet „Platzminen“.
Als Pionier der Pflanzenminen-Forschung gilt Erich Martin Hering und sein Werk „Die Blattminen Mittel- und Nordeuropas einschließlich Englands“. Die Bestimmung ist mit dieser umfassenden Monographie sehr gut möglich, da die Minen nach ihren Wirtspflanzen sortiert sind.
Die Minen an Akeleiblättern sind verhältnismäßig häufig, andere Pflanzen, die oft von Minierern befallen werden, sind zum Beispiel Geißblatt bzw. Heckenkirsche, Springkraut, Gänsedistel und Klette.
Orchideen am Gartenteich
An unserem Gartenteich haben sich „freiwillig“ zwei Orchideenarten eingefunden. 2016 konnte ich am Teichufer zum ersten Mal eine blühende Fleischfarbene Fingerwurz (Dactylorhiza incarnata) entdecken. Die Art kommt in einem etwa 1 km entfernten Naturschutzgebiet (Altweiherwiese) vor. In den Folgejahren hat sich die Anzahl der Orchideenpflanzen langsam aber kontinuierlich erhöht.
Zu Dactylorhiza incarnata kam noch die Breitblättrige Fingerwurz (Dactyloriza majalis), die ebenfalls im NSG Altweiherwiese zu finden ist. 2022 konnte ich 14 PflanzenDieser beiden Arten zählen, dieses Jahr (2023) ging die Anzahl auf 11 zurück. Dabei hat eventuell Schneckenfraß eine Rolle gespielt.
Unser Teich wird immer wieder mit Regenwasser aus einer Zisterne aufgefüllt und ist sehr mineralstoffarm. Die Pflanzen am Teichufer – zum Beispiel Blutweiderich und Wasserdost – bleiben ziemlich klein. Dazwischen gedeihen Moose sehr gut, insbesondere das Spießmoos (Calliergonella cuspidata). Aus diesen Moosrasen sprießen die Orchideen.
Binsen-Schmuckzikade (Cicadella viridis)
Im Oktober 2022 beobachtete ich an den schon fast abgestorbenen Stängeln einer Wald-Engelwurz (Angelica silvestris) am Rand meines Gartenteiches etwa 0.7cm lange, hell türkisgrünliche Zikaden. Mithilfe des Internets konnte ich sie als Binsen-Schmuckzikade (Cicadella viridis) identifizieren. Bei den von mir beobachteten Tieren handelte es sich um Weibchen, die Männchen haben laut Wikipedia blaue Flügeldecken. Charakteristisch sind zwei ziemlich große schwarze Flecken zwischen den Komplexaugen.
Wie der Name schon sagt, soll die kleine Zikate vorwiegend an Binsen saugen, aber sie nimmt auch den Xylemsaft von vielen anderen Pflanzenarten auf. Um genügend Nährstoffe zu erhalten, müssen die kleinen Zikaden ziemlich große Mengen des sehr wässrigen sie Xylemsaftes einsaugen, die überflüssige Flüssigkeit wird dann – wie im Foto zu sehen – in großen Tropfen abgeschieden.
In Mitteleuropa sollen die Binsen-Schmuckzikaden pro Jahr ein bis zwei in Südeuropa drei und mehr Generationen bilden. Imagines der hemimetabolen Zikaden kann man bei uns von Mai bis Oktober beobachten.
Schmuckzikaden (Cicadellinae) sind eine Unterfamilie der Zwergzikaden (Familie Cicadellidae). Die wegen ihrem auffällig schaumigen Larvenschutz („Kuckucksspeichel“) bekannten Schaumzikaden (Familie Cercopidae) sind eine Schwestergruppe der Schmuckzikaden.
Programm (Stand 12.04.2022), alle Exkursionen finden am Samstag statt, bitte an wetterangepasste Kleidung und stabile wasserfeste Schuhe, Sonnenhut und Sitzkissen denken. Möglichst Fernglas, Botanikerlupe, Kamera und Schreibzeug mitbringen. Exkursions- und Arbeitsmaterialien werden von den Dozenten mitgeführt oder vor den Exkursionen per E-Mail mitgeteilt. Vesperpause vor Ort während der Exkursion.
Wälder, Wiesen, Weiher am Stillen Bach und Rössler Weiher, Frühjahrsblüher und Gehölze im Wald, Streuobstwiesen, Singvögel, Wasservögel, Vogelzug, Amphibien, Arthropoden und Bodenfauna
Referent: Bertrand Schmidt
Achtung!Terminänderug wegen Regenwetter:
14.05.2022, Wanderparkplatz bei Appenweiler K7731, 13.30-17.30 Uhr
Lebensform Baum, ökologische Ansprüche von Waldbäumen und Waldkräutern, Gräben im Wald, Tierspuren
Nass- und Streuwiesen im Naturschutzgebiet Lochmoos und Altdorfer Wald, Schutzgebietsmanage-ment, Biberrevier mit Biberburg, Pflanzen, Amphibien, Falter, Ökologie der Feuchtgebiete
Wanderparkplatz Steinach, Riedweg (Gde. Bad Waldsee)
Der Treffpunkt Parkplatz Nessenreben, Weingarten Schwimmbad (ohne Plan) ist über den Routenplaner leicht zu finden. Er liegt in 1 km Entfernung von der PH-Weingarten.
Treffpunkte Exkursionen mit Herrn Probst
Adelsreuter-Weißenauer Wald, Waldparkplatz an der K7731 östlich Appenweiler
Fahrt von Ravensburg auf der B 33 Richtung Meersburg bis Dürnast, dort links abbiegen nach Taldorf und weiter bis Appenweiler, dort links abbiegen Richtung Brochenzell, nach etw 300 m ist links ein kleiner Parkplatz am Waldrand
Oberteuringen, Ecke Jahnweg/Franz-Roth-Platz
Fahrt von Ravensburg auf der B 33 Richtung Meersburg bis Oberteuringen/Neuhaus, dort links ab auf der Teuringer Straße,
… die hinter dem Ortsschild in die Augustin Bea-Straße übergeht. Der Franz Roth-Platz liegt links.
Informationen zu übergeordneten Inhalten und Zielen
Die große Bedeutung, die der biologischen Vielfalt für eine nachhaltige Entwicklung unseres Bioplaneten gegeben wird, steht in keinem Verhältnis zum Bildungsstand der Bevölkerung. Artenkenntnisse und grundlegende Kenntnisse heimischer Ökosysteme sind deshalb ein wichtiger Teil der Allgemeinbildung, die durch Biologieunterricht vermittelt werden sollte. Und sie müssen deshalb auch ein wichtiger Bestandteil der Lehrer*innenausbildung sein. Es ist naheliegend und durch viele empirische Untersuchungen belegt, dass sich diese Kenntnisse am besten im Freien, also auf Exkursionen, erreichen lassen. Dabei geht es um alle Aspekte der biologischen Vielfalt.
Ein zentrales Ziel ist die Verbesserung der Formen- und Artenkenntnis. Dieses Ziel lässt sich natürlich durch sechs Exkursionen alleine nicht erreichen. Sie können nur Anstoß sein für eigene Aktivitäten. Ein erster Schritt ist die gründliche Nachbearbeitung anhand von Artenlisten, die für jede Exkursion aufgestellt werden. Kennt man einen Artnamen, so lassen sich mit dessen Hilfe über das Internet sehr viele Informationen über die Biologie und die ökologischen Ansprüche dieser Art gewinnen. Die Standortansprüche von Pflanzen werden sehr gut durch die auf empirische Grundlagen beruhenden Zeigerwerte (nach Ellenberg) wiedergegeben, die ebenfalls über das Internet zugänglich sind.
Diese ökologischen Ansprüche stehen in enger Beziehung zu Lebensraum und Lebensgemeinschaft, also zum Ökosystem, in das die jeweiligen Arten eingebunden sind. Unsere Exkursionen sollen deshalb auch einen Einblick in die Vielfalt der regionalen Ökosysteme vermitteln. Dabei ergeben sich enge Beziehungen zur Landschaftsgeschichte Oberschwabens, für die vor allem die letzte Kaltzeit (Würm) entscheidende Voraussetzungen lieferte. Die weitere nacheiszeitliche Entwicklung war ebenso geprägt von natürlichen Vorgängen wie von menschlichen Einflüssen. Diese menschlichen Einflüsse haben mit zunehmender Bevölkerungsdichte und vor allem mit Veränderungen der Siedlungsstruktur und der Landbewirtschaftung immer stärkerem Einfluss gewonnen und sind mittlerweile eine Bedrohung für die biologische Vielfalt geworden. Dies gilt nicht nur lokal, sondern global, was besonders an der treibhausgasbedingten Klimaerwärmung deutlich wird. Naturschutz bedeutet deshalb nicht nur den Schutz einzelner Arten, sondern vor allem den Schutz von Funktionsabläufen. Naturschutzmaßnahmen sollen helfen, regional und überregional eine für die Menschheit nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten.
Der dritte Teilbereich der biologischen Vielfalt betrifft die genetische Vielfalt, die sich zum Beispiel in der Individualität aller Lebewesen ausdrückt. Diese genetische Vielfalt wird – wie die Artenvielfalt – durch Nivellierung bestimmter Umweltfaktoren gefährdet. Wichtigster Punkt ist hier das hohe Nährmineral-Angebot aller terrestrischen und aquatischen Lebensräume. Es gibt kaum noch oligotrophe Gewässer, Magerrasen oder Hochmoore.
Methoden
Selbständiges bearbeiten von Aufgaben, Gruppenarbeit, Naturerlebnisse; für jede Exkursion erstellen einer Artenliste
Studienleistung
Anfertigen eines Exkursionsprotokolls, auch in Form eines Portfolios, in dem zu jeder Exkursion mindestens zwei Objekte, Themen oder Aktivitäten etwas ausführlicher ausgearbeitet werden.
Bei der Erstellung eines Portfolios sollten folgende Aspekte beachtet werden: Verbindung des Lernprozesses und des Lernproduktes, Handlungsorientierung , selbstreflexivität des Lernens, Kompetenz- statt Defizitorientierung
Die Protokolle/Portfolios sollen bis Ende Juli – am besten in elektronischer Form – abgegeben werden.
Wetter
Für mich ist Regen sehr schlecht, ich muss mir deshalb die Möglichkeit offenhalten, bei Regenwetter Exkursionstermine zu verschieben. Das werde ich über E-Mail mitteilen.
Kommentare und Fragen – während den Exkursionen und danach – sind erwünscht!
14. und 16. Mai 2022 – Im Frühlingswald bei Appenweiler
Der Adelsreuter-Weißenauer Wald
Die Artenzusammensetzung dieses Waldes ist sehr vielfältig. Das lichte Hellgrün frisch ausgetriebener Laubbäume mischt sich mit verschiedenen Nadelbäumen und vielen verschiedenen Straucharten an Waldrändern und Wegrändern. Vegetationskundlich gesehen handelt es sich um einen Buchen-Tannenwald, dessen Artenzusammensetzung aber durch forstliche Maßnahmen ergänzt bzw. verändert wurde.
Größere zusammenhängende Waldgebiete sind im heutigen Oberschwaben ziemlich selten. Im Laufe der mehrtausendjährigen Siedlungsgeschichte ist die typische kleinräumige Landschaft aus Feldern – heute vielfach Obstplantagen -, Wiesen und kleinen Waldstücken entstanden. Das größte Waldgebiet, der Altdorfer Wald etwa zwischen Vogt und Wolpertswende gelegen, hat immerhin eine Längsausdehnung von ca. 17 km. Dagegen ist das Waldgebiet , das sich am westlichen Rand des Schussenbeckens etwa von Ravensburg bis Meckenbeuren erstreckt, mit knapp 8 km deutlich kleiner. Die geplante Umgehungsstraße für Meckenbeuren könnte es noch weiter verkleinern.
Trotzdem kann man in diesem Wald stundenlang wandern. Mehrere Bäche – zum Beispiel der von Appenweiler kommende Mühlbach – entwässern das Gebiet zur Schussen hin. Sie haben sich zum Teil ziemlich tief in die Jungmöräne eingeschnitten.
Exkursionsweg und wichtige Stationen
(1) Bäume blind ertasten und wiederfinden
Material: Schlafbrillen, Leintuch, Namensschilder für Baumarten
Schärfung des Tastsinns bei Ausschließen des optischen Sinns; erhöhte Geräuschempfindlichkeit
Auswertung: Jede*r bringt von seinem Baum etwas Charakteristisches >> Objekt auf Laken auslegen, Artenunterschiede, Individualität der Baumarten: Beschaffenheit der Borke, besondere Spuren; z.B. Astlöcher, Verletzungen, Tierspuren.
Auf dem rötlich braun gefärbten, ziemlich trüben Wasser tummeln sich zahlreiche Wasserläufer. Immer wieder kommen dunkle Tiere an die Oberfläche, die wir aber nicht fangen können (vermutlich Ruderwanzen). Die Wasserfarbe kommt durch oxidierte Eisenionen zustande.
Um den ganzen Grabenbereich wachsen dichte Bestände der Schlank-Segge (Carex acuta) – Sauergras mit dreikantigen Stängel und gleichzeitig gestellten Blättern, Vertreter der Verschiedenenährigen Seggen, bei denen männliche und weibliche Blüten in unterschiedlichen Ähren angeordnet sind. Bei den Gleichährigen Seggen enthalten alle Ähren männliche und weibliche Blüten. Wir registrieren: Winkel-Segge (Carex remota) und Zittergras-Segge (Carex brizoides).
Pflanzen mit besonderem Duft:
Ross-Minze (Mentha longifolia), einer Stammart der Pfeffer-Minze (Mentha x piperita)
Mentha x piperita entstand aus Mentha x spicata x Mentha aquatca, Mentha x spicata aus Mentha longifolia x Mentha rotundifolia
Sumpf-Mädesüß (Filipendula ulmaria): vor allem die unterirdischen Pflanzenteile riechen stark nach Methylsalicylsäure (=Salicylsäuremethylester oder Methylsalicylat), wegen seiner desinfizierenden Wirkung als Zusatzstoff in Zahnpasta und Kaugummis eingesetzt.
(3) Bäume zählen
Ziel: quantitative Abschätzung der Baumarten-Zusammensetzung eines Waldes
Wie könnte man vorgehen? Eine Möglichkeit wäre die Auszählung mehrerer Probequadrate, Mittelwertbildung und eure gesamte Waldfläche. Wir wählen die Transitmethode.
Material: Leintuch; mindestens 30 m lange Wäscheseile
Man kann darauf verzichten und sich stattdessen an die Regel halten, in jeder Zweiergruppe Blätter von 10 Baumindividuen einzusammeln, die etwa in einer Linie senkrecht zum Weg stehen.
Auswertung: Die Blätter (oder andere Objekte einer Baumart) werden zunächst am unteren Ende des Leintuchs nach Arten sortiert, dann werden die Blatthaufen der Größe nach geordnet und dann werden die Blätter zu Säulendiagramm angeordnet. Dabei muss darauf geachtet werden, dass für jedes Blatt/Objekt unabhängig von seiner Größe gleich viel Platz verwendet wird. So erhält man ein Säulendiagramm der Artenhäufigkeit.
(4) Berechnung der Kohlenstoffspeicherung von Bäumen
Ziel: quantitative Abschätzung der Kohlenstoffspeicherung durch Laubbäume
Material: Arbeitsblatt, Zollstock, 2-3 m lange Schnur,
Wie geht man vor? Besprechung auf der Grundlage des Arbeitsblattes
Auswertung: Wann sind Wälder Kohlenstoffsenken, wann Kohlenstoffquellen? Diskussionen zur Waldbewirtschaftung; eventuell Abschätzung: wie viel CO2 wird von einem Pkw bei der Fahrt von Weingarten nach Appenweiler freigesetzt.
(5) Lebensräume der Gelbbauchunke
In ausgedehnten Pfützen auf dem Weg und im angrenzenden Graben können wir Gelbbauchunken beobachten. Es sind sehr kleine Tiere, vermutlich vom letzten Jahr. Unken werden erst im zweiten Jahr geschlechtsreif gereichen dann ihre Größe von bis etwa 5 cm. Kaulquappen konnten wir nicht sehen, am Samstag beobachteten wir auch einige größere Tiere.
(6) Wachstum und Alter von Bäumen
Ziel: Altersbestimmung von Bäumen durch Auszählen der Jahresringe
Material: Stecknadeln, Papierfähnchen zur Beschriftung
Auswertung: Aus der Dicke der Jahresringe kann man Aussagen über die Wachstumsbedingungen machen; Jahresringechronologie; zum Auszählen der Jahresringe verwendet man Stecknadeln, die man alle fünf oder zehn Ringe einsteckt; man kann besondere Daten mit Fähnchen versehen (zum Beispiel Geburtsjahre)
Rinde aus Borke und Bast, Kambium, Holz; Kambium; Periderm: v.i.n.a. Phelloderm,Phellogen (Korkkambium),Phellem, Lentizellen.
(7) Ess-Kastanien und Rosskastanien
An der Wegeinmündung stehen sich eine Rosskastanie und eine Ess-Kastanie gegenüber. Warum die unterschiedliche Schreibweise? Die beiden „Kastanien“ sind nicht mehr miteinander verwandt. Die Rosskastanie, genauer die Art Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) gehört zu den Seifenbaumgewächsen, „Rosskastanie“ bezeichnet also eine Gattung. Die Ess-Kastanie (Castanea sativa) auch auch Echte Kastanie genannt, bezeichnen eine Art aus der Gattung Kastanie . „Ess-“ bzw. „Echte“ ist der Artzusatz oder das Epitheton. Wenn man auf diesen Unterschied zwischen Art- und Gattungsbezeichnung auch bei der Schreibweise der deutschen Namen achtet, geben Sie den Sachverhalt so exakt wieder wie die wissenschaftlichen Namen. In wissenschaftlichen Bestimmungsbüchern wird dies deshalb normalerweise so gehandhabt.
(8) Mein Kraut in der Suppe
Jahrhunderttausende lebten die Menschen und ihre Vorfahren als Jäger und Sammler, vermutlich meist mehr als Sammler. Sie ernährten sich von Wildpflanzen, ihren Früchten, Speicherorganen, aber auch Blättern und Blüten. Das Sammeln ist also die ursprünglichste Form der Nahrungsbeschaffung. Erst vor 10-15.000 Jahren haben die ersten Menschen damit begonnen, Ackerbau zu betreiben und Haustiere zu züchten. Man kann deshalb davon ausgehen, dass sich die lange Praxis des Sammelns von Nahrungsmitteln auch in den Genen des Menschen niedergeschlagen hat, dass es eine genetische Disposition zur Sammelleidenschaft gibt. Besonders deutlich wird das vielleicht heute noch beim Pilzesammeln.
Aber auch ein selbst gesammeltes Kraut zu essen kommt einem sehr ursprünglichen Bedürfnis entgegen. Außerdem verbindet man mit Kräutern meist, dass diese etwas Gutes tun, der Gesundheit, dem Aussehen oder dem Wohlbefinden förderlich sind. Diese überragend wichtige Rolle entspricht der traditionellen Bedeutung der Kräuter in unserer Gesellschaft, die sie allerdings in den letzten 100 Jahren eingebüßt haben. Gegenwärtig erfährt das Wildkräuter sammeln. Ihre Verwendung in der Küche allerdings eine Renaissance. Das kann man an der sehr großen Zahl entsprechender Bücher mit Sammelanleitungen und Rezepten ableiten. Trotzdem kennen die meisten Leute Kräuter nur von der Kräuterecke im Supermarkt, allenfalls noch vom eigenen Garten, kaum aus der freien Natur. Die uralte Tradition der Pflanzenkenntnis – Erfahrungen, die über Jahrtausende weitergegeben wurden – sind weit gehend verloren gegangen. Wenn wir Kräuter sammeln, um sie nachher zu essen, dann treten wir in eine uralte Tradition ein. Kindern und Jugendlichen kann diese Übung den Zugang zur Pflanzenvielfalt erleichtern.
Vorgehensweise
Sammeln („Sammle fünf Kräuter, die du gerne essen würdest“)
Bestimmen (Die gesammelten Kräuter werden nach Arten sortiert und bestimmt. Die Bestimmungsergebnisse sollten durch einen Experten abgesichert werden)
Auswählen (Einige essbare Arten werden ausgewählt; Informationen über die Verwendbarkeit man zum Beispiel im Internet: Eingabe: Pflanzenname und „essbar“)
Ergänzung für den Kochtopf (Von den ausgewählten Arten wird so viel gesammelt, wie für die Zubereitung einer entsprechenden Mahlzeit benötigt wird)
Aus hygienischen Gründen ist es ratsam, im Wald oder im Gelände gesammelte Kräuter nicht roh zu genießen, also zum Beispiel in Salaten, Kräuterquark oder Smoothies. Empfehlenswert sind Kräutersuppen oder Gemüse, bei denen das Sammelgut nach dem Waschen auch noch erhitzt werden muss.
Tierspuren
Minen
„Minen [von franz. mine = Bergwerk], Hyponomien, Nomien, durch Fraß (Minierfraß) von meist Larven der Insekten (Minierer) in parenchymführenden Pflanzenteilen (Grundgewebe) entstandene Hohlräume, deren Form, gelegentlich auch die Art und Weise der Kotablagerungen, oft schon die Identifikation der Erzeuger (Zweiflügler, Klein-Schmetterlinge, Käfer, Blattwespen) ermöglicht“ (Definition aus Spektrum Lexiokon der Biologie).
Pflanzengallen
Pflanzengallen sind besondere, oft sehr differenzierte Strukturen, die von Pflanzen aufgrund von Reizen gebildet werden, die vonTieren oder Pilzen ausgehen. Die Bildungen dienen diesen Parasiten als Nahrung, zum Beispiel den Larven der Buchengallmücke (Mikiola fagi), die ihre Eier in Buchensblätter legt. Den Pflanzen nützen die Gallbildungen nichts, weshalb der Philosoph Erich Becher auh von„fremddienlicher Zweckmäßigkeit“ gesprochen hat.
Außer den Zitzengallen der Buchengallmücke haben wir auch noch Gallen an den Blättern des Giersch beobachtet, die von Blattflöhen (Trioza flavipennis) verursacht werden.
Blattfraß
Die häufigsten Tierspuren an Pflanzen, insbesondere an Blättern, sind Fraßspuren. Im Mai kann man fast an jedem Strauch des Gewöhnlichen Schneeballs (Viburnum opulus) die Fraßspuren des Schneeballblattkäfers (Pyrrhalta viburni) beobachten. Und wenn man genauer hinschaut– zum Beispiel mit der Botanikerlupe –, kann man auch die kleinen, schwarzgrauen Käferlarven erkennen.
Zusätzliche Infos und Materialien zu den Exkursionsthemen
Die Lebensform Baum
Wachstum
Alle Pflanzen wachsen, solange sie leben. Dieses Wachstum geht in jedem Fall von den Bildungsgeweben (Meristemen) an den Spitzen der Wurzeln und Sprossachsen aus. Bei vielen Pflanzen gibt es außerdem ein sogenanntes sekundäres Dickenwachstum, für das ein ringförmiges Bildungsgewebe verantwortlich ist, das Kambium. In den Bildungsgeweben finden ständig Zellteilungen statt. Durch starkes Streckungswachstum der jungen Zellen kommt dann der eigentliche Wachstumsschub zustande. Während dieses Streckungswachstums differenzieren sich die Zellen in unterschiedliche Gewebe. Während das Längenwachstum eines Baumes und eines Zweiges auf die Spitzenregion beschränkt ist, sind alle Achsenorgane in ihrer gesamten Länge zu Dickenwachstum in der Lage. Diese kontinuierliche Verdickung führt dazu, dasProbst)s ein Stamm einer zweikeimblättrigen Pflanze – dies gilt ebenso für die Nacktsamer – in seinen ältesten, also untersten Teilen, am dicksten ist und nach oben – entsprechend der Zeit, die das Kambium tätig war – immer dünner wird. Durch die Aktivität von Gipfelmeristem und Kambium wird jedes Jahr ein Zuwachskegel gebildet.
Da während der Wintermonate ein Wachstumsstopp eintritt und auch in den übrigen Jahreszeiten der Zuwachs nicht ganz gleichmäßig verläuft, kann man im Querschnitt jährliche Zuwachsringe beobachten. Mit diesen Jahresringen lässt sich das Alter eines Stammes oder Astes bestimmen. Aber je nach Umweltbedingungen fallen diese Zuwachsringe auch unterschiedlich dick aus. Sie sagen deshalb auch etwas die Lebensgeschichte des Baumes, Klima, Krankheiten Konkurrenz aus.
Borkenbildung
Nach innen werden von dem Kambiumring wasserleitende Elemente abgegeben – das sogenannte Holz oder Xylem (von gr. xylon = Holz) – nach außen das Assimilate Leitende Phloem (von gr. phlóos = Bast, Rinde).
Mit zunehmendem Dickenwachstum wird die primäre Rinde des jungen Stammes gesprengt. Es muss deshalb ein sekundäres Abschlussgewebe entwickelt werden. Dies geschieht über ein weiteres neu entstandenes Bildungsgewebe, das sogenannte Korkkambrium. Da sich aus bereits differenzierten Rindenzellen entwickelt, spricht man auch von einem sekundären Bildungsgewebe. Dieses Phellogen oder Korkkambium gibt nach außen meist verkorktes Phellem und nach innen Phelloderm ab. Die drei Gewebe zusammen werden als Periderm bezeichnet. Dieses Gewebe kann langlebig sein – zum Beispiel bei der Rot-Buche – oder schon nach einigen Jahren absterben und dann in tiefer liegenden Rindenschichten durch ein neues Periderm ersetzt werden. Dieses Folgeperiderm kann ringförmig oder schuppenförmig angeordnet sein. Durch die undurchlässigen Phellemschichten sterben die außerhalb liegenden Gewebe ab und werden bei weiterem Dickenwachstum meistens rissig (Borkenbildung).
Da diese Borkenbildung sehr unterschiedlich ablaufen kann, unterscheiden sich die Oberflächen von Stämmen, Ästen und Zweigen der Bäume stark. Sie sind ein wichtiges Merkmal zur Unterscheidung von Arten, aber sie unterscheiden sich auch von Individuum zu Individuum. Den die Veränderungen der äußeren Rinde sind abhängig von der Lebensgeschichte und den Umweltbedingungen des jeweiligen Baumes. Eine große Rolle spielt der Standort (Wald oder freistehend, Hang oder Ebene), aber auch der Einfluss von Krankheiten und anderen tierischen oder pflanzlichen Lebewesen und mechanischen Verletzungen.
Die Rinde umgibt den ganzen Baum oder Strauch und schützt ihn vor physikalischen oder biologischen Umwelteinflüssen. Schnee habe Wärmefrost UV-Strahlen oder schädliche Chemikalien werden durch die Rinde vom empfindlichen Kambium ebenso abgehalten, wie Insekten, Vögel, Säugetiere, Pilze und Bakterien. Deshalb bedeuten Verletzungen der Rinde für Bäume eine ähnliche Gefahr wie Hautverletzungen bei Menschen.
Eine weitere wichtige Funktion ist die Speicherung von gefährlichen Abfallstoffen in den abgestorbenen äußeren Bereichen der Rinde, der Borke. Die Gerbstoffe, Schleime und Harze dienen gleichzeitig als Abwehrstoffe gegen Schädlinge.
Kohlenstoffspeicherung
Es ist unbestritten, dass Wälder den größten Teil der in terrestrischer Biomasse enthaltenen rund 2000 Gt (Gitatonnen) Kohlenstoff speichern. Dafür ist vor allem das Holz verantwortlich. Im Laufe der Menschheitsgeschichte musste ein großer Teil der Wälder der landwirtschaftlichen Nutzung weichen. Dieser Prozess hat in den alten Kulturregionen Naher Osten, Indien, China und dem Mittelmeerraum schon vor mehreren Jahrtausenden begonnen. Dann setzte er sich im nördlichen Europa und in den Kolonialgebieten fort und erfuhr durch die Industrialisierung eine weitere Beschleunigung. Der Erhalt von Waldökosystemen ist deshalb auch im Sinne des Klimaschutzes ein wichtiges Ziel.
Für die Kohlenstoffbilanz ist aber auch wichtig, ob die natürlichen Speicher schon voll sind bzw. ihre maximal mögliche Größe erreicht haben, oder ob sie noch mehr Kohlenstoff aufnehmen können. Zum zweiten ist von Bedeutung, inwieweit auch das geerntete Holz als Kohlenstoffspeicher erhalten bleibt.
Durch Naturschutzmaßnahmen und Aufforstungsprogramme gibt es verschiedene Möglichkeiten, die natürlichen Speicher zu vergrößern:
Erhöhung der Speicherkapazität durch Waldschutz
Erhöhung der Biomasse in Wirtschaftswäldern durch forstwirtschaftliche Maßnahmen
Aufforstung bisher waldfreier Gebiete
Zum zweiten Punkt kann die Verwendung von Holz als langlebiger Rohstoff beitragen. Dies gilt am ehesten für Bauholz (ca. 100 Jahre und mehr), in geringerem Ausmaß für Holz, das für Möbel und andere Gebrauchsgegenstände genutzt wird (ca.20 Jahre, beide Werte nach Schönauer 2011, Bundestagsvorlage), noch weniger für Holz, das für die Papierherstellung genutzt wird. Da derzeit allerdings in Deutschland fast 70 % des Papiers recycelt werden (Papierkompass 2013), ergibt sich auch hier noch ein gewisser Speicherwert. Dabei muss man allerdings den hohen Energiebedarf der Papierfabriken berücksichtigen. Selbst für Brennholz lässt sich ein positiver Wert errechnen, wenn man davon ausgeht, dass es als Ersatz für fossile Brennstoffe genutzt wird. Die Kohlenstoffmenge, die ein Baum speichert, lässt sich durch ein relativ einfaches Verfahren abschätzen.
Beispiele für essbare Wildkräuter
Art
Essbare Pflanzenteile
Verwendung
Acker-Gänsedistel
weiche junge Blätter (bitterer Geschmack)
Salate, Gemüse, Suppen
Acker-Kratzdistel
junge Sprosse und Blütenkopfstiele
Gemüse, Suppen
Bachbungen-Ehrenpreis
junge Blätter und Sprosse vor der Blüte
Salatwürze, Suppen
Barbarakraut
junge Blätter
Salate, Gemüse, Suppen, (senfartiger Geschmack)
Blutweiderich
junge Blätter und Blüten
Salate,Gemüse
Breitblättriger Rohrkolben
junge Sprosse drei bis acht Minuten lang in Salzwasser kochen
Gemüse
Echte und HoheSchlüsselblume
innere Rosettenblätter vor der Blüte (im Frühling)
Salate, Gemüse, Suppen
Echter Dost (Oregano)
Blätter, junge Blütenstände
(Pizza-) Gewürz, Suppen
Echtes Mädesüß
Blüten
Aromatisierung von Wein, Fruchtsaft
Gänseblümchen
innere Rosettenblätter, Blütenknospen und junge Blüten
Salate, Gemüse, Suppen
Geißfuß / Giersch
junge Blätter
Salate, Gemüse, Suppen
Gemeine Braunelle (sehr häufig in Rasen und oft gemähten Wiesen)
junge Blätter
Salate, Gemüse, Suppen
Gemeine Schafgarbe
junge Blätter und Blüten
Salate, Gemüse, Suppen
Gemeiner Beinwell
junge Blätter
Salate, Gemüse, Suppen
Gewöhnlicher Beifuß
ab Juli: blütenreiche Triebe
Gewürz für fette Braten, Soßen, Suppen
Große Brennnessel
junge Blätter und Triebe
Gemüse, Suppen
Große Klette
geschälte junge Blattstiele werden wie Spargel gegessen, geschälte Wurzel
Gemüse
Gundermann
junge Triebe und Blätter
Salate, Gemüse, Suppen, Tee
Guter Heinrich
Blätter
Gemüse (Spinat-Ersatz)
Hirten-Täschelkraut
junge Blätter vor der Blüte; nicht verwenden, wenn sie durch Pilzbefall weiß gefärbt sind
Salate, Gemüse, Suppen
Huflattich
junge Blätter
Salate, Gemüse, (Rouladen)
Kleinblütiges Knopfkraut
junge Triebe
Gemüse, Suppen
Kleiner Wiesenknopf, Bibernelle
Blatter, junge Triebe
Salate, Gemüse, Suppen, Soßen, Eiergerichte
Knoblauchsrauke
nicht zu alte Blätter
Gemüse, Soßen, Suppen
Kohl-Kratzdistel
Blätter und Wurzelstock, Blütenstandsknospen
Gemüse,Wurzelstock getrocknet und gemahlen als Eindickmittel
Kriechender Günsel
Blätter, Stängel, Blüten
Salate, Gemüse, Suppen, Tee
Lungenkraut
Frühlingsblätter
Salate, Gemüse, Suppen
März-Veilchen
junge Blätter, Blüten
Salate, Gemüse, Suppen
Meerrettich
Wurzel geraspelt oder in Scheiben geschnitten
Salate, Gemüse, Suppen (sehr scharf)
Pastinak
Pfahlwurzel kann wie eine Möhre genutzt werden; Blätter und junge Sprosse
Gemüse, Suppen
Rainkohl
junge Sprosse und Blätter
Salate, Gemüse, Suppen
Sauer-Ampfer
Blätter
Salate, Gemüse, Suppen
Schmalblättriges Weidenröschen
junge Triebe (später sehr bitter!)
Gemüse
Spitz-Wegerich
junge Blätter, deren Leitbündel-fasern noch nicht zu zäh sind
Salate, Gemüse, Suppen
Thymian
Blätter, junge Blütenstände
Gewürz für Soßen, Suppen, Gemüse
Vogel-Sternmiere
Blätter; ganze Sprosse
Salate, Gemüse, Suppen
Wald-Engelwurz
junge Stängel und Blätter
Gemüse
Wasser-Minze
Blätter und Blütenstände
Tee, Salate (Würze)
Weißer Gänsefuß
Blätter
Gemüse
Wiesen-Kerbel
junge Blätter
Salate, Gemüse,Suppen
Wiesen-Schaumkraut und andere Schaumkraut-Arten
nicht zu alte Blätter, Blüten und Blütenknospen
besonders Salate (kresseartiger, scharfer Geschmack)
Wilde Malve /Weg-Malve
junge Blätter und Triebe
Salate, Gemüse, Suppen
Pflanzenfamilien
Für das Bestimmen und Wiedererkennen von Pflanzen sind die Familien, in manchen Fällen auch die Gattungen, besonders wichtig und hilfreich. Wer die in den Kästchen vorgestellten acht in der heimischen Flora häufigen und gut charakterisierten Familien wiedererkennt, wird sich mit dem Einstieg in die Artenkenntnis der Pflanzen leichter tun.
Korbblütengewächse (Asteraceae)
Vorwiegend Kräuter und Halbsträucher
Charakteristisches Merkmal sind ihre Blütenstände: Viele Einzelblüten sind zu Körbchen oder Köpfchen vereinigt, die gemeinsam oft wie eine Blüte wirken. Um die Einzelblüten zu erkennen, muss man genau hinschauen. Es gibt Blüten mit röhrenförmiger Blütenkrone und solche mit einer lang ausgezogenen Zunge. In manchen Blütenköpfchen kommen nur Röhrenblüten, in anderen nur Zungenblüten, in wieder anderen beide Blütentypen vor. Alle Blütchen haben einen unterständigen Fruchtknoten. Bei manchen besteht der Kelch aus einem Haarkranz, der auch Pappus genannt wird und später – wie beim Löwenzahn – als Flugorgan zur Verbreitung der Früchte dient.
Korbblütengewächse sind mit 21.000 Arten die artenreichste Pflanzenfamilie der Erde. Unter den mitteleuropäischen Wildpflanzen gehören zu dieser Familie so bekannte Vertreter wie Löwenzahn, Gänseblümchen, Margerite oder Flockenblumen und Disteln. Daneben zählen wichtige Salat- oder Gemüsepflanzen wie Kopfsalat, Endivie oder Schwarzwurzel und bekannte Zierpflanzen wie Aster, Zinnie, Dahlie oder Sonnenblume zu den Korbblütengewächsen. Wieder andere sind als Heilpflanzen bekannt wie Kamille, Huflattich oder Arnika.
Doldenblütengewächse (Apiaceae)
Vorwiegend Kräuter und Halbsträucher
Charakteristisch sind die fast immer als Doppeldolden ausgebildeten Blütenstände mit meist weißen, seltener gelben Blüten. Oft sind die außenstehenden Kronblätter vergrößert, sodass die ganze Doppeldolde wie eine Einzelblüte aussieht. Aus dem aus zwei Fruchtblättern zusammengesetzten Fruchtknoten bilden sich samenähnliche Früchte (z. B. Kümmelkörner oder Fenchel“samen“), bei denen Fruchtwand und Samenschale miteinander verwachsen sind). Die Blätter sind oft stark aufgeteilt (wie bei der Petersilie) und haben einen stängelumfassenden Stielgrund. Beim zerreiben kann man häufig einen aromatischen Duft wahrnehmen.
Zu der Familie gehören viele ähnlich aussehende Arten wie Wiesen-Kerbel, Kälberkropf-Arten, Wilde Möhre und Wilder Kümmel und der in Gärten wenig beliebte Giersch mit seinen ausbreitungsfreudigen unterirdischen Kriechsprossen. Gemüsepflanzen und Küchenkräuter sind Karotte (Möhre, Gelbe Rübe), Petersilie, Sellerie, Koriander, Kümmel und Kreuzkümmel. Vor allem Fenchel und Anis werden auch als Heilkräuter eingesetzt.
Lippenblütengewächse (Lamiaceae)
Vorwiegend Kräuter und Halbsträucher
Charakteristisch sind die aus fünf verwachsenen Kronblättern gebildeten zweilippigen Blüten mit nur einer Symmetrieebene. Die flache Unterlippe dient als Landeplatz für Bestäuber, die Oberlippe umschließt meist mehr oder weniger vollständig Staubblätter und Griffel. Die Sprossachsen sind meist vierkantig mit ungeteilten, gegenständigen Blättern, wobei die aufeinanderfolgenden Blattpaare um 90° gegeneinander verdreht sind („kreuzgegenständig“). Viele Lippenblütler verströmen schon bei leichter Berührung einen aromatischen Duft.
Kriechender Günsel und Gundermann blühen im Frühjahr auf Rasenflächen, wenn man sie nicht zu oft mäht, später auch die Kleine Braunelle. Taubnesseln sind häufig an Wegrändern, Wiesen-Salbei auf wenig gedüngten Wiesen, Wald-Ziest auf Wald-Lichtungen und an Waldwegen. Wegen ihrer etherischen Öle werden viele Lippenblütler als Gewürzpflanzen, Heilpflanzen oder Duftpflanzen genutzt, zum Beispiel Pfefferminze und andere Minzenarten, Majoran, Basilikum, Thymian, Bohnenkraut, Rosmarin, Salbei, und Lavendel.
Kreuzblütengewächse, Kohlgewächse (Brassicaceae)
Vorwiegend Kräuter
Der Name beschreibt die vier kreuzförmig angeordneten Kronblätter. Die Blüten sind meist in Trauben angeordnet, die oft an der Spitze sehr lange weiter wachsen. Aus den zwei Fruchtblättern entwickeln sich Schoten, wenn sie kürzer als dreimal so lang wie breit sind, spricht man von Schötchen. Die wechselständigen Blätter sind oft tief eingeschnitten, manchmal gefiedert. Häufig bildet sich eine grundständige Blattrosette aus. Typisch für Kreuzblütler ist ihr scharfer Geschmack, der auf den Gehalt an Senfölen zurückgeht und ihre Nutzung als Gewürz- und Gemüsepflanzen begründet.
Häufige Wildpflanzen sind Hirten-Täschelkraut, Hellerkraut, Schaumkraut-Arten, Hederich, Barbarakraut und Acker-Senf. Die zahlreichen verschiedenen Kohlgemüse gehen fast alle auf die Stammart Gemüse-Kohl zurück und sind der Grund dafür, dass die Kreuzblütengewächse auch Kohlgewächse genannt werden. Weitere Gewürz-, Salat- und Gemüsepflanzen sind Rettich und Radieschen, Kohlrübe, Kresse, Senf und der als Ölsaat bedeutende Raps. Abgeerntete Getreidefelder werden im Herbst oft mit Öl-Rettich oder Weißem Senf eingesät.
Das wichtigste Pflanzenmodell in der Pflanzenphysiologie und Pflanzengenetik ist das Kreuzblütengewächs Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana).
Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
Kräuter und Halbsträucher
Charakteristisch sind gabelig verzweigte Sprosse (Dichasien), bei denen in jeder Gabel eine Blüte sitzt. Die 5-zähligen Blüten sind eher flach wie bei den Mieren oder sie bilden eine lange Blütenkronenröhre wie bei den Leimkräutern oder den Nelken. Aus den Blüten bilden sich trockene Kapselfrüchte. Die Blätter sind gegenständig, meist ziemlich klein, schmal und oft ungestielt.
Mieren, Sternmieren und Hornkräuter haben kleine bis mittelgroße weiße, sternförmige Blüten. Leimkräuter haben in Platte und Nagel gegliederte freie Kronblätter, die schmalen Teile bilden in dem verwachsenen Kelch eine lange Röhre. Niederliegendes Mastkraut und Klebriges Bruchkraut sind typische Pflasterritzenpflanzen. Von der aus Südeuropa stammenden Garten-Nelke gibt es viele, meist gefüllte, weiß, rosa oder rot blühende Zuchtformen. Sie dienten oft als Bouttonière (Blume im Knopfloch des Jackenrevers).
Rosengewächse (Rosaceae)
Kräuter, Sträucher und Bäume
Blüten mit 5 Kronblättern und 5 Kelchblättern, teilweise mit Außenkelch, zahlreichen Staubblättern und ein bis vielen immer unverwachsenen Fruchtblättern. Sie entwickeln sich zu Nüsschen (bei Erdbeeren auf der fleischig verdickten Blütenachse, bei der Nelkenwurz Nüsschen mit einem Kletthaken), Sammelsteinfrüchten (Himbeere), Steinfrüchten (Kirsche) oder Apfelfrüchten. Die wechselständigen Blätter sind oft geteilt und haben am Blattgrund Nebenblätter. Bei den meisten Obstbäumen sind sie ungeteilt.
