Vom Menschen unberührte Natur macht derzeit weniger als ein Viertel der Erdoberfläche aus. Den Forderungen, solche Flächen zur Stabilisierung des Bioplaneten zu vergrößern, steht die wachsende Weltbevölkerung und die auf Wachstum begründete Weltwirtschaft entgegen. Gibt es trotzdem Möglichkeiten, natürliche Funktionsabläufe zu vermehren?
Wildnis und Naturschutz
Die vom Menschen noch kaum veränderten Gebiet der Erdoberfläche machen gegenwärtig weniger als ein Viertel aus. 77% der Landfläche (ohne Antarktika) und 87% der Meere sind bis heute durch menschliche Aktivitäten verändert worden, der größte Teil davon in den letzten 50 Jahren (Watson, Allen u.a. 2018). Dies wird von vielen Ökologen als ein großes Problem angesehen, denn vom Menschen bisher kaum beeinflussten Wildnis-Gebiete gelten als wichtigster Puffer gegen den Verlust der biologischen Vielfalt und die Klimaveränderungen. Wildnisgebiete regulieren Wasserkreisläufe und Klimazyklen und schützen damit vor extremen Wetterereignissen. Außerdem stellen sie wichtige Referenzflächen für die Regeneration und Renaturierung degradierter Landflächen und Meeresgebiete dar. Die Degradation und Fragmentaktion naturnaher Restflächen verstärken die nachteiligen Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Biodiversität (Mantyka-Pringle u. a. 2012).
Den Erhalt von Wildnis ist deshalb ein wichtiges Naturschutzziel.
Aber was ist Wildnis? Ist es im Sinne Aldo Leopolds von Menschen unberührte Natur? Oder sind mit domestizierten Rindern und Pferden beweidete „halboffene Weidelandschaften“ ebenso Wildnis, wie dies Jan Haft in seinem Buch „Wildnis“ darstellt? Welche Rolle spielt Wildnis für die Biodiversität, für den Klimaschutz und für den Erhalt natürlicher Ressourcen? Haben Aufforstungsprogramme etwas mit Wildnis zu tun? Inwiefern ist der Naturschutz mit Wildnis-Vorstellungen verknüpft?
Viele Fragen. Ein Versuch, sie zu beantworten, lässt schnell erkennen, dass es recht unterschiedliche menschliche Vorstellungen von „wilder Natur“ und den Beziehungen der Menschen zu solcher Wildnis gibt.
Europäische Wildnis?
Die in Mitteleuropa seit der letzten Kaltzeit in etwa 12 000 Jahren – also einer erdgeschichtlich sehr kurzen Zeitspanne – entstandenen Landschaften waren von Anfang an vom Menschen beeinflusst. Die menschliche Nutzung hat ein kleinräumiges Mosaik von Lebensräumen geschaffen und zu einer Artenvielfalt geführt, die sich vermutlich ohne den Menschen und seine Nutztiere nicht oder zumindest nicht so schnell entwickelt hätte.
Ein flächendeckender Urwald, wie er über die Jahrhunderte heute vermutlich ohne menschlichen Einfluss in Mitteleuropa entstehen würde, hätte sicher eine geringere Artenvielfalt aufzuweisen als die ursprüngliche, vorindustrielle Kulturlandschaft. Der Biologe und Naturfilmer Jan Haft belegt dies in seinem Buch „Wildnis“ mit gut recherchierten Zahlen und Aussagen von Experten (Haft 2023). Es ist deshalb verständlich, dass Naturschutz in Mitteleuropa in vielen Fällen mit Managementmaßnahmen verbunden ist, bei denen es darum geht, traditionelle Landbewirtschaftungsmaßnahmen nachzuahmen. Schilfbestände in Feuchtgebieten werden abgemäht und das Mähgut gut wird entfernt um einen Zustand magerer Feuchtwiesen zu erreichen, der alten Streuwiesen entspricht. Heiden und Moore werden maschinell oder von Hand von Gehölzen befreit (entkusselt), um einen Zustand herzustellen, der einer extensiven Beweidung entspricht. Feldhecken, die früher auch der Nutzholzgewinnung dienten, werden als Naturschutzmaßnahme weiterhin regelmäßig „auf den Stock gesetzt“, um das Durchwachsen zu Baumreihen zu verhindern und den für Kleinsäuger, Vögel, Reptilien und viele Wirbellosen wertvollen Heckencharakter zu erhalten. Alle diese Maßnahmen zielen auf den Erhalt von Landschaften ab, die man nicht als „unberührte Natur“ bezeichnen kann.
In den zwischeneiszeitlichen Warmzeiten allerdings war die Biodiversität ebenfalls deutlich höher. Ursache waren vermutlich die zahlreichen großen Herbivoren, deren Weidetätigkeit die Bildung geschlossener Urwälder verhinderte. Vielmehr herrschten offene, savannenähnliche Landschaften , wie sie heute zum Beispiel noch in Afrika zu finden sind. Dass es solche großen Pflanzenfresser seit dem Ende der letzten Kaltzeit in Europa nicht mehr gibt, ist vermutlich auf die Tätigkeit menschlicher Jäger zurückzuführen ( Sandom et al. 2014). Streng genommen könnte man deshalb diese voreiszeitliche Landschaft als die eigentliche mitteleuropäische Wildnis ansehen.
Nordamerikanische Wilderness
In Nordamerika ist der Naturschutz deutlich stärker mit dem Wildnisbegriff im Sinne von unberührter Natur verbunden als in Europa. Der Naturalist und Dichter Henry David Thoureau forderte schon 1862, dass jede amerikanische Stadt zur Bildung und Erholung ihrer Bevölkerung 200-400 ha Wildnis so bewahren sollte, dass darin nicht einmal die Spur eines geschnittenen Stockes zu erkennen wäre (nach Trommer 2023). Auch für den großen amerikanischen Naturschützer John Muir war die wilde, von Menschen unberührte Natur der zu schützende Idealzustand. Ebenso setzte sich der Wildtierbiologe Aldo Leopold (1887-1948) für die Bewahrung von Wildnis als einem von Menschen weitestgehend unbeeinflusstem Naturraum ein. Seine Schriften hatten großen Einfluss auf den 1964 beschlossenen Wilderness Act, mit dem ein System von vollständig geschützten Wilderness Areas geschaffen wurde (Henderson o.J.).
Diese unterschiedlichen Vorstellungen von Naturschutz in Nordamerika und Europa hängen sicherlich auch damit zusammen, dass die Landschaftsveränderungen in Nordamerika im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert in atemberaubender Geschwindigkeit verliefen und deshalb im Laufe eines Menschenlebens sehr gut zu beobachten waren. Die europäischen Siedler bewirkten eine sehr rasche und drastische Veränderung und verhinderten von vorneherein die Entwicklung einer europäischen Verhältnissen vergleichbaren kleinräumig strukturierten Kulturlandschaft.
Außerdem war der Ausgangszustand nach der Eiszeit in Nordamerika biodiverser als in Europa. In Nordamerika konnten sich die Biodiversität nach der letzten Eiszeit schneller regenerieren als in Europa, da die Biozönosen während der Kaltzeiten wegen der vorwiegend von Norden nach Süden streichenden Gebirge nicht so stark dezimiert wurden. In Mitteleuropas war eine Rückzugsmöglichkeit nach Süden durch die Alpen weitgehend versperrt.
Allerdings sind auch in Nordamerika viele der vor den Kaltzeiten oder in Zwischenwarmzeiten noch existenten großen Pflanzenfesser einschließlich ihrer Prädatoren verschwunden. Es ist naheliegend, zu vermuten, dass auch hier menschlicher Einfluss, die Jagd, für das Aussterben entscheidend war. Ähnliche Entwicklungen kann man auch für Australien und Teile Asiens nachweisen. Lediglich in Afrika haben bis heute eine Vielzahl großer Herbivoren und Carnivoren überlebt. Dies wird damit in Verbindung gebracht, dass sich in Afrika Menschen und Großsäuger über lange Zeiträume parallel entwickelt haben.
Welche Wildnis wollen wir?
Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass nicht so ganz eindeutig ist, was jeweils unter „Wildnis“ , also einem ursprünglichen Naturzustand, gemeint ist und welche günstigen Wirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung des Bioplaneten Erde sich daraus ergeben. Geht es um einen Zustand ohne jeglichen menschlichen Einfluss, also um Ökosysteme ohne Homo sapiens oder gehören auch sogenannte Naturvölker dazu? Welche Rolle spielen reich strukturierte Kulturlandschaften, wie sie bis zu Beginn der Industrialisierung in Europa vorherrschend waren? Wie sind die Veränderungen – man kann auch sagen Ausrottungen – zu bewerten, die schon durch Jäger und Sammler bei der Besiedelung Australiens und Amerikas bewirkt wurden? Wo zieht man die Grenzen? Ist es wirklich notwendig, völlig unberührte (menschenfreie) Natur zu erhalten, oder können menschliche Aktivitäten teilweise dazu führen, dass Funktionen im Naturgeschehen wieder ablaufen, die vormenschlichen Bedingungen entsprechen? Geht es also mehr um „wilde“ Funktionsabläufe als den Erhalt eines menschenfreien Zustandes?