Häufige heimische Arten sind Echte Nelkenwurz, Kriechendes Fingerkraut, Wald-Erdbeeren, und als Gehölze Schlehen und Trauben-Kirschen. Wichtige Kulturpflanzen sind Obstbäume (Äpfel, Birnen, Quitten, Kirschen, Pflaumen (Zwetschgen), Mirabellen, Pfirsiche, Aprikosen) und Beeren (Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren). Eine häufige Gartenheckenpflanze ist die immergrüne Lorbeer-Kirsche aus Südosteuropa und dem Vorderen Orient.
Der Name geht auf die typischen Samen, die Bohnen, und auf den charakteristischen Blütenbau aus Fahne, zwei Flügeln und einem aus zwei Kronblättern verwachsenen Schiffchen zurück. Aus dem einzigen Fruchtblatt der Blüten entwickelt sich jeweils eine Hülse, weshalb die Familie auch als „Hülsenfrüchtler“ bezeichnet wird. Die Blätter sind häufig gefedert oder gefingert und haben meist am Stielgrund Nebenblätter.
Zu der Familie gehören die Klee-Arten mit dreizähligen Blättern, besonders häufig sind der Weiß-Klee und der Wiesen-Klee, und andere Gattungen, die im Gattungsnamen ebenfalls die Bezeichnung „Klee“ tragen, wie Hornklee, Steinklee, Wundklee und Schneckenklee. Weitere Gattungen sind Wicken – zum Beispiel die Zaun-Wicke und Platterbsen – zum Beispiel die Wiesen-Platterbse. Als Kulturpflanzen sind vor allem Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und Linsen zu nennen, vorwiegend als Futterpflanzen werden Luzerne (Alfalfa) und Esparsette angepflanzt. Die weltweit wichtigste Kulturpflanze aus der Familie ist die Sojabohne. Häufige, nicht ursprünglich heimische Gehölze sind Robinie (Scheinakazie), Goldregen und die Liane Blauregen.
Lilienverwandte
Vorwiegend Kräuter
Die frühere Familie der Liliengewächse wurde vor allem aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen in viele Familien aufgespalten. Charakteristisch für die ganze Verwandtschaftsgruppe sind sechs in zwei Wirteln angeordneten Blütenhüllblätter, die nicht in Krone und Kelch differenziert sind (Perigon), sechs Staubblätter und ein aus drei Fruchtblättern verwachsener Stempel, aus dem sich eine dreispaltige Kapsel (Tulpe) oder eine Beere (Maiglöckchen) entwickeln kann. Die Blütenhüllblätter können frei oder verwachsen sein. Die Blätter sind paralleladrig. Als unterirdische Speicherorgane kommen häufig Zwiebeln, Knollen oder Rhizome vor.
Zu den Lilienverwandten gehören Wildpflanzen wie Gelbstern, Bärlauch, Maiglöckchen und Weißwurz und viele beliebte Zierpflanzen wie Tulpen, Lilien, Hyazinthen und Kaiserkronen. Wichtige Gemüsepflanzen und Gewürze sind Küchenzwiebel, Knoblauch, Schnittlauch und Gemüselauch (Porré). Die Herbst-Zeitlose (Colchicum autumnale) enthält das gefährliche Zellgift Colchicin, das die Kernteilung hemmt.
Artenliste
(Nach Listen von Dominique Mattivi, Saskia Eberle und Jan-Niclas Frey)
Buchengallmücke (Mikiola fagi): Zitzengallen an Buchenblättern
Geißblatt-Minierfliege (Phytomyza xylostei): Gangmine im Blatt der Roten Heckenkirsche
Schaumzikade (Larve) (Philaenus spec.)
Schneeballblattkafer (Pyrrhalta viburni)
Streifenwanze (Graphosoma italicum)
Zitronenfalter (Gonepterix rhamni)
Schnecken
Rötliche Laubschnecke (Monachoides incarnatus)
Ampbibien
Gelbbauch-Unke (Bombina variegata)
Vögel/Vogelstimmen
Amsel
Buchfink
Grünspecht
Kohlmeise
Mönchsgrasmücke
Singdrossel
Zilpzalp/Weidenlaubsänger
25.Juni.2022 – In Oberteuringen und an der Rotach
Oberteuringen, ein typischer Ort Oberschwabens mit bis in die Alemannenzeit zurückgehender Siedlungsgeschichte – die erste urkundliche Erwähnung stammt von 752 –, soll zeigen, dass interessante außerschulische Lernorte auch mitten in Ortschaften zu finden sind.
Johanniskraut
Zum Einstieg zeige ich eine blühende Pflanze des Echten Johanniskrauts (Hypericum perforatum). Am 24. Juni war Johannis, also der Tag, der Johannes dem Täufer gewidmet ist und an dem sich Katholiken an die Taufe Jesu erinnern. Gleichzeitig ist dieser Gedenktag nahezu identisch mit der schon in vorchristlicher Zeit festlich begangenen Sommersonnenwende. Johanniskraut steht an diesem Tag in voller Blüte und wird – wie auch andere Pflanzen und Tiere, man denke an Märzenbecher, Maiglöckchen, Maikäfer oder Johanniswürmchen – nach ihrer Blütezeit oder ihren Erscheinungstermin benannt.Das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) wird zudem seit altersher als Heilpflanze genutzt und seine Inhaltsstoffe, vor allem das stark färbende Antrachinon Hypericin, haben nachgewiesenermaßen beruhigende und antidepressive Wirkung. Johanniskrautöl soll auch leicht entzündungshemmende Eigenschaften haben und die Wundheilung fördern. Allerdings sind Johanniskrautpräparate nicht ohne Nebenwirkung. Die Inhaltsstoffe wirken photosensibilisierend und außerdem hemmen sie andere Medikamente zum Beispiel Herz-Kreislauf-Medikamente und die Antibabypille.
Wenn man noch geschlossene Blütenknospen zwischen Daumen und Zeigefinger presst, tritt ein durch das Hypericin rot gefärbter Tropfen aus (der symbolisch auch als Blut des Johannes gedeutet wird, der nach biblischer Überlieferung von König Herodes geköpft wurde).
Die vier von uns in den Blick genommen Bäume befinden sich in einem weiter fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Die Purpur-Magnolie hat zwar immer noch einzelne Blüten aber auch schon relativ weit entwickelte Früchte. Catalpa steht in voller Blüte, am Judasbaum sind keine blöden oder blöden Reste mehr zu erkennen. Er hat auch keine Früchte angesetzt, vermutlich, weil es mangels eines in der Nähe stehenden Kollegen zu keiner erfolgreichen Befruchtung kam. An der Oregon-Scheizypresse fallen die zahlreichen erbsenähnlichen Zapfen auf, die schon fast ihre endgültige Größe erreicht haben, aber noch grün sind. Nähere Angaben zu den Bäumen finden sich im Bericht zur letztjährigen Exkursion.
Saponaria officinalis, das Echte Seifenkraut, liefert auch in diesem Jahr kräftigen Schaum, aber es hat nun auch schon seine zartvioletten Blüten geöffnet.
Es werden für alle Kategorien Beispielarten gefunden, aber das Sammeln und Ordnen kommt relativ früh – möglicherweise dem Klima geschuldet – zum Erliegen.
In einem schwach angestauten, flachen Bereich der Rotach suchen wir nach Wassertieren. Gefunden werden Eintagsfliegenlarven, Kleinlibellenlarven, Wasserkäfer, Flohkrebse, Plattwürmer (Strudelwürmer*) und einige Jungfische (vermutlich Flussbarsche).
*nach H. Schwab (1995): Süßwassertiere. Stuttgart: Klett der Gehörnte Vielaugen-Strudelwurm (Polycelis felina)
Mithilfe eines einfachen Auswertungssystems (Wassmann, Xylander, Naglschmid-Verlag 2014) bestimmen wir die Gewässergüte als Güteklasse II.
Das Auswertungssystem berücksichtigt den Zeigerwerte bestimmter Tiergruppen und die Formenvielfalt. Die Tiergruppen mit den empfindlichsten Tieren und die Formenvielfalt innerhalb dieser Gruppe bestimmt die „Entscheidungsklasse“, für die endgültige Bewertung ist dann außerdem die Gesamtformenvielfalt entscheidend.
Voraussetzung für die Aussagekraft ist, dass man das Gewässer relativ gründlich absucht, um die vorkommenden Arten möglichst vollständig zu erfassen. Dabei ist eine Artbestimmung nicht nötig, es sollen lediglich unterschiedlich aussehende Formen unterschieden werden. Junge (kleine) und größere (ältere) Tiere können als zwei Formen gewertet werden.
Natürlich können durch eine genauere Artbestimmung wesentlich exaktere Aussagen gemacht werden. Für die Arbeit mit Schulklassen scheint diese Methode aber sehr gut anwendbar. Unser Ergebnis stimmt mit den bei früheren Exkursionen durchgeführten aufwändigeren Untersuchungen weitgehend überein.
Der Vorteil von Gütebestimmungen mit Zeigerorganismen gegenüber chemischen Wasseranalysen liegt darin, dass man hier keine Momentaufnahme erhält, sondern eine Aussage über einen länger andauernden Zeitraum. Gerade bei stark schwankenden chemischen Werten, die zum Beispiel durch periodische Einleitungen (vor allem von Düngemittel aus der Landwirtschaft) und schwankenden Wasserständen bzw. Hochwasserereignissen zustande kommen. Dadurch ist auch die ökologische Aussagekraft besser.
(4) Nostoc, Sternenrotz oder Engelsrotz
An offenen Stellen ist der Boden mit einer schmerzlichen Kruste überzogen, die im Wasser zu olivgrünlichen, gallertigen Bändern quillt. Solche Blaugrünen Bakterien (Cyanobacteria) waren vermutlich schon vor mehr als 3 Milliarden Jahren die ersten Landbewohner. Weitere Informationen finden sich im letztjährigen Exkursionsbericht und bei Nostoc.
Das geplante Thema „Wiesen und Gräser“ muss aus Zeitmangel entfallen. Ich hoffe, wir können es in Wilhelmsdorf nachholen.
Treffpunkt: 10.00h am Wanderparkplatz im Brochenzeller Wald an der Landstraße L 329 zwischen Ettenkirch und Brochenzell, von Oberteuringen kommend links, kurz vor dem Kreisverkehr am Ortseingang von Brochenzell
Auf diesem Spaziergang gehen wir eine kleine Runde durch dieses schöne Waldgebiet mit abwechslungsreichem Baumbestand. Besonders interessieren uns die Pflanzen an den feuchten Wegrändern und Gräben.
Dauer: Etwa 2,5 Stunden
Ersatztermin bei schlechtem Wetter: 21.08.2015
Wälder am Rand des Schussenbeckens
Größere zusammenhängende Waldgebiete sind im heutigen Oberschwaben ziemlich selten. Im Laufe der mehrtausendjährigen Siedlungsgeschichte ist die typische kleinräumige Landschaft aus Felder – heute vielfach Obstplantagen -, Wiesen und kleinen Waldstücken entstanden. Das größte Waldgebiet, der Altdorfer Wald etwa zwischen Vogt und Wolpertswende gelegen, hat immerhin eine Längsausdehnung von ca. 17 km. Dagegen ist das Waldgebiet , das sich am westlichen Rand des Schussenbeckens etwa von Ravensburg bis Meckenbeuren erstreckt, mit knapp 8 km deutlich kleiner. Die geplante Umgehungsstraße für Meckenbeuren könnte es noch weiter verkleinern. Trotzdem kann man in diesem Wald stundenlang wandern. Mehrere Bäche entwässern das Gebiet zur Schussen hin. Sie haben sich zum Teil ziemlich tief in die Jungmöräne eingeschnitten.Trotzdem ist der Wald ein guter Puffer, der einen Teil des Regenwassers speichert und dadurch vor Überschwemungen schützt.
Mit dem Bodenseebecken wird das untere Schussental im Allgemeinen zum Landschaftsraum Bodensee-Schussen-Becken zusammengefasst, der am Ende der Würmeiszeit durch den Rheingletscher geprägt wurde.
Zum Exkusionsverlauf
Wegbegleitende Hochstaudenflur
Wegränder sind häufig die artenreichsten Biotope eines Waldgebietes. Wenn sie nicht zu oft gemäht werden, entwickelt sich hier vor allem hochwüchsige, nährmineralliebende Stauden, aber auch Sträucher und Lianen. Besonders im Spätsommer und Herbst sind ihre Blüten ein wichtiges Futter für viele Nektar oder Pollen fressende Insekten. Auf unserem Spazierweg fallen besonders die großen Blüten- und Fruchtstände des Wiesen-Bärenklaus auf – wir messen beim höchsten 2,50m. Sie werden ebenso wie die der Wald-Engelwurz von Bienen, Hummeln, Schwebefliegen, Käfern und Schmetterlingen besucht.
Auch der Wasserdost liefert reichlich Nektar. Wegen der etwas tieferen Blütenkronröhren ist er vor allen für Schmetterlinge attraktiv. Wie Riesen-Schachtelhalm, Gilbweiderich und Kohl-Kratzdistel ist er Zeichen für einen feuchten Standort. Quellhorizonte sind typisch für die das Schussenbecken umrandenden Jungmoränen, in die immer wieder Lehm- und Tonschichten eingelagert sind. Neben dem befestigten Waldweg wurden zwei Gräben angelegt, um das Wasser der Quellhorizonte aufzunehmen.
Der Name „Kohl“-Kratzdistel weist darauf hin, dass die Pflanzen als Gemüse genutzt werden können. Besonders die großen, weichen Grundblätter können wie Spinat zubereitet werden. Der Wurzelstock enthält reichlich Inulin und kann zu Mehl verarbeitet werden, das zum Andicken von Speisen dient. Auch der gegarte Blütenboden kann ähnlich wie Artischockenblütenstände genutzt werden. Kohl-Kratzdisteln werden in Japan angebaut. Ein weiterer Korbbühler, der Gewöhnliche Rainkohl, kann als Jungpflanze ebenfalls für Gemüse und Salate verwendet werden. Die einjährige, selten zweijährige Pflanze ist schon verblüht und überall stehen die weitgehend abgestorbenen Fruchtstände.
Ein auffälliges, häufiges Gras der Wegränder ist der Riesen-Schwingel mit langen überhängenden Rispen und großen begrannten Ährchen. Er ist typisch für feuchte Laubwälder und wächst besonders häufig in Auwäldern entlang der Wasserläufe. Zwei andere Gräser, die erst jetzt, für Gräser also ausgesprochen spät blühen, sind das Pfeifengras und die Rasen-Schmiele, die beide auf feuchten Standort hindeuten. Beim Pfeifengras ist der lange Halm knotenlos, alle Knoten finden sich an der Halmbasis. Pfeifengrashalme wurden deshalb früher zum reinigen langer Pfeifenrohre verwendet. In Norddeutschland heißt das Gras „Benthalm“. Dieser Name weist auf die Nutzung der Halme zum Aufbinden hin. Besenried wird das Gras genannt, weil man aus den Halmen früher auch Besen angefertigt hat. Pfeifengraswiesen sind typisch für teilweise trockenfallende Moore, auch entwässerte Hochmoore.
Die Rasen-Schmiele hat große, stark aufgeteilte Blütenrispen mit sehr kleinen Ährchen und sehr raue, gerillte Blätter, die im Durchlicht auffällig gestreift erscheinen. Die durchscheinenden Rillen sind die Stellen, über die sich die Blätter bei Trockenheit einrollen können. Außer auf feuchten bis nassen Wiesen, Weiden und Sümpfen gedeiht sie in feuchten, lichten Laubwäldern und in Quellfluren.
Nach der waldökologischen Standortkartierung Baden-Württemberg ist der typische Wald des Schussenbeckens und seiner Randmöränen ein Buchenwald mit Tanne, Edellaubbäumen – also Ahorn-Arten, Ulmen, Kirschen, Linden und Eschen – Eichen und Hainbuchen. Die ebenfalls relativ häufigen Rot-Fichten und Wald-Kiefern sind vor allem auf Aufforstungsmaßnahmen zurückzuführen.
In den Bereichen in denen der Weg durch die Kronen der Laubbäume ziemlich stark beschattet ist, treten die Hochstauden am Wegrand zurück. Vor allem die dichten Kronen von einigen Winter-Linden (gekennzeichnet durch braune Haare in den Winkel der Blattadern auf der Unterseite) beschatten die Wegränder. Hexenkraut und Stinkender Storchschnabel sind häufig, in den moosreichen Nadelwaldbeständen gedeiht Wald-Sauerklee. An einigen Stellen haben sich große Bestände des einjährigen Großen Springkrautes (mpatiens noli-tangere) entwickelt, das im Gegensatz zu dem eingeschleppten Drüsigen Springkraut typisch für sehr schattige Standorte ist.
Hier wachsen nebeneinander Rot-Fichte und Weiß-Tanne und wir beschäftigen uns mit den Unterschieden dieser beiden einheimischen Nadelgehölze („Fichte sticht, Tanne nicht“) und auch mit den Gattungsunterschieden von Tanne und Fichte: Für die Gattung Fichte sind die braunen Nadelstielchen charakteristisch, die nach dem abfallen der Nadeln am Zweig stehen bleiben. Für die Gattung Tanne ist die verbreiterte grüne Nadelbasis charakteristisch, die nach dem abfallen eine glatte Zweigoberfläche zurücklässt.
Gelbbauchunken (Bombina variegata)
An der tiefsten Stelle des Weges, der die L 329 mit der Kreisstraße 7731 von Meckenbeuren nach Taldorf verbindet, liegen wir in einen kleineren Weg nach rechts ab. Er wird von einem Wasser führenden Graben begleitet, in dem große Bestände der Wasser-Schwertlilie stehen. In einer Wegpfütze entdecken wir Kaulquappen der Gelbbauchunke und nach genauem hinschauen sowohl in der Pfütze als auch im angrenzenden Graben die Unken selbst.
„Eine Gefährdung für die Vorkommen der Gelbbauchunke geht vor allem von Lebensraumverlusten aus, wie sie beispielsweise durch das Verfüllen von Tümpeln, durch Ausbau von unbefestigten Waldwegen und Rückegassen, aber auch durch natürliche Sukzession (vor allem die Verbuschung) der Pionierbiotope auftreten. Infolge einer räumlichen Verinselung, also einer Fragmentierung der Habitate (beispielsweise durch Straßen oder intensive Landwirtschaft), werden Vorkommen voneinander getrennt. Dadurch werden der genetische Austausch zwischen den Populationen und die Zuwanderung von außen eingeschränkt, was letztlich die Überlebensfähigkeit der isolierten Bestände gefährdet“.(Wikipedia)
Die Unken sind nach der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland stark gefährdet (2). Sie sind sowohl nach dem Bundesnaturschutzgesetz als auch nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie streng zu schützen. Innerhalb Deutschlands sind sie als „Verantwortungsart“ eingestuft.
Die Unkenpfütze hat Verbindungen zum wegbegleitenden Graben. Dort gedeihen Hänge-Segge (Carex pendula), Gewöhnlcher Blutweiderich (Lytrum salicaria), Gewöhnliches Mädesüß (Filipendula ulmaria), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), Sumpf-kratzdistel (Cirsium palustre) und Pfeifengras (Molinia caerulea).
Unkenbiotop im Brochenzeller Wald 26.8.2021 (Foto W. Probst)
Titelbild: Zwerg-Hollunder, Attich (Sambucus ebulus) (Foto A. Winter)
Zur Einführung
Der Spazierweg entspricht weitgehend der Route des letzten Jahres. In dem Protokoll vom letzten Jahr findet sich auch eine Beschreibung der Drumlin-Entstehung und ein Hinweis auf die Gebäudereste auf dem Gipfel des Hügels, die möglicherweise auf eine keltische Fliehburg zurückzuführen sind. Der Exkursionsteilnehmer und Hobbyarchäologe Rudolf Lang meint allerdings, die Reste stammten aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer späteren Zeit und wären im Zusammenhang mit dem aufgegebenen Ort Tepfenhausen zu sehen. Der Name tritt heute noch als Gemarkungsbezeichnung in der topographischen Karte auf. Bevor wir losgehen, weise ich darauf hin, dass bei Raderach am Ende des letzten Weltkrieges ein Motorenprüfstand für die V 2-Raketen eingerichtet wurde. In diesem Zusammenhang wurden KZ Häftlinge aus Dachau als Zwangsarbeiter hierher verlegt und in einem Barackenlager unterhalb von Raderach untergebracht.
Wiese und Wegrand
Die Wiese rechts des Weges war letztes Jahr gerade zum zweiten Mal gemäht, dieses Jahr wurde sie noch gar nicht gemäht. Das vorherrschende Wiesengras, der Glatthafer, hat schon gelbe Halme, sodass die ganze Wiese ein bisschen wie ein reifes Getreidefeld aussieht. Dazwischen sieht man aber noch eine ganze Menge blühender Pflanzen und um die soll es im ersten Teil unserer Exkursion gehen. Die Teilnehmenden sammeln Wiesenblumensträuße und die verschiedenen Pflanzen werden dann auf einem Leintuch sortiert und beschriftet. Erstaunlicherweise finden sich auf der Wiese auch die typischen Getreidefeld-Pflanzen Klatsch-Mohn und Kornblume. Besonders auffällig sind die weißen Dolden von Wiesen-Bärenklau und Wilder Möhre. Vor allem die Blüten des Wiesen-Bärenklaus werden sehr gerne von verschiedenen Insekten besucht, die das offen liegende Nektarangebot schätzen, zum Beispiel Fliegen und Käfer. Wir können allerdings nur sehr wenige Tiere beobachtenund werten das als ein Indiz für den starken Rückgang der Insekten. Die Wilde Möhre ist die Stammpflanze von Möhre bzw. Mohrrübe bzw. Gelber Rübe bzw. Karotte.
Artenliste der Pflanzen von Wiese und Wegrand (zusammengestellt von Anastasia Winter)
Die neue Kulturpflanze Silphium perforatum (Verwachsenblättrige oder Durchwachsenblättrige Silphie, Becherpflanze) aus der Familie der Korbblütler wächst hier schon im vierten Jahr ohne neue Aussaat. Im Gegensatz zu Mais können diese Pflanzen bis zu zehn Jahre aus dem gleichen Stock wachsen und immer wieder geerntet werden. Ihre Biomasseproduktion ist durchaus mit Mais vergleichbar und deshalb können die Pflanzen – ähnliche wie Mais – zur Gewinnung von Silofutter oder für die Biogasproduktion eingesetzt werden. Dadurch, dass die Felder nicht brach fallen und umgebrochen werden, wird die Erosion verringert. Auf Herbizide kann ebenfalls verzichtet werden und bisher sind die Pflanzen auch nicht sehr anfällig für Parasiten. Die Pflanze ist auch relativ trockenresistent, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass das Wasser; das in den Bechern am Blattgrund gesammelt wird, direkt aufgenommen werden kann.
Landwirte, die Silphien anbauen, erhalten eine Subvention, sie dürfen jedoch keine Pestizide einsetzen. Die Blütenstände enthalten viel Nektar und werden sehr gerne von Bienen besucht. Teilnehmer* innen berichten, dass Silphien-Honig auch schon in Oberteurings Hofläden angeboten wird. Wir können am Rand eines entfernteren Silphienfeldes einige Bienenkästen entdecken.
Pflanzliches Mimikry
Die Nesselblättrige Glockenblume ähnelt in ihrem Habitus – solange die Blüten noch nicht zu sehen – sind sehr stark einem Brennnesselspross, weil ihre Blätter wirklich den Brennnesselblättern sehr ähnlich sind. Solches Brennnessel-Mimikry kennt man auch von einer ganzen Reihe anderer Pflanzenarten, zum Beispiel Taubnesseln, Hohlzahn-Arten und Wald-Ziest. Inwieweit diese Pflanzen damit tatsächlich erreichen, dass sie von Weidegängern weniger gefressen werden, ist meines Wissens bisher nicht genauer untersucht worden.
Johanniskraut
Zu Johanni, dem christlichen „Mitsommerfest“ am 24. Juni, an welchem Johannes des Täufers gedacht wird, blüht auch das Echte Johanniskraut.(Hypericum perforatum), wegen der scheinbar durchlöcherte Blätter – gegen das Licht sieht man Öltröpfchen in den Blättern als helle Punkte – auch Tüpfel- Johanniskraut genannt. Die Pflanze wurde früher auch als „Herrgottsblut“ bezeichnet, da beim Drücken noch geschlossener Blütenknospen ein dunkelroter Flüssigkeitstropfen sichtbar wird. Dieses „Blut“ verdankt seine Farbe dem Hypericin, einem Antrachinon-Farbstof mit medizinischer Wirkung.
Vermutet wird, dass die antidepressive Wirkung darauf zurückgeht, dass die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Dopamin und Serotonin gehemmt wird und diese deshalb in den Synapsen länger in höherer Konzentration vorliegen. Dafür sind neben dem Hypericin vermutlich auch noch andere Inhaltsstoffe des Johanniskrauts verantwortlich. Eine Nebenwirkung des Farbstoffmoleküls ist, dass es die Fotosensibilität des Körpers erhöht. Nach äußerlicher Anwendung kann es bei Sonneneinwirkung zur Bildung von Blasen kommen. In der Leber fördert Hypericin den Abbau verschiedener Stoffe, auch von Arzneimitteln, unter anderem von Gestagenen der Antibabypillen, deren Wirkung dadurch gemindert wird. Da sich Hypericin vor allem in Zellen krebsartiger Gewebe sammelt, kann es zur Fluoreszenzdiagnose von Krebszellen eingesetzt werden (Wikipedia).
Die ebenfalls beobachtete antivirale Eigenschaft von Johanniskrautauszügen geht vermutlich darauf zurück, dass das Hypericin bei Belichtung Sauerstoffradikale bildet, welche die Viren angreifen.
Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria)
Ende Juni Anfang Juni blüht nicht nur das Johanniskraut sondern auch das Mädesüß (Filipendula ulmaria). Dieses Rosengewächs mit seinen weißen Blütenrispen wächst auf feuchten Wiesen, bevorzugt entlang von Gräben aber auch an quelligen Stellen, wie hier an der Wegböschung. Der Name geht vermutlich darauf zurück, dass die süßlich duftenden Blüten früher zu automatisieren von Wein und Met verwendet wurden („Metsüße“ ). Eine andere Deutung ist „Mahdsüße“, denn nach dem Abmähen verströmen die Pflanzen einen süßlichen Duft (Wikipedia).
Wir graben ein Stück Rhizom (unterirdischer Wurzelspross) aus. Wenn man den erdigen Geruch abzieht, kann man deutlich einen Duft wahrnehmen, der an Zahnpasta oder gewisse Kaugummisorten erinnert. Er geht auf den Inhaltsstoff Salicylsäure-Methylester zurück. Der Stoff kommt auch in anderen Pflanzen vor, zum Beispiel im Wintergrün. Unter dem Namen „Wintergrünöl“ wird er als Mittel gegen rheumatische Beschwerden aber auch als Badezusatz ich angeboten, ebenso findet er in Kaugummis und Krauttabak (Snus) Verwendung. Wegen seiner antiseptischen Wirkung wird der Stoff auch in Zahnarztpraxen eingesetzt.
Salicylsäure ist ein Stoff, der in vielen Pflanzen gefunden wird. Lange bekannt ist sein Vorkommen in der Rinde von Weiden (Gattung „Salix“). Der Stoff wirkt nicht nur als Fraßschutz sondern auch als pflanzliches Pheromon (von Pflanze zu Pflanze übertragener Signalstoff). Der Acetylsäureester der Salicylsäure, Acetylsalicylsäure, ist besonders bekannt unter dem Firmennamen Aspirin. Diese Bezeichnung wurde aus Acetylsalicylsäure und dem alten wissenschaftlichen Namen des Mädesüß Spiraea filipendula zusammengesetzt.
Blattminen
Als Blattminen bezeichnet man die Larvengänge von bestimmten Insektenarten (Kleinschmetterlinge, Kafer, Fliegen) in Blättern. Die Larevn fressen das Blattgewebe, lassen aber obere und untere Blattepidermis stehen. Es gibt flächig entwickelte Platzminen und Gangminen, die mit der Larvengröße an Breite zunehmen – wie bei dem von uns beobachteten Fall derMinierfliege Phytomyza horticola in Blättern der Rauen Gänsedistel.
Gallen der Ahorn-Gallwespe
Als wir die Bergeshöhe erreicht haben, biegen wir zunächst noch nicht links ab, sondern gehen einige Schritte weiter, um den freien Blick auf dem Gehrenberg und das Hepbach-Leimbacher Ried zu genießen. Ein vom Sturm umgebogen der junger Berg-Ahorn-Baum hat an einigen seiner Blätter eigenartige Auswüchse.
Diese Gallen oder Cecidien sind pflanzliche Bildungen, die von anderen Organismen ausgelöst werden. Häufig sind dies Insekten, aber auch Milben und Pilze können für die Bildung von Pflanzengallen verantwortlich sein. Dabei sind diese Organismen nur die Impulsgeber. Die Gallen werden ganz alleine von den Pflanzen gebildet und bestehen aus Pflanzenzellen.
Die Weibchen der Ahorn-Gallwespe (Pediaspis aceris) legen im Frühjahr Eier an die Blattunterseiten oder Blattstiele von Ahorn-Arten. In der Folge bilden sich kugelige Gallen, aus denen im Juli männliche und weibliche Wespen schlüpfen (geschlechtliche Generation). Nach der Paarung legen die Weibchen Eier an Berg-Ahorn-Wurzeln, die zu ihrer Entwicklung in Wurzelgallen zwei Jahre benötigen. Aus ihnen schlüpfen wieder Weibchen, die sich ohne Befruchtung fortpflanzen (parthenogenetische Generation).
Die von uns beobachten Gallen zeigen eine eigenartig unregelmäßige Form. Das kommt daher, dass sie von Inquilinen – Untermietern – befallen wurden. In diesem Fall handelt es sich um Erzwespen der Art Dichatomus acerinus. Durch diesen Befall wird das Gewebe der Galle zu weiterem Wachstum angeregt. Mit einiger Mühe schneiden wir eine der Gallen auf. Es zeigt sich, dass sie sehr hart – richtiggehend verholzt – ist, und viele Kammern enthält, in denen winzige Larven zu erkennen sind. Vermutlich haben die Gallwespen bereits die Galle verlassen und es handelt sich um die Larven der Erzwespe.
Blick auf das Hepbach-Leimbacher Ried und den Gehrenberg
Nach diesem Blick ins Detail gehen wir noch einige Schritte weiter und haben dann einen sehr schönen Ausblick auf das Naturschutzgebiet Hepbach-Leimbacher Ried und den die Gehrenberg. In dem breiten Tal verläuft am Ende der Eiszeit eine Schmelzwasserrinne, in der teilweise Seen aufgestaut wurden. Daraus entwickelte sich das heute unter Naturschutz stehende Ried. Der 752 m hohen Gehrenberg hat deutlich andere Dimensionen als die Drumlins. Er besteht zum großen Teil nicht aus eiszeitlichen Ablagerungen sondern aus Süßwassermolasse, einem Sedimentgestein des Tertiärs.“Er ist durch Erosion während der letzten Vereisung entstanden. Nach der vorletzten Vereisung haben sich in tiefer gelegenen Gebieten Schotter abgelagert, die durch kalkhaltiges Wasser verfestigt wurden. Dieser harte eiszeitliche Nagelfluh bot bei der letzten Vereisung einen erhöhten Widerstand gegen Erosion und so kam es zur Reliefumkehr: frühere Täler wurden zu Bergen“ (Exkursionsprotokoll von 2020).
Als ornithologische Besonderheit macht uns Hans-Jürgen Walliser auf den gut hörbaren fötenden Gesang eines Pirols aufmerksam.
Hochstauden am Wegesrand
Besonders auffällig ist der große Bestand des Zwerg-Hollunders (Sambucus ebulus, auch Pferde- Hollunder oder Attich), der gerade in voller Blüte steht. Im Aussehen ähnelt die Pflanze durchaus anderen Hollunder-Arten, auch die später sich bildenden schwarzen Beeren sehen sehr ähnlich aus wie die des Schwarzen Hollunders. Allerdings handelt es sich im Gegensatz zu Schwarzem Hollunder und Trauben-Hollunder um eine krautige Pflanze, deren Sprosse im Herbst absterben und jedes Jahr neu aus dem unterirdischen Rhizom austreiben. Außerdem hat der Zwerg-Hollunder einen ausgesprochen unangenehmen Geruch – und das zu Recht, denn die ganze Pflanze ist giftig und der Verzehr der Beeren kann zu heftigen Vergiftungserscheinungen führen (Übelkeit, Erbrechen Durchfall).
Nach Wikipedia wurde der Zwerg-Hollunder bereits im Altertum und später auch im Mittelalter Mittel zum Abführen schädlicher Körpersäfte eingesetzt und sogar als Gegengift bei Schlangenbissen verwendet.
In dem ganzen Wald auf dem Drumlin Heidengestäud haben die Unwetter der vergangenen Wochen erhebliche Schäden angerichtet. Vor allem Nadelbäume (Fichten) waren betroffen, aber hier sehen wir eine große Buche, die praktisch längs gespalten wurde. Die eine Hälfte steht noch.
Nachdem die eingeschleppte Pflanze (Neophyt) Drüsiges Springkraut uns schon auf unserem ganzen Weg begleitet hat, sehen wir hier nun auch die einzige einheimische Springkraut-Art, das Große Springkraut (Impatiens noli-tangere), eine ausgesprochene Schattenpflanze. Im Gegensatz zu dem ebenfalls hier am Wegrand stehenden Kleinen Springkraut (Impatiens parvifloa) blüht es noch nicht. Das Kleine Springkraut ist – wie die beiden anderen Arten – eine einjährige Pflanze. Es ist ursprünglich in Zentralasien vom Altai bis zum Hindukusch verbreitet und wurde ebenfalls nach Mitteleuropa eingeschleppt.
Springkräuter sind mit über 1000 Arten die wichtigste Gattung der Balsaminengewächse. Außer in Australien sind sie weltweit verbreitet mit der größten Artenvielfalt in tropisch-subtropischen Gebirgen. Die bekannte Zimmerpflanze „Fleißiges Lieschen“ ist ein Springkraut (Impatiens walleriana).
Eine weitere häufige Pflanze an schattigen Waldwegen ist das Große Hexenkraut (Circaea lutetiana), das im Gegensatz zu den beiden anderen Hexenkraut-Arten keine herzförmigen Blätter hat. Charakteristisch sind die kleinen, traubig angeordneten Klettfrüchte.
Waldsaum mit Berberitzen
Bevor wir unseren Rundgang weiter Richtung Süden fortsetzen, folgen wir dem asphaltierten Weg ein Stück Richtung Norden am Waldrand entlang. An dieser Waldseite ist eine sehr schöner, dichter Waldsaum aus Sträuchern ausgebildet. Solcher dichter Waldrandbewuchs kann den Wald bei Unwettern vor zu starken Sturmschäden schützen. Der Hauptgrund für unseren Abstecher ist das Vorkommen von Berberitzen-Sträuchern (Berberis vulgaris). Die Gewöhnliche Berberitze, wegen ihrer sauer schmeckend Früchte auch Sauerdorn oder Essigbeere genannt, ist in Europa und Asien weit verbreitet.
Als Zwischenwirt des Getreide-Schwarzrostes, eines gefährlichen Getreideparasiten, wurden zeitweilig versucht, dieser Pilzkrankheit durch Ausrottung der Berberitzen Herr zu werden (was aber misslang).
Ich habe auf der Exkursion fälschlicherweise erzählt, dass auch die als Superfood bekannten Goji-Beeren von Berberitzen stammen würden. Das ist falsch, Goji-Beeren sind die Früchte des Bocksdorns (Gattung Lycium), die allerdings sehr ähnlich aussehen wie Berberitzen-Früchte. Aber auch Berberitzen werden im Iran und im vorderen Orient vor allem als Zutat zu Reisgerichten und Fleischspeisen geschätzt. Bei uns kann man sie vor allem getrocknet kaufen.
Artenliste
Gewöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris)
Blutroter Hartriegel (Cornus sanguineus)
Gewöhnlicher Schneeball (Viburnum opulus)
Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba)
Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum)
Faulbaum (Frangula alnus)
Hunds-Rose (Rosa canina)
Weißdorn (Crataegus spec.)
Rückweg
Zu den beiden nordamerikanischen Baumarten Rot-Eiche (Quercus rubra) und Douglasié (Pseudotsuga menziesii) finden sich ausführlichere Angaben in dem letztjährigen Exkursions-Protokoll.
Weil der Waldweg einen relativ matschigen Eindruck macht folgen wir – anders als im letzten Jahr – dem kleinen Sträßchen am Waldrand entlang. Dabei fällt uns besonders ein gelb blühender Korbblütler auf, den ich zunächst für das Gewöhnliche Habichtskraut (Hieracium lachenalii) halte. Flora incognita schlägt das Gewöhnliche Bitterkraut, auch Habichtskraut-Bitterkraut genannt (Picris hieracioides) vor, und das erweist sich als richtig. Die Pflanze kann man ganz gut an den deutlich abstehenden Hüllblättern des Blütenköpfchens und den tatsächlich sehr bitteren Geschmack erkennen.
Am Waldrand kurz vor unserem Parkplatz ist vor einer kleinen Ruhebank ein Zierpflanzenbeet angelegt worden. Dort fallen vor allem Taglilien (Hemerocallis) mit ihren großen, leuchtend orangen Blüten auf. Dazwischen blühen Färber-Hundskamillen (Anthemis tinctoria). Auch eine Yucca (Yucca filamantosa) hat ihre Blüten gerade entfaltet. Vermutlich nicht angepflanzt blühen dazwischen zahlreiche Sprosse des Echten Seifenkrautes (Saponaria officinalis).
auf dieser Seite findet ihr alle wichtigen Informationen zum Exkursionsangebot im Rahmen der Veranstaltung „Regionale außerschulische Lernorte Oberschwabens“.
In der folgenden Übersicht haben wir die geplanten Exkursionsorte und -zeiten angegeben. Sollten einige Teilnehmer*innen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sein, müssen wir die Exkursionsziele eventuell ändern. Dies werden wir auf der ersten Veranstaltung in Oberteuringen klären.
Ausrüstung: Außer einer exkursionsgerechten Kleidung
Schreibzeug und Notizbuch
Mobiltelefon mit Fotofunktion,
Botanikerlupe und Fernglas
Behälter (Stofftasche oder Plastikbeutel; kleine Sammelbehälter ) zum Unterbringen von Sammlungsstücken
eventuell eine Sitzunterlage für Pausen im Gelände
Studienleistungen: Portfolio zu den Exkursionen, in dem zu jeder Exkursion mindestens zwei Objekte, Themen, Aktivitäten … beschrieben und kommentiert werden. Bei den Objekten können auch Scans oder Fotos verwendet werden, sodass auch ein digitales Portfolio möglich ist.
Artenkenntnis : Wichtiges Ziel der Exkursionen ist die Verbesserung der Artenkenntnis. Deshalb werden auf jeder Exkursion von zwei Teilnehmenden alle angesprochenen Arten notiert. Sie werden anschließend auf dieser Homepage veröffentlicht.
Kommentare und Fragen sind erwünscht, während den Exkursionen, als Kommentar auf dieser Seite oder per E-Mail. Wenn sie Pflanzen- oder Tierarten betreffen, ist ein beigefügtes Foto hilfreich.
Die erste Veranstaltung findet am 8. Mai in Oberteuringen statt. Von Weingarten/Ravensburg aus ist der Ort über die B 33 (Richtung Meersburg) zu erreichen. Außerdem gibt es eine Busverbindung von Ravensburg nach Oberteuringen, die ihr unter folgender URL finden könnt:
Auf die Exkursionen freuen sich Sabrina Brendle und Wilfried Probst.
Übersicht über die Exkursionsorte und -termine
Zeit
Treffpunkt
Themen
8.5.21 13.30-17.30h
Oberteuringen, Franz-Roth-Platz
Baumgeschichten; Bestimmungsschlüssel; Suchen und Finden; Kletterpflanzen; Wiese
15.5.21 10.00-14.00
Weingarten, Freibad
Natur wahrnehmen und erleben
29.5.21 13.30-17.30h
Oberteuringen, NSG Altweiherwiese*
Landschaftsgeschichte; Gräser; Zeigerwerte von Pflanzen; Saumbiotope; Biber
12.6.21 10.00-1400h
Völlkofen, Grillhütte
Wildkräuter und ihre Verwendung
3.7.21 13.30-17.30h
Wilhelmsdorf, Naturschutzzentrum
Insekten, Landschaftsgeschichte:Hoch- und Niedermoor
24.7.21 18.30-22.30h
Wilhelmsdorf, Naturschutzzentrum
Fledermäuse
* geändert am 8.5.2021
8. Mai 2021 Oberteuringen
Anfahrt zum Treffpunkt in Oberteuringen, Franz-Roth-Platz
1. Von Ravensburg auf der B 33 Richtung Meersburg bis Oberteuringen, Ortsteil Hefigkofen und weiter bis Ortsteil Neuhaus.
2. In Neuhaus an der ersten Kreuzung links in die Teuringer Straße abbiegen.
3. Der Straße bis zum Ortsschild „Oberteuringen“und bis zur 30iger Zone folgen, dann erste Abzweigung links zum Parkplatz „Franz-Roth-Platz“ abbiegen.
Vorlagen: Google maps
Oberteuringen
Oberteuringen ist ein Beispiel für die lange Besiedelungsgeschichte Oberschwabens und des Bodenseegebietes. Die älteste Urkunde, welche die Existenz der Siedlung Teuringen belegt, stammt aus dem Jahre 752. Dabei handelt es sich um einen Beleg für die Schenkung Teuringens und einiger anderer Siedlungen an das Kloster St. Gallen. Eine solche lange Geschichte ist durchaus charakteristisch für Ortschaften deren Namen mit – ingen endet. Dabei handelt es sich um alemannische Siedlungen die vermutlich im fünften und sechsten Jahrhundert gegründet wurden und mit denen die intensivere landwirtschaftliche Bewirtschaftung Oberschwabens begann. Diese lange Siedlungsgeschichte war landschaftsprägend. Rund um die vielen kleinen Ortschaften, Weiler und Einzelhöfe ist eine reich strukturierte Landschaft entstanden. Große zusammenhängende Waldgebiete sind selten, auch die landwirtschaftlichen Flächen sind meist kleiner strukturiert. Erst die Industrialisierung in jüngerer und jüngster Zeit hat viele Ortschaften durch Gewerbegebiete und neue Wohngebiete sehr anwachsen lassen. Das gilt auch für Oberteuringen, das mittlerweile über 5000 Einwohner zählt und gerade neue Bebauungspläne aufstellt.