Wilde Weiden
Jan Haft zielt in seinem Buch „Wildnis“ genau auf dieses Funktionsverständnis von Wildnis ab, das im Naturschutz auch als „Prozessschutz“ bezeichnet wird. Dabei geht es ihm vor allem um die Ökosysteme mit großen Pflanzenfressern, die in vielen Gebieten der Erde vor dem Erscheinen des Menschen große Räume einnahmen. Diese vorzeitliche Wildnis könnte funktional wiederhergestellt werden durch domestiziert Weidetiere, deren Populationen nicht durch Carnivoren sondern durch den Menschen reguliert werden. Die mittlerweile an vielen Orten etablierten „halboffenen Weidelandschaften“ sind ein gutes Beispiel dafür, dass solche wilde Weiden der Biodiversität wirklich sehr förderlich sind und dass in solchen Gebieten viele bedrohte Arten sich wieder ausbreiten und regenerieren konnten. Zwei sehr gut dokumentiertes Beispieleaus meiner früheren Heimat sind die auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz der Bundeswehr entstandene Weidelandschaft „Stiftungsland Schäferhaus“ bei Flensburg und das Stiftungsland Winderatter See – Kielstau (Janßen 2011-2020)
Das Prinzip dieser Art von Verwilderung lässt sich auf andere Bereiche ausweiten. Einige Beispiele:
Aufforstung
Bäume pflanzen und durch Trockenheit und Schädlingsbefall – vor allem Windbruch und Borkenkäfer – geschädigte oder zusammengebrochenen Wälder durch Aufforstung zu regenerieren gilt nicht nur als eine wichtige Maßnahme des Klimaschutzes sondern auch des Naturschutzes und der Förderung der Biodiversität. Dem widerspricht zum Beispiel der Förster und Erfolgsautor Peter Wohlleben: „Wald kommt von ganz alleine zurück, das macht er seit 300 Millionen Jahren.“ Global gäbe es kein Beispiel dafür, dass gepflanzter Wald besser funktioniert, als ein Wald, der von selbst zurück wächst. Besonders widerspricht Wohlleben der Annahme, Bäumepflanzen sei eine unumstrittene Klimaschutzmaßnahme. Eine frisch gepflanzte Aufforstung stoße in den ersten Jahren bis Jahrzehnten mehr CO2 aus, als die neu gepflanzten Bäume aufnehmen könnten (Wohlleben in“Hart aber fair“ , 01.11.21).
Erfahrungen im Nationalpark Bayerischer Wald geben Wohllebens Auffassung recht. Nachdem in den 1990 er Jahren durch Borkenkäferbefall rund 60.000 ha Wald zugrunde gegangen waren, hielt die Nationalparkverwaltung trotz großer Proteste der Öffentlichkeit an ihrer Nichteingriffsstrategie fest. Die sich hervorragend regenerierenden Bergwaldflächen sind mittlerweile ein international bekanntes Beispiel für natürliche Waldregeneration (Bibelriether 2017).
Ackerbau
Die hohe Biodiversität einer kleinräumig strukturierten Kulturlandschaft, wie sie in früheren Jahrhunderten für Mitteleuropa typisch war, ist unbestritten. Viele hiesige Naturschutzmaßnahmen zielen deshalb darauf ab, alte bäuerliche Bewirtschaftungsformen zu simulieren. Dies geht aber nur auf verhältnismäßig kleinen, abgeschlossenen Naturschutzflächen. Großflächig dominieren weiterhin große, unstrukturierte Ackerflächen, da nur solche mit Großmaschinen rationell bearbeitet werden können. Wäre es nicht denkbar, dass eine zunehmende Digitalisierung der Landwirtschaft auch eine rationelle maschinelle Bearbeitung kleinräumig strukturierte Anbauflächen ermöglichen würde? Statt dinosaurierartiger Riesenmaschinen könnten kleine Agrarroboter Bearbeitung und Ernte übernehmen, die von Satelliten oder Drohnen gesteuert ganz gezielt eingesetzt werden könnten. Sie würden sich an einem verhältnismäßig engmaschigen Netz von Feldhecken und Feldgehölzen, Randstreifen und Saumbiotopen nicht stören. So könnte eine kostengünstige Produktion ermöglicht werden, ohne natürliche Funktionsabläufe vollkommen zu unterbinden.
Auch die arbeitsintensiven Methoden der Permamakulturen und der Agroforestry, die versuchen, natürliche Prozesse nicht zu unterdrücken sondern auszunutzen, könnten durch KI-Einsatz rentabler werden.
KI in der Landwirtschaft
„Der nächste Schritt in der technologischen Entwicklung intelligenter landwirtschaftlicher Maschinen könnte eine Art Schweizer Armeemesser sein: ein Roboter, der jede Pflanze individuell behandelt, nicht nur mit Herbiziden sondern auch mit angepassten Düngemitteln, Insektiziden und Fungiziden und gezielter Bewässerung, alles in einem Arbeitsgang und jeweils nur in der benötigten Menge. Die Folgen einer solchen. Behandlung von Einzelpflanzen statt von ganzen Feldern bedeutet nicht nur eine deutliche Reduktion benötigter Chemikalien und anderer Ressourcen. Es könnte schließlich auch zu einem Ende der Monokulturen führen, einem Ende von Kornfeldern oder Sojafeldern soweit das Auge reicht, die heute der Normalfall sind. Monokulturen laugen Böden aus und sind riskant, da solche nur von einer Pflanzenart bewachsene Felder für Schädlingsbefall und andere Katastrophen besonders anfällig sind.“ (Übersetzt aus Little, A. (2019): The fate of food. What we’ll eat in a bigger,hotter,smarter World. London: Oneworld Publications, p.106)
Paludikultur
Bis vor 200 Jahren waren Torfmoore die letzten unberührten Naturlandschaften Mitteleuropas. Durch Entwässerung und Bodenbearbeitung, Torfstich zur Brennmaterialgewinnung und später für Blumenerde und Gärtnereibedarf führten zum weitgehenden Verschwinden ursprünglicher Moore mit aktiver Torfbildung. Im Zuge der Klimaerhitzung hat man festgestellt, dass die Torfbildung unter Mooren eine sehr effektive Form der Kohlenstoffspeicherung darstellt. Deshalb werden seit einiger Zeit große Anstrengungen unternommen, um aktive Moore zu regenerieren. Dies muss aber nicht unbedingt zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes führen. Eine Alternative sind die sogenannten Paludikulturen, bei denen auf wieder vernässten Torfböden nutzbare Pflanzenproduktion betrieben wird. Geerntet werden können nicht nur Schilf und Sauergräser sondern auch Torfmoose, aus denen ein für Gärtnereizwecke besonders wertvolles, dem Hochmoortorf entsprechendes Grundsubstrat gewonnen werden kann. Die Kohlenstoff-speichernden Torfschichten bleiben erhalten. Auch weitere ökologische Funktionen wie Regulierung des Wasserhaushaltes und Erhalt von Lebensräumen für moortypische Tiere und Pflanzen blieben – zumindest teilweise – erhalten (Tanneberger, Schroeder 2023)
Migration
Arten, die sich in einem Gebiet ausgebreitet und etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren, nennt man Neobiota (auch Neobionten, Sing.der Neobiont). Enger gefasst versteht man darunter nur solche Arten, für deren Einbürgerung indirekt oder direkt menschliche Aktivitäten verantwortlich waren. Arten, die sich ohne menschlichen Einfluss ausgebreitet haben, werden dann als Neueinheimische (Neonative) bezeichnet. Besonders wichtig für Neobiota im engeren Sinne ist der weltweite Güterverkehr.
Nach einer Recherche von Kleunen et al. 2015 wurden bs dahin weltweit 13.168 Pflanzenarten durch menschliche Aktivitäten in neuen Gebieten eingebürgert. Besonders neobiontenreich ist Nordamerika, die größte Anzahl der weltweit neu eingebürgerten Arten stammt aus Europa. Beides hängt vermutlich direkt mit der Kolonisation zusammen, die von Europa ausging.
Vom Naturschutz wird diese menschenbedingte Migration zumeist als großes Problem angesehen, da neu eingewanderte Arten etablierte, heimische Arten verdrängen und Ökosysteme verändern können. Der Naturschutz versucht deshalb, diese Migration zu verhindern und die Migranten wenn möglich wieder aus den neu eroberten Gebieten zu verdrängen. Tatsächlich haben Neobiota teilweise zu drastischen Veränderungen der ursprünglichen Ökosysteme beigetragen. Dies gilt besonders für pazifische Inseln, die von europäischen Kolonisatoren nicht nur mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und Nutztieren (Schweine, Ziegen) sondern auch mit Ratten und europäischen Wildpflanzen von Äckern und Weiden „geimpft“ wurden. Die sehr speziellen Ökosysteme hatten solchen im wahrsten Sinne des Wortes invasiven Arten nichts oder wenig entgegenzusetzen und viele auf den Inseln endemisch Arten wurden ausgerottet.
Andererseits ist Migration ein sehr natürlicher Vorgang, der für die Geschichte des Lebens auf der Erde eine entscheidende Rolle gespielt hat. Mancuso (2021) bezeichnet Migration nicht ganz zu Unrecht sogar als „Essenz des Lebens“. Allen Lebewesen, so Mancuso, sei ein „Wandertrieb“ eigen, das Bestreben, sich möglichst effektiv auszubreiten, das Verbreitungsareal zu vergrößern. Durch solche Wanderungen bedingte Veränderungen wären für die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten – nicht zuletzt auch für die Evolution des Menschen – von großer Bedeutung. Vom Menschen geförderte oder verursachte Migration ist nicht etwas grundsätzlich anderes als natürliche Migration, allerdings kann vom Menschen geförderte Ausbreitung natürliche Ausbreitungsschranken schneller überwinden und auch große Entfernungen können durch moderne Verkehrsmittel schnell überbrückt werden.
Um den Artenbestand von Inseln zu erklären, haben MacArthur und Edward O. Wilson 1967 die mittlerweile breit akzeptierte Gleichgewichtstheorie der Inselbesiedelung entwickelt. Danach stellt sich – qualitativ leicht zu beschreiben – auf jeder Insel ein Gleichgewicht zwischen Einwanderungsrate und Aussterberate der Arten ein. Je mehr Arten auf einer Insel vorhanden sind, desto geringer ist die Einwanderungsrate. Entweder, da keine Arten zur Einwanderung mehr zur Verfügung stehen, oder, da es keinen Platz mehr für die neu zugekommenen Arten gibt, da also keine „Nischenbildung“ mehr für sie möglich ist. Umgekehrt ist die Aussterberate umso größer, je mehr Arten auf der Insel sind. Steht genügend Zeit zur Verfügung, stellt sich ein Gleichgewicht ein, eine bestimmte Artenanzahl. Die Zusammensetzung der Arten, das Artenspektrum, kann sich oder muss sich allerdings weiter ändern, da ja immer Arten aussterben und Arten einwandern, jeweils in einer Rate, die dem Gleichgewicht entspricht. Ohne Migration würde die Artenanzahl auf Inseln danach kontinuierlich abnehmen. Dies gilt aber natürlich auch für andere mehr oder weniger abgeschlossene Gebiete und vermutlich sogar für ganze Kontinente.
Die meisten Neobiota haben sich gut in die Ökosysteme integriert, ohne dass nachteilige ökologische Auswirkungen erkennbar wären. Eine gezielte Bekämpfung ist deshalb in den meisten Fällen nicht notwendig und – wenn sich die Arten schon weit verbreitet haben – auch wenig erfolgversprechend. Die Ausbreitung und Etablierung von Neobiota kann bei sich veränderndem Klima sogar eine Stabilisierung von Ökosystemen bedeuten. Auch das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt deshalb eine weitgehende Akzeptanz der Neubürger und eine Bekämpfung nur in begründeten Einzelfällen.
Verkehr
Die Hauptprobleme, die sich durch privaten und öffentlichen Verkehr ergeben, sind die Zerschneidung der Landschaft und die Produktion schädlicher Abgase. Das zweitgenannte Problem versucht man durch „grüne Energie“ und Abschaffung von Verbrennungsmotoren zu beheben. Das erste Problem ist für die natürliche Funktionsabläufe in einer Landschaft besonders gravierend. Es könnte zum Teil dadurch behoben werden, dass die Zerschneidungseffekte von Verkehrswegen durch grüne Brücken vermindert werden, noch effektiver durch großzügigen Brücken- und Tunnelbau. Dabei spielt die fachgerechte Ausführung und Unterhaltung der Grünverbindungen eine entscheidende Rolle (Peters-Ostenberg, Henneberg 2023).
Auch durch Alleen kann der schädliche Zerschneidungseffekt von Verkehrswegen gemindert werden. Außer ihrer Bedeutung als vernetzendes Element stellen sie selbst vielseitige Lebensräume dar.
Städte und Siedlungen
Zwischen 1985 und 2015 hat die die Ausdehnung von Städten und Siedlungen jährlich um 9687 km² zugenommen, mit steigender Tendenz (Liu et al. 2020). Damit ist der Flächenverbrauch der Städte schneller gewachsen als die Bevölkerung. Für eine nachhaltige Entwicklung müssen Städte deshalb „ökologischer“ werden. Damit ist gemeint, dass Funktionsabläufe in dem Ökosystem Stadt stärker den Funktionsabläufen in einem natürlichen Ökosystem entsprechen sollen. Eine Stadt mit großen Grünanlagen wie Parks und Gärten bietet zwar eine hohe Lebensqualität und eine bessere Ökobilanz. Dies geht aber insofern auf Kosten der Umgebung, als sie mehr Fläche für denselben umbauten Raum benötigt. Eine Erfolg versprechende Möglichkeit für dicht bebaute Großstädte ist die Integration von Bauwerken und Grünanlagen.
Neben Minderung des Klimawandels durch eine Verbesserung der CO2-Bilanz können dadurch auch die Auswirkungen einer Klimaerwärmung verringert werden (Lass u. a. 2022). Schließlich wirken mit Sachverstand begrünte Städte auch dem Verlust der Biodiversität entgegen.
Dächer
Schon lange zählt es zu Attributen ökologischer Bauweise, Dächer zu begrünen. Die Etablierung und Ausgestaltung solcher Dachgärten und Wiesen ist aber noch sehr stark ausbaufähig, wie man auf Luftbildern von Städten leicht erkennen kann. Begrünte Dächer können durch Brücken vernetzt werden. Durch treppenartige Anordnung von Gebäudeteilen können Verbindungen zur Grundfläche hergestellt werden. Beim Bewuchs selbst könnte dem Prinzip „Wachsen lassen“ mehr Raum gegeben werden.
Fassaden
Auch begrünte Fassaden gibt es schon lange, aber eher an alten Bauernhäuser auf dem Land als an mehrgeschossigen Stadthäusern, Bankhochhäusern und Industrieanlagen. Außerdem sind die bisher architektonisch verwirklichten Grünfassaden gärtnerisch aufwändige Konstruktion, die eine hohe Wartung benötigen. Ziel müsste es sein, möglichst wartungsarme sich selbsterhaltende Systeme zu erzeugen.
Eine Möglichkeit für eine schnelle flächenhafte Begrünung wären Module, die mit einfachen Mitteln an Fassaden angebracht werden können und die durch Anschluss an eine Bewässerungsanlage wartungsarm sind. Die Elemente könnten aus einem Gerüst bestehen, an dem mehrere auswechselbare Pflanzgefäße aufgehängt werden. Fensterfassaden könnten durch berankte Schnurgerüste – Hopfenfeldern vergleichbar – begrünt und beschattet werden.
Ein interessanter Vorschlag sind vorbegrünte Pflanzennetze. Solche „Urban Pergolas“ sollen als Verschattungssystem der Aufheizung von Fassaden entgegenwirken und die Städte in einen „diversen Großstadtdschungel“ verwandeln. Die Pflanzennetze können an einem oder zwischen mehreren Gebäuden angebracht werden und dadurch Grünflächen schaffen, ohne andere Nutzungen den Platz wegzunehmen (Urban Pergola 2021).
Balkone
Eine weitere Möglichkeit der vertikalen Begrünung, die in wenigen Beispielen schon verwirklicht ist, wäre die Ausgestaltung von Pflanzbalkonen mit Sträuchern und Bäumen (Boeri 2015).
Hochhäuser als Gewächshäuser, „Vertical Farming“
Diese platzsparende Form der Landwirtschaft setzt einen preisgünstigen Zugang zu alternativen Energien voraus, wird aber heute schon als eine wichtige, nachhaltige und zukunftsfähige Ergänzung zur Flächen gebundenen Landwirtschaft gesehen:
Wenn es in der Zukunft gelingt, den Kraftfahrzeugverkehr weitgehend aus den Stadtzentren herauszuhalten, werden dort auch keine Parkhäuser mehr benötigt und diese könnten zu „Plantscrapern“ werden (Despommier 2011).
Ritzen und Fugen
Der portugiesische Stadtplaner und Architekt Ángel Panero Pardo stellte auf dem großen Platz vor der Wallfahrtskathedrale von Santiago de Compostela während der Corona Pandemie fest, dass sich dieser Platz nach dem Ausbleiben der Pilger in ein Biotop für Wildkräuter verwandelt hatte. Die Fugen zwischen den Pflastersteinen waren grün. Der Stadtplaner überlegte, dass dieser zusätzliche Pflanzenwuchs sich eventuell positiv auf das Stadtklima auswirken könnte. Die Botaniker der Universität von Santiago de Compostela wurde mit einer Untersuchung beauftragt und sie stellten mit einer Wärmebildkamera fest, dass die bewachsenen Ritzen eine bis zu 28 °C niedrigere Oberflächen-temperatur aus aufwiesen als die Steine (Prinz 2023).