Ein Grund dafür, dass der erste außerschulische Lernort unserer Exkursionen ein solcher aus biologischer Sicht eher durchschnittlich erscheinender Ort Oberschwabens ist und nicht ein spektakuläres Naturschutzgebiet wie der Federsee oder das Wurzacher Ried, liegt daran, dass wir zeigen wollen, dass ergiebige außerschulische Lernorte eigentlich überall zu finden sind, ein zweiter, dass ich seit 14 Jahren in Oberteuringen wohne.
Literatur: Sanktjohanser, G. K. -Hrsg. (2002): Obeteuringen – Ein Streifzug durch die Jahrhunderte. Gemeinde Oberteuringen
Oberteuringen liegt an der Rotach, etwa in der Mitte ihres knapp 40 km langen Laufes über etwa 225 Höhenmeter vom Pfrunger-Burgweiler Ried bis zum Bodensee bei Friedrichhafen. Nach Argen und Schussen ist die Rotach der dritte größere Zulauf in den nordöstlichen Bodensee. Dieser kleine Fluss macht in Oberteuringen einen durchaus naturnahen Eindruck, der aber vor allem Renaturierungsmaßnahmen zu verdanken ist. Ursprünglich standen an der Rotach 22 Mahl- und Sägemühlen, die Oberteuringer Mühle beherbergt mittlerweile das Teuringer Kulturzentrum. Das Betreiben dieser Mühlen erforderte viele wasserbauliche Maßnahmen mit Stauwehren und Kanälen, die den natürlichen Bachlauf stark veränderten.
Besondere Bäume am Sankt Martinsplatz
Der heutige Kirchenbau Sankt Martinus stammt aus der Zeit 1516/1517, der Ort war aber schon lange vorher der Standplatz einer christlichen Kirche. 1846 erhielt der Kirchturm seine heutige weithin sichtbare, über 60 m hohe Spitze. Der Platz zwischen Kirche und Rathaus, der Sankt Martinsplatz, ist das Zentrum Oberteuringens.
Unser Interesse galt vier besonderen Baumarten am Sankt Martinsplatz. Jeweils eine Gruppe beschäftigte sich kurze Zeit mit einer der Arten und versuchte, sie in einer möglichst kurzen Form eindeutig zu charakterisieren. Zwei „ahnungslose“ hielten sich während dessen außer Sichtweite auf. Dann versammelten sich alle vor dem Rathaus und die Gruppen charakterisierten ihren Baum. Alle vier Bäume wurden – es war zugegebenermaßen nicht sehr schwierig – sofort erkannt.
Gewöhnlicher Trompetenbaum (Catalpa bignonioides)
Weitere Namen: Zigarrenbaum, Bohnenbaum; der Name ist aus der Sprache der Cherokee übernommen und bedeutet „Bohnenbaum“.
Heimat: Südosten der Vereinigten Staaten, vor allem in Auwäldern und an Flussufern, 1726 durch den englischen Naturforscher Mark Catesby (1683-1749) von Carolina nach Europa gebracht.
Der Baum kann 15-18 m hoch werden. Alte Trompetenbäume bilden Absenkeräste, die einwurzeln (auf der Insel Mainau zu sehen!) und damit der Ausbreitung dienen.
Die herzförmigen bis schwach gelappten, glattrandig Blätter treiben erst sehr spät aus. Beim Zerreiben riechen sie unangenehm. In letzter Zeit kommt es in Deutschland zur Auswilderung, was vermutlich mit der Klimaerwärmung zusammenhängt.
Das Verbreitungsgebiet von Catalpa deckt sich etwa mit dem ursprünglichen Siedlungsgebiet Chirokee und vier weiterer Indianerstämme, die wegen ihrer Anpassung an die Lebensweise der Kolonisten auch als die „ Fünf zivilisierten Nationen“ bezeichnet wurden. Sequoyah (1763-1843), Sohn einer Cherokee-Indianerin und eines europäischen Händlers erfand die Cherokee Schrift, die heute noch für die Cherokee-Sprache verwendet wird. Der Mammutbaum Sequoia sempervirens wurde nach ihm benannt. Der Vertrag von New Echota von 1835 führte zur Vertreibung der Cherokee aus dem südöstlichen Waldland in Carolina und Georgia in ein karges Territorium im Staate Oklahoma. Bei dieser gewaltsamen Umsiedlung, die als „Trail of Tears“ in die Geschichte eingegangen ist, kamen vermutlich um die 8000 der Deportierten ums Leben (teilweise nach Wikipedia).
Purpur-Magnolie (Magnolia liliiflora)
Heimat: China (Prov. Yunnan und Hubei); als Zierbaum in China weit verbreitet.
Das Gehölz ist meistens fast von der Basis an verzweigt und erreicht etwa 5m Wuchshöhe. Die Krone ist meist breit, Stamm und Äste sind oft unregelmäßig gekrümmt. Die Zweige sind hellgrau bis braun und nicht behaart. Auch an dickeren Stämmen bleibt die graue Rinde glatt.
Die Magnolien (Magnolia) sind eine Pflanzengattung der Familie der Magnoliengewächse mit über 200 Arten in Ostasien und Nordamerika. Ihren Namen gab ihr Linné zu Ehren des französischen Botanikers Pierre Magnol (1638–1715). Einige Magnolien haben sind beliebte Ziergehölze vor allem die Stern-Magnolie und die Tulpen-Magnolie, ein Hybrid aus Magnolia denudata und Magnolia liliiflora.
Magnolien sind sehr ursprüngliche Blütenpflanzen. Bei einer auf genetischen Analysen beruhenden Rekonstruktion einer Urblüte kam eine Blüte heraus, die dem Habitus der heutigen Magnolienblüten sehr ähnlich sieht.
Gewöhnlicher Judasbaum (Cercis siliquastrum)
Heimat: Südeuropa bis Vorderasien
Angeblich hat sich Judas an einem solchen Baum erhängt. Andere Namen: Salatbaum, Liebesbaum, Stammhülsenbaum
Die Gattung hat einen Verbreitungsschwerpunkt in China (5 Arten), 4 Arten kommen in Nordamerika und eine in Zentralasien vor.
Typisch ist die Kauliflorie (Stammblütigkeit). Die biologische Erklärung ist, dass dies auch schwerere Tiere wie Kleinsäugern und Vögeln die Bestäubung ermöglicht. Kauliflore Pflanzen gibt es fast nur bei tropischen Pflanzen.
Gemeindemitteilungen Oberteuringen,20.11.20
Aus unserer Gemeinde
Der von Michaela und Manuel Knöpfler gespendete Cercis reniformis (= C. canadensis*) -Baum, auch Ju-dasbaum genannt, verschönert ab sofort den Vorplatz der Kirche St. Martin und soll als Zeichen des Lebens gerade in diesen Zeiten Mut machen. Auch wenn der Baum ausgerechnet den Namen des Jün-gers trägt der Jesus verraten und an die Römer ausgeliefert hat, nahm Jesus Schicksal durch ihn seinen Lauf. Mit seiner Auferstehung finden wir heute Hoffnung im Glauben auf das ewige Leben. Der Baum steht zwischen 2 Bänken, die bereits im Jahr 2011 ebenfalls von Michaela und Manuel Knöpfler gespendet wurden. Diese laden zum Innehalten ein und ermöglichen den Blick auf die wunderschöne Kirche St. Martin.
*Die Blattform spricht dafür, dass es sich bei der Art um Cercis siliquastrum handelt (W. Probst)
In dem gemulchten Beet, in dem der Judasbaum steht, entdeckten wir den Fruchtkörper einer Spitz-Morchel (Morchella elata).
Der Unterschied zu den Echten Zypressen (Cupessus) besteht darin, dass Scheinzypressen stärker abgeflachte Zweige und zweierlei schuppenartige Blätter sowie kleinere, kugelige Zapfen besitzen und Samen früher reifen. Die ebenfalls sehr ähnlichen Lebensbäume (Thuja) haben im Gegensatz zu den Scheinzypressen kleine, längliche Zapfen. Die etwa fünf Arten (Chamaecyparis) sind in den nördlicheren Breiten Nordamerikas und Ostasiens verbreitet. Die Oregon-Scheinzypresse kann in ihrer Heimat bis 65 m hoch werden – so hoch wie der Kirchturm von St. Martin!
Das hellgelbe, harzfreie Holz wird für Schiffsbau und Möbel verwendet. In Europa ist der Baum, von dem es zahlreiche Sorten gibt, ein häufiges Ziergehölz. Mittlerweile gibt es wild wachsende Vorkommen.
Artenarmut mitteleuropäischer Wälder im Vergleich mit Nordamerika und Ostasien
In Mitteleuropa gedeihen viele Gehölzarten aus Nordameria oder dem nördlichen Ostasien, die dort unter ähnlichen Klimabedingungen wie hier existieren können. Dies hängt damit zusammen, dass die Waldvegetation Mitteleuropas während der vor etwa 2,6 Millionen Jahren beginnenden Kaltzeiten fast vollständig vernichtet wurde. Im Gegensatz zu Ostasien und Nordamerika, wo die Hauptgebirgsketten vorwiegend von Norden nach Süden verlaufen,war der Vegetation Mitteleuropas beim Vordringen der kaltzeitlichen Gletscher ein Rückzug nach Süden durch die Alpenkette weitgehend versperrt. Darin sieht man den Grund dafür, dass die mitteleuropäische Gehölzvegetation sehr viel artenärmer ist, als die entsprechenden Pflanzengesellschaften in Nordamerika und Ostasien. Im Pliozän, vor dem Beginn der Kaltzeiten (des Pleistozäns) kamen viele der heute bei uns angepflanzten Arten oder nahe Verwandte dieser Pflanzen auch in Mitteleuropa vor. Dies ist ein Argument mancher Forstleute, nun in Mitteleuropa die Aufforstung mit amerikanischen und asiatischen Baumarten zu versuchen, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen könnten.
Gehölze an der Rotach
Im Ortsgebiet von Oberteuringen wird die Rotach von einer Vielfalt einheimischer Gehölze gesäumt. Wir lernten sie kennen, indem wir für sie einen Bestimmungsschlüssel bastelten.
Die Aufgabe besteht nun zunächst darin, zu jedem der sechs hier grün markierten Endpunkte des Bestimmungsganges Beispiele zu finden. Alle Blätter, die zu einer Art gehören, werden auf einem Haufen angeordnet. Anhand der gefundenen Blätter werden mögliche Merkmalsalternativen zur weiteren Bestimmung besprochen. Alle Arten werden mit Namen beschriftet.
Fotos A. Winter
Seifenkraut (Saponaria offcinalis)
Am Wegrandentdecken wir einen großen Bestand des Seifenkrautes. Das Nelkengewächs wird von einer Teilnehmerin, die sich sehr gut auskennt, entdeckt, obwohl die zart rosavioletten Blüten noch lange nicht entwickelt sind. Der Name der Pflanze weist auf ihre frühere Verwendung als Seifenersatz hin. Alle Pflanzenteile insbesondere die Wurzelstöcke enthalten Wasseroberflächen-entspannende Triterpensaponine. Wir zerreiben einige Triebe und schütteln Sie in einem Behälter mit Wasser und wir können die Schaumbildung beobachten.
Seifenkraut-Extrakte werden bis heute bei der schonenden Reinigung von alten Textilien und Möbelstücken verwendet (Wikipedia).
Foto A. Winter
Suchen und finden
Alle Teilnehmenden erhalten eine Suchkarte für eine Pflanzenart:
Die Arten werden ziemlich schnell gefunden: Bär-Lauch (Allium ursinum), Winter-Schachtelhalm (Equisetum hiemale), Einbeere (Paris quadrifola), Schuppenwurz (Lathraea squamaria). Letztere ist ein völlig Chlorophyll-freier Parasit an Laubbäumen.
Kletterpflanzen
Je höher eine Pflanze wächst, desto kräftiger muss ihr Stamm sein. Aber das gilt nicht für alle! Kletterpflanzen nutzen die Stabilität ihrer Unterlagen.
Bei der Brücke über die Rotach wachsen zwei Kletterpflanzen-Arten, die verholzte Liane Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba) und der krautige, jedes Jahr neu aus dem unterirdischen Wurzelstock auswachsende Echte Hopfen (Humulus lupulus). Die Waldrebe hält sich mit ihren rankenden Blattstielen an der Unterlage fest, der Hopfen windet mit seiner Sprossachse um die Unterlage, und zwar so, dass in der Seitenansicht ein S zu erkennen ist (Rechtswinder). Diese Richtung des Winden ist bei Kletterpflanzen im allgemeinen genetisch festgelegt, d. h. die Pflanzen können nur nach rechts oder nach links winden. Bei Linkswindern erkennt man in der Seitenansicht ein Z.
Lianen können hoch in Bäume hinaufklettern und viel Laubwerk entwickeln, dabei bleiben ihre Sprossachsen viel dünner als die Stämme der Bäume. Sie müssen aber fast gleich viel Wasser transportieren. Deshalb ist es wichtig, dass ihre Wasserleitungsbahnen sehr effektiv sind. Lianen haben deshalb die weitesten Tracheen aller Pflanzen (Durchmesser bis 0,7 mm). Auch die Leitungsbahnen der Waldrebe kann man schon mit bloßem Auge sehen. Wir schneiden einen etwa 1,50 m langen Sprossabschnitt der Waldrebe heraus: es gelingt ohne Mühe, durch diesen Stab Luft in ein Wasserglas zu blasen. Bei der Erweiterung der Leitungsbahnen gibt es allerdings eine Grenze: Werden die Durchmesser zu groß, reichen die Adhäsion und Kohäsionskräfte der Wassermoleküle nicht mehr aus um den hydrostatischen Unterdruck auszugleichen. Es bilden sich Luftblasen und die Wassersäule reist ab („Gasembolie“).
Wiesen
Wiesen und Weiden sind in unserem Klima fast ausschließlich Folgen landwirtschaftlicher Nutzung. Sie können sich nur halten, wenn sie regelmäßig von Weidetieren abgefressen oder gemäht werden. Aber sie machen mittlerweile in Mitteleuropa 50 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche und 20 % der Gesamtfläche aus. Die Art der Bewirtschaftung ist für die Biodiversität entscheidend.
Typisch für Wiesen ist ihre Schichtung. Ähnlich wie die Frühjahrsblüher im Wald so haben die Wiesenpflanzen der Unterschicht ihre beste Entwicklungsmöglichkeiten im Frühjahr, wenn die Wiese noch nicht hoch gewachsen sind.
Wir sortieren die Wiesenpflanzen nach der Zugehörigkeit zur Unterschicht, Mittelschicht und Oberschicht.
Die ersten Landlebewesen
Auf dem Weg zurück zum Ortszentrum bzw. zum Franz-Roth-Platz kommen wir an eine vertetene ziemlich feuchte Wegstelle mit eigenartig schwärzlichen Belägen, die mit Wasser zu olivfarbenen Gallertklumpen aufquellen. Es handelt sich um das Blaugrüne Bakterium Nostoc. So ähnlich könnten die ersten Lebewesen ausgesehen haben, die vor mehr als 3 Milliarden Jahren das Festland besiedelten.
Wasseramsel (Cinclus cinclus) – haben wir auf der Exkursion zwar nicht gesehen, kann hier aber regelmäßig beobachtet werden. Immer wieder hörten wir den Gesang von Amsel, Buchfink, Zilp-Zalp (Weidenlaubsänger) und Mönchsgrasmücke
Kletterpflanzen
Echter Hopfen (Humulus lupulus) (S-Winder)
Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba) (Z-Winder; außerdem dienen die Blattstiele und Spindeln zwischen der Fiedern als Ranken)
„Wenn wir eine Gesellschaft schaffen wollen, die die Natur wirklich liebt und ihr mit Ehrfurcht begegnet, müssen wir den Mitgliedern dieser Gesellschaft Erlebnisse in der Natur anbieten, die ihr Leben verändern.“ Joseph Cornell
Längst ist bekannt, dass das reine Wissen über die Bedrohung und die Schutzwürdigkeit der Natur allein nicht ausreicht. Aus diesem Grund stand die Exkursion am 15. Mai 2021 unter dem Thema „Natur wahrnehmen und erleben“.
Innerhalb der 4 Stunden mussten die Studierende der Pädagogischen Hochschule alle ihre Sinne einsetzten. Der Tag begann zunächst mit kleineren Kennenlernspielen um wach zu werden und die eigene Konzentration hochzufahren.
Hören
Der erste Sinn, das Hören, wurde als erstes angesprochen. Die Studierende sollten bei der Aktion „Geräusche hören“ sich auf ihr Gehör verlassen und die Geräusche in ihrer Umwelt wahrnehmen. Schritt für Schritt wurden sie an die Aktion herangeführt. Zunächst durften sie einfach darauf los hören, danach wurden gezielte Aufgaben gestellt um das Gehör zu schulen. Die Studierende stellten mit erstaunen fest, dass es anfangs gar nicht so leicht war, mit etwas Übung die Geräusche jedoch lauter und deutlicher wurden.
Tasten
Der Tastsinn war als nächstes an der Reihe. Nachdem die einzelnen Teilnehmer einen Naturgegenstand in die Hand gelegt bekommen und diesen erfühlt hatten, gingen sie auf die Suche, ihren Partner mit dem gleichen Gegenstand zu finden. Hier stolperten die Studierende über die Schwierigkeit, die richtigen Worte für ihren Gegenstand zu finden. Aber auch hier wurden die Fähigkeiten schnell immer besser, sodass jeder seinen Partner fand, und sie zu Zweit in die nächste Aktivität konnten… „Bäume fühlen“. Zunächst sollte jeweils einer des Teams, blind in den Wald geführt werden und durch „Schwingungen“ erfühlen, wo der nächste Baum sich befand. In der zweiten Runde durften die Teilnehmer einen Baum mit ihren Händen erfühlen und diesen so kennenlernen. Die Studierenden berichteten begeistert davon, dass es zwar nicht immer leicht war, aber jeder Baum dennoch etwas Einzigartiges an sich hatte, an dem man ihn durchaus wiedererkennen würde.
Sehen
Die dritte Aktivität zielte auf das Sehen ab. Mit der Aktion „Umwelt im Umschlag“ wurden die Studierenden gezielt mit konkreten Aufgaben los geschickt um ihre Umwelt zu untersuchen und Gegenstände mitzubringen. Bei der Nachbesprechung und der Entwicklung weiterer möglicher und interessanter Fragen, brachte Noemi (ich hoffe an dieser Stelle, den richtigen Namen genannt zu haben) die Idee ins Spiel, den Geruchsinn mit anzusprechen. „Sammle mindestens 5 Dinge, die typisch nach Wald riechen.“ Gesagt, getan…
Gleichgewicht
Der letzte Sinn an diesem Tag war der Gleichgewichtssinn. Mit dem Spiel „Der schlafende Geizhals“ sollten die Studierende einem schlafenden Geizhals, welcher mit einer Wasserspritzflasche bewaffnet war, auf möglichst leisen Sohlen, die Schokolade, die vor ihm auf dem Waldboden lag, abnehmen. Gar nicht so einfach, wenn es bei jedem Schritt und Tritt knackst und raschelt.
Resumee
Nach einer schnellen Runde „Luftballon-Resümee“ war der Tag auch schon wieder vorbei.
„Ich habe heute gelernt, ohne zu merken, dass ich etwas lerne.“
29. Mai 2021 Obrteuringen, NSG Altweiherwiese
Treffpunkt an der Unterführung der Straße nach Bibruck unter der L 329 nach Meckenbeuren
1. Anfahrt von Ravensburg bis Oberteuringen auf der B33 bis Oberteuringen Ortsteil Hefigkofen
2. Dort am Gasthaus Adler nach links abbiegen Richtung Meckenbeuren
3. Der Straße folgen bis zur Abzweigung einer kleinen Straße links nach Bibruck
Zum Naturschutzgebiet Altweiherwiese
Das 78 ha große Naturschutzgebiet Altweiherwiesen wurde 1981 vom Regierungspräsidium Tübingen ausgewiesen. Es liegt nordöstlich von Oberteuringen auf einer Meereshöhe von rund 450 m.
Im späten Mittelalter legten hier Mönche des Klosters St. Gallen durch Aufstau des Taldorfer Baches in Höhe der heutigen L329 einen Fischweiher an. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Teich abgelassen und die feuchten Niederungen wurden bis Mitte des 20. Jahrhunderts als Streuwiesen genutzt. Heute werden die Wiesen von Naturschutz regelmäßig gemäht und das Mähgut wird entfernt. Dadurch wird das Mineralstoffangebot niedrig gehalten und das Aufkommen von Gehölzen verhindert.
Das umgebende Landschaftsschutzgebiet „Altweiherwiese und Taldorfer Bach“ soll das Naturschutzgebiet gegen störende Einflüsse von der Umgebung abschirmen.
Zur Landschaftsgeschichte
Auf einer topographischen Karte und noch deutlicher in einem digitalen Geländemodell erkennt man, dass das Naturschutzgebiet Altweiherwiese in der Fortsetzung eines Tals liegt, dass eine Verbindung zwischen Schussenbecken und der Niederung südlich des Gehrenbergs darstellt. Dabei handelt es sich um eine alte Schmelzwasserrinne, die am Ende der letzten Kaltzeit vor etwa 15.000 Jahren am damaligen Gletscherrand entstand. Dieses Rückzugsstadium des Gletschers, das sich einige Zeit hielt und kleine Endmoränen ablagerte, wird auch als Konstanzer Stadium bezeichnet. Die Schmelzwasserrinne war ein Teil der Ur-Argen, in der sich die Schmelzwasser vom nördlichen Gletscherrand sammelten und dem damals schon in Teilen existierenden Überlinger See zuflossen. In der Schmelzwasserrinne kam es immer wieder zu kleinen Aufstauungen, und Seenbildungen und darin zu Ablagerungen von Feinmaterial. Dadurch entstanden gegen das eiszeitliche Schottermaterial abgedichtete Bereiche, über denen es zu Torfbildung kommen konnte.
Heute wird die breite Talniederung von dem kleinen Taldorfer Bach durchflossen
Gräser
Gräser sind keine besonders auffälligen Pflanzen. Als Windbestäuber fehlen ihnen auffällige Blüten. Auf den ersten Blick kann man deshalb die verschiedenen Arten nur schwer unterscheiden. Bei genauem Hinsehen lassen sich jedoch meistens gute Bestimmungsmerkmale finden.
Zunächst probieren wir, ob man Grasarten auch blind unterscheiden kann, wenn man sie im Gesicht fühlt oder mit den Fingern ertastet. Es zeigt sich dass dies erstaunlich gut funktioniert, insbesondere, da bestimmte Merkmale, die man leicht übersieht – wie samtige Behaarung oder feine Grannen – sich ganz gut ertasten lassen.
Dann werden die verschiedenen Bestimmungsmerkmale der Süßgräser (Familie Poaceae) mithilfe eines Puzzles und realen Gräsern vorgestellt:
Blütenstand und Blüte
Als Einheit der Grasblütenstände gilt das Ährchen, das aus einer bis vielen Blüten bestehen kann. Diese Ährchen sind charakteristischerweise in einer Rispe angeordnet, seltener können die einzelnen Ährchen auch direkt an der Hauptachse sitzen, dann spricht man von einem Ährengras. Manchmal sind die Listen Äste sehr kurz, sodass der Blütenstand – obwohl er stärker verzweigt ist – wie eine Ähre aussieht (Ährenrispengras).
Jedes Ährchen hat an der Basis zwei Hüllspelzen, dann folgt vor jeder Blüte des Ährchens eine Deckspelze, eine Vorspelze und zwei Schwellkörper, die dafür sorgen, dass die Blütenteile bei der Reife auseinandergedrückt werden. Nach innen folgen drei Staubblätter und ein Stempel mit zwei fiederigen Griffelästen. Aus jeder Blüte schieben sich zunächst die Staubblätter mit langen beweglichen Fäden heraus und entlassen viele Pollen. Später entwickeln sich die federartigen Griffeläste mit den Narben die hervorragend zum auffangen der Pollen geeignet sind.
Halm
Die Sprossachse der Gräser ist meist unverzweigt und bildet mehrere auffällige Verdickungen. An diesen Knoten entspringen die wie eine Scheide den Stängel umfassenden Blätter. Nach einigen Zentimetern geht die Blattscheide in die Blattspreite über. An dieser Übergangsstelle finden sich entscheidende Bestimmungsmerkmale: das Blatthäutchen (Ligula) und die Öhrchen. Wenn man an einem Grashalm zieht, reißt er in der Regel an den Knoten, denn dort befindet sich wenig stabiles, teilungsfähiges Gewebe (interkalares Meristem). Im Unterschied zu den meisten anderen Pflanzen können sich die Sprosse wachsenden Gräser an den Knoten strecken und aufrichten, wenn sie vom Wind umgelegt wurden, oder sogar Wurzeln bilden. Das Bildungsgewebe an der Bruchstelle der Sprossachsen schmeckt süß.
Ausgewachsene Grashalme haben im Inneren oft einen Hohlraum (Trinkstrohhalm).
Verzweigungen
Die meisten Grasarten – eine Ausnahme bilden die Bambusse – verzweigen sich nur ganz nahe der Basis oder im Boden. Je nachdem, ob sich die Seitenzweige schnell nach oben krümmen oder ein Stück weit waagrecht wachsen, unterscheidet man Horstgräser, Rasengräser und Ausläufergräser.
Zum Schluss sammeln wir Gräser und ordnen sie entsprechend einem Merkschema.
Zwei weitere mit der Süßgräsern verwandte Familien sind die Sauergräser und die Binsengewächse
Zur Biberburg
Kurz vor der Brücke über den Taldorfer Bach nehmen wir den Weg rechts bergauf in den Wald. Der Weg verläuft etwas oberhalb des Baches. Wir beschäftigen uns mit einigen Pflanzen des Wegrandes zum Beispiel mit den Stickstoffzeigern (Zeigerpflanzen siehe unten) Klebriges Labkraut und Große Brennnessel. Zwischen den Brennnesseln wachsen Wald-Ziest und Hohlzahn, die ohne Blüten den Brennnesseln sehr ähnlich sehen. Andere Beispiele für Pflanzen-Mimikry (Nachahmen der Brennhaar-bewehrten Brennnesseln) sind Taubnesseln und Nesselblättrige Glockenblume.
Schließlich können wir durch das Unterholz die stattliche Biberburg erkennen. Ihre Eingänge liegen unter Wasser, aber die Wohnhöhle liegt über dem Wasser. Möglicherweise finden sich dort gerade junge Biber, denn normalerweise bringen Biber Ende April bis Anfang Mai ihre Jungen zur Welt. Sie bleiben bis zu einem Alter von 4-6 Wochen im Bau. Biber waren früher als Fastenspeise begehrt, da sie wegen ihres Schwanzes zu den Fischen gezählt wurden. Besonders wertvoll war der sehr dichte Biberpelz (23.000 Haare pro cm2, im Vergleich dazu kommt der Mensch nur auf ca. 200 Haaren pro cm2). Ein weiteres wertvolles, von Biber stammendes Handelsgut war das Bibergeil, ein Exkret, das in zwei etwa Hühnerei großen Blasen gesammelt und durch eine Ausführöffnung im Analbereich ausgeschieden wird. Dem Biber dient die Flüssigkeit der Fellpflege und der Reviermarkierung. Die Menschen nutzten sie wegen ihrer Inhaltsstoffe – zum Beispiel Hydroxybenzoesäuren und Abkömmlinge – als Medikament. Die Inhaltsstoffe oder ihre Vorläufer stammen vermutlich aus der pflanzlichen Nahrung des Bibers, zum Beispiel der Rinde von Weiden.
Der Biber ist das größte einheimische Nagetier. Mit seinem kräftigen Nagezähnen kann er große Bäume fällen. Ihre Zweige nutzt er einmal für den Bau seiner Burgen und Dämme, zum anderen dienen Knospen und Rinde als Nahrung. Für den Winter legt er Nahrungszweigdepots im Wasser an.
Zwischen Bast und Borke
Den nährstoffreichen Teil der Rinde, den Bast, der dem Assimilatetransport der Bäume dient, nutzen viele Tiere als Nahrung. Dazu zählen nicht nur Mäuse, Kaninchen, Hasen und Rehe, die an den Bäumen ihre Nagelspuren hinterlassen, sondern auch viel kleinere Tierchen, die Borkenkäfer. Sie gelten als Schwächeparasiten und die trockenen Sommer der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass insbesondere sehr viele Fichten von Borkenkäfern besiedelt wurden. Die rindenbrütenden Borkenkäfer legen ihre Eier unter der Rinde ab und die Larven fressen sich in langsam vergrößernden Gängen in den Bast. Diese Gänge kann man auf der Innenseite abgeschälter Rindenstücke sehr gut als Spuren erkennen. Form und Verlauf dieser Fraßgänge sind von Art zu Art unterschiedlich.
Gangsysteme des Buchdruckrs (Ips typographica) in Fichtenrinde, Teuringer Holz, 29.5.2021, Foto A. Winter
Außerdem gibt es sogenannte holzbrütende Borkenkäfer, deren Larvengänge in den Holzkörper hinein führen. Diese Käfer können sich von dem Holz nur mithilfe von Holz zersetzenden Pilzen ernähren, deren Hyphen die Gänge auskleiden und die sie fressen. Von außen kann man als Spuren dieser Käfer nur die Löcher im Holzkörper sehen. Größere Löcher stammen zum Beispiel von Bockkäfern. Wir finden die schon verlassene Puppenwiege eines Schrotbocks (Rhagium instructor), die aus kreisförmig ausgelegten Holzspänen besteht. Unter der abgestorbenen Rinde und unter den am Boden liegenden Rindenstücken kann man zahlreiche andere Tiere finden, die sich entweder von den organischen Abfallstoffen oder als Beutegreifer ernähren. Uns fallen vor allem zahlreiche Schließmundschnecken, einige Asseln, Tausendfüßler, Spinnen und kleinere sehr flinke Laufkäfer (wahrscheinlich Gattung Pterostichus) auf. Die meisten Borkenkäfer sind vermutlich ausgeflogen, aber wir finden noch einige Exemplare. Bei der Betrachtung durch die Becherlupen erkennen wir, dass an einigen Käfern Milben sitzen, welche die Käfer vermutlich nur als Transportmittel benutzen (phoretische Milben).
Weitere Beobachtungen
In dem Gebiet befinden sich zahlreiche alte Baumstümpe und abgestorbene Bäume. An mehreren Stellen solcher morscher (von Pilzen zersetzter) Stümpfe oder Stämme finden sich tiefe Hacklöcher, die vermutlich vom Schwarzspecht stammen, der regelmäßig im Gebiet zu hören und zu beobachten ist. Einen Pilzfruchtkörper identifizieren wir als Abgeflachten Lackporling (Ganoderma applanatum).
Hackloch eines Schwarzspechts (?) in einem morschen Eichenstamm (Weißfäule). Links sind die Reste eines Fruchtkörpers des Abgeflachten Lackporlings zu erkennen , Teuringer Holz 29.5.2021, Foto A. Winter
Ein typischer Pilzbefall an Rispengras-Halmen (rings um den Halm gehender weißer Belag) kann dem endophytische Pilz Epichloë typhina zugeordnet werden.
Nagelfluh-Kiesgrube
Der für mich mit dem Rollstuhl befahrbare Weg endet an einer verbreiterten Stelle mit steilen Wänden, die in der topographischen Karte als „Teuringer Holz“ markiert ist. Es handelt sich dabei um eine alte Kiesgrube, in der Interstadialer Nagelfluh abgebaut wurde, also verbackene Kiesablagerungen aus einer wärmeren Periode der Würm-Kaltzeit. In der Liste der Geotope im Bodenseekreis findet sich dazu folgende Beschreibung:
Aufgelassene Kiesgrube am Prallhang des Taldorfer Bachs, 1000 Meter östlich von Oberteuringen, an deren Südrand rund fünf Meter mächtige, zu Nagelfluh verfestigte interstadiale Schotter („alte Kiese von Oberteuringen“) zutage treten. Sie sind wahrscheinlich der „Laufenschwankung“, einem großen Rückzugsstadium zwischen Würm I und Würm II zuzuordnen. Der Aufschluss befindet sich am Südrand des Oberteuringer Eisrandtals, das erst später entstanden ist und hier mit einer Breite von etwa 500 Meter einen ehemaligen Gletscherrand markiert.
Ehemalige Kiesgrube im Teuringer Holz, 29.5.2021, Foto A. Winter
Riedwiesen
Botanisch besonders interessant ist die Riedfläche südlich der Straße, die nach Bibruck bzw. Wammeratswatt führt. Die Fläche wird von Naturschutz regelmäßig aber nicht jährlich gemäht. Wir können verschiedene Knabenkraut-bzw. Fingerwurz-Arten (Dactylorhiza majalis und. D. incarnata) finden, außerdem das Mittlere Zittergras (Briza media), Gelbe Segge (Carex flava) und Hirse-Segge (Carex panicea).
Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) und Mittleres Zittergras (Briza media), NSG Altweiherwiese, 9.5.2021, Fotos A. Winter
„Die Zeigerwerte sind Kurzbezeichnungen für das ökologische Verhalten, d. h. der Standortsbeziehungen der Pflanzen unter dem Einfluss zahlreicher Konkurrenten“ (Ellenberg 1991).
Pflanzen können Zeiger für bestimmte Standortfaktoren sein. Der Pflanzenökologe und Vegetationskundler Heinz Ellenberg, ordnete ab den 1950er Jahren den mitteleuropäischen Pflanzenarten aufgrund empirischer Erfahrungen Zeigerwerte für sieben verschiedene Umweltfaktoren zu, und zwar für die Standortfaktoren Licht (Lichtzahl), Temperatur (Temperaturzahl), Kontinentalität (Kontinentalitätszahl), Feuchtigkeit (Feuchtezahl), Stickstoff (Stickstoffzahl) und Bodenreaktion,pH-Wert (Reaktionszahl).
Als Beispiel seien hier die Zeigerwerte von drei Süßgräsern unterschiedlicher Standorte verglichen:
Art
Standort
L
T
K
F
N
R
Taube Trespe (Bromus sterlis)
Wegrand
7
7
4
4
X
5
Glatthafer (Arrhenaterum elatius)
Fettwiese
8
5
3
5
7
7
Mittleres Zittergras (Briza media)
Streuwiese bzw. Ried
8
X
3
X
X
2
Artenliste
(Zusammengestellt von Jenifer Friedrich und Anastaia Winter)
Gräser:
Süßgräser (Poaceae):
Glatthafer (Arrhenatherum elatius)
Kammgras (Cynosurus cristatus)
Wohlriechendes Ruchgras (Anthoxanthum odoratum)
Wolliges Honiggras (Holcus lanatus)
Gewöhnliches Rispengras (Poa trivialis)
Taube Trespe (Bromus sterilis) (Ruderalgras)
Weiche Trespe (Bromus hordaceus)
Wiesen-Fuchsschwwanz (Alopecurus pratensis)
Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis)
Hunds-Quecke (Elymus caninus)
Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum)
Mittleres Zittergras (Briza media)
Sauergräser (Cyperaceae):
Steife Segge (Carex elata)
Zittergras-Segge (Carex brizoides)
Wald-Segge (Carex sylvatica)
Gelbe Segge (Carex flava)
Hirsen-Segge (Carex panicea)
Binsengwächse (Juncaceae):
Feld-Hainbinse( auch Hain“simse“, aber „Simsen“ kommen auch bei der Familie Sauergräser vor) (Luzula campestris agg., Sammelart, unsere Pflanze war vermutlich L. multiflora))
Frau Margit Ackermann, Diplombiologin und Naturpädagogin und seit 2006 Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, gibt uns einen Einblick in Ziele und Aufgaben des Naturschutzzentrums und ihrer Arbeit. Das Zentrum wurde 1994 unter der privaten Trägerschaft des Schwäbischen Heimatbundes e. V. gegründet und mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg und der Gemeinde Wilhelmsdorf als Informationszentrum eingerichtet. 2016 übernahm die Stiftung Naturschutz Pfrunger-Burgweiler Ried die Trägerschaft. Neben den pädagogischen Aufgaben – Information der Öffentlichkeit Besucherangebote – geht es um Beobachtung und Dokumentation von Flora und Fauna, Durchführung von Artenschutzmaßnahmen, Organisation und Koordination von Pflegemaßnahmen einschließlich der extensiven Beweidung sowie der Flächenverwaltung und Verkehrssicherung. Derzeit läuft ein Verfahren zur Anerkennung des Pfrunger-Burgweiler Rieds als UNESCO-Biosphärenreservat.
Entstehungsgeschichte des Pfrunger-Burgweiler Rieds
In dem 2012 erstellten Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäude versammeln wir uns vor einem Luftbild, in dem das Pfrunger-Burgweiler Ried mit Blick nach Süden – Bodensee und Alpen im Hintergrund – zu sehen ist. Vor 20.000 Jahren, beim Hochstand der letzten Kaltzeit (Würm-Kaltzeit) füllte eine Zunge des Rheingletschers das Tal zwischen den heutigen Orten Wilhelmsdorf und Ostrach. Beim Rückzug des Gletschers blieb am nördlichen Rand eine Endmoräne zurück (Äußere Würm-Endmoräne). In Höhe des heutigen Wilhelmsdorf kam es vor etwa 15.000 Jahren zu einem Stillstand der Gletscher-Rückentwicklung, eventuell auch einem weiteren Gletschervorstoß. In jedem Fall befand sich dort längere Zeit ein Gletscherrand und es lagerte sich Moränenmaterial ab (Innere Würm-Endmoräne). Das Schmelzwasser sammelte sich in dem Becken bis zur Endmoräne beim heutigen Ostrach, die den Abfluss nach Norden behinderte. Nach weiterem Abschmelzen wurde der Abfluss nach Süden durch die südliche Endmoräne blockiert, sodass ein Eisstausee erhalten blieb, in dem sich zunächst feines Tonmaterial ablagerte und den See nach unten abdichtete. Der Zufluss kalkreichen Wassers aus den umgebenden Höhenzügen, die teilweise aus interstadialen kalkreichem Nagelfluh aufgebaut sind, führte zur Ablagerung einer Seekreideschicht, das einsetzende Wachstum von Planktonalgen ließ eine erste Ablagerung mit hohem Anteilan organischen Material entstehen, die wegen ihrer braungrünen Farbe und der elastischen Eigenschaften als Lebermudde bezeichnet wird. Das mit der Klimaerwärmung zunehmende Pflanzenwachstum lieferte das Material für weitere Sedimente mit hohem organischem Anteil und Niedermoortorf. Im Laufe der Jahrtausende wurde der See dadurch immer flacher und aufgrund geringen Nährmineralgehalts und der hohen Regenmengen konnten sich auf den verlandenden Bereichen erste Torfmoose ansiedeln. Damit begann die Entwicklung zum Hochmoor.
Der Illmensee und der Lengenweiher gehen auf Toteislöcher zurück, ursprünglich vom Gletscherrand abgetrennte Eispartien, die zunächst von Sediment überdeckt wurden und dann nach Abschmelzen wassergefüllte „Löcher“ bildeten.
Die Entwicklung bis zum heutigen Landschaftsbild wurde sehr stark durch menschliche Einflüsse geprägt. Nach der Gründung der Gemeinde Wilhelmsdorf durch württembergische Pietisten (Herrnhuter Brüdergemeinde) unter der Obhut des württembergischen Königs Wilhelm I. im Jahre 1824 wurde mit der Entwässerung und Kultivierung des Moorgebietes begonnen. Im 20. Jahrhundert wurde kurze Zeit ein intensiver industrieller Torfabbau betrieben. Diese Torfgruben sind bis heute als offene Wasserflächen erhalten.
Exkursion zum Hochmoorrest Eulenbruck
Um einen Eindruck einer typischen Hochmoorlandschaft zu bekommen unternehmen wir eine Exkursion zum Eulenbruck. Wir folgen zunächst dem Asphaltssträßchen Richtung Lindenhof und biegen dann links ab und noch einmal links in den Kiefern-Moorwald mit einem dichten Unterwuchs aus Heidelbeeren (grüne Sprossachsen), an einigen Stellen auch Rauschbeeren (braune Sprossachsen). An einigen besonders feuchten Stellen kann man erste Ansiedlungen von Torfmoosen beobachten. Die Torfmoos-Pflänzchen haben einen typischen Aufbau aus Hauptachse (Stamm) und zu mehreren angeordneten dicht mit Blättchen besetzten Seitentrieben . Einige Seitenästchen laufen am Stämmchen herab und verleihen diesem eine dochtartige Struktur (Abb.).
Über einen Steg erreichen wir eine Aussichtsplattform, die den Blick auf einen relativ intakten Hochmoorbereich freigibt. Die geschlossene Torfmoosdecke, die wie ein Schwamm Wasser aufsaugt und festhält, wächst kontinuierlich nach oben, während die unteren Teile absterben und nur sehr langsam abgebaut werden. Dadurch entsteht kontinuierlich ein Zuwachs an Torf, in unserem Klima etwa 1 mm pro Jahr. Das bedeutet, dass in den 10.000 Jahren seit dem Ende der letzten Eiszeit maximal 10 m Torf gebildet werden konnte. Tatsächlich haben Bohrungen gezeigt, dass die Torfschichten unter dem Eulenbruck diese Mächtigkeit haben.
Durch einen Versuch demonstriert Margit Ackermann das schwammartige Wasseraufnahmevermögen von Torfmoosen. Aus einer Handvoll Torfmoose ausgepresstes Wasser wird in Sekundenschnelle wieder aufgenommen. Durch Auspressen gewinnt man allerdings nur einen Teil des in Torfmoosen gespeicherten Wassers, der größere Teil ist in einem Netz aus toten Wasserspeicherzellen in Blättchen und Stämmchen gespeichert, insgesamt das bis zu 30fache des Trockengewichts (Abb.). Da das gespeicherte Wasser nur aus dem Regen stammt, enthält es sehr wenig Mineralstoffe. Zudem haben Torfmoose die Fähigkeit, Mineralstoff-Kationen (K*; Ca++ u.a.) gegen H+-Ionen auszutauschen. Dadurch wird das Wasser stark abgesäuert. Wir messen in dem ausgepressten Wasser einen pH-Wert von ca. 4,0.