Dieses Ergebnis fand in den Medien einen breiten Widerhall, obwohl es eigentlich nicht so verwunderlich ist. Wenn man Fugen und Ritzen in Pflastern und Mauern nicht länger von jedem Bewuchs frei hält, sondern Bewuchs zulässt, hat dies einen messbar positiven Einfluss auf das Stadtklima.
Gärten
Ein besonders großes Potenzial stellen Privatgärten dar, die vor allem in den Randbereichen der Städte in Vierteln mit Einfamilien- und Reihenhäusern konzentriert sind. Hier gilt meist das Prinzip, dass nur wachsen darf, was gepflanzt wurde. Der Garten darf nicht „verwildern“. „Un“kraut jäten ist deshalb neben Rasen mähen und Hecken schneiden die häufigste Beschäftigung des Hobbygärtners. Um das Unkraut ohne zu viel manuelle Tätigkeit fern zu halten, hat sich schon vor einigen Jahrzehnten verbreitet, die Beete mit einer Schicht aus keimungs- und wachstumshemmendem Rindenmulch zu bedecken.Seit einigen Jahren wird eine noch pflanzenfeindlichere Methode, das Auskiesen von Gartenflächen, immer beliebter.
Dabei gibt es viele Möglichkeiten, natürliche Funktionsabläufe im Garten zuzulassen oder sogar zu fördern und so eine „Verwilderung“ zu ermöglichen, die durchaus ästhetischen Ansprüchen gerecht werden kann:
Zierpflanzen, die gut gedeihen, fördern, auf solche, die schlecht wachsen oder sehr viel Pflege benötigen, verzichten,
auf Pestizide verzichten oder sie nur sehr gezielt bei einzelnen befallenen Pflanzen einsetzen,
Wildpflanzen nur entfernen, wenn sie gewünschte Zier- oder Nutzpflanzen schädigen oder verdrängen,
Wildpfanzen unter Hecken oder Sträuchern wachsen lassen,
Rasenflächen, die rein ornamentale Funktion haben, zu mageren (nicht gedüngten), höchstens zweimal im Jahr gemähten Wiesen umwandeln,
Abstellflächen (z.B. Autostellplätze) nicht pflastern oder asphaltieren, sondern als Schotterrasen gestalten,
Einfahrten mit unterbrochenen Pflastersteinen befestigen, die Bewuchs und Wasserversickerung ermöglichen,
abgeblühte Blütenstände und abgestorbene Fruchtstände wenigstens teilweise stehen lassen, auch über Herbst und Winter (Vogelfutter, Überwinterungsplätze für Insekten)
Gartenabfälle vor Ort kompostieren,
aus Strauch- und Baumschnitt Reisighaufen anlegen,
Gartenmauern als Trockenmauern anlegen, Mauerritzen können zur schnelleren Begrünung mit passenden Pflanzen geimpft werden (Zimbelkraut, Mauerraute, Schöllkraut, Polster von Mauermoosen wie Drehzahnmoos, Kissenmoos)
Abwechslungsreiche Besiedelungsflächen schaffen (Sandflächen, Lehmböden, humusreiche Böden, Stein- bzw. Bauschutthaufen),
Regenwasser vom Dach (und versiegelten Flächen) in Zisterne sammeln und als Gießwasser (ggf. auch für Teich /Bachlauf) nutzen.
Ergänzend zu den genannten Maßnahmen können Verkehrswege, insbesondere Straßen und Schienenverkehr, wie U-Bahnen unter die Oberfläche verlegt werden, wodurch Platz für bodenständige Grünanlagen aber auch Rad- und Fußwege gewonnen würde.
So könnten schließlich Städte entstehen, die ganz in einem grünen Pelz eingehüllt sind und die sich fast übergangslos in die umgebende Landschaft einfügen (vgl. Jean Nouvel 2014, Boeri 2015).
Verwilderung zulassen
Ein Garten, in dem verhältnismäßig wenig pflegerische Eingriffe vorgenommen werden, „verwildert“. Diese Art von Verwilderung ergibt sich aus natürlichen Funktionsabläufe, die nicht durch menschliche Eingriffe unterbrochen werden. Wenn man sich bei allen Eingriffen und Pflegemaßnahmen – Manipulationen der Natur – überlegt, welche Ziele mit Ihnen verfolgt werden sollen und ob diese Ziele notwendig und sinnvoll sind, wird man schnell erkennen, dass man auf viele Eingriffe verzichten könnte. Ein solcher Verzicht ist ein Schritt in Richtung Wildnis, wenn man unter Wildnis Vewilderung, das Zulassen natürlicher Prozesse, versteht.
Quellen
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Crutzen, P. J. (2002): Geology of mankind. Nature 415, p.23
Daily, G. C. (2001): Ecological forecast. Nature 411, p.245
Despommier, D. (2011): The vertical farm: Feeding the world in the 21th century. Picador (Nachdruck der Ausgabe von 2010)
Fløjgaard, C. et al. (2021): Exploring a natural baseline for large-herbivore biomass in ecological restoration
Haft, J. (2023): Wildnis: Unser Traum von unberührter Natur (German Edition) (S.141). Penguin Verlag. Kindle-Version.
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Peters-Ostenberg, E., Henneberg, M. (2023): Zerschneidug – Entschneidung – Brücken bauen. In: : Riedel, W. (Hrsg., 2023): Zwischen Wildnis und Energielandschaft. Husum, S. 87-96
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Der Schutz und die Wiederherstellung von Mooren gilt schon seit langem als wichtige Naturschutzaufgabe. Dabei ging es zunächst in erster Linie um die schützenswerten Lebensgemeinschaften mit ganz besonderen, in der übrigen Landschaft seltenen oder fehlenden Arten. Erst durch die hohe Aktualität der Klimakrise rückte die Bedeutung der Moore als Kohlenstoffspeicher in den Vordergrund. Aber auch ihre Bedeutung für den Wasserhaushalt und den Stickstoffkreislauf befördert aktuelle Moorschutzmaßnahmen.
Feuchtbiotope
Unter Feuchtbiotopen versteht man Lebensraumtypen, die über einen längeren Zeitraum des Jahres bis zur Landoberfläche mit Wasser gesättigt sind. Weiter gefasst werden auch Seen und Fließgewässer und von Salzwasser bestimmte Lebensräume wie das Wattenmeer mit einbezogen. Obwohl solche Feuchtgebiete nur etwa 6 % der Erdoberfläche einnehmen, erbringen sie rund ein Viertel der Nettoprimärproduktion. Sie haben eine besondere Bedeutung als Grundwasserfilter, für Überschwemmungsschutz, in vielen Fällen als Kohlenstoffsenke und als Rast- und Überwindungsplätze für Wasser- und Watvögel.
Man unterscheidet zum Beispiel Moore, Brüche, Auwälder, Riede und Sümpfe. Für die Einteilung ist wichtig, ob Torfbildung stattfindet oder nicht und wie die Wasserversorgung des Gebietes erfolgt. Auch das Vorhandensein oder Fehlen von Bäumen und anderen Gehölzen spielt für die Unterscheidung eine wichtige Rolle.
Moore als Kohlenstoffspeicher
Für die Kohlenstoffspeicherung von besonderer Bedeutung sind Moore. Sie entstehen auf wasserdurchtränkten Böden, in denen wegen des Sauerstoffmangels die anfallenden Pflanzenreste nur sehr langsam zersetzt werden. Da die Produktion von organischer Substanz rascher erfolgt als ihr Abbau, kommt es zur Ablagerung von Torf. Dabei ist „Moor“ ein geografischer bzw. botanischer, „Torf“ ein mineralogisch-petrografischer Begriff. Bodenkundlich ist Torf definiert durch seinen hohen Glühverlust (bei 550 °C):Torf: 100-75 %, anmooriger Boden: 74-15 %, Mineralboden: unter 15 %.
Wenn Torfschichten eine Mächtigkeit von über 30 cm haben werden diese Gebiete als Moore bezeichnet, unabhängig davon, ob dort noch eine neue Torfbildung stattfindet oder nicht. Bei einer geringeren Torfschicht oder einem geringeren Torfanteil im Boden spricht man von „Anmoor“. Der Überbegriff für beide ist „organische Böden“. Im Gegensatz dazu haben mineralische Böden einen geringeren organischen (Humus-)Anteil und einen höheren Anteil aus verwittertem Gestein.
Beim Abbau der organischen Substanz unterscheidet man:
Verwesung durch aerobe Mikroorganismen: Völliger Abbau zu Kohlenstoffdioxid und Wasser sowie anorganischen Mineralstoffen (Nitrate, Phosphate….).
Vermoderung: Unvollkommene Verwesung bei unzureichendem Sauerstoffzutritt.
Fäulnis: Vollzieht sich unter Sauerstoffabschluss; es bilden sich durch anaerobe Bakterien vor allem Methan und Schwefelwasserstoff, aber auch Ammoniak und Lachgas; Bildung von Faulschlamm, Mudde (Seesediment mit relativ hohem organischem Anteil).
Vertorfung beginnt bei behindertem Sauerstoffzutritt mit Vermoderung, später folgt unter Luftabschluss eine sehr langsame Fäulnis. Schnell zersetzen sich die Zellinhalte aus Proteinen, Zuckern und Stärke. Langsamer werden die Stoffe der Zellwände abgebaut, zuerst Pektine und Hemizellulosen, dann die Zellulose zuletzt der Holzstoff Lignin. Sehr schwer zersetzen sich außerdem Fette, Harze,Wachse, Kutin und Sporopollenin. Pollenkörner und Sporen bleiben in Torf deshalb sehr gut erhalten. Durch ihre Funde in gut datierbaren Torfschichten kann man deshalb auf die Vegetation früherer Zeiten schließen (Pollendiagramme).
Für die Eigenschaften des Torfes (Struktur, Anteil an Mineralstoffen, Huminstoffen, pH-Wert, Wassergehalt) ist die Pflanzengemeinschaft wichtig, aus deren Ablagerungen er entstanden ist. Immer handelt es sich dabei um Pflanzengemeinschaften feuchter Standorte.
Die Anhäufung von organischem Material in aktiven Mooren ist standortabhängig. Aus Messungen ergibt sich ein Torfwachstum von 1± 0,8mm im Jahr. Die großen Unterschiede kommen durch die unterschiedliche torfbildende Vegetation und die klimatischen Bedingungen zustande.
In jedem Fall wird der Atmosphäre solange Kohlenstoff entzogen, solange mehr Torf gebildet als abgebaut wird. Moore gelten daher als Kohlenstoffsenken. Für die langfristige Kohlenstoffakkumulation unterschiedlicher Torfarten hat man Werte zwischen 0,15 und 1,3 t C ha-1 a-1 ermittelt (Tepel 2007/08). Das unterscheidet Moore von Wäldern, deren Senkenwirkung mit dem Erreichen des Klimaxstadiums beendet ist, da sich dann Einlagerung und Abgabe die Waage halten. Aber auch trockengelegte, kultivierte oder anderweitig genutzte Moore können von Kohlenstoffsenken zu Kohlenstoffquellen werden, da ihr Kohlenstoffspeicher durch aerobe oder anaerobe Zersetzungsvorgänge abgebaut wird. Bei aerobem Abbau wird Kohlenstoffdioxid, bei anaerobem Methan freigesetzt. In ausgetrockneten Mooren wird dies in den oberen Schichten jedoch schnell zu CO2 oxidiert (Abb. 4). Durch Vernässung kann die Torfbildung wieder in Gang gebracht und damit die Wirkung als Kohlenstoffsenke wiederhergestellt werden.
Etwa 3 % der Landfläche der Erde sind von Mooren oder Anmooren bedeckt. Das entspricht einer Fläche von 4 Millionen km². Die größten Moorflächen finden sich in Kanada, Alaska, Nordeuropa und Sibirien, aber auch in tropischen Waldgebieten von Südostasien, im Amazonasbecken und im Kongo-Regenwald wurden große Torfflächen nachgewiesen (Page/Rieley/Wüst 2006, Dargie et al. 2017). In Mitteleuropa sind ursprünglich etwa 5 % der Landfläche von Mooren bedeckt. Sie sind alle nach der Eiszeit beginnend vor etwa 15.000 Jahren entstanden und zwar in den von Gletschern überformten Gebieten Norddeutschlands und am Alpenrand. Einige Moore gibt es auch in den Mittelgebirgsräumen, beispielsweise im Hohen Venn und im Schwarzwald.
Tab.1 Aufteilung der Landfläche auf der Erde (2019) (nach Jäger 2020)
Fläche in106 km2
Anteil an der Landfläche in %
gesamte Landfläche
149
landwirtschaftlich genutzte Fläche
51
34
Wälder
39
26
Gletscher, Wüsten u.Ä.
43
29
Busch
12
8
Siedlungen
1,5
1
Seen, Flüsse
1,5
1
in den genannten Flächen enthalten:
Moore und Anmoore (organische Böden).
ca.4
3
Tab.1 Aufteilung der Landfläche auf der Erde (2019) (nach Jäger 2020)
Global ist die Menge an organisch gebundenen Kohlenstoff in den Böden ungefähr dreimal so groß wie die Kohlenstoffmenge in allen Lebewesen zusammen und doppelt so groß wie der Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre.
System
Kohlenstoffvorrat (in Gt)
Böden insgesamt
1500
Moorböden
ca.500
Landpflanzen
560
Atmosphäre
750
Ozeane
38.000
Marines Plankton
3
Tab. 2 Kohlenstoffvorräte in Gigatonnen für unterschiedliche Systemkompartimente des Kohlenstoffkreislaufs (nach Trepel 2007/08). Dank des mittlerweile (2022) auf 416 Vol ppm angestiegenen CO2-Gehalts der Atmosphär beträgt der Kohlenstoffvorrat derzeit ca. 850 Gt.
Nach einer Datenauswertung von Yu et al. von 2010 zeigt sich, dass die Kohlenstoffspeicherung nach der letzten Kaltzeit in den Mooren der Nordhemisphäre am höchsten war, wobei höchste Akkumulation im frühen Holozän lag. Deutlich weniger Kohlenstoff wurde in tropischen Moorgebieten vor allem vor 4000-8000 Jahren akkumuliert, während die Moore der Südhemisphäre – vor allem in Patagonien gelegen – vor allem während einer Wärmeperiode vor 15-20.000 Jahren Torfschichten aufgebaut haben
Region
Fläche (km2)
C-Speicher(Gt)
durchschnittliche C-Speicherung (gCm-2a-1) seit der letzten Vereisung
Nordhemisphäre
4 000 000
547 (473-621)
18,6
Tropen
368 000
50(44-55).
12,8
Südhemisphäre
45 000
15 (13-18)
22,0
Tab. 3 Überblick über die Moorflächen der Erde und ihre Kohlenstoffspeicherung (nach Yu et al. 2010)
Fläche in ha
Gespeicherte Kohlenstoff in G t
Organische Böden in der EU
31 000 000
17
Organische Böden in Deutschland
1 823 922
mindestens 1,3
Tab. 4 Organische Böden in Europa und ihre Kohlenstoffspeicherung (nach Jäger 2020)
Für die Klimaerwärmung spielt vor allem die Vernichtung von Kohlenstoffvorräten in den Moorböden weltweit eine wichtige Rolle. Torfbrände in Südostasien haben zum Beispiel in den letzten Jahrzehnten den stärksten Anstieg der CO2-Emissionen in der Atmosphäre bewirkt (Page et al 2002, Rieley et al. 2006). In Deutschland spielt vor allem die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden eine entscheidende Rolle für die Freisetzung von Kohlenstoffdioxid.
Bereiche
in Mt CO2– Äquivalente pro Jahr
aus allen Bereichen in Deutschland
ca. 900
aus Landwirtschaft (ohne die Herstellung synthetischer Düngemittel)
103,5
aus organischen Böden, die als Acker und Grünland genutzt werden
38
Tab. 5 Treibhausgasemissionen in Deutschland (nach Jäger 2020)
Moortypen und ihre Entstehung
Je nach Umweltbedingungen entstehen unterschiedliche Moortypen. Sie unterscheiden sich vor allem darin, woher das Wasser kommt, welche Salze im Wasser gelöst sind und welche Pflanzenarten deshalb dort gedeihen können. So werden die regenwasserabhängigen Hochmoore oder Regenmoore den Niedermooren gegenübergestellt, die ihren Wasservorrat aus dem Grundwasser oder aus Oberflächengewässern erhalten. Regenwasser ist sehr mineralstoffarm. Der Mineralstoffgehalt der Gewässer, die Niedermoore speisen, kann sehr unterschiedlich sein. Nach der Herkunft des Wassers kann man sehr verschiedene Niedermoortypen unterscheiden.
Niedermoore (Wasserversorgung durch Oberflächenabfluss und Grundwasser)
Verlandungsmoore
Versumpfungsmoore
Überrieselungsmoore, Durchströmungsmoore
Quellmoore
Flussüberflutungsmoore
Niedermoore können je nach Nährmineralien und Kalkgehalt zahlreiche seltene Pflanzenarten beherbergen, zum Beispiel Seggen-Arten und Orchideen.
Hochmoore (Wasserversorgung nur durch die Niederschläge)
allmählich aus mineralstoffarmem Niedermoor (über Verlandung oder Versumpfung)
direkt (Wurzelechtes Hochmoor) auf feuchtem, nährmineralarmen Böden
Hochmoore
Aufbau und Hochmoortypen
Das Aussehen und der Aufbau der Regenmoore verändert sich von dem sehr atlantischen Klima des äußersten Westeuropas zum kontinentalen Klima Osteuropas. Die Deckenmoore Schottlands und Irlands haben sich aus ursprünglich bewaldeten Gebieten durch menschlichen Einfluss, insbesondere durch Beweidung, an waldfreien Standorten entwickeln können.