Für Gefäßpflanzen sind Hochmoore deshalb ein sehr extremer Standort, weshalb hier nur wenige charakteristische Arten vorkommen. Die Heidekrautgewächse Moosbeere und Rosmarinheide können mithilfe ihrer Mykorrhizapilze und aufgrund ihres langsamen Wachstums hier gedeihen. Der Rundblättrige Sonnentau bessert seine Stickstoffversorgung durch Insektenfang und -verdauung auf (Carnivore Pflanze).
Am Birkenaufwuchs und der stark aufkommenden Besenheide kann man erkennen, dass der Wassergehalt des Hochmoores einen kritischen Punkt erreicht hat. Die beiden letzten sehr trockenen Sommer konnten durch den diesjährigen bisher ziemlich regenreichen Sommer noch nicht ausgeglichen werden. Die Austrocknung bedeutet, dass die Zersetzung der organischen Materialien unter Sauerstoffeinfluss rascher voranschreitet . Das bedeutet nicht nur, dass das Moor nicht mehr in die Höhe wächst, sondern dass auch die tieferen Schichten abgebaut werden und der so über Jahrhunderte gespeicherte Kohlenstoff wieder als CO2 freigesetzt wird. Dies ist der Hauptgrund dafür, dass man angesichts der CO2-bedingten Klimaerwärmung Hochmoore unter besonderen Schutz gestellt hat.
Insekten
Zurück am Naturschutzzentrum werden wir von schwärmenden Honigbienen empfangen. Wir entdecken eine Schwarmtaube an einem der Findlinge, die vor dem Naturschutzzentrum aufgestellt wurden. Der mit dem Naturschutzzentrum zusammenarbeitende Imker und Lehrbeauftragter der PH Weigarten, Herr Guggolz,wird informiert.
Nach wir eine kleinen Getränkepause und beschäftigen wir uns dann mit der Gruppe der Insekten, die aufgrund der zahlreichen Berichte über den dramatischen Rückgang ihrer Arten und Individuen im besonderen Interesse der Öffentlichkeit steht. Der starke Rückgang der Insekten-Biomasse ist mittlerweile so auffällig, dass er auch von Laien und der Entomologie fernstehenden Personen nicht mehr übersehen werden kann. Der starke Rückgang des Singvogelbestandes und insbesondere der Fledermäuse dürfte eine direkte Folge dieser Entwicklung sein. Auch die Ursachen sind nicht wirklich ein Geheimnis. Da ist erst einmal der hohe Pestizideinsatz in der Landwirtschaft zu nennen, andererseits aber auch der Verlust geeigneter Lebensräume mit einer vielseitigen Flora. Mit Blumenstreifen an Ackerrändern versucht man, einen Ausgleich zu schaffen. Da diese aus Saatmischungen stammenden Pflanzen häufig exotische, oft einjährige Arten enthalten stehen sie allerdings in der Kritik. Auch die Nähe zu den gespritzten Äckern und der Mangel an Brutmöglichkeiten und Nahrungspflanzen für die Larven der Insekten mindert den ökologischen Wert der bunten Ackerrandstreifen.
Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Insektenschutzmaßnahmen in der Öffentlichkeit breite Zustimmung finden, ist eine bessere Kenntnis der Insekten. Deshalb sind sie ein wichtiges Thema für den Biologieunterricht.
Dass man mit dem Thema durchaus Begeisterung wecken kann, beschreibt Dave Goulson in seinem Buch „Die seltensten Bienen der Welt“: „Es war ein sonniger Nachmittag gegen Schuljahresende im Juni 2009, und ich ging mit der Klasse meines ältesten Sohns Finn an der Newton Primary School Dunblane auf Insektenjagd….. Als wir am Wald waren, reichte ich den eifrigen Sieben- und Achtjährigen Netze und sonstiges Material und zeigte ihnen, wie man sie verwendet. … Einen Wiesenkescher zu öffnen, ist immer eine spannende Sache – wie bei den hübsch verpackten Geschenken unter dem Weihnachtsbaum weiß man nie, was Wunderbares drinsteckt. Unter lautem Ah und Oh sahen die Kinder zu, wie Scharen winziger Tiere – Ameisen, Spinnen, Wespen, Käfer, Fliegen und Raupen – aus dem Netz krabbelten, flogen und hüpften. Ich zeigte ihnen, wie man die kleinsten, empfindlichsten von ihnen in einen Exhaustor saugt. Dann verteilte ich eine Handvoll Becher, in denen jeder seinen Fang sammeln konnte, und die Kinder schwärmten aus, rannten durchs Unterholz, wedelten, kescherten und saugten nach Herzenslust, die Augen vor Aufregung weit aufgerissen. …“. Diese Beschreibung stammt aus dem Jahre 2009. Die Ergebnisse unserer Fangversuche waren deutlich schlechter – ein bisschen lag das vielleicht daran, dass die Witterung ziemlich schwül und wir durch unsere Exkursion schon etwas erschöpft waren, aber nicht nur. Ich habe mit Studierenden der PH Weingarten hier in Wilhelmsdorf zum ersten Mal 2017 Wieseninsekten gefangen und da waren unsere Ergebnisse deutlich vielseitiger. Auch die Fänge der parallel arbeitenden Wasserinsekten-Fanggruppe waren vergleichsweise dürftig (vgl. Artenliste).
Mittlerweile ist der Imker zu seinen Bienen gekommen und dadurch ergibt sich die Gelegenheit, aus erster Hand Informationen über dieses wichtigste Nutztier aus der Klasse der Insekten zu bekommen.
Die über 40.000 (immer noch?) mitteleuropäischen Insektenarten zu kennen, ist unmöglich, aber nicht so schwierig ist es, die wichtigsten 15-20 Ordnungen einheimischer Insekten zu erkennen und dann mithilfe eines Bestimmungsbuches auch einige Arten herauszufinden. Mir hilft dabei oft das mittlerweile leider schon längere Zeit vergriffene „Parays Buch der Insekten“ von Michael Chinery. Die über 2300 in diesem Buch mit sehr guten, treffenden Zeichnungen dargestellten Arten stellen nach meiner Erfahrung eine ausgezeichnete Auswahl dar, die zwar ursprünglich für Großbritannien getroffen wurde, aber auch für Mitteleuropa gilt.
Für Unterrichtszwecke hat Ulrich Kattmann eine Einteilung der Insekten in „Elfen, Ritter und Gaukler“ vorgeschlagen (vgl. Abb.)
Die systematische Einteilung der Insekten nach Verwandtschaftsgruppen unterscheidet
ursprünglich flügellose Ordnungen, zu denen zum Beispiel Springschwänze und Silberfischen gehören,
Insekten mit unvollkommener Verwandlung, bei denen zwischen Larvenstadium und voll ausgebildeten Insekt (Imago) kein Puppenstadium eingeschoben ist, (zum Beispiel Libellen, Heuschrecken und Schaben) und
Insekten mit vollkommener Verwandlung (Ei – Larve – Puppe – Imago), zu denen zum Beispiel Käfer, Schmetterlinge und Hautflügler gehören.
Die meisten Bäume des Moorwaldes sind Wald-Kiefern (kenntlich an der braunrötlichen Färbung der oberen Stammbereiche), dazwischen stehen aber auch immer wieder Moor-Kiefern (mit durchgehend braunschwärzlichen Stämmen). Außerdem gedeihen hier Moor-Birken, die sich von Hänge-Birken durch die aufrechteren Zweige und die Behaarung der jungen Triebe unterscheiden.
Liste der beobachteten Pflanzenarten, chronologisch geordnet
(zusammengestellt von Darius Targan)
Name
Wissenschaftlicher Name
Echtes Mädesüß
Filipendula ulmaria
Echter Baldrian
Valeriana officinalis
Gewöhnlicher Blutweiderich
Lythrum salicaria
Sumpf-Hornklee
Lotus pedunculatus
Heidelbeere
Vaccinium myrtillus
Rauschbeere
Vaccinium uliginosum
Rosmarinheide
Andromeda polifolia
Hain-Gilbweiderich
Lysimachia nemorum
Wiesen-Wachtelweizen
Melampyrum pratense
Gewöhnliche Moosbeere
Vaccinium oxycoccos
Rundblättriger Sonnentau
Drosera rotundifolia
Roter Fingerhut
Digitalis purpurea
Kohl-Krazdistel
Cirsium oleraceum
Moor-Kiefer; Spirke, Moorspirke
Pinus mugo ssp. rotundata
Wald-Kiefer
Pinus sylvestris
Moor-Birke
Betula pubescens
Rasen-Schmiele
Deschampsia cespitosa
Wiesen-Lieschgras
Phleum pratense
Flutender Schwaden
Glyceria fluitans
Wald-Simse
Scirpus sylvaticus
Gewöhnlicher Dornfarn
Dryopteris carthusiana
Torfmoos
Sphagnum
Liste einiger beobachteter Tierarten
Säugetiere
Europäischer Biber (Castor fiber) -Biberausstiieg – Biberrutsche – am Weg begleitenden Bach
Vögel
Goldammer
Buchfink
Mönchsgrasmücke
Rabenkrähe
Insekten an Land
Brennnesselzünsler (Anania hortulata, Syn.: Eurrhypara hortulata): eingefaltete Brennnesselblätter lassen erkennen, dass sich hier Raupen eingesponnen hatten.
Landkärtchen (Araschnia levana) : Sommergeneration des Falters und Raupe
Die Anfahrt nach Wilhelmsdorf wird durch einige Gewitter und lokale Starkregen beeinträchtigt, wodurch einige Teilnehmer*innen abgeschreckt werden.
Der Abend beginnt im Unterrichtsraum des Naturschutzzentrums und er steht ganz unter dem Thema „Fledermäuse“. Diese außergewöhnliche Verwandtschaftsgruppe fliegender Säugetiere ist ein besonderer Schwerpunkt in der Arbeit des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf. Es geht dabei nicht nur um den Schutz und die Dokumentation der im NSG Pfunger-Burgweiler Ried vorkommenden Arten sondern auch um die Vermittlung von Wissen und den Abbau von falschen Informationen über die Flatterttiere. Frau Margit Ackermann führt uns in abwechslungsreicher und spannender Form in die Biologie der Fledermäuse ein. Dabei kommen verschiedene Spiele (Memory, Puzzle, Zuordnungsspiele), Anschauungsmaterial, ein Video und eine PowerPoint Präsentation zum Einsatz. Schließlich werden vier „Säuglinge“ der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)aus einer mit Tüchern abgedunkelten Box geholt und mithilfe einer Spezial-Minipipette und angerührter Milch für Hundewelpen gefüttert. Vor der Fütterung werden die Kleinen mithilfe einer Wärmflasche aufgewärmt um sie beweglicher zu machen.
Zum Abschluss – es ist mittlerweile 21:15 Uhr und beginnt langsam dunkel zu werden – wollen wir einige Fledermäuse in freier Natur erleben. Dabei helfen Fledermaus-Detektoren, durch welche die Ultraschall-Echolot-Signale der Fledermäuse in für uns hörbare Laute übertragen werden. In einem der beiden uns zur Verfügung stehenden Geräte werden nicht nur die Töne übersetzt, im Display wird auch noch ein Sonagramm (auch Sonogramm genannt) dargestellt, das den zeitlichen Verlauf der Lautäußerungen gegen die Frequenz aufzeichnet. Bei manchen Geräten wird auch noch die Lautstärke durch unterschiedliche Farben dargestellt.
Wir gehen vom Unterrichtsraum zum Bürogebäude des Naturschutzzentrums, an dessen Wänden verschiedene Fledermauskästen bzw. Fledermausbretter aufgehängt sind. Kaum stehen wir davor, wird schon die erste Fledermaus beobachtet, die Margit Ackermann mit dem Detektor als Zwergfledermaus identifiziert. Danach können wir längere Zeit einen großen Abendsegler am Himmel beobachten und mit dem Detektor hören. Wir wandern dann über die Straße und einen Weg zu einem größeren See und dort hören und sehen wir Zwergfledermaus, Wasserfledermaus und Großen Abendsegler, die meist dicht über die Wasseroberfläche fliegen.
Auf dem Rückweg taucht überraschend ein Biber vor uns auf und verschwindet später mit großem Platsch im Wasser.
Pflanzenfamilien erkennen
Je nach Zählung gibt es in Mitteleuropa mindestens 3000 verschiedene Pflanzenarten. Aber auch wenn viele davon selten sind oder nur in ganz bestimmten Gebieten vorkommen, so ist erscheint dem Laien auch die Anzahl von verschiedenen Pflanzenarten in der näheren Umgebung ziemlich unüberschaubar. Ganz allgemein gilt, dass man sich viele unterschiedlichen Objekte leichter merken kann, wenn man sie in Gruppen einteilt. Manche Pflanzenbestimmungsbücher nutzen hierfür zum Beispiel die Blütenfarben, andere Einteilungsmöglichkeiten sind der Lebensraum oder der Blühzeitraum. Eine Möglichkeit, die auch von Botanikern genutzt wird, ist die Einteilung nach der Verwandtschaft.
Die ersten Lebewesen auf der Erde sind vor mehr als 3 Milliarden Jahren entstanden. Alle heutigen Erdbewohner stammen von Ihnen ab und sind deshalb miteinander verwandt, aber nicht in gleichem Maße: Es gibt nähere und entferntere Verwandtschaften. Nahe verwandte und deshalb meist ähnliche Arten fasst man zu Gattungen, ähnliche Gattungen zu Familien zusammen, diese dann weiter zu Ordnungen, Klassen und Abteilungen.
Beispiel für die systematische Einordnung der Echten Nelkenwurz
Abteilung: Samenpflanzen
Klasse: Bedecktsamer Nacktsamer
Ordnung: Rosenartige Magnolienartige …
Familie:. Rosengewächse Brennnesselgewächse …
Gattung: Nelkenwurz Erdbeere …
Art: Echte Nelkenwurz Bach-Nelkenwurz …
Für das Bestimmen und Wiedererkennen von Pflanzen sind die Familien, in manchen Fällen auch die Gattungen, besonders wichtig und hilfreich. Wenn man die acht in den Kästchen vorgestellten, in der heimischen Flora häufigen Familien wiedererkennt, wird der Einstieg in die Artenkenntnis der Pflanzen leichter.
Quellen:
Beran, F. (2002): Die Entstehung des Natur- und Lebensraumes am nördlichen Bodenseeufer und um Oberteuringen. In: Gemeinde Oberteuringen (Hrsg., 2002): Teuringen. Ein Streifzug durch die Jahrhunderte, S.13-23.
Elenberg, H. (1991): Zeigerwerte der Gefäßpflanzen (ohne Rubus). In: Ellenberg, H. et al. (1991): Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica XVIII. Göttingen: E. Goltze
und die Materialien zu den früheren Exkursionen für die PH Weingarten ab 2016
Die Tourist-Information und der Arbeitskreis Tourismus laden Feriengäste und Einheimische ein:
Botanischer Spaziergang
mit Prof. Dr. Wilfried Probst
Samstag, 12.09.2020, 10:00 Uhr
Treffpunkt: Wanderparkplatz bei Appenweiler an der Straße zwischen Appenweiler und Brochenzell, links der Straße etwa 300 m hinter Appenweiler.
Ziel ist das Waldgebiet am westlichen Abhang des Schussensbeckens, an dieser Stelle als Weißenauer Wald bezeichnet. Es zeichnet sich durch einen sehr abwechslungsreichen Baumbestand aus. Auf unserer kleinen Runde werden wir uns besonders mit den Pflanzen an den feuchten Wegrändern und Gräben befassen. Vielleicht finden wir auch einige Pilze.
Bitte beachten Sie die bekannten Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie den Mindestabstand von 1,5 m. Die Teilnehmer sind verpflichtet, ihre Kontaktdaten zu hinterlassen.
Dauer ca. 2,5 Stunden. Die Veranstaltung ist kostenlos.
Teilnahme auf eigene Gefahr.
Wälder am Rand des Schussenbeckens
Größere zusammenhängende Waldgebiete sind im heutigen Oberschwaben ziemlich selten. Im Laufe der mehrtausendjährigen Siedlungsgeschichte ist die typische kleinräumige Landschaft aus Feldern – heute vielfach Obstplantagen -, Wiesen und kleinen Waldstücken entstanden. Das größte Waldgebiet, der Altdorfer Wald etwa zwischen Vogt und Wolpertswende gelegen, hat immerhin eine Längsausdehnung von ca. 17 km. Dagegen ist das Waldgebiet , das sich am westlichen Rand des Schussenbeckens etwa von Ravensburg bis Meckenbeuren erstreckt, mit knapp 8 km deutlich kleiner. Die geplante Umgehungsstraße für Meckenbeuren könnte es noch weiter verkleinern. Trotzdem kann man in diesem Wald stundenlang wandern. Mehrere Bäche entwässern das Gebiet zur Schussen hin. Sie haben sich zum Teil ziemlich tief in die Jungmöräne eingeschnitten.
Die Artenzusammensetzung des Baumbestandes ist recht abwechslungsreich. Neben Buchen, Eichen und anderen Laubbäumen finden sich auch Tannen, Fichten und Kiefern, bachbegleitend Eschen und Erlen. Typische Waldgesellschaft ist ein Buchen-Tannen-Wimpernseggenwald. Aber der Untergrund ist recht abwechslungsreich und dies wirkt sich auch auf die Vegetation aus.
Mit dem Bodenseebecken wird das untere Schussental im Allgemeinen zum Landschaftsraum Bodensee-Schussen-Becken zusammengefasst, der am Ende der Würmeiszeit durch den Rheingletscher geprägt wurde. Das aus Satellitenaufnahmen errechnete digitale Geländemodell zeigt sehr gut die Ausdehnung der Vereisung am Ende der letzten Eiszeit. KS markiert den Gletscherrand zur Zeit des sogenannten Konstanzstadiums vor etwa 15.000 Jahren.
Das Waldgebiet ist von einem relativ dichten Wegenetz durchzogen. . Diese Wege dienen vor allem der forstlichen Bearbeitung. Oft sind sie von Entwässerungsgräben begleitet, denn in der Jugendmoräne sind immer wieder Lehmschichten eingelagert, die zu Staunässe und Quellhorizonten führen. Deshalb ist die wegbegleitende Vegetation recht vielseitig. Besonders auffällig ist das an vielen Stellen sehr feuchtigkeitsbedürftige Pflanzen gedeihen.
Der Spaziergang
Wir beschäftigen uns zunächst mit dem hochgewachsenen Maisfeld gegenüber dem Wanderparkplatz am Waldrand. Die Kulturen dieses sehr wuchskräftigen Grases haben im letzten Jahrzehnt sehr stark zugenommen. Die Pflanzen werden vor allem zur Herstellung von Silagefutter und zur Biogasproduktion genutzt. Sie erfordern hohen Dünger-und Pestizideinsatz. Vor allem vor dem Auflaufen im Frühjahr (Anfang Mai) werden die Unkräuter mit Herbiziden zurückgehalten. Der Rand dieses Maisfeldes ist aber trotzdem sehr unkrautreich.
Wir beobachten drei sehr charakteristische Gräser:
Grüne Borstenhirse (Setaria viridis),
Hühnerhirse (Eragrostis crus-galli) und
Blut-Fingerhirse (Digitaria sanguinalis
Weitere Arten:
Ampfer-Knöterich (Persicaria lapathifolia)
Weißer Gänsefuß (Chenopodium album)
Stumpfblättiger Ampfer (Rumex obtusifolius)
Kohl-Gänsedistel (Sonchus oleraceus)
Kleinblütiges Knopfkraut bzw. Franzosenkraut (Galinsoga parviflora)
Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina)
Löwenzahn (Taraxacum officinale agg.)
Echte Zaunwinde (Calystegia sepium)
Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata)
Breitblättriger Wegerich (Plantago major)
Große Brennnessel (Urtica dioica)
Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)
Steifer Sauerklee (Oxalis stricta)
Acker-Minze (Mentha arvensis)
Als Besonderheit wächst hier an mehreren Stellen die aus China stammende Quirl- oder Gemüse-Malve (Malva verticillata), deren Blätter in China seit mehr als 2500 Jahren als Gemüse genutzt werden. Die Pflanze findet sich seit einiger Zeit in den Blühstreifen an Ackerrändern, da sie teilweise Bestandteil der dafür vorgesehenen Saatmischungen ist.
Nun folgen wir in langsamem Botanikertempo dem Weg in den Wald hinein. Alle Teilnehmer* innen erhalten Kärtchen mit Namen von Baum-und Straucharten, die in diesem Waldteil zu finden sind. Gefunden werden:
Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior) – Blätter und Seitenzweige gegenständig –
Vogelbeere, Eberesche (Sorbus aucuparia) – Blätter und Seitenzweige wechselständig –
Stiel-Eiche (Quercus robur) – Früchte lang gestielt, die der Trauben-Eiche fast sitzend –
Rot-Buche (Fagus sylvatica) – glatte Rinde, keine Borkenbildung –
Schwarz-Erle (Alnus nigra) – Blätter stumpf, ohne Blattspitze –
Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus)
Winter-Linde (Tilia platyphyllos) – im Gegensatz zur Sommer-Linde mit bräunlichen Härchen in den Winkeln der Blattadern auf der Blattunterseite –
Wald-Kiefer (Pinus sylvestris)
Rot-Fichte (Picea abies)
Weiß-Tanne (Abies alba)
Sträucher:
Weißdorn (Crataegus spec.) – es gibt mehrere sehr ähnliche Arten –
Gewöhnliche Hasel, Haselstrauch (Corylus avellana) – die Kätzchen für das nächste Jahr sind schon angelegt –
Schlehe, Schwarzdorn (Prunus spinosa) – viele blaue Steinfrüchte, die Seitenzweige laufen fast in einem rechten Winkel ab, dadurch ist Schlehengebüsch besonders undurchdringlich –
Schwarzer Hollunder (Sambucus nigra)
Echter Schneeball (Viburnum ebulus) – die roten Beeren sind leicht giftig –
Blutroter Hartriegel (Cornus sanguinea) – „blutrot“ bezieht sich auf die Herbstfärbung –
Faulbaum, Pulverholz (Rhamnus frangula) – der Name bezieht sich auf den leichten Fäulnisgeruch der Rinde, die als starkes Abführmittel gilt; die hochwertige Holzkohle wurde früher bevorzugt zur Schwarzpulverherstellung verwendet; Futterpflanze für die Raupen des Zitronenfalters –
An einer Wegkreuzung steht eine hohe Weiß-Tanne, die im oberen Kronenbereich zahlreiche Tannen-Misteln trägt. Diese Mistel ist eine Unterart (Viscum album subsp. abietis), die nur an Tannen vorkommt. Misteln sind Halbschmarotzer, die ihrem Wirt Wasser und Mineralstoffe entziehen, aber selbst über Photosynthese Nährstoffe produzieren. Ihre weißlichen Beerenfrüchte enthalten einen sehr klebrigen Schleiml, aus dem man früher Vogelheim hergestellt hat. Sie werden gerne von Drosseln gefressen (daher der Name der Mistel-Drossel) „Turdus ipse sibi cacat mortem“ –„Die Drossel scheißt sich selbst den Tod“ (römisches Sprichwort).
Neben der Tanne steht eine Rot-Fichte. Unterschiede zwischen Fichte und Tanne werden besprochen.
Wir folgen dem Weg bis zur Kreuzung mit einem Betonsträßchen, auf das wir dann nach links abbiegen. Der Weg ist von einem mehr oder weniger tiefen Graben begleitet, deshalb finden sich in der wegbegleitenden Vegetation häufig besonders feuchtigkeitsliebenden Pflanzen:
Pfeifengras, Benthalm (Molinia caerulea) – die langen knotenlosen Stiele des Blütenstandes wurden früher zum Pfeifen reinigen verwendet; typisches Gras der Pfeifengraswiesen –
Steife Segge (Carex elata)
Zittergras-Segge (Carex brizoides)
Hänge-Segge (Carex pendula)
Flatter-Binse (Juncus effusus) – das Tragblatt des Blütenstandes sieht wie eine Fortsetzung der Sprossachse aus –
Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) – Knoten meistens mit drei Blättern, seltener auch zwei oder vier –
Blutweiderich (Lythrum salicaria) – nicht näher mit dem Gilbweiderich verwandt, „-weiderich“ bezieht sich auf die weidenartigen Blätter beider Pflanzenarten –
Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria) – die süßlich duftenden Blüten wurden früher zur Aromatisierung von Bier und Wein verwendet, Name eventuell von „ Met-Süße“; die ganze Pflanze aber besonders der Wurzelstock enthält Methylsalicylat, das wegen seiner desinfizierenden Wirkung zum Beispiel Zahnpasta und Kaugummis beigefügt wird; der Name „Aspirin“ leitet sich von der früheren Bezeichnung „Spiraea ulmaria“ und dem A von Acetylsalicylsäure ab.
Gewöhnliches Hexenkraut (Circaea lutetiana)
Lippenblütler:
Wasser-Minze (Mentha aquatica) – eine der drei Stammarten der Pfeffer-Minze (Mentha x piperita, x für Hybridart)
Ross- Minze (Mentha longifolia) – weitere Stammart der Pfefferminze –
Ufer-Wolfstrapp (Lycopus europaeus) – die tief gesägten, gegenständigen Blätter erinnern an ein Wolfseisen –
Wald-Ziest (Stachys sylvatica) – starker, etwas unangenehmer Geruch –
Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) – nicht zu verwechseln mit dem wesentlich größeren, aus dem Himalaja eingeschleppten Riesen-Bärenklau, der wegen des Kontaktgiftes in seinen Blättern gefürchtet wird. Das Gift wirkt vor allem zusammen mit UV-Licht. „Ist der Stängel kantig rau, heißt die Pflanze Bärenklau“ –
Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) – mehrfach zusammengesetzte, sehr große Blätter und auffällig große Blattscheiden –
Wald-Sanikel (Sanicula europaea)
Gewöhnliche Bibernelle (Pimpinella saxifraga) – zur gleichen Gattung gehört Anis (Pimpinella anisum) aus dem Balkan
nur Blätter sehen wir vom
Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris),
Giersch (Aegopodium podagraria) und
Behaarter Kälberkropf (Chaerophyllum hirsutum)
Da nun schon mehr als die Hälfte der Zeit um ist, die wir uns für unseren Spaziergang vorgenommen haben legen wir den Weg auf dem Betonsträßchen etwas schneller zurück. Besondere Beachtung schenken wir einem wassergefüllten Graben mit fruchtendem Breitblätterigen Rohrkolben (Typha latifolia). Das Betonsträßchen endet an einer Wegkreuzung, in deren Nachbarschaft sich ein pilzförmiger Unterstand befindet. Im grasigen Wegrand blühen einige Herbst-Zeitlosen (Colchicum autumnale) . Diese in allen Teilen hochgiftige Art ist die einzige ihrer Gattung in Mitteleuropa. Verbreitungsschwerpunkt der Gattung sind die Trocken- und Halbtrockengebiete Vorder- und Westasiens, an deren Klimabedingungen die Arten mit ihrer unterirdischen Speicherknolle besonders gut angepasst sind. Das enthaltene Gift Colchicin verhindert die Ausbildung korrekter Mitosespindeln und damit eine geordnete Zellteilung.
Unser weiterer Spaziergang folgt nun nach links einem kleineren Waldweg.
Wir besprechen, wie man mit einem Zollstock, einem Bindfaden und eventuell noch einem Maßband das Holzvolumen eines Baumes und damit auch den von ihm gespeicherten Kohlenstoff abschätzen kann. Die einzelnen stehenden Stämme von Kiefern und Tannen auf einer großen Lichtung, die vermutlich durch Borkenkäfer verursachten Kahlschlag entstanden ist, bieten sich zwar für diese Untersuchung an. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit entschließen wir uns aber, auf die praktische Ausführung zu verzichten.
Entlang des Weges zieht sich eine feuchte Niederung mit dichtem Seggenbestand (vermutlich die lange Ausläufer bildende Schlank-Segge (Carex acuta). Außerdem beachten wir die großen, spIrrigen Blütenstände der Wald-Simse (Scirpus silvaticus).
Leider haben wir auf unserem Spaziergang keine Pilze gefunden. Aber als ich einen Tag später mit meiner Frau noch einmal in dem Gebiet war, sahen wir Graue Lärchenröhrlinge (Suillus viscidus), brauchbare Speisepilze.
Die Tourist-Information und der Arbeitskreis Tourismus laden Feriengäste und Einheimische ein:
Botanischer Spaziergang
mit Prof. Dr. Wilfried Probst
Samstag, 08.08.2020, 10:00 Uhr
Ersatztermin bei schlechtem Wetter: 15.08.2020
Treffpunkt: Wanderparkplatz westlich von Raderach am Drumlin Heidengestäud.
Unser Spaziergang führt uns in die Raderacher Drumlinlandschaft. Rund um den Drumlin „Heidengestäud“, auf dessen Gipfel sich ein möglicherweise prähistorischer Ringwall befindet, bietet der Weg einen sehr schönen Ausblick auf das Hepbach-Leimbacher Ried. Auf unserer kleinen Runde achten wir besonders auf die sehr artenreiche Flora der Wegränder. Wir werden aber auch eine neue Kulturpflanze kennenlernen.
Für empfindliche Personen empfiehlt sich die Mitnahme eines Mückenschutzmittels.
Bitte beachten Sie die bekannten Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie den Mindestabstand von 1,5 m. Die Teilnehmer sind verpflichtet, ihre Kontaktdaten zu hinterlassen.
Dauer jeweils ca. 2,5 Stunden. Die Veranstaltung ist kostenlos.
Teilnahme auf eigene Gefahr.
Drumlins
Die Landschaft um Raderach ist gekennzeichnet durch viele langgestreckte Hügel, die im Profil etwa wie ein umgekehrter Löffel aussehen, mit einer etwas steileren und einer länger ausgezogenen Seite. Diese in der letzten Eiszeit entstandenen Formen werden mit einem irischen Ausdruck als Drumlin bezeichnet (von irisch „Druim“ „schmaler Rücken“). Ihre Ausrichtung entspricht der Fließrichtung des Gletschers (Abbildung). Über ihre Entstehung gibt es unterschiedliche Theorien. Wenn man annimmt, dass der Gletscher über ein plastisches Grundmoränenmaterial aus alten Sedimenten fließt, kann man sich gut vorstellen, dass kleine Erhebungen im Untergrund zu einem Aufstau führen. Größe und Form hängen dann vom Material, von der Fließrichtung des Gletschers und von der Geschwindigkeit des Abtauens ab. Häufiges auftreten von Drumlinfeldern – wie in der Umgebung von Raderach – gilt als Indiz für ein rasches Abtauen.
Heidengestäud
Der kleine Berg, um den uns unser Spaziergang herumführen wird, ist in der topographischen Karte 1: 25.000 TK 8222 Markdorf als „Heidengestäud“ bezeichnet. In der Liste von Burgen und Schlössern in Baden-Württemberg wird die Wallanlage unter Heidengestied genannt. Dass solche Bergkuppen und speziell auch Drumlins für Befestigungsanlagen genutzt wurden, ist nicht ungewöhnlich. Ob es sich bei diesem Rest einer Wallanlage tatsächlich um eine alte keltische Viereckschanze handelt, ist nicht unumstritten. In diesem Fall wäre sie mindestens 2500 Jahre alt. Möglicherweise wurde das Bauwerk aber auch erst später im Mittelalter errichtet.
Auch der Ort Raderach wurde auf einem Drumlin erbaut, und zwar an einer Stelle, an der im 13. Jahrhundert eine Burg errichtet worden war. Die Steine der Burg wurden zum Teil für den Bau des heutigen Gasthofs Krone verwendet.
Der Spaziergang
Wir folgen zunächst dem Weg am Waldrand entlang. Die Wiese rechts vom Weg wurde leider gerade gemäht, der zweite Schnitt in diesem Jahr. Von den Wiesenpflanzen sieht man deswegen nur noch wenig an den Wegrändern. Die auffälligste Wiesenpflanzen, die kurz vor dem Schnitt den Aspekt der Wiese bestimmt hat, ist aber auch am Wegrand reichlich vorhanden: Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium). Sie kommt vor dem ersten Schnitt normalerweise nicht zum Blühen, treibt dann aber danach noch einmal aus und wird vor dem zweiten Schnitt die höchste Pflanze der Wiese. Empfindliche Leute können mit einer leichten Hautallergie auf die Berührung mit Wiesen-Bärenklau reagieren (Wiesen-Dermatitis), kein Vergleich allerdings mit den heftigen Reaktionen auf den Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum).
Weitere Arten von Wiesen- und Wegrand: Scharfer Hahnenfuß, Gewöhnliche Schafgarbe, Weiße Taubnessel, Gefleckte Taubnessel, Wirbeldost, Gewöhnliches Johanniskraut, Nesselblättrige Glockenblume, Gewöhnlicher Rainkohl, Kleiner Pippau, Wolliges Honiggras.
Bei 1 kommen wir an ein Feld mit sehr hohen, gelb blühenden Pflanzen. Die Blüten sehen ein bisschen wie kleine Sonnenblumen aus. Es handelt sich um die Durchwachsenblättrige Silphie (Silphium perfoliatum), ein aus Nordamerika stammender Korbblütler. Die Pflanze wird seit einigen Jahren als ergiebiger Biomasseproduzent in Mitteleuropa angebaut. Sie lässt sich auch als Futter- und Silagepflanze und als Bienenweide nutzen.
Die Silphie kann zehn Jahre lang am gleichen Standort geerntet werden und produziert ab dem zweiten Jahr mit 13-20 t Trockenmasse pro Hektar sogar eher mehr als Mais (http://bizz-energy.com/biogasbranche_wirbt_f%C3%BCr_us_pflanze) . Dass sie sich gegenüber Mais bisher trotzdem noch nicht durchgesetzt hat liegt vor allem daran, dass die Kosten im ersten Anbaujahr verhältnismäßig hoch sind. Im ersten Jahr bilden sich nur grundständige Rosetten, die schnell von Unkraut überwuchert werden und dieses Unkraut kann weitgehend nur mechanisch bekämpft werden. Ab dem zweiten Jahr ist jedoch die Beschattung des Bodens so stark, dass Unkräuter zurückgehalten werden. Eine kostengünstige Lösung wäre es deshalb, im ersten Jahr eine Mischkultur mit Mais anzulegen. Dadurch, dass die Kulturen über mehrere Jahre bestehen bleiben können, ist auch die Bodenerosion gering.
Zwei Stammarten von Kulturpflanzen
Der Weg geht nun steiler bergauf, am Hang zum kleinen Drumlin rechts ist ein großes Silphienfeld zu sehen. Links am Wegrand fällt uns eine Pflanze mit fast senkrecht stehenden, tief gebuchten und etwas bestachelten Blättern auf, die eine reich verzweigten rispigen Blütenstand mit vielen kleinen Korbblüten entwickelt hat. Der Kompass-Lattich oder Stachel-Lattich (Lactuca serriola) hat seinen Namen daher, dass er an sonnigen Standorten seine Blätter senkrecht und weitgehend in Nord-Süd-Richtung ausrichtet, wodurch sie vor der starken Sonneneinstrahlung geschützt werden. Er gilt als die Stammpflanze des Grünen Salates (Lactuca sativa). Die genetische Ähnlichkeit der beiden Arten ist so groß, dass man heute davon ausgeht, dass eine Aufspaltung in zwei Arten nicht gerechtfertigt ist.
Die zweite Art, ebenfalls ein Korbblütler, hat schöne hellblaue Blütenköpfe in lockeren Blütenständen. Der deutsche Name „Wegwarte“ (Cichorium intybus) bezeichnet ihren typischen Standort an Wegrändern. Die Wildpflanze, nach ihrem wissenschaftlichen Namen auch „Zichorie“ genannt, wird bis heute in einigen Gegenden des Mittelmeergebietes als Salat oder Gemüse verwendet. Sie ist auch eine traditionelle Heilpflanze zur Appetitanregung und Stimulierung von Verdauungssäften. Als Wurzelzichorie hat man aus ihren gerösteten Pfahlwurzeln Kaffeeersatz hergestellt (Zichorien-Kaffee). Erst im 19. Jahrhundert wurde aus Zichorien der Chicoréesalat gezüchtet : „Nach einer Überlieferung zog der Chefgartenbauer am Botanischen Garten in Brüssel, Bresier, 1846 die ersten Chicoréesprossen. Die Wurzeln ließ er zwar noch im Freiland wachsen, zum Sprossen verhüllte er sie jedoch lichtdicht, so dass sie möglichst wenig Bitterstoffe entwickelten. Nach einer anderen Version soll diese Art des Treibens auf eine zufällige Beobachtung zurückgehen: Als belgische Bauern 1870 ihre Zichorienwurzeln infolge ungewöhnlich hoher Ernte im Gewächshaus einschlugen, entdeckten sie während des Winters die kräftigen Knospen.“ (Wikipedia, 12.8.2020).
Auch der Endiviensalat gehört zur Gattung der Wegwarten oder Zichorien. Die Heimat von Cichorium endivia ist das Mittelmeergebiet. Heute werden weltweit zahlreiche Endiviensalatsorten angebaut.
Bei 2 erreichen wir einen schönen Aussichtspunkt mit Blick auf den Gehrenberg, die Orte Hepbach und Leimbach und das davor liegende Naturschutzgebiet Hepbach-Leimbacher Ried, das von einer Heckrinder-Herde beweidet wird. Bei dem mit gut 750 m ü.NN hohen Gehrenberg handelt es sich um keinen Drumlin. Er ist durch Erosion während der letzten Vereisung entstanden. Nach der vorletzten Vereisung haben sich in tiefer gelegenen Gebieten Schotter abgelagert, die durch kalkhaltiges Wasser verfestigt wurden. Dieser harte eiszeitliche Nagelfluh bot bei der letzten Vereisung einen erhöhten Widerstand gegen Erosion und so kam es zur Reliefumkehr: frühere Täler wurden zu Bergen.
Die Panoramakarte zeigt ein Landschaftsbild, bei dem sich der Gletscher etwa auf eine Linie vom Schussenbecken bei Ravensburg bis Markdorf zurückgezogen hat. Dabei hat sich im Bereich des heutigen Hepbacher-Leimbacher Rieds ein Eisstausee gebildet, aus dem sich das Ried mit seinen bis 10 m mächtigen Torfschichten entwickelt hat. Heute liegt dort die Quelle der Brunnisach.
Wir gehen dann ein kleines Stück zurück und folgen dem Weg in den Wald hinein, der hier von relativ jungen Bäumen mit einem hohen Anteil an Berg-Ahorn gebildet wird. Der Weg wird gesäumt von einer breiten Hochstaudenflur 3. Bemerkenswerte, besonders große Stauden sind der giftige Pferde-Hollunder (Sambucus ebulus), im Gegensatz zu seinen Schwesterarten Schwarzer Hollunder und Trauben-Hollunder kein Gehölz sondern eine krautige Pflanze; Wald-Engelwuz (Angelica sylvestris), Behaarte Karde (Dipsacus pilosus), außerdem Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense), Lanzett-Kratzdistel (Cirsium vulgare), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), Indisches Springkraut (Impatiens glandulifera), Wiesen-Bäremnklau (Heracleum sphondylium), Große Brennnessel (Urtica dioica), Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium) und Zottiges Weidenröschen (Epilobium hirsutum).
Auf der linken Seite es Weges ist die Vegetation teilweise weniger üppig. An dem Grabenrand entdecken wir Echtes Tausendgüldenkraut (Centaurium erythrophyllum).
Weitere Arten sind Taumel-Kälberkropf (Chaerophyllum temulum), Gewöhnlicher Dost oder Oregano (Origanum vulgare), Kanadische Goldrute (Solidago canadensis). Die Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa) deutet auf einen Quellhorizont hin. Auch einzelne Bulte des Pfeifengrases (Molinia caerulea) und Wasserdost (Eupatorium cannabinum) zeigen feuchten Untergrund an.
Der Weg führt nun wieder bergab in einen schönen Buchen-Hochwald (Waldmeister-Buchenwald). Die übrigen Hochstauden erhalten hier nicht mehr genügend Licht aber einen Bestand von Hexenkraut (Circaea lutetiana) und Kleinblütigem Springkraut (Impatiens parviflora) reicht das Licht aus.
Am Hangfuß mündet unser Weg in einen breiteren Weg 4. Hier stehen wegnah sehr große Exemplare der amerikanischen Rot-Eiche (Quercus rubra) . Ihre spitz ausgezogenen Blattlappen kennzeichnen sie als „Spitzeiche“. Diese artenreiche Gruppe der Eichen (Sektion Lobatae) ist ursprünglich auf Amerika beschränkt, einige Arten werden aber heute an vielen anderen Orten angebaut. Die Rot-Eichen hier zeigen eine sehr üppige Naturverjüngung. Im Gegensatz zu unseren einheimischen Eichenarten benötigen die Eicheln der Rot-Eiche zum Reifen zwei Jahre.
Ein zweiter nordamerikanischer Baum, der seit dem 19. Jahrhundert auch in Mitteleuropa forstlich genutzt wird, ist die Douglasie oder Douglastanne (Pseudotsuga menziesii). Ob er wirklich die durch Klimawandel bedrohten Fichten als Forstbaum ersetzen kann, ist umstritten. Unbestritten ist seine große Wuchskraft. Der höchste Baum Deutschlands ist eine über 100 Jahre alte Douglasie im Arboretum Freiburg-Günterstal: „Waltraut vom Mühlwald“ ist über 100 Jahre alt und derzeit etwa 65 m hoch (https://www.waldhilfe.de/baumrekorde/?gclid=EAIaIQobChMIyaG0ztKY6wIVArp3Ch3YPwhKEAAYASAAEgJMZPD_BwE).
Wir biegen dann wieder in eine halb links aufwärts führenden Waldweg ab. Von dort (5) folgen einige Teilnehmer*innen einem Trampelpfad bergauf, in der Hoffnung, auf den Ringwall zu stoßen. Wie die Rückkehrer berichten, konnten die Schanzenreste aber nicht eindeutig identifiziert werden. Am Wegrand wachsen zahlreiche Wald-Frauenfarne (Athyrium filix-femina). An einer Stelle kann man den zarteren Fiederschnitt ihrer Wedel mit einem Echten Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) vergleichen. Die wissenschaftlichen Namen und die deutsche Bezeichnung „Frauenfarn“ weisen darauf hin, dass die beiden Arten früher für Männchen und Weibchen einer Art gehalten wurden.
Bei dem Silphienfeld stoßen wir wieder auf unseren alten Weg, der uns in wenigen Schritten zum Parkplatz zurückführt.
Liste der demonstrierten Pflanzenarten in chronologischer Reiherfolge
zusammengestellt von der Exkursionsteilnehmerin Kim Hackenberg
Oberteuringen liegt an der Rotach, etwa
in der Mitte ihres knapp 40 km langen Laufes vom Pfrunger-Burgweiler Ried bis
zum Bodensee bei Friedrichhafen. Auf
einem Frühlingsspaziergang entlang dieses Baches lernen wir Bäume, Sträucher
und einige typische Frühlingsblumen kennen, die den Bachlauf begleiten.
Es wird auch gesammelt, sortiert,
gefühlt und geschnuppert.
Samstag, 01.06.2019, 10:00
Uhr
Ersatztermin
bei schlechtem Wetter: 08.06.2019
Treffpunkt: Oberteuringen, Wanderparkplatz Altweiherwiesen (Richtung Bibruck), hinter der Straßen-Unterführung unter der L329
Der zweite Botanische Spaziergang führt uns vorbei an Oberteuringens Naturschutzgebiet Altweiherwiesen mit seinen Feuchtwiesen und Rieden bis zum Weiler Wammeratswatt. An den Wegrändern wachsen viele weitverbreitete Kräuter und Stauden, im Ried hoffen wir auf Knabenkräuter und Sibirische Schwertlilien und einige andere Besonderheiten.
Samstag, 10.08.2019, 10:00 Uhr
muss wegen Krankheit ausfallen
Ersatztermin
bei schlechtem Wetter: 17.8.2019
Treffpunkt: Wanderparkplatz an der Kreisstraße K 7742 zwischen Raderach und Riedheim (am Fuß des Drumlins „Franzenberg“)
Der Spaziergang führt in das Umfeld des Naturschutzgebietes Hepbacher-Leimbacher Ried. Der abwechslungsreiche Weg durch den Wald und vorbei an Feuchtgebieten und Gewässern verspricht nicht nur viele verschiedene Pflanzenarten sondern auch interessante Vogelbeobachtungen.
Samstag, 21.09.2019, 10:00 Uhr
muss wegen Krankheit ausfallen
Treffpunkt: Wanderparkplatz im Brochenzeller Wald an der Landstraße L 329 zwischen Ettenkirch und Brochenzell, von Oberteuringen kommend links, kurz vor dem Kreisverkehr am Ortseingang von Brochenzell
Auf diesem Spaziergang gehen wir eine
kleine Runde durch dieses schöne Waldgebiet mit abwechslungsreichem
Baumbestand. Besonders interessieren uns die Pflanzen an den feuchten
Wegrändern und Gräben. Vielleicht finden wir auch einige Pilze.
Dauer jeweils ca. 2,5 Stunden. Die Veranstaltung ist kostenlos.
Auch im Sommersemester 2019 biete ich unter der Veranstaltung „Regionale Lebensräume“ wieder vier ganztägige Exkursionen an. Zwei der Exkursionsziele decken sich mit Angeboten der letzten Jahre:
Neu ist eine Exkursion in das Naturschutzgebiet Altweiherwiese bei Oberteuringen (18.5.2019) und in den Altdorfer Wald mit dem NSG Füremoos bei Vogt (8.6.2019).
Am 24.4.2019 findet von 18:00 Uhr bis 19:15 Uhr eine einführende Informationsveranstaltung in der PH Weingarten, Fach Biologie, NZ 1.51, statt, bei der Erläuterungen zu den Exkursionszielen gegeben und mögliche Aufgaben besprochen werden.
*durch Anklicken kommt man zu Unterlagen für die Exkursion im Sommersemester 2018
Treffpunkt: 10:00h, Wanderparkplatz bei Appenweiler
Thematische Schwerpunkte: Lebensform Baum, ökologische Ansprüche von Waldbäumen und Waldkräutern, Lebenraum Waldgraben
Exkursionsverlauf
Um 10:00 Uhr versammelten wir uns bei leichtem Regen an dem kleinen Wanderparkplatz kurz hinter Appenweiler an dem Sträßchen Richtung Brochenzell. Nach einer Vorstellungsrunde gingen wir auf dem Weg ein kleines Stück am Waldrand entlang und in den Wald hinein. Während des „Bäume Ertastens und Wiedererkennens“ blieb es ziemlich feucht. Wie erwartet wurden die ertasten Bäume – Wald-Kiefern, Linden und Rot-Fichten – relativ leicht wiedergefunden (Anleitung Max Fischer; Markus Preuss). Anschließend – der Nieselregen wurde heftiger – führten wir eine Untersuchung zur Artenzusammensetzung mithilfe der „Wäscheleinen- Transektmethode“ durch.
Die Auswertung ergab in dem von uns untersuchten Waldstück eine deutliche Dominanz der Rot-Fichte, gefolgt von der Rot-Buche. Buchen fanden sich vor allem auch im Unterwuchs. Diese Naturverjüngung ist vermutlich von forstlicher Seite beabsichtigt, um auf längere Sicht den Fichtenanteil des Waldes zu verringern (Albijona Sabani).
Wetterradar online hatte in Aussicht gestellt, dass
der Regen nach 11:00 Uhr nachlassen würde. Leider regnete es 11:30 Uhr eher
heftiger als vorher und deshalb entschlossen wir uns, etwas Material
einzusammeln, um den zweiten Teil der Exkursion in der pädagogischen Hochschule
Weingarten fortzusetzen. Dort wurden von den Studierenden mit dem
eingesammelten Material Stationen eingerichtet, die dann reihum bearbeitet
wurden.
Wachstum und Alter von Bäumen (mit zwei mitgebrachten Baumscheiben; Anleitung Vanessa Golic, Susanna Wild)
Bäume und Sträucher nach Blättern/Zweigen bestimmen
Ökologische Ansprüche von Wegrandpflanzen und Waldbodenpflanzen vergleichen
Laubstreu untersuchen: Tiere, Zersetzungsstadien der Blätter
Blätterbilder
Zum Schluss wurden folgende Kräuter zur Zubereitung
einer Kräutersuppe genutzt:
Große Brennnessel, Giersch, Gundermann, Kriechender
Günsel, Wiesen-Kerbel, Knoblauchs-Rauke.
Die Kräuter wurden fein geschnitten und in eine
gebundene Suppe eingerührt, die mithilfe von Mehl,, Rapsöl, Wasser und Kräuterbrühwürfeln
zubereitet wurde. Bei der Nutzung von Wildkräutern für die Zubereitung von
Mahlzeiten empfiehlt sich das Abkochen (Suppe, Gemüse, Tee) aus hygienischen
Gründen.
Während die Suppe zubereitet wurde, erhielten wir von Madeleine Mayer Informationen über die Gefahren von Zecken und die Möglichkeiten, sie zu verringern. Hannah Dyx informierte uns über den Lebenszyklus des Fuchsbandwurms und die sich daraus ergebenden Gefahren beim Aufenthalt in der freien Natur.
Treffpunkt: 10:00h, Oberteuringen, Parkmölichkeit bei Unterführung unter L 329 an kleiner Straße Richtung Bibruck; NSG Altweiherwiese
Thematische Schwerpunkte: Verschiedene Wiesentypen insbesondere Streuwiesen, Gräser,Waldrand, Streuobstwiesen, Naturschutz-Pflegemaßnahmen, Landschaftsgeschichte
Das 78 ha große Naturschutzgebiet Altweiherwiesen wurde 1981 vom Regierungspräsidium Tübingen ausgewiesen. Es liegt nordöstlich von Oberteuringen auf einer Meereshöhe von rund 450 m.
Zur Landschaftsgeschichte
Die Niederung ist der Rest einer ehemaligen Schmelzwasserrinne der späten Würmeiszeit (Konstanzer Stadium), die ursprünglich vom Schussenbecken bis ins Salemer Becken reichte und die heute vom Taldorfer Bach durchflossen wird. Ihre Fortsetzung fand sie zuerst im Deggenhauser Tal, das zunächst von der Rotach, hinter Roggenbeuren von der Deggenhauser Aach durchflossen wird. Später bahnten sich die Schmelzwässer den Weg südlich vom Gehrenberg bis zum heutigen Überlinger See.
Im Bereich des NSG trennen tonige Sedmente den Untergrund zu den eiszeitlichen Schottern hin ab. Durch den Wasserstau kam es am Ende der Würmeiszeit zur Moorbildung. Die heutige L 329 verläuft auf einem im Mittelalter durch Mönche des Klosters St. Gallen errichteten Damm, der die Moorfläche zu einem großen Fischweiher werden ließ. Im 18 JH wurde das Wasser wieder abgelassen, um die Sumpfbereiche als Streuwiesen nutzen zu können. Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden das Mähgut von den umliegenden Bauernhöfer als Einstreu verwendet. Heute werden die Schilfflächen regelmäßig vom Naturschutz gemäht, um die Streuwiesen-typische Vegetation zu erhalten.
Flora, Fauna, Lebensräume
Wichtigster schützenswerter Lebensraum sind magere Flachlandmähwesen und Gewässersäume mit Erlen und Weiden. Dort gedeihen große Bestände des Breitblättrigen Wollgrases (Eriophorum latifolium), außerdem Pracht-Nelke (Dianthus superbus), Böhmischer Beinwell (Symphytum officinale ssp.bohemicum), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Berg-Klee (Trifolium montanum), Breitblättriges und Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza majalis und D. incarnata) und Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea).
Würden die Wiesen nicht regelmäßig gemäht, würden sich daraus schnell reine Schilfbestände entwickeln.
An Greifvögeln kann man regelmäßig Bussarde, Turmfalken und Rote und Schwarze Milane beobachten. den für das Gebiet angegebenen Baumfalken konnte ich allerdings noch nie sehen.Weitere Besonderheiten sind Kleinspecht, Nachtigall, Schwanzmeisen und Neuntöter. Im Taldorfer Bach leben Elritzen, verschiedene Weißfische und auch Hechte. Oft kann man in Bachnähe auch Ringelnattern entdecken.
Naturschutzmanagement
Im Jahr 2017 wurde aufgrund einer Kartierung für die Rotach einschließlich des Naturschutzgebietes Altweiherwiese (FFH-Gebiet 8222 – 342) ein Managementplan erstellt. Die für das Naturschutzgebiet vorgesehenen Pflegemaßnahmen sind in einer Karte dargestellt. Dabei bedeuten die mich violetter Farbe gekennzeichneten Flächen, dass auf diesen eine einschürige Mahd vorgesehen ist.
Ein gewisses Problem für das Naturschutzgebiet stellt der Kraftfahrzeugverkehr auf dem Sträßchen dar, das über Bibruck, Reute, Sederlitz bis nach Dürnast führt und dort in die B 33 mündet. Die Straße wird leider nicht nur von Anwohnern sondern auch als Shortcut von der K 329 zur B 33 und umgekehrt genutzt. Neben verkehrsberuhigten Maßnahmen („nur für Anlieger“) wäre auch an einen Bohlenweg parallel zum Sträßchen zu denken, der von Fußgängern (und Radfahrern?) genutzt werden könnte.
Wammeratswatt
Am Rande des Naturschutzgebietes liegt ein Weiler mit dem eigentümlichen Namen Wammeratswatt. Ein altes zwischen Vegetation verstecktes Schild weist darauf hin, dass dieser Ort bereits im zwölften Jahrhundert, 1164, als Wambrehteswathe urkundlich erwähnt wurde. Die Endung “-wathe” geht wohl auf einen altgermanischen Begriff zurück, der so viel wie “Weide” oder “Wiese” bedeutet. “Wanbrecht” ist ein alemannischer Name. Man könnte die Ortsbezeichnung also mit „Weide oder Wiese des Wanbrecht“ übersetzen.
Exkursionsverlauf
Bei trockenem Wetter und angenehmen Temperaturen treffen wir
uns um 10:00 Uhr in Oberteuringen an der Unterführung unter der Landstraße 329 am
Eingang zu dem Naturschutzgebietes Altweiherwiese.
Nach einer Einführung in die Landschaftsgeschichte und die
Besonderheiten des Naturschutzgebietes beschäftigen wir uns mit dem Stockwerkaufbau
einer Wiese.
Auf dem Weg Richtung Wammeratswatt werden zunächst möglichst
viele unterschiedliche Gräser gesammelt, sortiert und bestimmt. Anschließend
versuchen wir, die verschiedenen Grasarten allein aufgrund haotischer Merkmale,
also mit verbundenen Augen, zu erkennen. In dem langsam fließenden Taldorfer
Bach wachsen dichte Bestände des Wassersterns, von denen dank des Einsatzes von
Markus Preuss alle TeilnehmerInnen auch einen Zweig in den Händen halten
können.
Aufgrund der vorangegangenen relativ kühlen Witterung ist die
Vegetationsentwicklung auf der Streuwiese noch ziemlich weit zurück – keine Sibirischen
Schwertlilien, Pracht-Nelken oder fruchtenden Wollgräser sind zu sehen. Von den
charakteristischen Arten können wir nur gerade aufblühende Exemplare des
Breitblättrigen und des Fleischfarbenen Knabenkrautes entdecken, außerdem Berg-Klee,
Sumpf-Kratzdistel, Gewöhnlichen Hornklee und Gilbweiderich (noch nicht blühend).
Auf dem weiteren Weg zum Weiler Wammeratswatt fallen die als Straßenbegleitbäume gepflanzten Robinien auf, die gerade erst ihre Fiederblätter entfalten. Ebenso wie die alten Obstbäume der Streuobstwiese sind sie reichlich mit Misteln bewachsen. Die Bäume der Streuobstwiese – vorwiegend Äpfel auch einige Birnen – sind mehr als 100 Jahre alt. Sie werden immer noch zur Gewinnung von Fallobst für die Apfelsaftproduktion genutzt, das Heu der Wiese wird an Reiterhöfe verkauft. In der Wiese fällt uns der Kleine Wiesenknopf mit seinen weit aus den Blüten heraushängenden Staubfäden besonders auf.
Nach einer Mittagspause bei der Brücke über den Taldorfer Bach
leiten Yesim Örgerim und Beatrice Hell
zu „Blüten, lockende Signale“ an. Blütenteile – die Bestäuber anlocken sollen –
und Blätter werden zu Make-up oder schmückenden Kurzzeit-Tattoos umgewidmet.
Der Weg führt uns dann weiter dem Waldrand entlang. Unter Anleitung von Lisa-Marie Buemann und Sara Dittmann sammeln wir Tierspuren: Spuren an Blättern, Spuren an Zapfen und Früchten und Spuren an Holz. Besonders auffällig sind die Minen des Buchen-Springrüsslers an Rot-Buchen-Bättern.
Unser Exkursionsweg führt dann weiter zum Weiler
Blankenried. Dort kreuzen wir die L 329 und besteigen den Drumlin Horach (501,6
m ü.N.N.), auf dem sich ein Wasserreservoir der Wasserversorgung Bodensee
befindet. Von dort hat man eine sehr schöne Aussicht auf den Bodensee und die
Alpenkette – heute allerdings im Dunst verborgen. Sabrina Brendle führt die
Gruppe in einer blinden Raupe aus dem Wald heraus zum Aussichtsplatz, wo die
Augenbinde dann abgenommen werden.
Altdorfer Wald mit NSG Füremoos
Treffpunkt: 10:00h, Wanderparkplatz am Waldrand bei Vogt
Der Altdorfer Wald liegt auf einem Höhenzug zwischen Vogt im Süden und auch Aulendorf im Norden am nordöstlichen Rand des Schussenbeckens. Mit 82 km2 ist er das größte zusammenhängende Waldgebiet Oberschwabens. Der Name geht auf die welfische Grafschaft Altdorf bzw. auf die ehemalige Ortsbezeichnung „Altdorf“ für die Stadt Weingarten zurück. Bis 1865 wurde lediglich das Kloster als „Weingarten“ bezeichnet, während die umgebende Ortschaft Altdorf genannt wurde.
Naturraum
Der Altdorfer Wald besteht hauptsächlich aus Fichtenforsten, eingesprengt sind aber auch Buchen und andere Laubbäume. Er enthält die Naturschutzgebiete Saßweiher, Girasmoos, Tuffsteinbruch Weißenbronnen, Lochmoos und Füremoossowie ein Fauna-Flora-Habitat Gebiet „Altdorfer Wald“ mit 13,5 km2. Der Höhenzug übersteigt an einigen Stellen700 m, höchste Erhebung ist der Galgenberg mit 776,6 m ü.N.N.
Bedeutendstes Fließgewässer ist die Wolfegger Ach, die wie einige weitere kleinere Zuflüsse in die Schützen mündet und einige weitere kleinere Bäche der Schussen zufließt. In dem Waldgebiet liegen auch einige Seen, wie der Bunkhofer Weiher, der Neuweiher und der Langmoosweiher und aus einigen feuchten Senken haben sich Moore entwickelt. Eines davon, das Naturschutzgebiet Füremoos, werden uns genauer anschauen. (Weitere Unterlagen zum Thema Moore und Feuchtgebiete in den Unterlagen zur Exkursion ins Wurzacher Ried 2018):
Die Kalktuffbildungen bei Weißenbronnen weisen auf kalkreiches Jungmoränenmaterial im Untergrund hin.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten
Zum Exkursionsverlauf
Nach der Begrüßung durch Frau Ackermann, Diplom-Biologin und
Naturpädagogin am Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, beschlossen wir aufgrund
der Wetterlage, die für den Nachmittag geplante Exkursion zum Fünfeckweiher und
zum Bannwaldturm schon am Vormittag durchzuführen.
Startpunkt war – wie in den vergangenen Jahren -der
Parkplatz bei Uzhausen. An einer Übersichtskarte erklärte uns Frau Ackermann
die verschiedenen Schutzzonen des Pfrunger-Burgweiler Rieds und die jeweiligen Schutzziele
und -maßnahmen. Das Pfrunger-Burgweiler
Ried ist nach dem Federseegebiet das zweitgrößte zusammenhängende Moorgebiet
Südwestdeutschlands, die größte zusammenhängende Hochmoorfläche allerdings ist
im Wurzacher Ried zu finden.
Zunächst ging unser Weg durch Weideland, auf dem wir eine
Herde Scottish Highlander beobachten konnten, die hier zusammen mit eigen
anderen Robustrinderrassen zur Biotoppflege eingesetzt werden. Sie sind das
ganze Jahr über auf der Weide, werden allerdings im Winter mit Heu zugefüttert,
das im Sommer auf den Weideflächen gewonnen wird. Fleisch und Wurst waren von
den Robustrinder sind im Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf erhältlich, außerdem
werden sie in einigen Gaststätten rund um das Pfrunger-Burgweiler Ried
angeboten.
Entlang eines ehemaligen Entwässerungskanals, der in
regelmäßigen Abständen durch Querwände aufgestaut ist, konnten wir auf
Weidezäunen mehrfach Schwarzkehlchen und einen Neuntöter beobachten. Im
Feuchtbereich um den Graben blühte reichlich Mädesüß. Auf den Dolden des
Wiesen-Bärenklaus waren viele Nektar sammelnde Insekten, insbesondere Schwebfliegen
und kleine Bockkäfer, zu beobachten. Am Wegrand nahmen wir eine Geruchsprobe
vom Feld-Thymian, der gerade in voller Blüte stand.
Auf den Weideflächen brüten regelmäßig Kiebitze, für die in
diesem Jahr extra flache Gewässer, „Blänken“, angelegt wurden, die vor allem
für die jungen Kiebitze wichtig sind, weil sie dort leicht an geeignete Nahrung
(Insektenlarven, Würmer) kommen können.
Wir folgten dann dem Weg durch den Bannwald bis zum Fünfeckweiher.
In Baden-Württemberg bezeichnet der Begriff „Bannwald“ Totalschutzgebiete, die
vollständig einer natürlichen Entwicklung überlassen werden. Wege durch den
Bannwald sind zulässig, und dürfen – zum Beispiel durch Fällen umsturzgefährdeter
Bäume – gesichert werden. Auf dem Weg fällt auf, dass durch Wiedervernässung
die Fichtenbestände links des Weges großflächig abgestorben sind. Den Fünfeckweiher
erreichten wir auf einem Bohlenweg. Wie in den Vorjahren konnten wir eine ganze
Reihe von Insekten beobachten, insbesondere die dunkle Sommergeneration des
Landkärtchens, eines Schmetterlings, der oft auch in Schulbüchern als Beispiel
für die Ausbildung unterschiedlich aussehender Generationen angeführt wird.
Von der Aussichtsplattform des Bannwaldturmes hatten wir
einen guten Überblick über das gesamte Gebiet des Pfrunger-Burgweiler Rieds und
die umgebenden Höhenzüge. Man kann von dort aus sehr gut die verschiedenen
durch industriellen Torfstich entstandenen Seen beobachten. Eine kleine Schar
Graugänse flog am Turm vorbei.
Am sonnigen Wegrand wurde auf zwei Stammformen von
Kulturpflanzen hingewiesen, die hier besonders schön entwickelt waren: Wilde
Möhre (Daucus carota) und Wegwarte oder Zichorie (Cichorium intybus), aus der sowohl der Chicoréesalat als auch die
Wurzelzichorie (Zichorienkaffee) gezüchtet wurde. Bei unserem Vesperplatz konnten
wir ein schönes Exemplar des Kompass-Lattichs oder Stachel-Lattichs (Lactuca serriola) anschauen. Sein Name
rührt daher, dass sich seine Blätter an sonnigen Standorten senkrecht stellen
und in Nord-Süd-Richtung orientieren. Damit sind die Blattspreitenen weniger
dem intensiven Sonnenlicht ausgesetzt. Der Kompass-Lattich ist die Stammform des
Gartensalates (Lactuca sativa).
Da um uns herum erhebliche Gewitteraktivitäten zu beobachten
waren und die Zeit auch schon recht fortgeschritten war, beschlossen wir, auf
einen größeren Rundweg (vergleiche Exkursionen der Vorjahre) zu verzichten und
direkt zum Parkplatz bei Holzhausen zurückzukehren. Auf den Weiden in der in
der Nähe des Parkplatzes konnten wir eine große Zahl Weißstörche (gezählt
wurden 36) beobachten.
Da es bei unserer Ankunft am Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf
immer noch relativ gutes Wetter war, beschlossen wir, nun gleich mit dem Fang
von Wiesentieren und Wassertieren zu beginnen. Ausgerüstet mit Keschern und
Wasserschalen bzw. Schmetterlingsnetzen und Becherlupen machten sich zwei
Gruppen zunächst auf die Jagd, dann würden die Tiere im Großraum mithilfe von
Bestimmungsschlüsseln und Binokularen untersucht und bestimmt. Einige Fänger
konnten über den Monitor demonstriert werden.
Einige unserer Fänge:
Wiese
Larve einer Kurzfühler-Heuschrecke (vielleicht Corthippus
parallelus)
Schwebfliege
Mücke mit gelbem Hinterleib
Baumwanze
Weichwanze
Schaumzikade
Brauner Waldvogel
verschiedene Kleinschmetterling (Zünsler?).
Steinhummel
Teich
Wassermilbe
Kleinlibellenlarve
Stabwanze
Rückenschwimmer
Schwimmwanze
Büschelmückenlarve
Käferlarve
Kaulquappe eines Wasserfrosches (Kleiner Teichfrosch?)
Beim abschließenden Museumsbesuch gibt uns Frau Ackermann anhand eines großen Luftbilds der Region einen Überblick über die Entstehung des Pfrunger-Burgweiler Rieds. Auf der Fahrt in dem „Moorkäpsele“ werden diese Fachinhalte anschaulich wiederholt (vergleiche Exkursionsbericht von 2017).
Mögliche Aktivitäten von Studierenden
Anleitungen
Baum ertasten und wiedererkennen
Wachstum und Alter von Bäumen
Bäume zählen
Bäume berechnen
Baumkronenspaziergang
Kräuter fühlen, riechen, schmecken
Gräserberührungen
Pflanzenoberflächen: Rau und glatt und andere Gegensätze
Blüten, lockende Signale
Vertauschte Gegenstände
Wer war der Übeltäter?
Umwelt im Umschlag
Torfmoose und Moorbildung
Über alle Exkursionen:
Artenliste Pflanzen
Artenliste Tiere
Gut erkennbare Pflanzenfamilien besonders beachten:
Einen sehr guten Einstieg in die Landschaftsgeschichte Oberschwabens und ganz Südwestdeutschlands kann man sich mit folgendem neu erschienenen Werk verschaffen:
Seyfried, H., Simon, T., Beckenbach, E. & Müller, T. (2019): Der Südwesten im digitalen Geländemodell – wie LiDAR-Daten unsere Sicht auf die Welt verändern. Sonderbände der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg, 4; 434 S., 301 Abb. – Schmidt-Verlag. 34,90 €
LINK-NAME Überlegungen zu einem geplanten Schüler-Kompakt von Unterricht Biologie
Die Frage der richtigen und gesunden Ernährung ist in unserer Überflussgesellschaft ein wichtiges und von Medien und Öffentlichkeit viel diskutiertes Problem. Sie ist wirklich ein Problem, aber nicht zuletzt ein Überflussproblem. Kurz gesagt scheint die Lösung einfach:
Esst wenig Zucker, Fett, Fleisch und viel Salat, Obst, Gemüse
Mit dieser einfachen Richtlinie ließen sich viele Ernährungsprobleme lösen. Aber das große Angebot macht die Realität für den Konsumenten ziemlich komplex und wenn man Schülerinnen und Schüler im Unterricht auf diese komplexe Wirklichkeit vorbereiten will, kommt man nicht umhin, die Frage nach der gesunden und nachhaltigen Ernährung auch in einer gewissen Komplexität zu bearbeiten. In der Sprache der zeitgemäßen Didaktik formuliert: Es gelingt sonst nicht, dass Schülerinnen und Schüler die Kompetenz entwickeln, sich gesund, umweltverträglich und nachhaltig zu ernähren.
Wie kann man SchülerInnen motivieren, sich einen Überblick über diese Vielfalt des Nahrungsmittelangebots in den Verbrauchermärkten zu verschaffen und vernünftige, auf Fachkenntnissen beruhende Kaufentscheidungen zu treffen? Das Ziel: Die SchülerInnen sollen Verbraucherkompetenz entwickeln. Die Gefahr: Der deutlich erhobene Zeigefinger wirkt so, dass der Unterricht nicht ernst genommen wird bzw. langweilt. Eine motivierende Möglichkeit könnten Exkursionen in Kauflandschaften sein, bei denen die Entdeckungen von neuen Angeboten und unbekannten Produkten zu weiteren Recherchen und Informationen führen. Deshalb sollen die Beispiele in dem geplanten Kompakt von Unterricht Biologie insbesondere neuere Angebote und Werbestrategien in den Blick nehmen.
Konsumenten und Produzenten
Versuchen wir uns die komplexe Situation vorzustellen:
Produzent und Konsument
Ein Problem für den Konsumenten ist die Vielfalt des Angebotes und die Vielfalt der (Werbe-)Informationen, denen er sich gegenüber sieht. Wie kann man SchülerInnen motivieren, sich einen Überblick über diese Vielfalt zu verschaffen und sich um vernünftige, auf Fachkenntnissen beruhende Entscheidungen zu treffen?
Wenn der Verbraucher eine Kaufentscheidung für ein bestimmtes Nahrungsmittel im Supermarkt trifft, denkt er zunächst einmal daran, ob ihm das zu Kaufende schmecken wird, also an seinen Genusswert. Bei der Produktion des Nahrungsmittel hat der Produzent dieses natürlich auch im Blick, aber der entscheidende Gesichtspunkt für den Produzenten ist die Frage, ob er mit einem bestimmten Produkt auch Gewinn machen kann. Dabei spielt die Werbung eine entscheidende Rolle, also zum Beispiel die Verpackung, die Aufschriften usw. (Motto: Mehr scheinen als sein).
Die Tendenz, möglichst billig zu produzieren, wird durch gesetzliche Bestimmungen beschränkt. Dabei kommt es immer wieder zu Übertretungen und die Medien berichten gerne von solchen Lebensmittelskandalen. Verbraucherorganisationen sind bestrebt, den Gesetzgeber dazu zu bringen, gesetzliche Vorschriften strenger zu fassen. Dabei können Ihnen die Konsumenten als Wähler helfen. Umgekehrt versucht die Lobby der Lebensmittelhersteller den Gesetzgeber so zu beeinflussen, dass diese Vorschriften nicht zu streng ausfallen.
Zwar hat der Verbraucher durchaus eine gewisse Macht. Seine Kaufentscheidung kann dazu beitragen, dass gesündere, auf sozial und ethisch verträglichere Weise produzierte Lebensmittel angeboten werden. Die Vielfalt des Angebots und die Vielfalt der Werbeinformationen und Berichte in den Medien über Gesundheit oder Schädlichkeit von Nahrungsmitteln ist jedoch oft schwer durchschaubar.
Qualitätsmerkmale aus Verbrauchersicht
Wenden wir uns nun noch einmal den Qualitätsmerkmalen zu, auf die ein Verbraucher bei einem Nahrungsmittel schauen könnte oder sollte.
Der Genusswert umfasst alle Eigenschaften, die man beim Essen mit den Sinnen wahrnehmen kann, also Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz, zum Beispiel die Reife einer Frucht oder die Frische eines Gemüses. Er wird aber auch von subjektiven Empfindungen bestimmt.
Der Gesundheitswert wird auch als ernährungsphysiologischer Wert bezeichnet. Er wird einerseits durch den Gehalt an Nährstoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen bestimmt, andererseits von enthaltenen gesundheitsgefährdenden oder gefährlichen Stoffen und Keimen. Die Gesundheit von Nahrungsmitteln wird besonders intensiv für die Werbung genutzt. Es wird zum Beispiel versucht, den gesundheitsbewussten Konsumenten durch Nahrungsmittel mit speziellen Zusatzstoffen zu locken (Functional Food).Für eine gesunde Zusammensetzung der Nahrung gibt es zahlreiche Empfehlungen, zum Beispiel den sogenannten Ernährungskreis.
Der Gebrauchswert ergibt sich zum Beispiel aus Haltbarkeit, Zeitaufwand für die Zubereitung und Preis. So soll etwa durch vorgefertigte Nahrungsmittel – Convenience Food – der Gebrauchswert verbessert werden, indem die Nahrungszubereitung vereinfacht wird.
Um die Qualität eines Nahrungsmittel zu beurteilen spielt außerdem seine Herstellungsweise eine wichtige Rolle. Sie hat einmal Auswirkungen auf die innere Struktur. Zum anderen sind damit ökologische und gesellschaftliche Aspekte verbunden. Dazu formulierte die Bundesverband Verbraucherzentralen (V ZB V) folgende Fragen, die sich der Konsument stellen sollte:
Wie wirkt sich mein Konsumverhalten auf Klima und Umweltschutz aus?
Wie trage ich zum Energiesparen und zur Schonung der Ressourcen bei?
Was ist fairer Handel?
Wie sind die Arbeitsbedingungen in fernen Ländern?
Früher sei es eine Kernaufgabe von Eltern und Großeltern gewesen, solches Alltagswissen an nachfolgende Generationen weiterzugeben. „Doch das funktioniert heute in der Komplexität der Märkte und der Innovationen nicht mehr“, so der VZBV. Deshalb seien die Schulen hier gefordert. Konsequent wurde im Bundesland Schleswig-Holstein das das Schulfach Verbraucherbildung eingeführt. Dies wird der Tatsache gerecht, dass der genannte Fragenkatalog Bereiche ganz verschiedener klassischer Fächer berührt.
Aber auch die Behandlung im Biologieunterricht ist zu rechtfertigen.
Die menschliche Ernährung ist eng verknüpft mit dem klassischen biologischen Thema des menschlichen Stoffwechsels und der Funktion der Verdauungsorgane.
Nahrungsmittel werden aus Pflanzen und Tieren hergestellt und dabei geht es um grundlegende biologische Sachverhalte.
Nahrungsmittelproduktion hinterlässt deutliche „ökologische Fußspuren“, sie hat großen Einfluss auf die Ökosysteme und den Naturhaushalt.
Klassische und moderne Züchtung bzw. Herstellung von Nutzpflanzen und Nutztieren fußen auf Erkenntnissen und Gesetzmäßigkeiten der Genetik und der Molekularbiologie.
Die Kritik der modernen Massentierhaltung und die Forderung nach artgerechter Tierhaltung beruht auf Kenntnissen des tierlichen Verhaltens
Einige Beispiele sollen zeigen, wie eine vertiefte Behandlung des Themas „Nahrungsmittelqualität“ aussehen könnte.
Chicken Wings und die industrielle Fleischproduktion
In früheren Zeiten –zu Zeiten von Max und Moritz – war Geflügel ein Festessen. Brathähnchen, wie sie zum Beispiel auf dem Cannstatter Volksfest in Stuttgart angeboten wurden, „Göckele“, waren etwas ganz besonderes. Ein halbes Hähnchen kostete allerdings in meiner Jugend noch mindestens fünfmal so viel wie eine Bratwurst und für das Geld konnte man sicher mit 10 Karussellen fahren.
Damals, in den 1950 er Jahren, wurden die Hühner bei uns noch in relativ kleinen Hühnerfarmen gehalten. Ein paar hundert Tiere waren schon viel.
Aber der Hunger nach dem leckeren Hühnerfleisch war groß, die Hühnerfarmen wurden größer und größer, die Angebote immer günstiger und aus dem seltenen Festtagsbraten wurde ein immer populäreres und schließlich auch immer billigeres Fleischgericht („Am Sonntag bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald“). Heute ist ein Kilo Hähnchen manchmal kaum teurer als ein Kilo Kartoffeln und oft billiger als ein Kilo Auberginen.
Ursache dieses Preisverfalls ist die industrielle Fleischproduktion. Ihre Anfänge gehen zurück bis zu den Schlachthöfen von Chicago zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die literarisch zum Beispiel einen Niederschlag fanden in den Werken von Upton Sinclair (The Jungle) und Bert Brecht (Die heilige Johanna der Schlachthöfe). Über die gegenwärtige industrielle Fleischproduktion gibt es unzählige kritische Bücher, Berichte, Videos und Dokumentationen, zum Beispiel von PETA (People for the Ethical Treatment of Animals). In Deutschland besonders skandalbelastet sind die Schweineproduktion und die Geflügelproduktion.
Für die sechs Hühner der Witwe Bolte, die ihr Leben bis zu Max und Moritz „lebensfroh im Sande scharrend“ verbringen konnten, bot sich nur das Braten am Stück an. Auch in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Hähnchen bzw. Hühner vor allem ganz gekauft und gegessen.
Mit zunehmender Industrialisierung der Hühnerfleischproduktion wurden nicht nur die Stückzahlen der gehaltenen Hühner immer größer, es gab auch eine immer weitergehende Spezialisierung in
Zuchtbetriebe für Großeltern- und Elterntiere,
Vermehrungsbetriebe zur Produktion von Bruteiern,
Brütereien,
Mästereien und schließlich
Schlachtereien, in denen die Hühner am Fließband geschlachtet und die einzelnen Hühnerteile getrennt verarbeitet werden.
Parallel mit dieser Spezialisierung (als Folge oder als Voraussetzung?) entwickelte sich die Massentierhaltung mit immer größerem Tierbesatz und allen damit zusammenhängenden Scheußlichkeiten. Die industrielle Schlachtung und Weiterverarbeitung erlaubte eine Einzelvermarktung der verschiedenen Hühnerteile.
Zunächst gewann insbesondere die schnell, einfach und ohne Abfall zuzubereitende Hähnchenbrust an Bedeutung. Hühner wurden vor allem produziert, um Hühnerbrüste zu verkaufen, sodass die Produzenten einen Überschuss an allen anderen Hühnerteilen wie Keulen und Flügeln hatten. Entsprechend preiswert mussten diese Teile verkauft werden. Da war die „Erfindung“ der Chicken Wings als Kultgericht ein besonderer Glücksfall für die Geflügelproduzenten.
Denn diese Hühnerteile gehören heute zu den beliebtesten Fast Food Gerichten, die man in Restaurants und Imbissbuden sehr preiswert serviert bekommt. Die handlichen Stücke lassen sich als Fingerfood verzehren und sie erfreuen sich vor allem bei Jugendlichen großer Beliebtheit. In Supermärkten werden sie in unterschiedlichen Varianten angeboten, schon vollständig vorgefertigt (Convenience Food) oder tiefgekühlt und schon fertig gewürzt oder auch ohne Würzung zum selber Frittieren oder Grillen.
Im Gegensatz zu vielen Gerichten der Alltagskultur haben die oft auch als „Buffalo Wings“ angebotenen Hühnerteile einen bekannten Ursprung: die Anchor Bar in Buffalo im Staat New York. Dort wurden sie erstmals am 30. Oktober 1964 serviert.
Die entscheidende Ausbreitung erfolgte in den 1990 er Jahren. Die weltweit agierenden Fast Food Ketten Pizza Hut und Domino‘s nahmen Chicken Wings in ihre Speisekarten auf. 1994 führten sie das Gericht zur American Football Saison landesweit ein. Domino‘s gab 32 Millionen US $ für Werbespots aus. Der Flügelkonsum ist seither besonders eng mit dem sogenannten Super Bowl verbunden. 2017 wurden am Super Bowl Wochenende 1,33 Milliarden Chicken Wings verzehrt.
Mittlerweile ist es deshalb so, dass die starke Nachfrage nach Hühnerflügeln ein Überangebot an anderen Teilen des Huhnes geschaffen hat. Und auch vom Flügel wird nicht alles benötigt. Die Flügelspitzen werden nach Asien, insbesondere nach China, exportiert und dort für die beliebten Geflügelsuppen verwendet.
Bei einer Qualitätsbewertung werden die Wings und die Nuggets beim Genusswert vermutlich ziemlich gut abschneiden, wegen des niedrigen Preises und der leichten Zubereitung sicherlich auch beim Gebrauchswert. Beim Gesundheitswert ist der hohe Protein- und Fettgehalt zu beachten. Ökologie, Nachhaltigkeit, Tierschutz und Arbeitsbedingungen bei der „Produktion“ werden jedoch ein sehr schlechtes Zeugnis bekommen.
Chiasamen und andere Superfoods
Chia-Samen
Seit einigen Jahren trifft man in den Supermarktregalen immer häufiger auf einen neuen Namen: „Chia“. Es gibt Chia Müsli, Chia-Brot, Chia-Öl, Chia-Mehl oder auch ganze Packungen mit Chia-Samen.
Was steckt hinter diesem Chia?
Das Wort Chia ist aus der Sprache der ursprünglich in Kalifornien lebenden Nhuatl-Indianer abgeleitet, dort bedeutet chian so viel wie ölig . Es wird für zwei meist einjährige Salbei-Arten mit öligen Samen verwendet, die von den Indianerstämmen des heutigen Kaliforniens und Mexikos zu medizinischen Zwecken und als Speisezusatz verwendet wurden. Die nun bei uns im Handel befindlichen Samen stammen von Salvia hispanica. Der wissenschaftliche Name ist nicht ganz passend, denn dieser Salbei stammt ursprünglich aus Mexiko, weshalb er auch Mexikanischer Salbei genannt wird. Aber die Spanier brachten die Pflanze nach Europa und deshalb verwendete Linné, der die Pflanze schon kannte, das nicht ganz passende Epitheton. Die Pflanzen werden bis zu 2 m hoch. Sie blühen – ähnlich wie unser Wiesen-Salbei – blau violett. Die andere bisher als Superfood weniger genutzte Chiapflanze ist Salvia columbariae (Kalifornischer Salbei), deutlich kleiner und ziemlich xeromorph, die in den Halbwüsten Kaliforniens vorkommt.
Wie bei allen Lippenblütlern werden die Samen in Schließfrüchten gebildet. Bei der Reife zerfallen diese in vier Teilfrüchte („Klausen“), die jeweils einen Samen enthalten. Bei Mayas und Azteken genossen die Salbeisamen wegen ihrer sättigenden und gesundheitsfördernden Wirkung hohes Ansehen. Sie gaben die Samen ihren Botschafter mit – ihre sättigende Wirkung sollte ihnen helfen, lange Wegstrecken zu meistern.
Chia-Samen enthalten bis zu 38 % Öl, 18-23 % Proteine und etwa 40 % Kohlenhydrate, die zum größten Teil aus quellfälligen und unverdaulichen Polysacchariden bestehen („Ballaststoffe“). Die Konzentration von B-Vitaminen (Thiamin,Niacin, Riboflavin, Folsäure) und β-Carotin (Provitamin A) ist vergleichsweise hoch. Auch der Gehalt an Antioxidantien (Tocopherole,Vitamin E) sowie ernährungsphysiologisch wichtigen Mineralstoffen ist beachtlich – dies gilt insbesondere für die Elemente Calcium, Kalium, Phosphor, Zink und Kupfer. Das Chia-Öl hat mit etwa 90 % einen besonders hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, insbesondere der dreifach ungesättigten α-Linolensäure (55%).
Um besonders gesundheitsbewusste Verbraucher zu locken, lassen sich Lebensmittelindustrie und insbesondere Naturkostläden immer wieder neue Produkte einfallen. Oft handelt es sich – wie bei Chia – um exotische Naturprodukte, die traditionell in entfernten Kulturen eine wichtige Rolle gespielt haben. Zu nennen wären zum Beispiel Quinoa (Chenopodium quinoa), Urdbohnen (Vigna mungo), Goji-Beeren (Lycium barbarum, L.chinense), Acai- (Euterpe oleracea, Kohlpalme) Moringa- Pulver (Moringa oleifera, Meerretichbaum) oder Spirulina-Pulver aus Blaugrünen Bakterien („Blaualgen“). Sie werden als Neuentdeckungen angepriesen, als Superfood, unwahrscheinlich gesund. Dies rechtfertigt einen verhältnismäßig hohen Preis und entsprechend hohe Gewinnspannen. Dabei ist unbestritten, dass solche exotischen Nahrungsmittel oft der Gesundheit förderlich sind und zum Teil sogar heilende Wirkungen haben. Aufgrund der Werbung wird der gesundheitliche Wert jedoch meist überschätzt, vor allem ist es nicht unbedingt einsichtig, warum diese neuen Nahrungsmittel traditionellen Produkten deutlich überlegen wären. Der Chia-Hipe ist dafür ein gutes Beispiel.