Nach Norden schließt an die Zone der echten Hochmoore die Zone der Aapamoore an. Sie sind im kalt gemäßigten Klima zirkumpolar verbreitet und bestehen aus hangparallel verlaufenden Wällen und Senken. Die Wälle haben Hochmoorcharakter (ombrotroph), die Senken Niedermoorcharakter (minerotroph). Noch weiter nach Norden, nördlich der Baumgrenze, folgt die Zone der Palsenmoore, deren hügelartige Strukturen an mehrjähriges Bodeneis gebunden sind. Noch weiter nach Norden folgen auf durchgehend gefrorenen Permafrostböden Polygonmoore, deren polygonartige Strukturen durch Frosttrockniss entstanden sind, als nach einer längeren Feuchtperiode im Atlantikum (7270-3710 v. Chr.) das Klima kälter wurde. Dieser Moortyp ist typisch für Nordostsibirien und er ist besonders vom Klimawandel bedroht (POLYGON, Uni Greifswald 2011-2014).
Torfmoose und Hochmoorwachstum
Voraussetzung für die Hochmoorbildung ist die Ansiedlung von Torfmoosen (Gattung Sphagnum).Torfmoose können aufgrund ihres anatomischen Baus das 20 bis 30 fache ihres Trockengewichtes an Wasser aufnehmen und speichern. Außerdem gestattet ihnen ein besonderer Ionenaustauschmechanismus selbst aus extrem nährmineralarmen Wasser die wenigen enthaltenen Kationen im Austausch gegen H+– Ionen herauszufangen. Dies bewirkt eine sehr starke Ansäuerung des Wassers (bis zu pH 3 (Dierßen u. Dierßen 2008) und damit eine weitgehende Ausschaltung von Konkurrenten. Als Ionenaustauscher wirken dabei vor allem bestimmte Substanzen in der Zellwand. Ob die so herausgefangenen Ionen tatsächlich der Mineralstoffzufuhr der Sphagnum-Pflanze dienen, ist allerdings fraglich.. Möglicherweise ist entscheidend, dass auf diese Weise für die Sphagnumzellen giftige Calcium- und Aluminiumionen aus dem aufsteigenden Wasser entfernt werden.
Die Torfmoospolster und – decken wachsen immer höher über den Grundwasserspiegel hinaus und in dem abgestorbenen Moostorf hält sich das Regenwasser wie in einem Schwamm. So können bis zu 5 m über das Relief emporgewölbte Torfschilde entstehen, aus denen am Rand ständig saures, nährsalzarmes Wasser abfließt und sich über das Randgehänge in dem sogenannten Randsumpf („Lagg“) ansammelt. Dieser Randsumpf ist dadurch etwas mineralstoffreicher als die Moorhochfläche.
Dabei wächst die Torfmoosdecke nicht gleichmäßig in die Höhe. Man unterscheidet zwischen höheren Bulten und tieferen Schlenken. In den Schlenken ist der Zuwachs am stärksten, dadurch werden aus Schlenken mit der Zeit Bulte und umgekehrt.
In vielen Veröffentlichungen wird angegeben, dass das Torfwachstum in Mitteleuropa etwa 10 cm pro 100 Jahre beträgt. Die größten Torfmächtigkeiten, die man erbohrt hat, liegen um 10 m. Dies würde einer Entstehung unmittelbar nach dem Ende der Eiszeit entsprechen. Allerdings sind die Wachstumsraten – wie schon oben ausgeführt – stark von den jeweiligen Umweltbedingungen abhängig. Außerdem kann man davon ausgehen, dass sich das Hochmoorwachstum mit zunehmender Höhe verlangsamt, da sich der schwerkraftbedingte Wasserabfluss verstärkt und außerdem Zersetzungsvorgänge in den tieferen Schichten und zunehmender Druck der darüberliegenden Schichten zu einem Zusammensacken führen.
In dem obersten halben Meter eines Hochmoores lässt sich ein Torfbildungshorizont (Akrotelm, von lat. telma = Moor) von einem Torfablagerungshorizont (Katotelm) unterscheiden. In einer obersten etwa 2-5 cm dicken Schicht des Akrotelms sind die Torfmoose photosynthetisch aktiv (euphotische Zone). An der Untergrenze dieser Schicht beträgt die Lichtintensität noch etwa 1 % des Oberflächenwertes. In der anschließenden aphotischen Zone, einer 10-50 cm dicken Schicht, sind die Torfmoose weitgehend abgestorben. Sie ist noch von lebenden Wurzeln der Gefäßpflanzen durchzogen. Abgestorbene Pflanzenteile werden von Bakterien und vor allem von Pilzen aerob abgebaut. Der Stickstoffgehalt ist hier noch niedriger als in der Oberflächenschicht (C/N bis 75 gegenüber C/N 50 in der Wachstumszone der Torfmoose, Dierßen und Dierßen 2008).
Unterhalb der aphotischen, noch sauerstoffhaltigen Zone folgt das Katotelm, beginnend mit einer Verdichtungszone von 2-15 cm Mächtigkeit. Die Pflanzenreste sind hier schon stärker zersetzt und werden durch das aufliegende Gewicht verdichtet. Darunter folgt ein mehr oder weniger ausgedehntes Torflager. Wegen der starken Verdichtung ist es nur wenig wasserdurchlässig. Der im Wasser enthaltene Sauerstoff ist deshalb schnell verbraucht und die weiteren Zersetzungsvorgänge werden nun von Anaerobiern übernommen, wobei vor allem Methan gebildet wird .
Aus der weiteren Schichtenfolge lässt sich die Entstehungsgeschichte des Moores ableiten. In der Abbildung ist die Schichtenfolge in einem Verlandungs-Hochmoor dargestellt.
Das Torfmoos-Mikrobiom und mögliche symbiotische Beziehungen
Die Erforschung des Mikrobioms der Sphagnumpflanzen ist noch in ihren Anfängen und erst durch neueste Möglichkeiten der Genomsequenzierung (next generation sequencing) wurden Fortschritte erzielt. Zunächst ging es um den Nachweis der verschiedenen beteiligten Mikrobionten. In den Sphagnumpflanzen befinden sie sich vor allem in den wasserspeichernden Hyalocyten, in den lebenden Chlorocyten konnten nur wenige Bakterien nachgewiesen werden. Man kann die Hyalocyten geradezu als kleine Kulturgefäße für Mikroben ansehen, von denen die Moose profitieren. Wie Untersuchungen an lebenden Sphagnumköpfchen zeigten, enthalten sie vor allem Proteobakterien und Acidobakterien. Cyanobakterien und Archäen spielen kaum eine Rolle (Kostka et al. 2016).
Untersuchungen zur Funktion des Mikrobioms ergaben eine besondere Bedeutung methanotropher Proteobakterien, die gleichzeitig azidotroph sind, also N2 assimilieren. Dies könnte erklären, warum die Stickstoffspeicherung in Sphagnummooren in Gebieten mit sehr geringen Konzentrationen von Stickstoffverbindungen in der Luft deutlich höher ist als der daraus zu erwartende Stickstoffgehalt. Das „Futter“ für die methanotrophen Bakterien liefert das in tieferen Moorschichten von methanogenen Bakterien und Archäen produzierte Methan. Der Sauerstoff wird auch von den Photosynthese betreibenden Sphagnumköpfchen bereitgestellt. Möglicherweise könnten die Bakterien auch von den Torfmoos-Chlorocyten abgegebenen Kohlenhydraten profitieren. Durch Isotopmarkierung konnte nachgewiesen werden, dass sich der Luftstickstoff tatsächlich in Proteinverbindungen der Sphagnen wieder finden lässt (Vile et al. 2014). Dorthin könnte er durch direkte Abgabe von Stickstoffverbindungen (zum Beispiel Ammonium) durch die methanotrophen Bakterien oder über die Freisetzung von Stickstoffverbindungen aus abgestorbenen Bakterien gelangt sein. Auch Konsumenten der Bakterien könnten die Sphagnen über ihre Ausscheidungen düngen. Die Hinweise verdichten sich, dass es sich bei diesen Stoffwechselbeziehungen um eine echte Symbiose handelt, vergleichbar mit Knöllchenbakterien und Leguminosen.
Es wäre denkbar, dass ein erhöhter Eintrag von Stickstoffverbindungen aus der Luft zu einer Verringerung der N2 Assimilation führen würde. Dies könnte wiederum die Methanabgabe der Moore beeinflussen (erhöhen) (Vile et al. 2014).