Das Enfant terrible der Lebensmittelchemiker, Udo Pollmer, hat im Deutschlandradio Kultur einen sehr kritischen Kommentar dazu abgegeben:
„Die Wiederentdeckung verdanken wir der Futtermittelwirtschaft, die vor 15 Jahren versuchsweise Hühner mit Chia fütterte. Als die aber Eier mit kleinerem Dotter legten, schwand das Interesse. Und was macht der kluge Händler, wenn seine Ware nicht für den Futternapf taugt? Er kippt das Vogelfutter ins Müsli und annonciert es als „Superfood“. … Dort wo die Chia heimisch ist, wird sie gewöhnlich als trübes Erfrischungsgetränk mit etwas Fruchtsaft genossen, eine unbedenkliche Zubereitung. Ihre Fähigkeit Unmengen Wasser zu binden, weckte inzwischen auch die Neugier der Lebensmittelindustrie. Mit derart potenten Quellstoffen lassen sich kalorienreduzierte Produkte herstellen, aufgrund ihrer emulgierenden Eigenschaften ersetzt der Schleim in Kuchenteigen die Eier, in Speiseeis die Sahne. Es ist nicht gerade ein Superfood, aber als Superschleim können es die Samen noch weit bringen.“
Was ist nun wirklich dran an dem Wunder-Chia? Vergleicht man die Inhaltsstoffe von Chiasamen mit traditionelleren Samen wie Leinsamen oder Sonnenblumenkernen, stellt man fest,es gibt keine entscheidenden Unterschiede bis auf vielleicht die hohe Quellfähigkeit.
Tatsächlich ist diese hohe Wasserbindungskraft der Chia-Polysaccharide nicht ganz unbedenklich. Chia Samen binden die 25 fache Gewichtsmenge Wasser. Dies kann dazu führen, dass bei der Darmpassage Flüssigkeit aus dem Gewebe gezogen wird und die aufgequollene Masse den Darm blockiert. Dazu müsste man allerdings größere Mengen zu sich nehmen und vermutlich ist das auch der Grund, warum es eine Empfehlung der Europäischen Kommission gibt täglich nicht mehr als 15 g Chia-Samen zu verzehren.
Wechselwirkungen mit Gerinnungshemmern wie Warfarin/ Coumadin®, Acetylsalicylsäure/ASS/Aspirin sind möglich.
Auch der Anbau von Chia-Samen, der sich wegen des guten Verkaufs mittlerweile in den Subtropen immer weiter ausbreitet, kann kritisch gesehen werden: Das Saatgut wird mit Pflanzenhormonen behandelt, um die Keimung der Samen zu vereinheitlichen. Zudem werden reichlich Unkrautvernichtungsmittel verwendet, auch solche, die in der EU umstritten oder sogar verboten sind. Im Vergleich zu anderen Nahrungspflanzen liefern Chia-Pflanzen einen eher geringen Ertrag. Die für den Chia-Anbau genutzten Ackerflächen können aber gleichzeitig nicht für ertragreichere nährende Lebensmittel genutzt werden – das hat negative Folgen für die Menschen im Ursprungsland des Superfood.
Auf jeden Fall gibt es kostengünstigere und gleichwertige Alternativen, zum Beispiel Leinsamen und Sonnenblumenkerne.
Bei einer Bewertung wird hier vermutlich der Genusswert relativ niedrig ausfallen, der Gesundheitswert entsprechend hoch. Allerdings müssen dabei einige Fragezeichen gemacht werden. Die Kosten sind im Vergleich zu ähnlichen herkömmlichen Nahrungsmitteln hoch, weshalb man den Gebrauchswert als relativ niedrig einstufen muss. Der politische Wert (Ökologie, Nachhaltigkeit, soziale Fragen) dürfte ebenfalls eine ziemlich schlechte Bewertung bekommen.
Frei von – Nahrungsmittel
Glutenfreie Nudeln
Wir sind in der Nudelabteilung des Supermarkts. Unendlich dehnt sich das Angebot. Da kann man nicht nur unterscheiden zwischen Bandnudeln, Hörnchen, Spiralnudeln, Muscheln, Spätzle, Spaghetti, Makkaroni, Gnocchi. Auch Teigwaren aus verschiedenen Mehlsorten wie Weizen-Weißmehl, Dinkelmehl oder Vollkornmehl, ja sogar Reismehl und Mehl aus unterschiedlichen Hülsenfrüchten werden angeboten, eine wahrhafte Nudeldiversität!
Auf einem guten Meter Regalbreite finden sich Packungen, die im Schnitt deutlich teurer sind und bei genauem Hinsehen erkennt man den Grund: da steht auf den Packungen „glutenfrei“ (GF) auf manchen ist auch das Symbol einer durchgestrichenen Weizenähre zu sehen.
Der weniger gebildete Verbraucher fragt sich, was wohl dahinter stecken mag. Wird hier die Freiheit von einem Stoff garantiert, der in den üblichen Teigwaren enthalten ist und der Gesundheit schadet und sollte man deshalb sicherheitshalber auf solche glutenfreien Produkte zurückgreifen?
Gluten oder Klebereiweiß ist ein Sammelbegriff für ein Stoffgemisch aus Proteinen, das in den Samen einiger Getreidearten vorkommt, zum Beispiel im Weizenkorn. Wenn man einen Teig aus Weizenmehl anrührt und die Stärke und alle löslichen Bestandteile mit Salzwasser herauslöst, bleibt ein zähes Gemisch aus viel Proteinen und wenig Lipiden und Kohlenhydraten übrig, das für den Zusammenhalt des Teiges verantwortlich ist. Wegen seiner klebrigen Eigenschaft wird es auch „Kleber“ genannt. Der Proteinanteil ist das Gluten, das aus verschiedenen Glutamin- und Prolin-haltigen Proteinen zusammengesetzt ist. Es hat für die Backeigenschaften des Mehls eine zentrale Bedeutung. Nur aus Mehlen mit Gluten kann Brot in Form eines Laibs gebacken werden, da nur ein solcher Teig beim Erhitzen die notwendige Gashaltefähigkeit hat. Sie ist die Voraussetzung dafür ist, dass das Gebäck durch das Gärgas Kohlenstoffdioxid aufgehen kann.
Glutengehalt von Getreidemehlen pro 100 g Mehl in g (n.Wikipedia)
Dinkel (Typ 630)
10,3
Weizen (Typ 405)
8,66
Hafer (Vollkornmehl)
5,6
Gerste (entspelzte Körner)
5,6
Hartweizen, Emmer, Einkorn, Roggen
3,2
Teff, verschiedene Hirsen, Reis, Mais
0
Pseudogetreide Quinoa, Amaranth, Buchweizen
0
Das ist der Grund, warum man aus Mais oder Hirse kein Brot, allenfalls Fladenbrote, backen kann.
Aber was ist schlecht an Gluten? Manche Menschen vertragen bestimmte der im Gluten enthaltenen Proteine nicht. Sie entwickeln dagegen eine Immun- und in der Folge auch eine Autoimmunreaktion. Sie führt zu einer pathologischen Veränderung der Dünndarmschleimhaut und in der Folge zu einer Degradation der Darmzotten. Dadurch wird die Resorptionsfähigkeit des Dünndarms wesentlich verschlechtert, mit vielen nachteiligen Folgen. Diese als Zöliakie bekannte Krankheit soll aber in Deutschland nur relativ selten (bei 0,3% der Bevölkerung) vorkommen.
Symptome für Zöliakie
Intestinale Symptome
Motilitätsstörungen, von Durchfall bis Verstopfung
Das sind relativ vielseitige und zweifellos nicht nur mit der Zöliakie verbundene Symptome. Aber Zöliakie hat eine große mediale Aufmerksamkeit erfahren und die Gefahr besteht, dass der Verbraucher sich die Selbstdiagnose Zöliakie stellt und meint, es wäre sinnvoll, nur noch glutenfreie Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Der Nahrungsmittelindustrie kommt diese Entwicklung entgegen. Sie sucht angesichts des Überangebotes ständig nach Nischen, wo noch Zuwächse erzielt werden können. Die „frei von“-Produkte haben sich dabei als sehr ergiebige Nischen erwiesen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ausgerechnet, dass glutenfreie Nahrungsmittel im Schnitt zweieinhalb mal so viel kosten wie normale.
Wichtigster Wirkstoff bei der Zöliaki ist das Gliadin. In Zusammenwirken mit dem Humanen Leucocyten-Antigensystem (HLA) weden in den Dünndarmzotten der entspre3chend empfindlichen Menschen bestimmte T-Helfezellen aktiviert, vermehrt entzündungsauslösende Botenstoffe wie Interferon und Interleukine zu bilden. Die Folge ist schließlicch eine schwere Beschädigung der Dünndarmzotten.
Mittlerweile konnte schon gentechnisch veränderter Weizen entwickelt werden, der die für Zöliakie relevanten Gluten-Proteine nicht enthält. Die meisten glutenfreien Mehle stammen bisher aber von glutenfreien Getreiden und Pseudogetreidearten wie Hirsemehl oder Amaranthmehl und einem Zusatz reiner Stärke oder z. B. auch Chiamehl , Agar, Maniokmehl oder Eiklar.
Angesichts der stürmischen Entwicklung der „frei von“ – Nahrungsmittel sollte das Thema in den Unterricht aufgenommen werden. Auch wenn die immunbiologischen Zusammenhänge vergleichsweise kompliziert sind, so ist eine didaktische Reduktion durchaus möglich, zum Beispiel auf Basis der Dünndarmabbildungen in vielen Schulbüchern.
Exkursionen in den Supermarkt
Ein wichtiges Prinzip des Biologie-Unterrichtes ist es, unmittelbare Anschauung zu ermöglichen. Dies kann z. B. durch praktische Arbeiten der Schüler und Schülerinnen im Labor oder im Freiland erreicht werden. Ein mögliches Erfahrungsfeld für unmittelbare Anschaulichkeit sind aber auch Einkaufszentren wie Verbrauchermärkte, Supermärkte usw. Dabei spielen diese Einkaufslandschaften als Aufenthaltsorte von Kindern und Jugendlichen schon lange eine wichtige Rolle. Schon vor 30 Jahren haben wir bei etwa 400 Schülerinnen und Schülern von Flensburger Haupt-, Real- und Gesamtschulen im Alter zwischen 9 und 16 Jahren eine Befragung durchgeführt. Das Ergebnis hat uns nicht sehr überrascht. Kauflandschaften sind Orte, an denen sich Schüler und Schülerinnen in ihrer Freizeit bedeutend länger und häufiger aufhalten, als dies zum Einkaufen nötig wäre. Das dürfte sich bis heute eher noch verstärkt haben. Kauflandschaften sind zu einem wichtigen Teil unserer Umwelt geworden und viele Menschen verbringen dort einen guten Teil ihrer Freizeit. Es bietet sich deshalb an, diesen Teil der Umwelt für die (biologische) Allgemeinbildung zu nutzen. Dies gilt nicht nur für Fragen von Ernährung und Stoffwechsel, aber diese Inhalte bieten sich natürlich für „Biologie im Supermarkt“ besonders an.
Für unsere drei Beispiele könnte ich mir folgende Aufgabenstellungen für Exkursionen in den Supermarkt vorstellen:
Chicken Wings
Die meisten Schüler – soweit sie nicht Veganer oder Vegetarier sind – werden Chicken Wings und Chicken Nuggets ganz gerne essen. Ein Unterricht zu dem Thema könnte so aufgebaut sein, dass die Schüler sich zunächst über das Hühnerfleischangebot in einem Supermarkt informieren, dann eine begründete Aussage darüber machen, welche Hühnerfleischprodukte sie beim Kauf bevorzugen würden und schließlich mit der Produktion von Hühnerfleisch und speziell von Chicken Wings über vorgegebene Texte oder eigene Recherchen aufgeklärt werden.
Bestandsaufnahme der angebotenen Formen von Hühnerfleisch
Preisvergleiche bezogen auf den Kilopreis von verschiedenen Hühnerfleischprodukten, Kartoffeln und Gemüsen.
Recherchen zu Hühnerfleischproduktion
Chia
Alle Produkte, die Chiasamen oder Mehl enthalten, aufspüren. Werbeaussagen auf den Packungen sammeln.
Inhaltsstoffe von Chiasamen nach Angaben auf den Verpackungen notieren und ihre Bedeutung für den menschlichen Organismus herausfinden (Recherche)
Quellvesuch mit Chiasamen
Suche nach anderen „Superfoods“ und Recherche nach Informationen über diese Lebensmittel
Vergleich von Chia-Inhaltsstoffen mit Leinsamen, Sonnenblumenkernen, Walnusskernen, Erdnüssen …
Frei von …
Nahrungsmittel, die mit „glutenfrei“ gekennzeichnet sind suchen und die Preise mit nicht glutenfreien aber sonst identischen Lebensmitteln vergleichen.
Durch Studium der Packungsaufschriften herausfinden, von welchen Pflanzen glutenfreie Mehle stammen.
Auf die Suche nach anderen „frei von“-Lebensmitteln gehen und den jeweiligen gesundheitlichen Hintergrund recherchieren
Herausfinden, ob auch Lebensmittel mit „frei von“ etikettiert werden, die den entsprechenden Stoff ohnehin nicht enthalten.
Zur Dokumentation der Recherchen können einfache Kameras (Handy) eingesetzt werden.
Weitere Themen für Exkursionen in den Supermarkt
Gerstengraupen, Haferflocken, Bulgur (aus welchen Bestandteilen besteht ein Getreidekorn und wie werden diese zu Nahrungsmitteln verarbeitet?)
Pseudogetreide (Amarant, Buchweizen, Hanf, Quinoa – wo kommen sie her, welche Vorteile könnten sie bringen?)
Pak Choi, Okra und andere exotische Gemüse und Salate
Protobiotische Nahrungsmittel und andere Functional Foods (Werbung und Wahrheit über funktionelle Zusatzstoffe ind Nahrungsmitteln)
Obstangebot und Nachhaltigkeit (Saisonalität, Herkunntsländer)
Light-Produkte (Helfen Sie wirklich beim abnehmen? Gibt es gesundheitliche Bedenken?)
Was bedeuten die E-Nummern?
Natürlich, künstlich und naturidentisch
Inhaltsangaben (die Liste der Inhaltsstoffe, die auf Verpackungen von Lebensmitteln angegeben wird, ist auf der lang. Was sind das für Stoffe, was bewirken sie, könnte man auf sie verzichten?)
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Im Sommersemester 2018 biete ich unter der Veranstaltung „Exkursion Regionale Lebensräume“ vier Exkursionen an. Drei der Exkursionsziele decken sich mit Angeboten des letzten Sommersemesters:
Eine weitere Exkursion führt uns am 3.6.2018 in das Wurzacher Ried.
Am 27.4.2018 findet von 13:00 Uhr bis 14:15 Uhr eine einführende Informationsveranstaltungim Raum NZ 1.51der PH Weingarten statt, bei der Erläuterungen zu den Exkursionszielen gegeben und mögliche Aufgaben besprochen werden.
Zusätzlich müssen die Studierenden der Veranstaltung mit einer sechsten Klasse aus dem Stuttgarter Raum, die im Juni in RV ihren Schullandheimaufenthalt verbringt, zwei Exkursionstage gestalten.
Mögliche Aktivitäten, die von Studierenden angeleitet werden
Bäume ertasten und wiedererkennen
Rindenoberflächen fühlen sich sehr unterschiedlich an
Ein Baumstamm mit seiner Borkenoberfläche wird blind ertastet. Anschließend versucht man diesen Baum offenen Auges wiederzufinden. Die unterschiedlichen Rindenstrukturen sind nicht nur arttypisch, sie unterscheiden sich auch von Baumindividuum zu Baumindividuum.
Jahresringe verraten das Baumalter
Wachstum und Alter der Bäume
Jahresringe von Bäumen geben Auskunft über ihr Alter, über gute und schlechte Jahre und über die Art ihres Wachstums. Bei jungen Bäumen kann man das Alter auch über die Art der Verzweigungen schätzen, da die Bildung von Seitenzweigen im Jahresrhythmus erfolgt. Die Abfolge von Jahresringen gibt – wenn man einen ausreichend langen Zeitraum von Jahren betrachtet – eine einmalige Sequenz. An der Universität Innsbruck hat man eine solche ununterbrochene Sequenz von Jahresringen für einen Zeitraum von über 10.000 Jahren festlegen können. Auf diese Weise lassen sich alte Hölzer sowohl aus Bauwerken als zum Beispiel auch aus Gletschernauf das Jahr genau datieren (Dendrochronologie).
Baumberechnung
In der Biomasse ist Kohlenstoff gespeichert, der aus dem Kohlenstoffdioxid der Luft stammt. Aus dem Volumen eines Baumstamms lassen sich Rückschlüsse auf den Wald als Kohlenstoffspeicher ziehen.
Baumarten zählen
Linientransekt zum Bäume zählen
In einem Waldstück wird die Häufigkeit verschiedener Baumarten durch Linientransekte ermittelt und grafisch dargestellt. Anschließend werden Überlegungen zu den ökologischen Ansprüchen der Baumarten und ihre forstliche Nutzung angestellt.
Mein Kraut in der Suppe – essbare Wildpflanzen
Wer Kräuter sammelt, um sie anschließend zu essen, setzt die uralte Tradition der Sammler und Jäger fort. Dieses Sammeln von Wildkräutern für den Suppenkopf kann dabei helfen, Pflanzenarten kennen und schätzen zu lernen.
Krautvegetation im Wald – Zeigerwerte und ökologische Gruppen
Aus der Artenzusammensetzung der Krautschicht eines Waldes lassen sich wichtige ökologische Rückschlüsse ziehen. Dabei helfen „Ökologische Zeigerwerte“ und „Ökologische Gruppen der Waldbodenpflanzen“.
Häufigkeit der Waldbodenpflanzen
Leben im Wassergraben
Stechmücken
Beobachtung mit Löffel und Lupe
Typisch für die Jungmoräne am Rande des Schussenbeckens sind Mergelschichten, die zu staunassen Bereichen und Quellhorizonten führen. Die wegbegleitenden Gräben sind deshalb oft bis in den Sommer mit Wasser gefüllt und Lebensraum für verschiedene typische Tümpelbewohner wie Grasfröschen, Molchen und Wasserinsekten.
1 Bäume ertasten, 2 Wachstum und Alter von Bäumen, 3 Baumberechnung (Volumen, Masse, Kohlenstoffgehalt), 4 Essbare Wildkräuter, 5 Krautschicht und Zeigerwerte der Pflanzen, 6 Bestimmung von Bäumen und Sträuchern nach Blattmerkmalen
Wurzacher Ried (So, 3.06.2018)
Treffpunkt: 9:00h, Wohnmobilparkplatz Bad Wurzach
Thematische Schwerpunkte: Hochmoor und Niedermoor, Moorregeneration, Landschaftsgeschichte, Reptilien und Amphibien im Moor
Entstehung des Wurzacher Rieds
Das Wurzacher Ried nördlich der Gemeinde Bad Wurzach ist mit etwa 18 km2 eines der größten Naturschutzgebiete Süddeutschlands. Mit etwa 6 km2 enthält es die größte noch intakte Hochmoorfläche Mitteleuropas.
Das Becken des Wurzacher Rieds wurde schon in der vorletzten bzw, vorvorletzen Kaltzeit angelegt. Während des Riss-Glazials wurde ein tiefes Gletscherzungenbecken gebildet. In der letzten Vereisung, dem Würm-Glazial, kam der Rheingletscher noch vor diesem Becken zum Stehen. Durch seine Endmöräne wurde ein Endmöränen-Stausee gebildet, dessen allmähliche Verlandung das Wurzacher Ried entstehen ließ. In einer Animation des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried wird die komplexe Entstehungsgeschichte relativ gut vermittelt.
Entwicklung zum Wurzacher Ried seit der letzten Vereisung vor ca. 12 000 Jahren (nach Karl Bertsch, 1947)
Feuchtgebiete
Moore
Moore entstehenauf Wasser durchdrängten Böden, in denen die anfallenden Pflanzenreste wegen Sauerstoffmangels nur sehr langsam abgebaut werden. Da die Produktion organischer Substanz schneller erfolgt als ihre Reminalisierung, kommt es zur Ansammlung mehr oder weniger mächtiger, mineralstoffarmer Humussubstanz („Torf„). Geologisch werden Moore definiert als Böden mit einer mindestens 30 cm dicken Torfschicht, deren Gehalt an brennbarer organischer Substanz 30 % übersteigt.
Vegetationskundlich werden Moore aufgrund ihrer ökologischen Bedingungen und der davon abhängigen Vegetation definiert und unterteilt:
Flachmoore entstehen an den tiefsten Stellen des Reliefs, wo Quellwasser auftritt, oder aus den Verlandungstadien stehender Gewässer. Sie sind vom Grundwasserstand abhängig und daher auf kein bestimmtes Klima angewiesen. Je nach Qualität des Wassers und des Mineraluntergrunds können sie mehr oder weniger nährsalz- und basenreich sein. Unter ariden Bedingungen entstehen Salzsümpfe.
Hochmoore sind vom Grundwasser unabhängig und allein auf den atmosphärischen Niederschlag angewiesen („ombrogen“). Sie sind charakteristisch für feuchtes, gemäßigte Klima mit hohen Niederschlägen (in Mitteleuropa über 600 mm pro Jahr) und geringer Verdunstung. Sie entstehen wenn sich auf nassem Untergrund Torfmoose (Gattung Sphagnum) ansiedeln. Diese können aufgrund ihres anatomischen Baus das bis zu 20fache ihres Eigengewichtes an Wasser speichern. Außerdem gestattet ihnen ein besonderer Ionen-Austausch-Mechanismus, selbst aus extrem mineralstoffarmem Wasser die wenigen Kationen im Austausch gegen H+,-Ionen herauszufangen. Dadurch wird das Wasser angesäuert (bis zu < pH 4). Die meisten Konkurrenten werden damit ausgeschaltet. Die Torfmoospolster wachsen immer höher, wobei die unteren Teile absterben und allmählich zu Torf werden. In den abgestorbenen Moosen hält sich das Regenwasser wie in einem Schwamm. So können wassergesättigte Torfschilde entstehen, die sich uhrglasförmig mehrere Meter über das Relief erheben, daher der Name Hochmoor. Aus den Rändern sickert saures, nährstoffarmes Wasser und sammelt sich im sogenannten Randsumpf (Lagg).
Flachmoore können sich zu Hochmooren entwickeln. Das Zwischenstadium wird Zwischenmoor oder Übergangsmoor genannt
Typische Gehölze der Hochmoore sind Zwergsträucher aus der Familie der Heidekrautgewächse. In natürlichen Hochmooren sind sie auf die höchsten Stellen sowie trockenere Randbereiche konzentriert, in teilweise trockengelegten Mooren können sie zur Vorherrschaft gelangen. Dank der Symbiose mit Mykorrhizapilzen und anderen Anpassungen können sie auch noch auf ärmsten Torfböden gedeihen, wobei sie nur langsam wachsen.unter unseren Klimabedingungen beträgt das Torfwachstum etwa 1 cm in 100 Jahren.
Schematische Darstellung eines Hochmoors (W.Probst)
Feuchtgebiete auf Mineralboden
Feuchtgebiete, die nicht auf torfigem Untergrund stocken, sind zum Beispiel die Auen entlang von Flussläufen, oft auch die Uferbereiche von stehenden Gewässern. Da in solchen Gebieten der Wasserstand stark schwankt, kommt es immer wieder zu Perioden mit guter Sauerstoffversorgung, in denen die organischen Abfallstoffe vollständig abgebaut werden können. Entlang von Flussläufen kommt es zur Ausbildung von Auwäldern, häufiger überschwemmt sind die Weichholzauen mit Weiden, Pappeln und Erlen, etwas höher liegen die Hartholzauen mit Eschen, Ulmen und Eichen. An flachen Seeufern können ausgedehnte Schilfbestände auftreten.
Die in Oberschwaben häufige Bezeichnung „Ried“ sagt nichts über den Untergrund aus. Das Eriskircher Ried zum Beispiel stockt auf Mineralboden, im Wurzacher Ried besteht der Untergrund weitgehend aus Torf.
Überblick über die Bezeichnungen von Feuchtgebieten (W.Probst)
Kreuzottern
Kreuzotter (Vipera berus)
Die Kreuzotter ist eine an kaltgemäßigtes Klima angepasste Viper, die einzige, die auch nördlich des Polarkreises angetroffen werden kann. In Deutschland kommt sie vor allem in den Heidegebieten der norddeutschen Tiefebene und in den Mittelgebirgen vor, in Oberschwaben sind Moore und feuchte Niederungen bevorzugte Siedlungsräume. Wegen der Bedrohung ihrer Lebensräume gilt die Art in Mitteleuropa als gefährdet und steht in Deutschland unter Naturschutz. Im Wurzacher Ried lebt eine stabile Population von Kreuzottern und wir hoffen, unter fachkundiger Führung durch den Amphibien- und Reptilienkenner Dominik Hauser Kreuzottern beobachten zu können.
Mögliche Aktivitäten, die von Studierenden angeleitet werden
Wasserspeichervermögen von Torfmoosen
Torfmoose sind so konstruiert, dass sie Wasser wie ein Schwamm speichern können. Das Wasserspeichervermögen lässt sich auch im Gelände leicht messen.
Torfmoose als Wasserspeicher
Messung des Wasserspeichervermögens von Torfmoosen
Messungen des pH-Wertes im Hochmoor und im Flachmoor
Der pH-Wert gibt die Wasserstoffionenkonzentration (von lat. potentia Hydrogenii) in einer wässrigen Lösung an, und zwar als negativen dekadischen Logarithmus der Konzentration in Mol pro Liter. Kleine Werte bedeuten also eine hohe Konzentration an Wasserstoff- (H+), genauer gesagt an Oxoniumionen (H3O+), und d. h. „starke Säure“. Auf Wasserorganismen hat der Säuregrad einen erheblichen Einfluss.
Umwelt im Umschlag
Eine gezielte Suche nach unterschiedlichen Naturobjekten schult die Beobachtungsfähigkeit und führt oft zu überraschenden Entdeckungen.
Gang durch die Baumkronen
Mithilfe eines Spiegels kann man sich die Baumkronen ins Blickfeld holen. Sie sind nicht nur die wichtigsten Orte der Stoffproduktion durch Photosynthese, sie sind auch entscheidend für den Stoffaustausch mit der Atmosphäre. Die Wasserverdunstung an den Blattoberflächen ist der Motor für den aufsteigenden Strom von Wasser und Mineralstoffen durch die Leitungsbahnen der Bäume.
„Grünt die Eiche vor der Esche, gibt’s im Sommer große Wäsche“ (Bauernregel)
1 Dank Dominik Hauser konnten wir je ein Exemplar einer schwarzen Form und einer gewürfelten Form der Kreuzotter beobachten. An verschiedenen Weidenarten des Waldrandes waren zahlreiche Schaumflocken der Weiden-Schaumzikade (Aphrophora salicina) zu beobachten.
2 An einem Moorgraben, dem wir mehrere 100 m entlang gingen, flogen zahlreiche Blauflügel-Prachtjungfern (Calopteryx virgo), im Wasser blühten Gelbe Teichrosen, häufigste Sumpfpflanze war die Aufrechte Berle, ein Doldenblütler mit langen Fiederblättern, an einigen Stellen standen Brunnenkresse und der sehr giftige Wasserschierling. Das Wasser im Moorgraben hatte einen pH-Wert von etwa 6,5.
3 An dieser Stelle ist am Ende eines Bohnenweges eine Plattform aufgebaut, von der man einen Blick auf die Hochmoorfläche des östlichen Wurzacher Rieds hat (Alberser Ried). Wir rekapitulieren die Entstehung eines Hochmoores und speziell die Geschichte des Wurzacher Rieds. Dann versuchen wir mit Erfolg, einige typische Hochmoorpflanzen zu finden (Moosbeere, Rosmarinheide, Rundblättriger Sonnentau, Torfmoose). Durch einen Auspressversuch konnten wir nachweisen, dass aus 680 g frisch entnommenem Torfmoos 250 g Wasser gepresst werden konnten. Das ausgepresste Wasser hatte einen pH-Wert von etwa 5.
4 Mittagspause
Suche nach eingeschmuggelten und vertauschten Gegenständen.
5 Hier führten wir die Übung „Umwelt im Umschlag“ durch. Eigentlich war auch die „Wanderung durch die Baumwipfel“ geplant, aber das Gebiet schien uns wegen fehlender, gut ausgebildeten Baumkronen nicht so geeignet. Wir hoffen, die Übung am 7. Juli im Pfrunger-Burgweiler Ried nachholen zu können.
Raupe der Zwetschgen-Gespinstmotte, 3.6.2018
An dem Standort wuchs ein mehrstämmiger, völlig kahl gefressener Baum, an dessen Zweigen man noch Reste von Gespinstmotten erkennen konnte. Ein dick eingesponnener Klumpen mit Motten hatte sich an einer darunter stehenden kleinen Fichte etabliert. Nach einigem Rätselraten konnten wir das Gehölz als Traubenkirsche identifizieren. Wir stellten fest, dass noch viele weitere Traubenkirschen aller Größen von den Zwetschgen-Gespinstmotten (Yponomeuta padella) befallen waren, allerdings nicht so stark.
Thematische Schwerpunkte: Die Rotach als drittgrößter Zufluss des östlichen Bodensees, Ökologie von Fließgewässern, Messung einiger abiotische Faktoren, biotische Faktoren: Wassertiere und Uferpflanzen, Gefährdung und Schutz von Bächen, Renaturierungsmaßnahmen:
Nach der Mittagspause fahren wir zum Wanderparkplatz bei Unterteuringen (Richtung Modellfliegerplatz)
Thematische Schwerpunkte: Landschaftsgeschichte, Landschaftpflege und Naturschutz mit Heckrindern, Gräser, Vegetationsaufnahmen in einer Wiese, Bedeutung von Saumbiotopen in der Agrarlandschaft.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten.
Pfrunger-Burgweiler Ried, auf dem Weg zum Fünfeckweiher
Nach einer Führung durch das Naturschutzzentrum werden wir uns – vorausgesetzt das Wetter ist günstig – auf der Blumenwiese bei dem Naturschutzzentrum mit Insekten beschäftigen (Fang und Bestimmung der Gruppenzugehörigkeit).
Didaktisch begründete Grobeinteilung der geflügelten Insekten nach Kattmann (Fotos W.Probst)
Am Nachmittag wird uns Frau Ackermann, Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, auf einer Wanderung durch das Naturschutzgebiet Planungen, Ziele und Konzepte des Naturschutzmanagements im Pfrunger-Burgweiler Ried erläutern.
Literaturempfehlungen
Bestimmungsbücher
Pflanzen:
Bergau, M./ Müller, H./Probst, W./Schäfer, B. (2001): Pflanzen-Bestimmungsbuch. Streifzüge durch Dorf und Stadt. Stuttgart: Klett (21,00€)
Fitter, R./Fitter, A./Blamey: Pareys Blumenbuch. 2.Aufl. 1986 beim Parey-Verlag, Neuauflage 2007 bei Franckh-Kosmos (preislich sehr unterschiedliche Angebote im Internet)
Kammer, P. M. (2016): Pflanzen einfach bestimmen. Bern: Haupt (29,90€)
Probst, W./Martensen, H.-O. (2004): Illustriert Flora von Deutschland. Bestimmungsschlüssel mit 2500 Zeichnungen. Stuttgart: Ulmer (Systematik nicht auf den neuesten Stand, 9,99€)
Tiere
Bergau, M./ Müller, H./Probst, W./Schäfer, B. (2004): Tiere-Bestimmungsbuch. Streifzüge durch Dorf und Stadt. Stuttgart: Klett (21,00€)
Brauns, A. (3. A., 1976): Taschenbuch der Waldinsekten. Grundriß einer terrestrischen Bestandes- und Standort-Entomologie. Band I: Systematik und Ökologie.-Band II:Ökologische Freiland-Differentialdiagnose – Bildteil. Stuttgart: G. Fischer. Einbändige 4. Aufl. 1991, Berlin-Heidelberg, Spektrum (bei Amazon ab 6,89)
Chinery, M.: Pareys Buch der Insekten. Hamburg und Berlin: Parey letzte Aufl. 2004, bei Franckh-Kosmos 2012 (62,89€)
Haymann, P. (1985): Vögel. Bern: Hallwag (bei ZVAB gebraucht ab 4,53€)
Kelle, A./Sturm, H, (1984): Tiere leicht bestimmt: Bestimmungsbuch einheimischer Tiere, ihrer Spuren und Stimmen. Bonn: Dümmler (bei Amazon ab 1,79€)
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere. Stuttgart: Klett (26,00€)
Tierspuren
Bang, P./Dahlström, P. (2000): Bestimmungsbuch Tierspuren. München: BLV (19,99€)
Bellmann, H. (2.A. 2017): Geheimnisvolle Pflanzengallen: Ein Bestimmungsbuch für Pflanzen- und Insektenfreunde. Wiebelsheim: Quelle und Meyer
Bezzel, E. (2014):Vogelfedern: Federn heimischer Arten nach Farben bestimmen. München: BLV (12,99€)
Brown, R./Ferguson, J./LawrenceM,/Lees, D. (2005): Federn, Spuren und Zeichen der Vögel Europas: Ein Feldführer. Wiesbaden: Aula (vergriffen)
Kriebel, H.-J. (2.A. 2007): Wie lerne ich Spurenlesen?: Ein praktischer Ratgeber zur Wiederentdeckung einer alten Kunst. Books on Demand (14,90€)
Wissenschaftliche Bestimmungbücher mit dichotomen Schlüsseln
Gefäßpflanzen
Jäger, E. J. (Hrsg.) (2017): Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband, 21. A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (39,99 €, ebook 29,99 €) – zu dem Werk gibt es einen Atlasband (37, 99 €, ebook 26,99 €) mit sehr guten Strichzeichnungen von ca. 3000 Pflanzenarten,auf denen die Differenzialmerkmale besonders hervorgehoben sind –
Oberdorfer, E. (2001): Pflanzensoziologische Exkursionsflora: Für Deutschland und angrenzende Gebiete, 8. A., Stuttgart: Ulmer (19,90 €)
Parolly, G./Rohwer, J.G. (Hrsg.) (2016): SCHMEIL-FITSCHEN Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder, 96. A., Wiebelsheim: Quelle und Meyer (39,95 €)
Moose
Frahm, J.-P./Frey, W. (2004): Moosflora, 4. A., Stuttgart: Ulmer (UTB 1250)
Tiere
Schaefer, M. (2016): Brohmer – Fauna von Deutschland: Ein Bestimmungsbuch unserer heimischen Tierwelt, 24. A., Wiebelsheim: Quelle und Meyer (39,95 €)
Klausnitzer, B. (2018): Stresemann – Exkursionsfauna von Deutschland. Band 1: Wirbellose (ohne Insekten), 9.A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (49,99 €)
Klausnitzer, B./Stresemann, E. (2011): Stresemann – Exkursionsfauna von Deutschland, Band 2: Wirbellose: Insekten, 11.A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (74,99 €)
Senglaub, K. (2013): Exkursionsfauna von Deutschland, Band 3: Wirbeltiere, 12. A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (49,99 €)
Literatur zum Thema Baum und Wald
Bartsch, Norbert/ Röhrig, Ernst (2016): Waldökologie – Einführung für Mitteleuropa. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Braune, W./Leman, A./Taubert, H. (9.A, 2007): Pflanzenanatomisches Praktikum I: Zur Einführung in die Anatomie der Vegetationsorgane der Samenpflanzen. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Dylla, Klaus/Krätzner, Günter (1977): Das biologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald. Biologische Arbeitsbücher 9, Quelle und Meyer, Heidelberg/Wiesbaden. Folgeauflagen: Das ökologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald (4.A.1986); Lebensgemeinschaft Wald (1998)
Ellenberg, H./Leuschner, C. (6. erweiterte A, 2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Stuttgart: Ulmer
Hofmeister, H. (1990): Lebensraum Wald. Hamburg: Parey
Küster, Hansjörg (3. A. 2013): Geschichte des Waldes – Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck
Wohlleben, Peter (2013): Der Wald – ein Nachruf. Wie der Wald funktioniert, warum wir ihn brauchen und wie wir ihn retten können – ein Förster erklärt. München: Ludwig (vom Autor gibt es zahlreiche weitere Bücher zum Thema Wald und Baum)
Literatur zum Thema Fließgewässer
Baur, Werner H. (1997): Gewässergüte bestimmen und beurteilen. Blackwell-Wissenschaftsverlag
Brehm, J./Meijering, M. P. D. (3. A.1996): Fließgewässerkunde – Einführung in die Ökologie der Quellen, Bäche und Flüsse. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Engelhardt, Wolfgang (17. A.; 2015): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Stuttgart: Kosmos-Franckh
Fey, Michael, J. (1996): Biologie am Bach – Praktische Limnologie für Schule und Naturschutz. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Graw, Martina (2001):Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz Bd.64.
Klee, Otto (2. A. 1993): Wasseruntersuchungen – Einfache Analysenmethoden und Beurteilungskriterien. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Mischke, Ute/Behrendt, Horst (2007): Handbuch zum Bewertungsverfahren von Fließgewässern mittels Phytoplankton zur Umsetzung der EU-WRRL in Deutschland. Stuttgart: Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung
Sandrock, F. (Hrsg.,1981): Fließgewässer. – Unterricht Biologie, H. 59
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere – Ein ökologisches Bestimmungsbuch . Stuttgart: Klett Schulbuchverlag
Schulbiologiezentrum Hannover: Gewässergütebestimmung nach Tieren (Formblatt)
Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.): Naturbegegnung auf Wiese, Weide, Rasen. Schneverdingen 1996
Balzer, K., Holtei, C. (2013): Die Wiese: Ein Zoom-Bilderbuch. Weinheim: Beltz und Gelberg
Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.) (2005): Gräser und Grasland: Biologie – Nutzung – Entwicklung. Rundgespräch am 10. Oktober 2005. München: Friedrich Pfeil
Bertsch, K.: Die Wiese als Lebensgemeinschaft. Otto Maier, Ravensburg 1951
Bunzel-Drüke, M. u. a. (2009) : „Wilde Weiden“ – Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung. Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz e. V., 2. A., Bad Sassendorf-Lohne
Dierschke, H., Briemle, G. (2002): Kulturgrasland. Stuttgart: Ulmer
Horstmann, D. (2002): Ökologische Untersuchungen im Grünland. Ein fächerübergreifendes Unterrichtsprojekt. PdN Biologie 49 (5): 1-22
Hutter, C. P./Briemle, G./Fink, C. (2002): Wiesen, Weiden und anderes Grünland. Biotope erkennen, bestimmen, schützen. 2. A., Hirzel, Stuttgart
Jaitner, C. (2012): Wiesenblumen: Sehen und verstehen. Innsbruck: Kompass-Naturführer
Jedicke, E. (1986): Blumenwiese oder Rasen? Stuttgart: Franckh- Kosmos
Jaun, A., Joss, S. (2011): Auf der Wiese. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern: Haupt
Kremer, B. P. (2016): Die Wiese. Darmstadt: Thiess
Kremer, B. P. (1991): Wiesenblumen kennen lernen, erleben, schützen. München: Gräfe und Unzer
Poschold, P.(2015): Geschichte der Kulturlandschaft. Entstehungsursachen und Steuerungsfaktoren der Entwicklung der Kulturlandschaft, Lebensraum- und Artenvielfalt in Mitteleuropa. Stuttgart: Ulmer
Literatur zum Thema Landschaftsgeschichte/Oberschwaben
Eberle, J./Eitel, B./Blümel, W. D./Wittmann, P. (2007): Deutschlands Süden vom Erdmittelalter zur Gegenwart. Berlin/Heidelberg: Spektrum (39,99€)
Geyer, M./Nitsch, E. (2011): Geologie von Baden-Württemberg. Stuttgart: Schweizerbart (68€)
Hantke, R. (1991): Landschaftsgeschichte der Schweiz. Thun: ecomed (gebraucht ab 15€)
Ott, S. (Hrsg.,2.A. 1972): Oberschwaben – Gesicht einer Landschaft. Ravensburg: Otto Maier (booklooker 10,80€)
Keller, O. (2014): Erwägungen zur Korrelation mittelpleistozäner Relikte des Rheingletschers mit der Nordschweizer Stratigraphie. – E&G Quaternary Science Journal, 63 (1): 19–43. DOI: 10.3285/eg.63.1.02
Seyfried, H., Simon, T., Beckenbach, E., Müller, T. (2019): Der Südwesten im digitalen Geländemodell.Sonderbänd der Ges.f.Naturkunde in Württ., Bd. 4. Neustadt a.d. Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt
Zier, L. (2.A. 1998): Das Pfrunger Ried – Entstehung und Ökologie eines oberschwäbischen Feuchtgebietes. Stuttgart: Schwäbischer Heimatbund
Treffpunkt: Wanderparkplatz bei Appenweiler (entspricht 2016)
Thematische Schwerpunkte: Lebensform Baum, ökologische Ansprüche von Waldbäumen, verschiedene Waldgesellschaften, Lebensformen und Überwinterung von Pflanzen, Lebensraum Wassergraben
Bäume
Das Lebewesen Baum
Wenn man eine Pflanze als „Baum“ bezeichnet, meint man damit eine bestimmte Lebensform. Sie hat nichts zu tun mit der verwandtschaftlichen bzw. systematischen Zugehörigkeit der Pflanzenart, wenngleich es bestimmte Familien gibt, bei denen besonders viele Arten der Lebensform „Baum“ angehören. In unserer heimischen Flora sind dies zum Beispiel alle Vertreter der Familie Buchengewächse (Fagaceae).
Bäume sind Gehölze, das heißt, ein wesentlicher Teil ihrer Gewebe besteht aus Zellen mit verholzten Zellwänden, also Wänden, in die zwischen Cellulose und Hemicellulosen Lignin eingelagert ist. Dies bedeutet einen enormen Stabitlitätszuwachs. Diese Stabilität erlaubt den Bäumen sehr hoch zu wachsen – manche über 100 m –, und sehr alt zu werden – über 1000 Jahre, selten bis 5000 Jahre.
Beim Wachstum der Bäume unterscheidet man Spitzenwachstum und Dickenwachstum der Sprossachsen. Wenn das Bildungsgewebe an der Sprossspitze das einzige Bildungsgewebe ist, ist es auch für die endgültige Dicke der Sprossachse verantwortlich. Beispiele für solches auschließlich primäres Dickenwachstum sind Grashalme und Palmenstämme. Beim sekundären Dickenwachstum gibt es neben dem Bildungsgewebe an der Sprossspitze ein sekundäres Bildungsgewebe, das einen Zylinder in der Sprossachse bildet und nach außen und innen Zellen abgibt. Alle Stämme, Äste, Zweige und Wurzeln können dadurch immer dicker werden.
Bei lang anhaltenden Dickenwachstum kommen die außerhalb des Meristemzylinders liegenden Gewebe mit dem Wachstum nicht nach und reißen auf. Bäume haben verschiedene Wege eingeschlagen, um ihre Stämme und Äste durch Schutzschichten nach außen zu sichern. Primär werden junge Zweige durch eine Epidermis, eine Schicht dicht aneinanderliegender Zellen, abgeschlossen. Sekundär bildet sich in darunter liegenden Rindenschichten eine Schicht aus verkorkten Zellen (Periderm).
Wenn diese Schicht ständig aus einem eigenen Bildungsgewebe, dem Phellogen, weiterwächst, bildet sich eine glatte Rinde, wie sie für Buchen typisch ist. In den meisten Fällen wird jedoch die äußere Peridermschicht bei weiterem Dickenwachstum wieder geprengt und es bilden sich in tieferen Rindenschichten immer wieder neue Korkkambien und neue Periderme. Die abgestorbenen äußeren Schichten werden Borke genannt. Je nach Anlage der Phellogene unterscheidet man Schuppenborke (häufigster Fall), Netzborke oder Ringelborke.
Bäume berechnen
Einfache Ermittlung der Höhe: Am einfachsten lässt sich die Baumhöhe mit einem Stock in Armlänge ermitteln . Ebenso einfach ist das Umklappverfahren: der Baumwipfel wird über den lang gestreckten Arm mit einem Stock angepeilt. Die Länge des Stocks ist im Prinzip beliebig. Dann dreht man den Stock in die Horizontale und lässt einen Helfer vom Fuß des Baumes senkrecht zur eigenen Blickrichtung so weit gehen, bis er mit dem Ende des Stocks in Linie ist. Die Entfernung Beobachter-Baum ist dann die Baumhöhe. Mittlerweile gibt es auch Baumhöhenmesser als Apps.
Das Volumen eines Baumstammes hängt von seinem Umfang und seiner Höhe ab. Ein Zylinder hat das Volumen Grundfläche mal Höhe, ein Kegel das Volumen 1/3 Grundfläche mal Höhe. Für Bäume in einem Hochwald unserer Breiten kann man nährungsweise die Volumenformel V = ABh · h annehmen. ABh ist dabei die Querschnittsfläche in Brusthöhe (1,3 m).
Die Querschnittsfläche A eines Baumes steht in direkter Beziehung zu seinem Durchmesser d und dieser zu seinem Umfang u:
u = π·d; d =u/π ; A = πr2 = πd2 /4 = u2/4π
Daraus ergibt sich für das Volumen
V = u2 h/8π
Da 8π etwa 25 ist, gilt für einen Baum von 25 m Höhe die einfache Bezeihung
V = u2 (für u in m und V in m3)
Für jeden Meter, den ein Baum höher oder niedriger als 25 m ist, muss man 3% des Volumens zufügen oder abziehen. Förster arbeiten stattdessen mit der sog. „Försterformel“:
V = d2/1000 ( für d in cm und V in m3)
Vom Volumen zur Masse und zum gebundenen CO2
Die Holzmasse ergibt sich aus Volumen und Dichte.
Baumart
Fichte
Kiefer
Buche
Eiche
Esche
Dichte in g/cm3 bzw. t/m3
0,47
0,52
0,69
0,67
0,69
Die Hälfte der Holzmasse entspricht etwa der Masse des enthaltenen Kohlenstoffs. 1 t C entspricht 3,67 t CO2
Götterbaume
Zu Bäumen gehören die ältesten und die größten Lebewesen und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass ihnen etwas Numinöses anhaftet. Götter haben ihre Bäume: Stein-Eiche: Zeus, Ölbaum: Athene, Lorbeer Apoll, Myrte: Aphrodite; Stiel-Eiche: Thor, Hänge-Birke: Freya, Hollunder: Frau Holle = Frigg (germanische Muttergöttin),Ygdrasil = Weltenesche der Germanen. Auch bei den Kelten schrieb man Bäumen Übernatürliches zu. Aus solchen keltischen Wurzeln wurde in neuerer Zeit ein Baumhoroskop entwickelt, das auch als „Keltischer Baumkreis“ bekannt ist. Grundlage ist dr sog. Keltische Baumkalender, der jedem Datum eine Baumart zuordnet. Ähnlich wie bei den astrologischen Tierkreiszeichen wird versucht, jedem Baum bestimmte Menscheneigenschaften zuzuordnen (Apfelbaum = die Liebe, Hasel = das Außergewöhnliche usw.). Der deutsche Name „Götterbaum“ wurde übrigens dem ursprünglich ostasiatischen Baum Ailanthus altissima gegeben, der 1740 nach Europa eingeführt wurde und sich heute – vor allem in Städten – als Neophyt stark ausgebreitet hat. Der Name soll daher kommen, dass er seine Äste weit in den Himmel reckt – aber welcher Baum tut das nicht?
Kletterbäume
Auch für Kinder und Jugendliche haben Bäume einen besonderen Reiz, vor allem, weil man auf Bäume klettern und Baumhäuser bauen kann (konnte??), weil man auf gefällten Baumstämmen balancieren und wippen kann und weil man aus Baumrinde Boote schnitzen kann. Man kann also davon ausgehen, dass man mit dem Thema Baum bei SchülerInnen – mindestens im Vergleich zu anderen botanischen Themen – ganz gut ankommen kann. Einige Möglichkeiten: Bäume ertasten, Bäume vermessen und berechnen, Borken- bzw. Rindenabdrucke herstellen, Stoffkreislauf nachreisen, Alter bestimmen, Totholz und tote Bäume untersuchen.
Wälder
Was sind Wälder
Die Vegetation prägt das Aussehen einer Landschaft, ihre Physiognomie. Grob kann man unterscheiden zwischen Wäldern, Gebüschen, Zwergstrauchbeständen, Grasländern und anderen krautigen Vegetationsformen (Steppen, Prärien).
Einer der ersten, der versucht hat, die Vegetation der Erde nach ihren Lebensformen, also ihrem Aussehen, in Vegetationstypen einzuteilen, war Alexander von Humboldt (1801-1803: Ideen zu einer Geographie der Pflanzen)
Als „Wälder“ bezeichnet man Pflanzengesellschaften, die durch mehr oder weniger dicht stehende Holzgewächse – Bäume – ausgezeichnet sind. Für die weitere Untergliederung spielt eine Rolle, ob es sich um laubwerfende oder immergrüne Wälder handelt und wie dicht die Bäume stehen (Begriff des Offenwaldes, Savannen als Übergänge zu Grasländern). Die Nutzung der Wälder durch den Menschen hat in vielen Gebieten der Erde zu einer sehr starken Veränderung der ursprünglichen Waldvegetation (der Urwälder) geführt. Oft sind im Laufe der jahrtausendelangen Nutzung Wälder sogar vollständig verschwunden (Libanon, Vorderer Orient). Auch in Mitteleuropa hat die unregulierte Waldnutzung im Mittelalter zu einer sehr starken Degradation der Wälder geführt. Als Reaktion begann man im Im 18. Jahrhundert mit der gezielten, auf dauerhaften Ertrag angelegten Forstwirtschaft. In diesem Zusammenhang wurde von Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptman des Erzgebirges, 1713 zum ersten Mal der Begriff der Nachhaltigkeit verwendet. Er besagt, dass man dem Wald nicht mehr Holzmasse entnehmen soll als gleichzeitig nachwächst. Heute wird dieser Begriff auf den ganzen Bioplaneten Erde angewendet.
Mitteleuropas Wälder
Wälder gibt es auf der Erde schon seit mehr als 350 Mill.J. Hier soll aber nur auf die jüngste Erdegschichte eingegangen werden, in der die mitteleuropäischen Wälder entstanden sind.
Sie liegen in dem Laubwaldgürtel der gemäßigten Zone, der sich von Nordamerika über Europa bis nach Ostasien erstreckt. Das Besondere der zentraleuropäischen Wälder ist, dass sie erdgeschichtlich sehr jung sind. In den Kälteperioden des Pleistozäns war Mitteleuropa eine waldfreie, von Tundra oder Gletschern bedeckte Landschaft. Erst nach dem Rückzug der Gletscher vor etwa 12.000 Jahren konnte sich Mitteleuropa langsam wieder bewalden. Der Vergleich mit den entsprechenden Waldgesellschaften Nordamerikas und Ostasiens zeigt, dass dort etwa zehnmal soviele Gehölzarten vorkommen wie in Mitteleuropa. Man kann also davon ausgehen, dass der Wiederbewaldungsprozess hier noch längst nicht abgeschlossen wäre. Allerdings wurde die natürliche Sukzession durch das Auftreten des Menschen zunächst stark beeinflusst und schließlich durch die Forstwirtschaft ganz beendet. Die heutige Zusammensetzung unserer Waldgesellschaften hat zwar durchaus etwas zu tun mit den natürlichen Gegebenheiten und den Umweltfaktoren, sie wird aber entscheidend bestimmt von forstlichen Maßnahmen wie Umtriebszeiten, Aufforstungsmaßnahmen usw.
Auch in der erdgeschichtlich gesehen jungen Epoche seit der letzten Kaltzeit hat sich allerdings das Klima in Mitteleuropa mehrfach verändert und dies hat sich auch auf die Zusammensetzung der Vegetation ausgewirkt. Über diese Vegetationsgeschichte seit der letzten Kaltzeit ist man durch Pollen-Untersuchungen (Pollendiagramme) sehr gut unterrichtet.
Während zuerst (bis ca. -9000 J) Birken und Kiefern dominierten, gab es zwischen -9000 und -8000 J einen starken Anstieg der Hasel, Gleichzeitig begannen sich Eichen und Ulmen, an speziellen Standorten auch Linden und Eschen immer mehr auszubreiten und die Haselbestände gingen etwas zurück. Buchen haben sich vermutlich erst durch den Einfluss des Menschen aber auch aufgrund eines feuchteren und kühleren Klimas im Subatlantikum seit 3000 J immer mehr ausgebreitet. In den schattigen Buchenwäldern hatten Haselsträucher nur noch an Waldrändern eine Chance. Die heutige weite Verbreitung der Fichte ist auf Aufforstungsmaßnahmen ab Ende des 18. JH zurückzuführen.
Verschiedene Waldgesellschaften
Auf Grund von Jahrzehnte langen empirischen Erhebungen zu den Standortansprüchen von Pflanzenarten wurden von Heinz Ellenberg in den 1970 er Jahren für nahezu alle in Mitteleuropa heimischen Pflanzenarten Zeigerwerte für verschiedene Umweltfaktoren zusammengestellt und seither immer wieder neuen Erkenntnissen angepasst. Das ökologische Verhalten gegenüber einem bestimmten Standortfaktor wird in der Regel durch eine Ziffer von 1 bis 9 ausgedrückt. Diese Zeigerwerte spiegeln das Vorkommen einer Art unter Freilandbedingungen wider, d. h. bei ausgeprägter zwischenartlicher Konkurrenz. Die Zeigerwerte machen also keine Aussage über das Verhalten in Reinkultur.http://www.utb-shop.de/downloads/dl/file/id/27/zusatzkapitel_zeigerwerte_der_pflanzen_mitteleuropas.pdf
Die Zeigerwerte der Baumarten bestimmen die Zusammensetzung der Bäume in den verschiedenen Waldgesellschaften. Aufgrund ihres Wasserbedarfes und der bevorzugten Bodenreaktion kann man für mitteleuropäische Waldtypen ein sogenanntes Ökogramm aufstellen (vgl. Exkursionsangebot 2016). Auch die krautigen Pflanzen des Waldbodens lassen sich basierend auf den Zeigerwerten „Bodenfeuchte“ und „Bodenreaktion“ zu ökologischen Gruppen zusammenfassen. Pflanzen einer solchen Gruppe sind häufig nebeneinander anzutreffen. Sie können zur Charakterisierung von Standorten verwendet werden, insbesondere für Bodenfeuchte, pH-Wert und Nährmineralverfügbarkeit. Die Busch-Windröschen-Gruppe z. B. ist typisch für wenig saure mäßig trockene bis mäßig feuchte Böden.
Ökologische Gruppen von mitteleuropäischen Waldbodenpflanzen
1. Bäume und Sträucher (Luftpflanzen) im Adelsreuter Wald
Listen Sie die von uns auf der Exkursion beobachteten Bäume und Sträucher auf und ermitteln Sie für jede Art die Zeigerwerte für Lichtgenuss, Feuchtigkeit, Nitratgehalt und Bodenreaktion. Nutzen Sie diese Zusammenstellung für eine ökologische Bewertung des Waldgebietes und stellen Sie eine Beziehung zu den bodenkundlichen bzw. geologischen Gegebenheiten her.
2. CO2-Speicher Wald
Sie haben den Gehalt des gespeicherten Kohlenstoffs bzw. Kohlenstoffdioxids im Holzkörper eines Baumes abgeschätzt. Stellen Sie Vorgehensweise und ihr Ergebnis dar. Setzen Sie den erhaltenen Wert in Beziehung zu dem CO2-Ausstoß der Exkursions-Autos (vereinfachte Annahme: 8 PKWs PH-Weingarten – Appenweiler und zurück, Verbrauch 7 L/100 km). http://de.myclimate.org/de/?gclid=CKCtopHly9MCFUJAGwodw1QL5Q
3. Essbare Bäume
Wir haben die jungen Triebe von Fichten und Tannen verkostet. Recherchieren Sie zur möglichen kulinarischen Verwertung dieser jungen Nadelholztriebe, erproben Sie ein Rezept und berichten Sie von ihren Erfahrungen.
4. Bodenpflanzen (Geophyten) sind eine relativ häufige Lebensform in mitteleuropäischen Laubwäldern.
a) Geben Sie einige Beispiele und erklären Sie die Angepasstheit dieser Pflanzen an ihren Standort.
b) Beschreiben Sie den Lebenszyklus der Herbstzeitlose und erklären Sie, warum diese Pflanze deshalb besonders gut an den Standort Wiese angepasst ist.
5. Atmung von Wassertieren.
Die Wege im Adelsreuter Wald-Weißenauer Wald sind oft von Gräben gesäumt, die zum Teil permanent Wasser führen. Dort entdeckten wir kleine Grasfrösche (vermutlich Jungtiere vom vergangenen Jahr), Köcherfliegenlarven und Larven von Großlibellen.
Vergleichen Sie die Atmung (Sauerstoffaufnahme) dieser drei Tiere.
Literatur zum Thema Baum und Wald
Bartsch, Norbert/ Röhrig, Ernst (2016): Waldökologie – Einführung für Mitteleuropa. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Braune, W./Leman, A./Taubert, H. (9.A, 2007): Pflanzenanatomisches Praktikum I: Zur Einführung in die Anatomie der Vegetationsorgane der Samenpflanzen. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Dylla, Klaus/Krätzner, Günter (1977): Das biologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald. Biologische Arbeitsbücher 9, Quelle und Meyer, Heidelberg/Wiesbaden. Folgeauflagen: Das ökologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald (4.A.1986): Lebensgemeinschaft Wald (1998)
Ellenberg, H./Leuschner, C. (6. erweiterte A, 2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Stuttgart: Ulmer
Hofmeister, H. (1990): Lebensraum Wald. Hamburg: Parey
Küster, Hansjörg (3. A. 2013): Geschichte des Waldes – Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck
Wildmann, Steffen et al. (2014): Wälder mit natürlicher Entwicklung in Deutschland
Wohlleben, Peter (2013): Der Wald – ein Nachruf. Wie der Wald funktioniert, warum wir ihn brauchen und wie wir ihn retten können – ein Förster erklärt. München: Ludwig (vom Autor gibt es zahlreiche weitere Bücher zum Thema Wald und Baum)
Rotach bei Oberteuringen (12.05.2017)
Treffpunkt: Oberteuringen, Franz-Roth-Platz
Fahrt von Ravensburg über die B33 bis Oberteuringen-Neuhaus, dort links abzweigen in die Teuringer Straße, die in die Augustin Bea Straße übergeht, dann bis zum Franz Roth Platz rechts.
Thematische Schwerpunkte: Die Rotach als drittgrößter Zufluss des östlichen Bodensees, Ökologie von Fließgewässern, Messung einiger abiotische Faktoren, biotische Faktoren: Wassertiere und Uferpflanzen, Gefährdung und Schutz von Bächen, Renaturierungsmaßnahmen
Die Rotach
Die Rotach entwässert das Pfrunger Ried nach Süden. Sie entsteht bei Wilhelmsdorf , durchfließt den Harttobel bei Horgenzell und erreicht durch den Benistobel vor Urnau das Deggenhauser Tal. Sie durchfließt die Gemeinde Oberteuringen, bis sie schließlich nach Friedrichshafen kommt, wo sie einen Kilometer östlich des Stadtkerns als westliche Grenze des Eriskircher Rieds in den Bodensee mündet. Ihr Einzugsgebiet beträgt rund 130 km².
Quellhöhe 620 m, Mündungshöhe 395 m, Höhenunterschied 225 m, Länge 38,8 km, Mittlerer Abfluss bei der Mündung 1,83 m3/s
An dem Lauf der knapp 40 km langen Rotach lagen einst 22 Mahl- und Sägemühlen. Für diese Mühlen wurde der Bach jeweils mit Wehren aufgestaut – für wandernde Fische, aber auch für andere Organismen ein Problem. Das Wehr bei Oberteuringen wurde im Juli 2002 durch eine schräge Rampe mit Steinblöcken aufgefüllt. Der Baggerfahrer berichtete, dass die ersten Fische schon versuchten, hochzukommen, als er noch bei der Arbeit war. Ein weiteres Wehr in Unterteuringen wurde im August 2005 gesprengt. Das Wehr bei der Reinachmühle wurde erst 2014 renaturiert.
Gewässergütebestimmung
Die Wasserqualität eines Fließgewässers, die Gewässergüte, hängt vor allem von seinem Gehalt an abbaubaren organischen Substanzen und anorganischen Substanzen (Nährmineralien) ab. Beide Faktoren stehen in Beziehung miteinander: Eine hohe Nährsalzkonzentration fördert die Produktion und Anreicherung von organischen Stoffen im Wasser, dagegen setzt der Abbau organischer Substanzen Nährsalze, vor allem Nitrate und Phosphate, frei.
In diesem Schema nicht berücksichtigt ist, dass es sich bei einem Fließgewässer um ein Durchflusssystem handelt. Organismen, Abfallstoffe und Nährsalze werden mit dem Wasserstrom transportiert. Dies wird in der folgenden Darstellung berücksichtigt. Daraus ergibt sich für das Stoff- und Nahrungsangebot in einem Fließgewässer aber auch, dass es von derr Quelle zur Mündung hin zunimmt. Außerdem bedeutet stäkeres Gefälle auch überwiegende Erosion, geringres Gewfälle überwiegende Sedimentation.
Die abiotischen Faktoren in einem Fließgewässer variieren meistens sehr stark, deshalb liefert ihre Messung immer nur eine Momentaufnahme. Demgegenüber reagieren Organismen und Lebensgemeinschaften auf die Wasserqualität über einen längeren Zeitraum.
Ein seit langem standardisiertes Verfahren zur biologischen Gewässergüte Bewertung liefert das Saprobiensystem. Über ausgewählte Tierarten (und Mikroorganismen) und deren Häufigkeit wird auf die Belastung eines Gewässers mit organischen, biologisch leicht abbaubaren Stoffen geschlossen (Saprobie = Intensität der heterotrophen, Sauerstoff zehrenden Stoffumsetzungen). Für das Verfahren gibt es eine DIN Norm, in die 160 wirbellose Tiere (vor allem Insektenlarven, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln, Egel), einige Fischarten, sowie 90 Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Ciliaten) aufgenommen sind. In der Praxis werden die Mikroorganismen vor allem dann herangezogen wenn nicht genügend Makroorganismen zu finden sind. Geeignet für diese Bewertung snd nur relativ stenöke Arten, die an einen engen Bereich von Umweltfaktoren gebunden sind (Zeigerarten). Arten, die in Gewässern fast aller Güteklassen vorkommen – wie z.B. Stechmückenlarven – sind als Indikatoren ungeeignet.
Die Zuordnung der Wassertiere zum Saprobiensystem geht auf Kolkwitz und Marson 1902 zurück, wurde aber immer wieder erweitert und bearbeitet. Bestimmte Belastungen – insbesondere mit nicht biologisch abbaubaren Schwermetallen und synthetiscvhen Schadstoffen – werden schlecht oder garnicht erfasst. Auch die großen regionalen Unterschiede der Fließgewässer sind ein Problem. Langsm fließende Bäche des Flachlandes enthalten natürlicher Weise mehr organische Abfallstoffe und haben einen geringeren Sauerstoffgehlat als Bergbäche. Deshalb können Flachlandbäche nach dem Saprobiensystem die Güteklasse I garnicht erreichen. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRR) berücksichtigt dies durch Einbeziehung des Gewässertyps in die Bewertung.
Diese Exkursion haben wir als Parcours durch 4 Stationen organisiert, die alle in der Nähe eines Grill- und Spielplatzes bei Oberteuringen eingerichtet wurden. Tische und Bänke konnten dafür als Abstell- und Arbeitsplätze genutzt werden.
Auf dem Weg vom Parkplatz zu den Stationen konnten wir neben Bärlauch und Einbeere die blassen Fruchtstande der Schuppenwurz (Lathraea squamariea, Fam. Sommerwurzgewächse) entdecken. Die fast völlig chlorophyllfreie Pflanze hat ein verzweigtes, unterirdisches Rhizom mit stärkereichen Schuppenblättern und Wurzeln mit Saugorganen, mit denen sie vor allem Baumwurzeln anzapft und Wasser und Assimilate ansaugt. Die langlebigen Samen können nur erfolgreich auskeimen, wenn sie dichter als 1 cm bei einer möglichen Wirtswurzel liegen.
Auf Holzresten fanden wir zahlreiche Fruchtkörper des Glimmer-Tintlings (Coprinellus micaceus), eine Pilzart, die man bei milder Witterung das ganze Jahr über finden kann.
Gemessen: pH-Wert, Nitrat, Nitrit, Ammonium, Phosphat, Gesamthärte. Der Sauerst0offgehalt konnte nicht gemessen werden, da die Sauerstoffelektrode defekt war.
Station 2: Zeigerorganismen, Saprobienwert, Gewässergüte
Es wurden vor allem verschiedene Einagsfliegenlarven gefunden. Besonders ein Exemplar der Gemeinen Kahnschnecke (Theodoxus fliuviatilis) mit dem Saprobinewert 1,7 (nach Schwab,1995) deutet auf gute Gewässerqualität.
Station 3: Fließgewschwindigkeit
Die Fließgeschwindigkeit und die Strömungseigenschaften wurden mit einem Papierbootrennen und mit einem einfachen Strömungsmesser untersucht.
Station 4: Bachbegleitende Pflanzen
Jede Gruppe bestimmte 6 bachbegleitende Pflanzenarten, sortierte sie nach ihrem Standort relativ zum Bach und ermittelte Zeigerwerte und Lebensform.
Auswertung der Stationsarbeit
Die Auswertung der Stationsarbeit wird jeweils von denen, die sich auf die Station vorbereitet haben bzw. bei unserer Abschlussbesprechung gemeldet haben, vorgenommen. Die Ergebnisse werden allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt.
Literatur zum Thema Fließgewässer
Baur, Werner H. (1997): Gewässergüte bestimmen und beurteilen. Blackwell-Wissenschaftsverlag
Brehm, J./Meijering, M. P. D. (3. A.1996): Fließgewässerkunde – Einführung in die Ökologie der Quellen, Bäche und Flüsse. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Engelhardt, Wolfgang (17. A.; 2015): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Stuttgart: Kosmos-Franckh
Fey, Michael, J. (1996): Biologie am Bach – Praktische Limnologie für Schule und Naturschutz. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Graw, Martina (2001):Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz Bd.64.http://www.vdg-online.de/96.html
Klee, Otto (2. A. 1993): Wasseruntersuchungen – Einfache Analysenmethoden und Beurteilungskriterien. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Mischke, Ute/Behrendt, Horst (2007): Handbuch zum Bewertungsverfahren von Fließgewässern mittels Phytoplankton zur Umsetzung der EU-WRRL in Deutschland. Stuttgart: Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung
Sandrock, F. (Hrsg.,1981): Fließgewässer. – Unterricht Biologie, H. 59
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere – Ein ökologisches Bestimmungsbuch . Stuttgart: Klett Schulbuchverlag
Thematische Schwerpunkte: Hochmoor und Niedermoor, Moorregeneration, Wiesen und Ackerränder, Landschaftsgeschichte
Zum Exkursionsverlauf
Unter dem Klang der Kirchenglocken starteten wir pünktlich 10:00 Uhr in Blitzenreute. Nach den letzten Häusern hat man vom Weg einen weiten Blick über das Schussental bis zum Altdorfer Wald und weiter zu den Allgäuer Alpen. Dieses breite Schussenbecken markiert ein Rückzugsstadium des Rheingletschers. Letztes Jahr sahen wir hier verschiedene Getreidefelder, vor allem mit Sommergerste und Weizen, dieses Jahr war alles ein großes Maisfeld mit gerade gekeimten Maispflänzchen, dank Herbizid-Behandlung völlig unkrautfrei. Später ging es durch große Rapskulturen, also eine deutliche Zunahme der „Energiepflanzen“.
Der süße Duft der Rapsblüten konnte nicht nur von uns wahrgenommen werden, er lockte auch viele Bienen, auch Wildbienen, und einige Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer. Bei genauem Hinsehen waren fast in jedem Blütenstand Rapsglanzkäfer (Brassicogethes aeneus) zu finden. Die Käfer fressen nicht nur Pollen, sondern sie können auch die Fruchtknoten annagen und dadurch erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen.
Auf dem Weg bis zum Moorsteg sammelten wir blühende Pflanzen vom Weg- und Ackerrand, die wir dann sortierten und bestimmten. Besonders auffällig waren einige Schmetterlingsblütler , die vermutlich aus Zwischenfruchtmischungen stammen:
Schon von weitem waren die vielen weißen Haarbüschel des Scheidigen Wollgrases im Moor zu sehen. Unter Daniela Drehers Führung wurde auf dem Holzsteg ein Erkundungsgang in den Hochmoorbereich des Dornacher Rieds unternommen.
Anschließend nutzten wir eine blütenreiche und noch nicht gemähte Wiese zu einer Vegetationsaufnahme. Der Wiesen-Salbei fing gerade an zu blühen und wir beobachteten den speziellen Bestäubungsmechanismus („Schlagbaum“).
Auf mit Holzschnipseln bestreutem Weg ging es durch den im Rahmen eines LIFE-Projekts wieder vernässten Teil des früher durch Torfstiche und Entwässerungsgräben stark ausgetrockneten, teilweise bewaldeten Teil des Dornacher Rieds zum Mittagspausenplatz an einer Holzplattform über einer Torfstich-Wasserfläche (pH 5, Gesamthärte unter der Nachweisgrenze unseres Geräts) .Trotz den ziemlich extremen Bedingungen konnten wir in dem Gewässer zwei Wasserwanzenarten entdecken, eine Schwimmwanze und eine Wasserzikade, außerdem einige Stechmückenlarven. Wir stellten mit Plastiktüte und Federwaage fest, dass man aus einem feuchten Torfmoospaket mit den Händen fast 70 Gewichtsprozent Wasser auspressen kann.
Anschließend zeigten uns Jennifer Griener und Katharina Frick, wie man mit Hilfe eines Spiegels gefühlt durch die Baumwipfel spazieren kann.
Die Orchideenwiese, ein Niedermoorbereich Richtung Vorsee, erfreute uns mit vielen blühenden Knabenkräutern ( vor vallem Dactylorhiza majalis), außerdem Weißen Nazissen (Narcissus poeticus), einer Trollblume (Trollius europaeus) und Rostrotem Kopfried (Schoenus ferrugineus).
Unter Aufsicht eines Höckerschwans erprobten wir, wie gut man mit dem Gesicht bei geschlossenen Augen Pflanzen(teile) ertasten und erkennen kann.
Unsere Suche nach Holz bewohnenden Insekten in dem reichlich vorhandenen Totholz war nicht sehr ergiebig, aber das lag vielleicht auch daran, dass langsam unser Zeitbudget zu Ende ging, denn wir hatten ja noch einige Kilometer Rückweg vor uns. Als auffällige Holz bewohnende Pilzen beobachten wir zahlreiche Zunderschwämme (Fomes fomentarius) an einer alten Buche mit besetzter Spechthöhle und einen Stubben mit Fenchelporlingen (Gloeophyllum odoratum) sowie zwei kleine Fruchtkörper des giftigen Doppelgängers vom Stockschwämmchen, dem Gift-Häubling (Galerina marginata).
Aufgaben
Pflanzen am Weg- und Ackerrand: Recherchieren und bewerten Sie die Zeigerwerte der von uns gefundenen Pflanzenarten.Ermitteln Sie die natürliche Verbreitung von Persischem Klee, Inkarnat-Klee, und Ungarischer Wicke. Erläutern Sie die besondere Bedeutung von Leguminosen als Zwischenfrucht.
Beschreiben Sie die Rolle der Torfmoose bei der Bildung von Hochmooren und erklären Sie damit die extremen Bedingungen im Lebensraum Hochmoor.
Zur Charakterisierung der Wiesenvegetation haben wir auf vier 1m2-Flächen die vorkommenden Pflanzenarten registriert. Stellen Sie die Ergebnisse in einer Tabelle zusammen und machen Sie mit Hilfe von Zeigerwerten eine Aussage zu Nährmineralgehalt, Feuchtigkeit und Bodenreaktion.
Sauergräser können sehr unterschiedlich aussehen. Wir haben bisher die Gattungen Segge, Wollgras und Kopfried kennengelernt. Nennen Sie jeweils charakteristische Merkmale dieser drei Gattungen.
Auf der „Orchideenwiese“ (am Weg Richtung Vorsee) haben wir drei ganz besondere Pflanzenarten gefunden:Breitblättriges Knabenkraut, Weiße Narzisse und Europäische Trollblume. Ermitteln Sie Schutzstatus, Verbreitung und Ökologie dieser drei Arten.
Unter einer alten Rot-Buche hörten wir Vogelgepiepse. Dann entdeckten wir eine Spechthöhle. An dem Baumstamm waren mehrere Fruchtkörper des Zunderschwamms zu sehen. Beschreiben Sie die Lebensweise des Zunderschwamms und erklären Sie damit unsere Beobachtungen.
Eriskircher Ried (2.6.2017)
Geänderter Treffpunkt: Parkplatz beim Naturzentrum Eriskirch
Das Naturzentrumist im alten Bahnhofsgebäude untergebracht. Die Bahnstation existiert noch. Eine Anreise mit der Bahn ist deshalb möglich, aber von Weingarten nur mit zweimaligem Umsteigen.
Zum Exkursionsverlauf
Im Naturschutzzentrum Eriskirch versammelten wir uns vor einem großen Reliefmodell des Bodensees. Herr Kersting, Diplombiologe und seit seiner Einrichtung vor 24 Jahren Leiter des Naturschutzzentrums, erklärte uns die ökologischen und biologischen Besonderheiten dieses mit 536 km2 größten Voralpensees und seiner Uferregionen. Eine Besonderheit ist zum Beispiel, dass die jährlichen Wasserstandsschwankungen etwa 2 m betragen aber in extrem Jahren auch deutlich über diesem Wert liegen können. Weite Gebiete der flachen Uferregionen werden dann überschwemmt, zum Beispiel auch die Auwälder und Riedwiesen des Naturschutzgebietes Eriskircher Ried. Eine weitere Besonderheit ist die mit 250 m beachtliche Tiefe des Sees, die zum Beispiel dazu führt, dass in den tiefen Regionen eine konstante Temperatur von 4°C herrscht.
Das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried wurde schon 1939 eingerichtet und diese frühe Unterschutzstellung hat dazu beigetragen, dass hier – zwischen dem sonst dicht besiedelten Bodenseeufer – bis heute ein naturnaher Bereich mit ausgedehnten Ufer- und Flachwasserzonen, Auwäldern vor allem entlang der Schussen, Altwassern und Streuwiesen erhalten geblieben sind. Da die Streuwiesen nicht mehr genutzt werden, ist ihr Erhalt nur durch jährliche Mahd als Naturschutzmaßnahme möglich, sonst würden sie sich schnell in Auwald verwandeln. Herr Kersting berichtete mit eindrucksvollen Fotos von einigen besonderen Hochwasserereignissen, bei denen die Streuwiesen vollständig unter Wasser standen (und Bodenameisen, die zu ihrer Rettung ein Floß bildeten), von zahlreichen Vogelarten, die vor allem in den Zugzeiten hier zu beobachten sind, und dem erstaunlichen Lebenszyklus des Wiesenknopf-Ameisenbläulings, der seine Raupen nach dem Kuckucksprinzip von Ameisen aufziehen lässt. Nach einem Rundgang durch die Ausstellung sammelten wir uns wieder vor dem Naturschutzzentrum.
Unser Exkursionsweg führte zunächst durch Herbicid-behandelte Obstanlagen – über uns ein Schwarzer Milan – und dann direkt an die Schussen, die von großen Silber-Weiden gesäumt wird. Dann ging es durch eine feuchte Wiese, auf der man in der Ferne einige Sibirische Schwertlilien erkennen konnte, weitere blühende Arten waren Scharfer Hahnenfuß, Echter Baldrian, Kleiner Klappertopf und Kuckucks-Lichtnelken. Ein Versuch, die verschiedenen Schichten der Wiese durch unser Laken deutlicher zu machen, gelang nicht sehr überzeugend, da die Oberschicht an der ausgewählten Stelle nur von Gräsern gebildet wurde. Dieser Gruppe, der Familie der Süßgräser (Poaceae) widmeten wir im Schatten eines Walnuss-Baumes die nächste halbe Stunde.
In Erinnerung an Herrn Kerstings Vortrag wurden an dem angelegten Demonstrationsteichs „Laubfrösche“ entdeckt. Auf den Fotos zeigte sich allerdings, dass sie alle zu den Wasserfröschen gehören (Teichfrosch bzw. Kleiner Wasserfrosch).
Über eine Brücke querten wir einen Schussen-Altarm mit vielen Teichrosen und Schilfufer (aus Schilf und Rohrglanzgras) und gelangten dann in einen Wald mit großen Stiel-Eichen, Eschen, Hainbuchen und Sträuchern wie Gewöhnlichem Schneeball, Blutrotem Hartriegel und Hasel (Hartholzaue). Oft werden die Eichen von alten Efeupflanzen mit armdicken Sprossachsen umrankt. Eine krautige Kletterpflanze ist der Hopfen, dessen oft viele Meter langen Triebe jeden Herbst absterben. Er windet – wie die meisten Kletterpflanzen – immer in eine Richtung um die Unterlagen (Der Hopfen ist Rechtswinder oder S-Winder, die Zaunwinde dagegen Linkswinder oder Z-Winder).
Der Weg führte dann in einen 1-2 m tieferen Bereich. Nun sind die vorherrschenden Bäume Silber-Weiden und Schwarz-Pappeln, auch einige Birken und Zitter-Pappeln (Espen) wurden registriert (Weichholzaue). An einem Silber-Weiden-Stamm entdeckten wir die großen Fruchtkörper des Schwefel-Porlings (Laetiporus sulphureus). Der Pilz ist für eine rasch voranschreiende Baunfäule – das Holz wird brökelig und rotbraun – verantwortlich.
Über einen steilen Absatz gelangten wir auf den Hauptweg durchs Ried. Von der Brücke, welche die Schussen kurz vor ihrer Mündung quert, sahen wir zwei Haubentaucher. Dann ging der Weg zurück, zuerst durch Auwald, dann durch Streuwiesen,auf denen noch zahlreiche Sibirische Schwertlilien blühten. Kurz vor der Schranke am Zufahrtsweg zum Strandbad erfreute uns eine Nachtigall mit lautem Gesang.
An dieser Stelle beendeten wir den offiziellen Teil der Exkursion. Mit einigen Teilnehmerinnen fuhr ich noch zu dem neu gestalteten Strandabschnitt mit Grillplatz und Beobachtungsplattform neben dem Strandbad. Der hoch mit Kies aufgeschüttete Zugangsweg ist für Rollstuhlfahrer allerdings nur mit kräftiger Anschubhilfe passierbar.
Aufgaben
Die grünen Frösche, die wir in dem angelegten Teich gesehen haben, waren Wasserfrösche (oder Grünfrösche) aus der Familie der Echten Frösche (Ranidae). Der Europäische Laubfrosch ist der einzige mitteleuropäische Vertreter der vor allem in den Tropen verbreiteten, sehr artenreichen Familie der Laubfrösche (Hylidae), die wegen ihres guten Klettervermögens auch „Baumfrösche“ genannt werden. Vergleichen Sie Merkmale und Lebensweise von Europäischem Laubfrosch und Wasserfröschen (tabellarische Gegenüberstellung).
Wiesen zeigen eine mehr oder weniger deutliche Schichtung: Oberschicht (Blütenschicht), Mittelschicht (Blattschicht), Unterschicht. Zählen Sie einige Pflanzenarten (einschließlich Gräsern) auf, die für die verschiedenen Schichten typisch sind. Ordnen Sie folgende Tiergruppen verschiedenen Wiesenschichten zu: Schwebfliegen, Feldheuschrecken, Schmetterlinge, Schmetterlingsraupen, Blattwanzen, Laufkäfer, Bienen, Hummeln, Blütenböcke, Zikaden, Blattläuse, Asseln, Tausendfüßler, Krabbenspinnen, Trichterspinnen.
Erläutern Sie die besonderen Eigenschaften des Lebensraumtyps „Auwald“ und erklären Sie die Unterschiede zwischen Hartholzauen und Weichholzauen.
Obwohl das Eriskircher Ried ein Naturschutzgebiet ist, werden die Riedwiesen im Winterhalbjahr regelmäßig gemäht. Erklären Sie die Bedeutung dieser Pflegemaßnahme und erläutern Sie, welche Folgen es hätte, wenn die Wiesen nicht mehr gemäht würden.
Treffpunkt: Wanderparkplatz bei Unterteuringen (Richtung Modellflieger-Platz, wie 2016)
Thematische Schwerpunkte: Landschaftsgeschichte, Landschaftpflege und Naturschutz mit Heckrindern, Bedeutung von Saumbiotopen in der Agrarlandschaft
Zum Exkursionsverlauf
Der Treffpunkt beim Hof Reinöhl nahe Unterteuringen liegt in einer weiten Talebene zwischen Gehrenberg im Norden und mehreren kleineren Hügeln – Drumlins – im Süden. Morphogenetisch handelt es sich um ein ehemaliges Eisrandtal am Nodrand des zurückweichenden Rheingletschers, durch das Wasser vom Eisrandsee im Schussenbecken bei Ravensburg bis zum Eisrandsee im heutigen Bereich des Überlinger Sees abfloss. Das Eisrandtal wurde durch mehrere Schuttkegel in verschiedene Abschnitte aufgeteilt, die in der Nacheiszeit teilweise vermoorten. Die Torfmächtigkeit beträgt im sog. Unterried bis 9,9 m, in anderen Teilen über 7 bzw. über 4 m (Würdigung des Natur- und Landschaftsschutzgebietes “Hepbach-Leimbacher Ried“, Dr. Rixen 1982).
Vom Treffpunkt am Wanderparkplatz gingen wir zunächst ein paar Schritte bis zum Beginn einer Benjeshecke, die 1991 auf der ehemaligen Trasse der Teuringertal-Bahn (https://de.wikipedia.org/wiki/Teuringertal-Bahn). Als Benjeshecken werden – nach ihrem sehr wirkungsvollen Förderer und Propagandisten Hermann Benjes – Feldhecken bezeichnet, für deren Anlage zunächst Baum- und Heckenschnitt aufgeschichtet wird.
Da die Weg- und Feldränder teilweise noch nicht gemäht waren, nutzten wir die vielen blühenden bzw. fruchtenden Gräser zu einer Wiederholung unserer Gräserkennübungen von der vorigen Exkursion.
In der Talsenke vor Hepbach wurde in den 1970iger Jahren nach Erdöl gebohrt und eine kurze Zeit auch etwas Öl gefördert (mündl. Mitteilung von Franz Beer). Oberschwäbische Ölvorkommen entstanden zu Zeiten der Molasse Ablagerung in sumpfigen Bereichen am Rand von Süßwasserseen bzw. in sehr flachen Meeresbecken.
Hier trafen wir mit Herrn Jörg Münch vom Vorstand des BUND Markdorf zusammen..
Der Weg führte uns über einen kurzen steilen Anstieg auf einen Höhenrücken, von dem man einen guten Blick über das Hepbach-Leimbacher Ried hat. Herr Münch gab uns eine Einführung in das Naturschutzmanagement mit Heckrindern. Das Beweidungsprojekt mit dieser Robustrinderrasse wurde hier – betreut von der BUND-Gruppe Markdorf – 2001 begonnen. Zur Zeit werden 20 Rinder auf 17 ha Weidefläche gehalten.
Wir führten nun zwei Vegetationsaufnahmen auf der extensiv beweideten Fläche am Südosthang und zum Vergleich eine Aufnahme auf der angrenzenden Mähwiese durch.
Vegetationsaufnahme bei den HeckrindernWir gingen weiter auf einem durch zwei artenreiche Hecken gesäumten Weg bis zur reetgedeckten Beobachtungshütte. Nach der Mittagspause ging Herr Münch mit der Gruppe ins Ried hinab und erläuterte – im Anblick zweier Storchenhorste – das ebenfalls vom BUND Markdorf betreute Storchenschutzprojekt.