Pflanzen und Tiere
Auf wachsenden Hochmoorflächen kommen nur wenige Gefäßpflanzenarten vor. Neben dem Scheidigen Wollgras (Eriophorum vaginatum, vgl. Titelbild) sind dies die Heidekrautgewächse Moosbeere (Vaccinium oxycoccus) und Rosmarinheide (Andromeda polyfolia) sowie der insektenfressende Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia). An trockeneren Bereichen können sich als weitere Heidekrautgewächse Gewöhnliche Glockenheide (Erica vulgaris) und Besenheide (Calluna vulgaris) ansiedeln, im Randbereich auch Heidelbeeren (Vaccinium myrtyllus), Preiselbeeren (Vaccinium vitis-idaea) und Rauschbeeren (Vacciinium uliginosum), in von atlantischem Klima geprägten Bereichen Norddeutschlands auch der Gagelstrauch (Myrica gale) und die Krähenbeere (Empetrum nigrum), in Bereichen mit etwas kontinentalerem Klima Nordostdeutschlands der in Deutschland sehr selten gewordene Sumpf-Porst (Rhododendron tomentosum, Syn.:Ledum palustre). Weitere Hochmoorpflanzen sind In feuchteren Bereichen das Weiße Schnabelried (Rhynchospoa alba), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium) und weitere Zypergrasgewächse.
Auch die Fauna der Hochmoore besteht vorwiegend aus Spezialisten. Für Fische ist das Wasser zu sauer, wegen des Calciummangels fehlen Schnecken, Muscheln und Krebse. Typische Hochmoor-Insekten sind zum Beispiel die Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeschna subarctica) und der Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris), dessen Raupe sich von Moosbeeren ernährt. Unter den Wirbeltieren sind vor allem der Moorfrosch und die Kreuzotter – oft in ihrer schwarzen Variante – zu nennen Regelmäßig in Hochmooren anzutreffende Vögel sind zum Beispiel Großer Brachvogel, Goldregenpfeifer, Kranich, Birkhuhn, Sumpfohreule, Krick – und Knäkente.
Tropische Moore
Torfbildung findet vor allem in kühleren Klimaregionen statt, wo der Abbau organischer Substanz insgesamt langsamer verläuft. Aber es gibt auch Torfgebiete unter tropischen Sumpfwäldern, zum Beispiel im Amazonasgebiet, im Kongobecken und in Indonesien. Voraussetzung sind hohe Niederschläge – deutlich über 2000mm im Jahr – welche die Evaporation übersteigen.
Die großen Torflagerstätten in der zentralen Senke des Kongobeckens, der sogenannten Cuvette Centrale, wurden erst vor wenigen Jahren entdeckt und vermessen. Die Torfschichten sind zwischen 2,4 und 5,9 m dick (Dargie et al. 2022). Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Torflager immer unter bestimmten Waldgesellschaften auftreten, deren Ausdehnung sie mithilfe von Satellitenbildern auf 145.000 km² berechnen konnten. Das sind knapp 10 % des gesamten Kongobeckens. Nach Berechnungen der Forscher könnten in diesem Torflager 30,6 Milliarden t Kohlenstoff gespeichert sein.
Die Fläche der Moorgebiete in Südostasien wird auf 230.000 km² geschätzt (Page, Riley, Wüst 2006). Sie sind stark bedroht durch Brandrodung und Umwandlung in Agrarflächen. In unberührten Zustand haben diese Moore einen niedrigen pH-Wert (3-4) und niedrige Nährmineraliengehalte. Der Gehalt an organischem Kohlenstoff übertrifft 50 %, während der Stickstoffgehalt bei 2 % liegt. Im Gegensatz zu nördlichen Hochmooren ist der Ligningehalt des Torfes hoch und der Zellulosegehalt relativ niedrig. Dies hängt damit zusammen, dass die Vegetation dieser tropischen Moore vor allem aus Gehölzen besteht. Ihre Kohlenstoffspeicherung wird auf 50-70 Gigatonnen geschätzt, der jährliche Zuwachs ist unter günstigen Bedingungen drei bis viermal so hoch wie bei nördlichen Regenwassermooren.
Mensch und Moor
Brennstoff
. In Irland, Finnland und Schweden gibt es bis heute Stromkraftwerke, die mit Torf betrieben werden. Früher wurden die in Ziegelform gebrachten Torfbriketts an der Luft getrocknet, bevor sie als Brennmaterial genutzt werden konnten. In manchen Mooren wurden die Flächen kleinparzellig aufgeteilt, und die einzelnen Parzellen wurden von unterschiedlichen Landwirten zur Brennstoffgewinnung genutzt. Aus den kleinen Torfstichen solcher Moore ist – bei mäßiger Entwässerung – eine Regeneration möglich.
Braunkohle und Steinkohle sind fossile Torfe.
Gartenbau
Heute dient der Torfabbau vor allem der Gewinnung von Pflanzensubstrat in der Gärtnerei, für Presstöpfe zur Sämlingsanzucht und für Wurzelballen der meisten im Handel angebotenen Pflanzen, sowie für die meisten käuflichen Blumenerden. Im Gegensatz zum Brennmaterial ist zu diesem Zweck Weißtorf besonders gut geeignet. Es handelt sich um ein sehr einheitliches Substrat mit ausgezeichneter Wasseraufnahmefähigkeit und der Fähigkeit zur Mineralstoffspeicherung. Sein niedriger pH-Wert kann durch Kalkung bis über den Neutralpunkt hinaus verändert werden. So können mit diesem Grundsubstrat sehr unterschiedliche Pflanzsubstrate hergestellt werden.
2018 wurden in Deutschland etwa 3,7 Millionen m³ Torf abgebaut – von 2002-2009 waren es nach Auskunft der Bundesregierung noch durchschnittlich 8,2 Millionen m³ pro Jahr – und rund 4,1 Millionen m³ importiert, vor allem aus dem Baltikum. Allerdings wurden in Deutschland seit den 1980er Jahren keine intakten Moore mehr für den Abbau freigegeben, sondern nur noch Gebiete, die vorher landwirtschaftlich genutzt wurden. Die zu entnehmenden Torfmengen werden genau vorgegeben und es besteht eine Renaturierungspflicht für die Abbauer (Bundesinformationszentrum Landwirtschaft 2020). Alte Abbauverträge sind davon allerdings nicht berührt (s.u. Reichermoos) .
Ein völliger Verzicht von Torf im Erwerbsgartenbau wäre prinzipiell möglich aber sehr aufwendig, denn alle Ersatzsubstrate haben keine so guten und einheitlichen Eigenschaften wie Hochmoortorf. Infrage kommen Grünkompost, Rindenhumus Holzfasern. Kokosfasern, Blähton oder Perlit (Amberger-Ochsenbauer, Meinken 2020).
Medizin
Für Medizin und Körperpflege spielen Moorbäder und Moor-(Fango) packungen (von lat. fango = Schlamm, Schlick) eine wichtige Rolle. Der dickflüssige Brei aus Schwarztorf wird mit Temperaturen von 38-40° verwendet. Neben der Wärme sollen vor allem die im Torf enthaltenen Huminsäuren nicht nur die Haut weich machen und die Durchblutung fördern, sondern auch eine günstige Wirkung auf das endokrine System ausüben.
Filtermaterial
In der Aquaristik und in der Teichwirtschaft wird Torf als Filtermaterial zur Herabsetzung des pH-Wertes und der Carbonathärte verwendet. Außerdem sollen die Fulvosäuren im Schwarztorf die Schleimhäute der Fische vor bakteriellen Infektionen schützen. Durch Torffilterung kann man das Aquarienwasser den Verhältnissen in tropischen Schwarzwasserflüssen annähern, aus denen viele Zierfische stammen. Als natürlicher Ionenaustauscher kommt Torf auch in der chemischen Industrie zum Einsatz. Aus Torf lässt sich auch Aktivkohle zur Filterung herstellen, die vor allem in Chemielabors zum Einsatz kommt.
Weitere Nutzungen
Torffasern eignet sich zur Herstellung von Isolationsmaterial, sie lassen sich zu leichten und warmen Textilien und Unterlagen verarbeiten. Bis heute dienen Torffasern als natürlicher Füllstoff für Matratzen, Bettdecken und Kissen.
Vor allem im Pferdeställen wurde Torf als Einstreu genutzt.
Moorkultivierung
Die großen Moorflächen vor allem in Norddeutschland aber auch im süddeutschen Alpenvorland waren lange Zeit landwirtschaftlich nicht zu nutzen. Um die Ernährung der wachsenden Bevölkerung sicherzustellen, wurden deshalb immer wieder Versuche unternommen solche Moorflächen für die landwirtschaftliche Produktion nutzbar zu machen.
Die sogenannte Fehnkultur (von niederländisch Veen = Moor) wurde in den Niederlanden entwickelt aber schon im 17. Jahrhundert auch in Nordwestdeutschland angewandt. Dabei wurden zunächst tiefe Entwässerungskanäle angelegt, durch die der gestochene Torf mit Schiffen abtransportiert werden konnte. Auf dem Rückweg wurde von den Schiffen dann Schlick mitgebracht und vor allem mit dem Weißtorf vermischt. Beidseitig der Kanäle entstanden nach und nach typische Fehnsiedlungen.