Weiter führte uns der Weg bergab – vorbei an einem Weizenfeld mit vielen einzelnen Roggenähren – und dann wieder steil bergauf auf den bewaldeten Höhenrücken des Drumlin „Franzenberg“. Vom Waldrand blickten wir auf den gegenüberliegenden Gehrenberg. Mit 754 m ü. NN erhebt sich der weitgehend aus Molasse bestehende Höhenrücken ca. 300 m über das Hepbach-Leimbacher Ried. Sein höchsten Punkt liegt im Wald und bietet keine Aussicht, aber von dem etwas tiefer stehenden 30 m hohen Turm hat man einen sehr schönen Ausblick auf den Bodensee und die Alpenkette.
Weiter ging es bergab durch den Wald bis zur Kreisstraße 7742, der wir eine Zeit lang folgten. Sie durchquert das Feuchtgebiet und deswegen wurden bei ihrer Anlage Maßnahmen für den Amphibienschutz getroffen (Barriere aus Betonsteinen und einige Durchgangsröhren unter der Straße).
Bevor wir auf einen weiteren Drumlin stiegen, blickten wir auf den Ort Raderach, der auf der Kuppe eines Drumlins liegt und nachdem das ganze Gebiet von Geologen als Raderacher Drumlinfeld benannt wurde. Der neue Drumlin ist auf der Karte mit dem Namen „Heidengestäud“ eingetragen, vermutlich, weil auf seiner Kuppe der Ringwall einer Keltenburg liegt.
Vom Waldrand hatten wir einen schönen Ausblick auf das Hepbach- Leimbacher Ried und unseren Exkursionsweg. Exkursions-dramaturgisch wurde das Aussichtserlebnis durch eine vorangehende „blinde Raupe“ verstärkt. Durch einen Blick rückwärts durch die Beine kann der räumliche Eindruck einer Landschaft verstärkt werden.
Wieder bergab und dann durch Felder und Obstanlagen ging der Weg etwa 1,5 km zurück zum Ausgangspunkt.
Aufgaben
Das Hepbach-Leimbacher Ried ist das größte Niedermoorgebiet des Bodenseekreises.
In den verschiedenen Bereichen der Niederung wurden Torfmächtigkeit zwischen 4 und fast 10 m gemessen. Erläutern Sie, wie man sich die nacheiszeitliche Entstehung von Niedermooren vorstellen kann und welches die Ursachen der unterschiedlichen Torfmächtigkeiten in den verschiedenen Bereichen sein könnten.
Im und am Hepbach-Leimbacher Ried sorgt eine Herde Heckrinder seit 2001 für die Landschaftspflege. Charakterisieren Sie diese Rinderrasse und erklären Sie die Namensherkunft.
Nutzen Sie die Ergebnisse ihrer Vegetationsaufnahmen, um die Auswirkung der extensiven Beweidung zu beschreiben und bewerten Sie dies aus der Sicht Naturschutzes. Erläutern Sie, wie sich die Flächen verändern würden, wenn man die Beweidung aufgeben würde. Nennen Sie Möglichkeiten alternativer Pflegemaßnahmen.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten
Zur Erdgeschichte Oberschwabens
Man geht davon aus, dass sich die Erde vor etwa 4,6 Milliarden Jahren gebildet hat. Aber von den ersten 4 Milliarden gibt es leider nur sehr wenige Sedimente, die wichtigsten Informationsquellen über die Erdgeschichte. Erst die letzten 541 Millionen Jahre sind relativ gut durch Ablagerungen dokumentiert und in diesen Sedimenten finden sich meistens zahlreiche fossile Lebensreste. Deshalb nennt man diesen letzten Zeitabschnitt auch das Äon Phanerozoikum oder „Zeitalter des sichtbaren Lebens“. Es wird in Erdaltertum, Erdmittelalter und Erdneuzeit eingeteilt (http://www.oekosystem-erde.de/html/geologische_zeittafel.html).
Unter normalen Bedingungen liegen die höchsten Ablagerungen oben, die ältesten unten. Doch durch Abtragung der oberen Schichten, Hebungen, Senkungen und sogar Faltungen und Überlappungen ist es hier im Laufe der Erdgeschichte zu erheblichen Veränderungen gekommen. Wichtigste Ursache hierfür sind die ständigen Bewegungen der obersten festen Erdkruste, Vorgänge, die als Plattentektonik bezeichnet werden. Diese oberste Erdkruste kann man sich nämlich aus Platten zusammengesetzt vorstellen, die sich ständig gegeneinander verschieben. Sie werden sogar untereinander geschoben und dann an solchen Subduktionszonen ganz im flüssigen Erdinneren eingeschmolzen, während an anderen Stellen durch aufsteigendes Magma aus dem Erdinneren neue Krustenabschnitte entstehen. Diese Plattenbewegungen betreffen die Kontinente ebenso wie den Meeresboden, allerdings sind die Platten unter den Meeren in der Regel etwas dünner.
Man kann sich vorstellen, dass es zu Auffaltungen der Erdkruste und zur Gebirgsbildung kommt, wenn zwei Platten gegeneinander geschoben werden. Der letzte große Gebirgsbildungsprozess, bei dem auch unsere Alpen entstanden sind, begann schon im Erdmittelalter, in der Kreidezeit, erreichte aber erst in der Neuzeit, im Tertiär vor 50-30 Millionen Jahren seinen Höhepunkt. Dabei wurde die afrikanische Platte gegen die europäische Platte geschoben. Die Folge war die Auffaltung der Alpen. Aber schon während der Hebung wurden die emporgehobenen Teile durch Erosion wieder abgetragen. In den Zentralalpen sind dadurch alle Sedimentgesteine abgetragen worden, so dass das vorwiegend aus Granit bestehende Grundgebirge zu Tage tritt. In den nördlichen und südlichen Kalkalpen finden sich kalkhaltige Sedimente des Erdmittelalters, vor allem aus Trias und Kreide.
Die Alpen haben sich im Norden über die Schichten geschoben, die aus den marinen Ablagerungen von Jura und Trias stammen. Dieses Schichtenpaket wurde dadurch nach unten gedrückt und geriet in eine Schieflage. Durch rückschreitende Erosion entstand daraus die Südwestdeutsche Schichtstufenlandschaft mit markanten Abbruchkanten im Nordwesten (z. B. Albtrauf). Die Senke am Nordrand der Alpen, die teilweise vom Meer überflutet, teilweise als Süßwassersee ausgebildet war, füllte sich im Laufe des Tertiär mit den Sedimenten aus dem Abtrag der Alpen. Diese tertiären Sedimente werden als Molasse bezeichnet, und zwar in Folge von unten nach oben als Untere Meeresmolasse, Untere Süßwassermolasse (mächtigste Schicht) Obere Meeresmolasse und Obere Süßwassermolasse. Grobe, durch Kalk verbundene Schotter nennt man Nagelfluh.
Mit dem Ende des Tertiär vor 2,6 Millionen Jahren begann eine Periode mit regelmäßig wiederkehrenden starken Klimaabkühlungen (Eiszeiten), die durch etwas wärmere Zwischenzeiten unterbrochen wurden. In dieser Zeit waren die Alpen von dicken Gletschern bedeckt, die sich nach Norden teilweise bis zum heutigen Verlauf der Donau und sogar etwas darüber hinaus ausdehnten. Von den Gletschern wurde weiteres Schotter-, Sand- und Tonmaterial aus den Alpen über der Molasse abgelagert. Dabei wurden vor allem die Täler mit Schotter aufgefüllt, der teilweise durch kalkhaltiges Wasser zu einem betonartigen Gestein verbackte (eiszeitlicher Nagelfluh). Diese harten Nagelfluhschichten widerstanden der späteren Erosion und ließen so die Höhenrücken von Höchsten (838 m ü. N.N.) und Gehrenberg (754 m ü. N.N.) entstehen (Reliefumkehr).
Am Ende der letzten Kaltzeit, der Würm-Kaltzeit, zog sich der Rheingletscher, der seine nordwestlichste Ausdehnung bei Schaffhausen hatte, langsam nach Südosten zurück. Eine Zunge des Rheingletschers reichte etwa bis zum heutigen Ostrach, wo eine deutliche Endmöräne abgelagert worden war. Der Rückzug kam in der Höhe des heutigen Wilhelmsdorf zu einem zeitweiligen Stillstand, vielleicht gab es auch einen zweiten Eisvorstoß bis zu dieser Linie. So bildete sich dazwischen ein Eisrandsee, in den mit der Zeit viel Schottermaterial verfrachtet wurde, das heute eine bis zu 75 m mächtige Schicht unter dem Pfrunger Ried bildet. Mit dem weiteren Rückzug des Eises wurden die Sedimente feinkörniger und bildeten schließlich eine Abdichtung aus Ton. Nachdem sich der Gletscher weiter nach Süden zurückgezogen hatte, wurde von den Zuflüssen kalkhaltiges Feinmaterial in den See transportiert und führte zu, einer Sedimentschicht aus Seekreide. Darüber folgten dann vorwiegend organische Ablagerungen, zunächst feinkörnige Leber- und Torfmudde, dann zunehmend torfige Ablagerungen. Aus dem verlandeten See hat sich das Pfrunger-Burgweiler Ried gebildet, das an der Europäischen Wasserscheide liegt: Nach Norden entwässert die Ostrach zur Donau, nach Süden fließt die Rotach, die bei Friedrichshafen in den Bodensee mündet.
Die Panoramakarte zeigt ein Landschaftsbild, bei dem sich der Gletscher etwa auf eine Linie vom Schussenbecken bei Ravensburg bis Markdorf zurückgezogen hat. Dabei hat sich im Bereich des heutigen Hepbacher-Leimbacher Rieds ein ähnlicher Eisstausee gebildet wie zwischen den heutigen Orten Wilhelmdorf und Ostrach. Im Gegensatz zum Pfrunger-Burgweiler Ried kam es hier aber nicht zur Hochmoorbildung.
Zum Exkursionsverlauf
Nach der Begrüßung gab uns Frau Ackermann, Diplombiologin und Naturpädagogin und seit 2006 Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, einen Einblick in ihre Arbeit. Sie führte uns dann in den Ausstellungsraum des Naturschutzzentrums. An einer eindrucksvollen Luftaufnahme, in der das Pfrunger-Burgweiler Ried in Nord- Süd-Richtung mit dem Bodensee und der Alpenkette im Hintergrund zu sehen ist, erhielten wir eine Einführung in die spät- und nacheiszeitliche Entstehungsgeschichte und die derzeitige Situation. Die zahlreichen Renaturierungsmaßnahmen, die schon durchgeführt wurden und die noch in Planung sind, dienen vor allem der Regeneration von Moorkomplexen (Hochmoore, Überflutungsmoore, Durchströmungsmoore,Hangquellmoore) und dem größten Bannwaldgebiet Baden-Württembergs. Nach weiteren Erläuterungen zur inhaltlichen und didaktischen Konzeption der Ausstellung wurde uns – angereichert durch optische und haptische Demonstrationen – die Geschichte der Moorentstehung vom Schmelzwassersee bis heute erläutert. Diesem Ziel dient auch die vor allem für Kinder und Jugendliche konzipierte, simulierte Fahrt mit dem „Moorkäpsele“ in den geologischen Untergrund, die wir ausprobieren durften.
Anschließend begaben wir uns auf Insektenfang. Auf der Blumenwiese (es blühten vor allem Wiesen-Pippau und Gewöhnlicher Hornklee) und am Waldrand konnten mit Insektennetzen aber auch mit der bloßen Hand bzw. mit Becherlupen viele verschiedene Exemplare gefangen werden. Zunächst ging es um die grobe Zuordnung zu Großgruppen (Ordnungen). Mithilfe von Lupe, Binokularen und weitergehenden Bestimmungsbüchern konnten auch einzelne Arten bestimmt werden, zum Beispiel Pinselkäfer, Raps-Glanzkäfer, Kleiner Kohlweißling, Dickkopffalter, Gartenhummel, Heideschrecke, Becher-Azurjungfer. Das von dem Biologiedidaktiker Ulrich Kattmann vorgeschlagenen kindgemäße Einteilungsschema der Insekten in „Elfen“ (alle Insekten mit ausschließlich durchsichtigen Flügeln wie Zweiflügler und Hautflügler), „Gaukler“ (mit bunt beschuppten Flügeln wie Schmetterlinge), und „Ritter“ (alle Insekten mit teilweise harten Flügeln wie Käfer, Wanzen, Heuschrecken) mit dem zugehörigen Buch wurde vorgestellt.
Nach der Mittagspause unternahmen wir – ausgehend vom Parkplatz bei Ulzhausen am westlichen Rand des Rieds – eine Wanderung zum Fünfeckweiher, in den 1920iger Jahren durch industriellen Torfabbau entstanden, und weiter bis zum Bannwaldturm, einem 32 m hohen Holzturm, der im Frühjahr 2016 eingeweiht wurde. Von seiner Plattform hat man einen sehr guten Überblick über das ganze Pfrunger-Burgweiler Ried, insbesondere über den als Bannwald ausgewiesenen „Tisch“ und den „Großen Trauben“, der den besterhaltenen Hochmoorkern des Gebietes enthält. Am Weg zum Bannwaldturm entdeckten wir den Sprossenden Bärlapp (Lycopodium annotinum), auch Schlangen-Bärlapp genannt. Diese Gefäßsporenpflanze fand früher als Zauber- und Hexenpflanze Verwendung. Wegen des hohen Ölgehaltes verwendete man die Sporen von Bärlapp-Arten früher als Blitzlichtpulver.
Auf den teilweise von Robustrindern beweideten und nicht vor 15. Juni gemähten Feuchtwiesen östlich wie westlich der bewaldeten Gebiete finden viele Wiesenvögel wie Kiebitz, Bekassine, Braunkelchen und Schwarzkelchen Lebens- und Brutmöglichkeiten. In den Bannwaldgebieten brütet ein Schwarzstorch. Den Neuntöter, den wir bei der Vorexkursion auf einem Zaunpfahl sitzend beobachten konnten, haben wir nicht wieder gesehen.
Frau Ackermann erläuterte uns die verschiedenen wasserbaulichen Maßnahmen, die nicht nur der Wiedervernässung und Renaturierung der Bachläufe dienen, sondern auch eine Gasleitung durch das Ried bis zu einem unterirdischen Depot in der Molasse unter Wilhelmsdorf sichern sollen. Von der Donau her eingewanderte Biber sorgen noch effektiver für die Wiedervernässung als die wasserbaulichen Maßnahmen. Eine Fischtreppe und ein Wanderweg mussten durch Elektrozäune vor der Verbauung und Überflutung durch die Biber geschützt werden. Als besondere Kostbarkeit des Rieds gilt die kleine Population der Europäischen Sumpfschildkröte, die man durch gezielte Fördermaßnahmen – wie Ausbrüten und Anziehen von Jungtieren, die dann wieder ausgesetzt werden –vergrößern will.
Der Weg zurück folgt dem „Riedlehrpfad“, zunächst etwa entlang der Gasleitung, und dann vorbei an einer Wiese mit Heckrindern durch das Bannwaldgebiet bis zu dem Weg, der uns schon von Ulzhausen zum Fünfeckweiher führte. Bemerkenswert auf dem Weg nach Westen entlang der Gasleitung waren die großen Bestände von Echtem Baldrian (Valeriana officinalis). An dem feuchten Graben beobachteten wir nicht nur Breitblättrigen Rohrkolben und Sumpf-Schwertlilie sondern auch ausgedehnte Bestände des schilfähnlichen Rohr-Glanzgrases (Phalaris arundinacea), das im Gegensatz zum Schilf schwachfließende Gewässer bevorzugt. Den trockeneren Wegrand säumten Brennnesseln an denen wir die Raupen von Landkärtchen und Admiral, vorher schon vom Brennnessel-Zünsler, beobachten konnten.
Aufgaben
Im Bereich des Pfrunger-Burgweiler Rieds kommen Hochmoore, Überflutungsmoore, Durchströmungsmoore und Hangquellmoore vor. Charakterisieren Sie diese verschiedenen Moortypen und beschreiben Sie die jeweilige Lage in der Riedlandschaft.
Durch ganzjährige Beweidung mit Robustrindern der Rassen Heckrinder, Galloways, Schottische Hochlandrinder und Limousin-Rinder werden die feuchten Grünlandflächen in den Randbereichen des Pfrunger-Burgweiler Rieds offengehalten. Geben Sie eine kurze Beschreibung der drei letzgenannten Rinderrassen.
In der Ausstellung des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf wird die Entstehung der Hochmoorkomplexe durch eine simulierte Fahrt in den Untergrund („Moorkäpsele“) vermittelt. Geben Sie eine didaktische Beschreibung und Bewertung dieser Vermittlungsmethode.
Erstellen Sie eine Liste der von Ihnen auf der Exkursion beobachteten bzw. bestimmten Insekten (Arten bzw. Gruppen wie „Feldheuschrecke“, „Schwebfliege“ …)
Hangwald über Flappachweiher bei Ravensburg (16.7.2017)
Treffunkt: Parkplatz des Freibads Flappachweiher
Thematische Schwerpunkte: Kalktuffbildungen an Quellhorizonten der Jungmoräne,
Die letzte Exkursion des Sommersemesters führte uns wieder an den Rand des Schussenbeckens, dieses Mal in die östliche Seitenmoräne, in die sich der Flappach, der bei Ravensburg in die Schussen mündet, tief eingegraben hat. An einem aufgestauten Weiher des Baches liegt eine große Badeanstalt („Flappachbad“). Wenn man beim Ort Knollengraben von der B 32 dem Wegzeiger „Flappachbad“ folgend abbiegt, fährt man zunächst durch den Ort Ittenbeuren. Die vielen Teiche, die man hier sehen kann, dienten früher der Flachsrösterei.
Treffpunkt war der Parkplatz des Schwimmbades. Unser Weg querte zunächst den Flappach und führte dann der Badeanstalt entlang und weiter in den bewaldeten Hang der Jungmoräne. Wir beschäftigen uns zunächst mit der Windepflanze Zaun-Winde (Calystegia sepium) an einem Bestand der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis). Auf den ersten Blick könnte man meinen, die großen weißen Windenblüten würden zu dieser Pflanze gehören. Aber bei genauerem Hinschauen sieht man, dass die dünnen Sprossachsen der Winde die Goldruten-Stängel umwinden und zwar in Wachstumsrichtung gesehen immer links windend.
Die Zaun-Winde als Vorbild nehmend schmuggelten nun drei Arbeitsgruppe jeweils 4 – 5 Objekte in ein etwa 3 m breites Stück der wegbegleitenden Vegetation ein (ein falsches Blatt, eine nicht passende Blüte oder Frucht …). Die anderen beiden Gruppen suchten dann jeweils gemeinsam nach den eingeschmuggelten Gegenständen.
Die Jungmoräne ist hier aus sehr unterschiedlichen Materialien aufgebaut. Insbesondere sind immer wieder wasserundurchlässig Mergelschichten eingeschoben, die dazu führen, dass sich Quellhorizonte ausbilden. Das an verschiedenen Stellen an kleinen Quellen und Sickerstellen austretende Wasser sammelt sich zu einem dem Weg folgenden Bachlauf. Immer wieder konnte man an Quellstellen und am Bachlauf frischgrüne, mehr oder weniger ausgedehnte Moospolster erkennen. Bei dem Moos handelt es sich um das Wandelbare Starknervenmoos (Palustriella commutata). Als wir die Moospolster an einigen Stellen abgehoben, konnte man erkennen, dass sie unten hart verkrustet waren und teilweise auf gesteinsartigen Brocken aufsaßen. Die Kosten an den unteren Moosteilen und das Gestein schwanken bei Behandlung mit Essigessenz, was auf ihre chemische Zusammensetzung – Calciumskarbonat (Kalk) – hindeutet. Wir versuchten im folgenden, uns die biogene Bildung von Kalktuff spielerisch verständlich zu machen.
Für den weiteren Exkursionsweg wurden folgende Sammel-Aufgaben verteilt:
Sammle mindestens fünf kräftig riechende Pflanzenarten
Sammle mindestens fünf Beispiele für Pflanzenteile, die sich sehr weich anfühlen
Sammle mindestens fünf Beispiele für Pflanzenteile mit Tierspuren
Sammle mindestens fünf verschiedene blühende Pflanzen
Sammle mindestens fünf Früchte oder andere Pflanzenteile, die „kletten“
Unterwegs wurden einige Pflanzen besonders in den Blick genommen:
Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telmateia, typisch für Quellstellen, basenreiche Untergrund, R 8)
Adlerfarn (Pteridium aquilinum, größte einheimische Farn-Art, typisch für mageren sandigen Boden R 3, Kosmopolit)
Wald-Bingelkraut (Mercurialis biennis, rhizombildende Schatten die ausgedehnte „Herden“ auf dem Waldboden bildet; an der windblütigen, zweihäusigen Pflanze entdeckte Johann Jakob Camerarius 1694 die Sexualität der Pflanzen)
Echtes Johanniskraut (Hypericum perforatum, an einer stärker besonnten Wegrandstelle, der „Blutstropfen“ den man aus den noch nicht geöffneten Blütenknospen pressen kann, enthält v. a. pupurfarbenes Hypericin und verwandte Antrachinonderivate, sie wirken antidepressiv und sedativ aber auch photosensibilisierend)
Winter-Schachtelhalm (Equisetum hyemale, wintergrüner, unverzweigter Schachtelhalm, dank seiner Siliziumdioxid-haltigen Warzen der Epidermiszellwand früher als Griffelspitzer und heute noch als Schleifwerkzeug für Klarinetten- und Saxophon-Blättchen verwendet)
Wald-Engelwurz (Angelica sylvetris, Doldenblütler mit sehr großen, dreifach gefiederten Blättern, medizinisch vor allem als schleimlösendes Mittel gegen Bronchitis eingesetzt)
Wir beobachteten in einer sehr schattigen Talniederung große Bestände des Winter-Schachtelhalms (R 7). Auf höheren Stellen des durch Hangrutschungen sehr ungleichmäßigen Reliefs wurden aber unmittelbar neben den Schachtelhalmen auch Heidelbeersträucher (R 2) gefunden.
Über einen immer steiler werdenden Weg (vielen Dank für den Anschub!) erreichten wir schließlich die Kreisstraße von Oberhofen nach Grünkraut (K7982), von der wir – nach Besprechung der Sammelaufgaben – links in die K7985 zum Weiler Menisreute abbogen. Von dort ging es auf steilem Pfad geradewegs zurück an den Flappachweiher – ich bedanke mich hiermit noch einmal für die Bike-Bremser, die mich vor einer rasanten Gleitfahrt bewahrten!
Aufgabe zum 13.7.2017
Skizzieren Sie einen didaktisch begründeten Plan zum möglichen Exkursionsablauf durch den Hangwald am Flappachweiher.
Aufgaben zum 16.7.2017
Nennen Sie einige Beispiele für windende Pflanzen und erläutern Sie den Unterschied zwischen S-Winder und Z-Winder. Kommen die beiden Typen unterschiedlich häufig vor? Geben Sie eine biologische Erklärung zur Lebensform „Winden-Pflanzen“.
Nutzen Sie die Abbildung zur Erklärung der Kalktuffbildung. Gehen Sie dabei besonders auf die Bedeutung von Moosen, Algen und Blaugrünen Bakterien ein (biogene Kalktuffbildung).
Im Hangwald oberhalb des Flappachweihers kommen dicht nebeneinander Pflanzenarten mit recht unterschiedlichen Zeigerwerten für Bodenreaktion und Nitratgehalt vor. Nennen Sie einige Beispielarten und erklären Sie den kleinräumigen Wechsel der Standortbedingungen.
Die Lehrveranstaltung besteht aus einzelnen Seminarterminen und einzelnen halb- & ganztägigen Exkursionstagen (freitagnachmittags, samstags & sonntags).
Termin Seminar: Do 09.45 – 11.15 Uhr Beginn: 14.04.2016
Termine Exkursionen: siehe Tabelle
Vorrausetzung zur Teilnahme:
PO 2011: WHRS HF & NF Biologie & Studiengang Umweltbildung
Die LV ist anrechenbar für WHRS HF 3.5 oder 3.6/ WHRS NF 3.4; Studiengang Umweltbildung Modul Bio 2.
Diese LV ist nur bei regelmäßiger Teilnahme am Begleitseminar und bei Teilnahme an allen Exkursionstagen anrechenbar!
Ein Ersatz fehlender Exkursionstage durch andere Leistungsnachweise ist nicht möglich!
Leistungsnachweis:
Regelmäßige Teilnahme.
Protokoll der Exkursionsaufgaben (Aufgaben werden auf den jeweiligen Exkursionen bekannt gegeben).
Abgabe des gesamten Exkursionsberichtes bei Dr. Ursula Dieckmann bis zum 01.10.2016.
Teilnahmebegrenzung: 24 Studierende
Anmeldung: Die Seminaranmeldung über LSF gilt auch als Anmeldung zu den Exkursionstagen.
Kosten für An- & Abreise, evtl. Eintrittsgelder
Termine der Exkursionen im SS 2016
Datum
Dauer
Dozent
Ort/Treffpunkt
Thema
Sa 30.04.16
10.00 – 17.00
W. Probst
Wanderparkplatz bei Appenweiler
Wald
Fr. 13.05.16
14.00 – 18.00
F. Renner
Naturschutzzentrum Bad Wurzach
Wurzacher Ried
So 22.05.16
10.00 – 17.00
W. Probst
Kirche Blitzenreute
NSG Dornacher Ried mit Häckler Ried, Häckler Weiher
Inhaltliche und organisatorische Einzelheiten werden im Begleitseminar besprochen!
Exkursionsorte und Treffpunkte
Exkursionsziel Adelsreuter und Weißenauer Wald
Treffpunkt am 30.4.2016, ca. 300 m von Appenweiler Richtung Brochenzell, Waldparkplatz links (Schletterschachen-Weg)
Treffpunkt bei Appenweiler
Größere zusammenhängende Waldgebiete sind im heutigen Oberschwaben ziemlich selten. Im Laufe der mehrtausendjährigen Siedlungsgeschichte ist die typische kleinräumige Landschaft aus Feldern – heute vielfach Obstplantagen -, Wiesen und kleinen Waldstücken entstanden. Das größte Waldgebiet, der Altdorfer Wald etwa zwischen Vogt und Wolpertswende gelegen, hat immerhin eine Längsausdehnung von ca. 17 km. Dagegen ist das Waldgebiet , das sich am westlichen Rand des Schussenbeckens etwa von Ravensburg bis Meckenbeuren erstreckt, mit knapp 8 km deutlich kleiner. Die geplante Umgehungsstraße für Meckenbeuren könnte es noch weiter verkleinern. Trotzdem kann man in diesem Wald stundenlang wandern. Mehrere Bäche entwässern das Gebiet zur Schussen hin. Sie haben sich zum Teil ziemlich tief in die Jungmöräne eingeschnitten.
Die Artenzusammensetzung des Baumbestandes ist recht abwechslungsreich. Neben Buchen, Eichen und anderen Laubbäumen finden sich auch Tannen, Fichten und Kiefern, bachbegleitend Eschen und Erlen. Typische Waldgesellschaft ist ein Buchen-Tannen-Wimpernseggenwald.
Mit dem Bodenseebecken wird das untere Schussental im Allgemeinen zum Landschaftsraum Bodensee-Schussen-Becken zusammengefasst, der am Ende der Würmeiszeit durch den Rheingletscher geprägt wurde.
Geologie Oberschwabens (aus Köhler, A.: Vom Wesen und Werden der oberschwäbischen Landschaft. In Ott, St. (Hrsg.), 1971: Oberschwaben. Otto Maier Verlag Ravensburg
Unterlagen
Lebensformen
Lebensformen (=Überwinterungsformen) der Pflanzen
Zeigerwerte der Pflanzen Mitteleuropas
Auf Grund von Jahrzehnte langen empirischen Erhebungen zu den Standortansprüchen von Pflanzenarten wurden von Heinz Ellenberg in den 1970 er Jahren für nahezu alle in Mitteleuropa heimischen Pflanzenarten Zeigerwerte für verschiedene Umweltfaktoren zusammengestellt und seither immer wieder neuen Erkenntnissen angepasst. Das ökologische Verhalten gegenüber einem bestimmten Standortfaktor wird in der Regel durch eine Ziffer von 1 bis 9 ausgedrückt. Diese Zeigerwerte spiegeln das Vorkommen einer Art unter Freilandbedingungen wider, d. h. bei ausgeprägter zwischenartlicher Konkurrenz. Die Zeigerwerte machen also keine Aussage über das Verhalten in Reinkultur.
In der Tabelle sind die Zeigerwerte in zwei Gruppen zusammengestellt, zunächst
Lichtzahl (L) für Beleuchtungsstärke bzw. Lichtgenuss
Wärmezahl (T) für Wärmebedarf,
Kontinentalitätszahl (K) für Kontinentalität des Klimas
dann
Feuchtezahl (F) für Wasserangebot bzw. Feuchtigkeit
Reaktionszahl (R) für Bodenreaktion bzw. pH-Wert des Bodens
Stickstoffzahl (N) für angebot an mineralischen Stickstoff, insbesondere Nitrat
Salzzahl (S) für Gehalt an leichtlöslichen Ionen in der Bodenlösung (0 für keinerlei Salztoleranz)
Ein Beispiel (Rot-Buche Fagus sylvatica), die letzten beiden Buchstaben stehen für die Lebensform (P=Phanerophyt, S= sommergrün):
Fagus sylvatica (3) 5 2 5 x x 0 P S
X statt einer Ziffer bedeutet indifferentes Verhalten, entweder weite Amplitude oder ungleiches Verhalten in unterschiedlichen Regionen
? statt einer Ziffer bedeutet ungeklärtes Verhalten
Die in der letzten Auflage der „Vegetation Mitteleuropas“ von H.Ellenberg und C.Leuschner nach neuestem Stand zusammengestellten Zeigerwerte sind im Internet frei zugänglich:
Ökogramm der mitteleuropäischen Waldgesellschaften
Baumstamm – Aufbau und Wachstum
Am Waldgraben
In unserem Exkursionsgebiet fallen an vielen Stellen feuchte bis nasse Bereiche mit typischen Nässezeigern und Zeigerpflanzen für Staunässe wie Wechselblättriges Milzkraut oder Sumpf-Segge auf. In den Gräben entlang der Wege steht oft Wasser, man sieht schon die Blätter von Sumpf-Schwertlilien, Flutendem Schwaden oder Bachbungen-Ehrenpreis. Einen Graben haben wir und genauer angeschaut:
Quelle der beiden Abb.: Probst,W. (1993): Naturerleben. In: Homfeldt, H.-G. (Hrsg): Anleitungsbuch zur Gesundheitsbildung, S.140-196, Schneider-Verlag Hohengehren
Aufgaben
Ausschnitt aus TK 8223 mit Exkursionsweg
Gehölze im Adelsreuter-Weißenauer Wald: Zusammenstellung der von uns gefundenen Gehölz-Arten mit Zeigerwerten. Erläutern Sie, welche ökologischen Aussagen über das Waldgebiet sich daraus ableiten lassen
Essbare Wildkräuter: Es wurden Kräuter gesammelt, welche die SammlerInnen für möglicherweise essbar hielten. Ermitteln Sie zu allen gesammelten Kräutern die Zeigerwerte und leiten Sie daraus eine ökologische Aussage über den Sammelort ab. Wählen sie fünf essbare Wildkräuter aus und geben Sie einige Hintergrundinformationen zu ihrer möglichen Verwendung in der Küche und ihrem Wert für Gesundheit und Wohlbefinden.
Lebensfomen/Überwinterung von Pflanzen: Geben Sie Beispiele für die verschiedenen Lebensformen, die wir auf unserer Exkursion angetroffen haben. Erläutern Sie den Lebenszyklus der Herbstzeitlose und geben Sie eine ökologische Bewertung.
Wassergraben am Weg: Schildern Sie den Lebensraum „Wegbegleitender Wassergraben“ (pH, Gesamthärte, Nitratgehalt, Tierfunde)
Exkursionsziel NSG Dornacher Ried mit Häckler Ried, Häckler Weiher
Das Dornacher Ried wurde schon 1924 zum Naturschutzgebiet erklärt. 1937 wurde es um das Häckler Ried und den Buchsee erweitert. Zwischen Jungmoränenzügen liegt eine abwechslungsreiche Landschaft aus Hochmooren, Übergangsmooren, Niedermooren und Bruchwäldern.
Im 14 JH. kam das Häckler Ried in den Besitz des Klosters Weingarten. Durch Aufstau legten die Benediktinermönche einen großen Weiher zur Fischzucht an. Der Häckler Weiher wurde bis 1996 zur Karpfenzucht genutzt. In der zweiten Hälfte des 19. JH begann man die Feuchtgebiete zu entwässern, doch die landwirtschaftliche Nutzung außer der Nutzung für Streuwiesen war kein großer Erfolg. Im Rahmen von Renaturierungsmaßnahmen, die durch das LIFE-Programm der EU (L’Instrument Financier pour l’Environnement) gefördert wurden, sperrte man die Entwässerungsgräben durch 18 Spundwände ab. Dadurch konnte eine deutliche Wiedervernässung erreicht werden.
Diese drei „grasartig“ aussehenden Familien hielt man früher für nicht besonders eng verwandt, heute werden sie vor allem aufgrund molekulargenetischer Daten in eine Ordnung, die „Grasartigen“ (Poales) gestellt.
Aufgaben
Zusammenstellung der typischen Merkmale der Heidekrautgewächse (Familie Ericaceae) und Steckbriefe der 6 von uns gefundenen Arten. Dabei sollen auch ihre ökologischen Ansprüche dargestellt werden
Gegenüberstellung der Familien Süßgräser (Poaceae), Sauergräser (Cyperaceae) und Binsengewächse mit einigen von uns gefundenen Beispielen.
Vegetationsaufnahme der Wiese: Vergleich des Artenspektrums von Wiese und Wiesenweg. Welche Arten kommen nur auf der Wiese, welche nur auf dem Weg vor? Begründe das ausschließliche Vorkommen mit besonderen Angepasstheiten.
Früher Mürbling (Psathyrella spadiceogrisea), ein typischer Frühjahrspilz im Buchenwald am Häckler Weiher, nährmineralreicher Wegrand mit Brennnesseln und Klebrigem Labkraut (Foto Probst 22.5.16)
Treffpunkt am 25.6.2016, am Wanderparkplatz bei Unterteuringen (Richtung Modellflugzeugplatz)
Das Hepbach-Leimbacher Ried wurde 1983 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das 46 ha große Gebiet gliedert sich in einen Kernbereich nördlich der Kreisstraße 7742 und das Untere Ried südlich dieser Straße. Die bis zu 10 m mächtigen Torfschichten weisen darauf hin, dass sich das Ried schon direkt nach dem Rückzug des Rheingletchers am Ende der letzten Kaltzeit zu bilden begann. Es stellt den Rest eines ehemals großen Niedermoorkomplexes dar, dessen bemerkenswerte Flora und Fauna durch die Streuwiesennutzung begünstigt wurde. Heute wird das Gebiet durch einen kleine Heckrinder-Herde „gepflegt“, die vom BUND Markdorf und seinem Vorstandsmitglied Franz Beer betreut wird.
Südlich wird das Gebiet von einer Reihe von Höhenzügen begrenzt. Diese auch als Drumlins bezeichneten Erhebungen sind aus Gletscherablagerungen hervorgegangen (Raderacher Drumlinlandschaft). Nördlich liegt der aus Molasseablagerungen gebildete Höhenrücken des Gehrenbergs, mit 754,6 m gut 300 m höher als die Riedflächen. Aus dem Ried entspringt die Brunnisach, die nach einem Lauf von 12 km bei Fischbach in den Bodensee mündet.
Exkursionsweg um das Hepbacher-Leimbacher Ried
Autor: Thommi Gitter, entnommen aus: Markdorf, Geschichte und Gegenwart, 1990
Aufgaben
Die Panoramakarte gibt eine Vorstellung von der Landschaft um das heutige Markdorf am Ende der letzten Kaltzeit. Erläutere von dieser Darstellung ausgehend die Entstehung des Hepbach-Leimbacher Rieds, des größten Niedermoorkomplexes des Bodenseekreises.
Niedermoore wurden in der Vergangenheit teilweise trockengelegt, um eine bessere landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen, teilweise wurden sie als Streuwiesen genutzt. Erläutere, welche Bedeutung Niedermoore für Naturschutz und Landschaftsökologie haben und welche Pflegemaßnahmen ihrem Erhalt dienen können.
Heckrinder-Bulle im Leimbach-Hepbacher Ried bei Markdorf, Baden-Württemberg (Foto Probst 2011)
Im und am Hepbach-Leimbacher Ried sorgt eine Herde Heckrinder für die Landschaftspflege. Charakterisiere diese Rinderrasse und erkläre die Namensherkunft. Erläutere die vorteilhaften Auswirkungen der extensiven Beweidung durch Heckrinder, insbesondere auf die Biodiversität.
Erläutere die ökologische Bedeutung von Feldhecken. Nenne und charakterisiere drei für die Hecke oberhalb des Hepbach-Leimbacher Rieds typischen Heckengehölze und eine Grasmückenart, die wir hören konnten.
Blick aufs Hepbach-Leimbacher Ried am 27.4.2012 (alle Fotos Probst)
Exkursionsziel Pfrunger-Burgweiler Ried
Treffpunkt am 17.7.2016 beim Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf
Das Pfrunger-Burgweiler Ried ist mit 2600 ha nach dem Federseegebiet das zweitgrößte Moorgebiet Sudwestdeutschlands (Wikipedia). Von dieser großen Fläche sind heute immerhin noch ca. 150 ha als Hochmoorkomplexe erhalten. Es liegt an der Wasserscheide zwischen Rhein (Rotach) und Donau (Ostrach), 610 m ü.N.N. zwischen Molasse-Höhenzügen, deren höchster, der „Höchsten“, 837,8 m erreicht. Das Moorgebiet entstand aus einem See, der sich beim Rückzug des Rheingletschers bildete.
1824 wurde das Gebiet vom Königreich Württemberg der evangelishen Brüdergemeinde übereignet (Gründung von Wilhelmsdorf, nach König Wilhelm I von Württemberg). Die Bewohner begannen mit der Kultivierung des Moores (Entwässerung, Torfabbau). Seit 1996 ist der Torfabbau untersagt.
Unser Exkursionsweg zum Fünfeckweiher und zum Beobachtungsturm (Ausschnitt aus L 8122)
Empehlenswerte Literatur
Zier, Lothar (2.A.1998) Das Pfrunger Ried. Stuttgart. (zu beziehen durch das Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf, email: shb@naturschutzzentrum-wilhlmsdorf.de)
33 Jahre nach der 2. Auflage der „Botanischen Exkursionen im Winterhalbjahr“ und 27 Jahre nach der 2. Auflage der „Botanischen Exkursionen im Sommerhalbjahr“ hat der Springer-Verlag von beiden Büchern einen Nachdruck herausgegeben.
Auf einer Exkursion am 30.5.1980 an der Rodau, PH Flensburg
Eine Besonderheit unseres Exkursionskonzeptes in den 1980er Jahren war eine Hinwendung von der „Demonstrationsexkursion“ zur „Arbeitsexkursion“. Der Exkursionsleiter oder die Exkursionsleiterin sollten nicht die einzigen Agierenden in einer Schar von ZuhörerInnen sein, vielmehr sollten sich die ExkursionsteilnehmerInnen selbst aktiv am Geschehen beteiligen. Dies war der Grund dafür, dass wir bei jeder Exkursion Arbeitsaufgaben für die Teilnehmer angegeben haben. Außerdem sollten die unter dem Titel angeführten thematischen Schwerpunkte auf Möglichkeiten hinweisen, mit dem speziellen Exkursionsthema über die Formenkenntnis hinaus Inhalte aus der Allgemeinen Biologie zu vermitteln.
Laubgehölze im Winter, Ausschnitt aus den Merk- und Bestimmungstabellen in den „Exkursionen im Winterhalbjahr“
Wichtiger Bestandteil der Exkursionsbücher waren Merk- und Bestimmungstabellen, die allerdings kein Ersatz für einen wissenschaftlichen Bestimmungsschlüssel sein sollen. Sie sind in erster Linie als Gedächtnisstütze im Gelände und als Hilfe bei der Vorbereitung gedacht, da sie – übersichtlich angeordnet – die nicht mikroskopischen Unterscheidungsmerkmale zusammenstellen. In dieser Funktion haben sie sich im Unterricht vielfach bewährt.
Eindruck von einer Botanischen Exkursion um 1965 (aus: Botanische Exkursionen im Winterhalbjahr)
Ich bin auch heute noch der Meinung, dass biologische Formenkenntnis einen wichtigen Teil der Allgemeinbildung ausmacht und deshalb auch unverzichtbare Unterrichtsstoff in den allgemein bildenden Schulen sein sollte. Dies wiederum setzt voraus, dass auch Biologielehrerinnen und -lehrer eine entsprechende Schulung erhalten sollten – auch wenn der Umfang der Life Sciences sich in den 40 Jahren, seitdem die Bücher konzipiert wurden, sehr stark vergrößert hat. Die „Botanischen Exkursionen“ können dazu vielleicht auch heute noch einen wichtigen Beitrag leisten und ich freue mich deshalb, dass der Springer-Verlag sie mit einem Nachdruck und einer Ausgabe als E-Book wieder zugänglich macht. Bei der Benutzung der Bücher darf allerdings nicht übersehen werden, dass sich im Hinblick auf Systematik, Taxonomie und Nomenklatur der Pflanzen und Pilze in den letzten Jahrzehnten sehr viel verändert hat. Zu verdanken ist dies vor allem den ganz neuen Möglichkeiten, die sich durch vergleichende molekulargenetische Untersuchungen ergeben haben.
Haller, B./Probst, W.: Botanischer Exkursionen Band I, Winterhalbjahr, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1978,1983, Nachdruck 2016, ISBN 978-3-662-48687-0 eBook: 978-3-602-48688-7
Haller, B./Probst, W.: Botanischer Exkursionen Band II, Sommererhalbjahr, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1980,1989, Nachdruck 2016, ISBN 978-3-662-48685-6 eBook: 978-3-602-48686-3