Vor allem Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland verschiedene weitere Arten der Moorkultivierug entwickelt. Dabei spielten Entwässerung, Abtorfen, Brennen, Tiefpflügen zur Vermischung mit dem mineralischen Untergrund und Kalkdüngung eine wichtige Rolle. Oft wurde die schwierige Bearbeitung der Torfböden durch neue Siedler geleistet, die aus ihrer Heimat durch Not oder Verfolgung vertrieben worden waren.
Alle Kultivierungsmaßnahmen führten dazu, dass die Torfneubildung und -ablagerung gestoppt wurde und dadurch aus der Kohlenstoffsenke durch anaeroben Abbau der Torfschichten eine Kohlenstoffquelle wurde.
Paludikultur
Eine neue Form der Moornutzung ist die „Paludikultur„. Kulturpflanzen sind hier die Torfmoose, die großflächig unter Hochmoorbedingungen kultiviert werden. Die Torfmoosernte soll den Torfabbau ersetzen. Dadurch wird die Kohlenstofffreisetzung der üblichen Moorkultivierung verhindert und eine ökonomisch tragbare Alternative aufgezeigt. Nasskulturen können außer auf Hochmoorstandorten auch auf Nieder- und Zwischenmooren und anderen kohlenstoffspeichernden Feuchtgebieten entwickelt werden. Die produzierte Biomasse aus Schilf, Binsen, Sauergräsern und anderen Feuchtpflanzen könnte als Material für unterschiedliche Baustoffe verwendet werden (Wichtmann, Schröder, Joosten, 2016).
Möglichkeiten des Moorschutzes
Nach Dierßen und Dierßen (2008) gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten des Schutzes:
Bewahren eines derzeitigen Zustandes bzw. zulassen einer natürlichen Sukzession ohne Eingriffe
Pflegen eines aktuellen wünschenswerten Zustandes
Entwickeln eines Zustandes, der den jetzigen Zustand verbessert, durch geplante Pflege und Steuerungseingriffe (Restitution)
Die erste Vorgehensweise bietet sich an, wenn der derzeitigen Zustand sehr gut ist und sich durch Eingriffe kaum verbessern lässt oder wenn man erwarten kann, dass eine natürliche Sukzession zu einem wünschenswerten Zustand führt. Ein intaktes Hochmoor mit funktionierendem Bult-Schlenken-Komplex sollte vor Eingriffen abgeschirmt werden. Aber auch ein teilweise abgetorftes Hochmoor, bei dem sich in Torfstichen gute Sukzessionen mit Torfmoosen entwickeln, kann man am besten sich selber überlassen.
In vielen Fällen kann man erkennen, dass ein derzeitiger guter Zustand dabei ist, sich zu verschlechtern. So können noch vorhandene Bult-Schlenken-Komplexe bei zunehmender Austrocknung immer stärker von Besenheide besiedelt werden und ihr Wachstum einstellen. In diesem Fall könnten Maßnahmen gegen die Entwässerung und Austrocknung den besseren Zustand erhalten. Auch das starke Aufkommen von Baumwuchs, vor allem von Birken, ebenfalls im Zusammenhang mit Austrocknung aber auch mit Nährmineraleintrag, kann durch Entfernen des Birkenaufwuchses gebremst werden. In jedem Fall ist bei allen Maßnahmen eine gründliche Analyse der Wirkungszusammenhänge Voraussetzung für einen Erfolg.
Besonders schwierig ist die Restitution, im Hinblick auf Hochmoore also die Entwicklung relativ nährmineralreicher und von menschlichen Aktivitäten stark beeinflusster Flächen zurück zu nährmineralarmen, vom Regenwasser abhängigen Torfmoosflächen. Dies liegt vor allem daran, dass sich in der von Landwirtschaft, Siedlungen und Verkehr geprägten mitteleuropäischen Kulturlandschaft Düngemitteleintrag und Entwässerung kaum vermeiden lassen.
Moore im Biologieunterricht
Mögliche Unterrichtsthemen
Vom Gletschersee zum Hochmoor – ein Beispiel für nacheiszeitliche Landschaftsentwicklung
Für einige mitteleuropäische Moore ist die Entwicklung vom Eisstausee am Ende der letzten Kaltzeit bis zum Hochmoor gut dokumentiert. Diese zeitliche Entwicklung lässt sich bei einer Reise in den Untergrund nachvollziehen.
Speicher, Senken, Quellen? – Wie Moore sich auf die Treibhausgase der Atmosphäre auswirken
Der aus wenig zersetzen pflanzlichen Abfallstoffen bestehende Torf ist ein Kohlenstoffspeicher. Aber ob solche in Mooren gebundene Torfschichten Senken oder Quellen für Treibhausgase sind, hängt von den aktuellen Bedingungen ab. Für den Schutz und die Restitution von Mooren sind die Kenntnisse dieser Zusammenhänge eine wichtige Voraussetzung.
Vom Moos zur Landschaft – Morphologie und Physiologie der Torfmoose als Voraussetzung für die Hochmoorbildung erkennen
Die mikroskopische Untersuchung von Torfmoosen lässt erkennen, welche morphologischen Voraussetzungen ihrer ausgezeichneten Wasserspeicherfähigkeit zugrunde liegen. Wasserspeicherung, kapillare Wasserleitung und durch Torfmoose bedingte Veränderung des Elektrolytgehalts lassen sich experimentell untersuchen. Aus den Ergebnissen erklärt sich die Bedeutung der Torfmoose für die Hochmoorbildung.
Die Ionenaustauschfähigkeit von Torfmoosen kann man nachweisen, indem man die Moose Wasser mit Elektrolytgehalt aussetzt. Das zu prüfende Moospolster – etwa zwei Hand voll – wird in einem Küchensieb mehrfach mit destilliertem Wasser ausgespült und ausgedrückt, dann werden vier gewichtsgleiche Teil des Polsters zu etwa 100 g, feucht, in 3 Bechergläser mit je 200 ml unterschiedlicher Salzlösungen und einem Becherglas mit 200ml destilliertem Wasser verteilt (wie in Abb. 21 dargestellt). In jedem Ansatz wird nach 10, 20 und 40 Minuten der pH-Wert bestimmt. Die Blindprobe mit destilliertem Wasser zeigt keine Veränderung des pH-Wertes, die Probe mit der 0,01 N Calciumschloridlösung zeigt die stärkste Ansäuerung, da die Ansäuerung in gewissen Grenzen der Menge der angebotenen Kationen proportional ist und dass durch zweiwertige Calciumionen mehr H+-Ionen freigesetzt werden können als durch einwertige Kaliumionen.
Torfmooskultur – eine Alternative zum Torfabbau?
Zur Jahrtausendwende wurden jährlich 25 Millionen m³ Torf im Gartenbau genutzt; die auf einer Fläche von 800 km² gewonnen wurden. Wäre die gezielte Kultur und Ernte von Torfmoosen eine umweltfreundliche Alternative? Wenn man annimmt, dass damit 2500 kg Torfmoos -Trockenmasse pro Hektar und Jahr gewonnen werden könnten, würde hierzu eine Fläche von 15.000 km² benötigt, die so nicht zur Verfügung steht. Könnte die Paludikultur trotzdem ein sinnvoller und klimaschonender Zweig der Landwirtschaft werden?
Moosbeeren und Sonnentau – Nischenbildung am Extremstandort Hochmoor
Für Gefäßpflanzen sind Hochmoore ein sehr extremer Standort. Nur wenigen Arten ist es gelungen, eine ökologische Nische aufzubauen, die zu diesen Biotop passt. Der insektenfressende Rundblätterige Sonnentau und die Gewöhnliche Moosbeere, ein immergrüner, niederliegend fadenförmige wachsender Zwergstrauch, sind Beispiele für unterschiedliche Nischenbildung am selben Standort.
Schmetterlinge im Hochmoor: Hochmoor-Perlmutterfalter, Hochmoor-Gelbling und Hochmoor-Bläuling
Die drei Schmetterlingsarten sind eng an Hochmoore gebunden. Wie andere Arten gelten sie als Eiszeitrelikte, die nach der Erwärmung in den Hochmooren eine letzte Zuflucht gefunden haben. Die Raupe des Hochmoor-Perlmutterfalters ernährt sich nur von den Blättern der Moosbeere, während die beiden anderen Arten auch Heidelbeeren, Preiselbeeren und Rauschbeeren als Futterpflanzen annehmen. Die Falter sind auf nektarreiche Blüten der umgebenden Vegetation angewiesen. Die Ursachen für die Gefährdung dieser Arten werden analysiert.
Moore besitzen besondere konservierende Eigenschaften, die vor allem dem Sauerstoffmangel und dem niedrigen pH-Wert zu verdanken sind. So können in Mooren eingelagerte Werkzeuge, Waffen oder Schmuck ebenso Jahrtausende überdauer, wie Siedlungsstrukturen und Reste von Pflanzen und Tieren (und Menschen!). Dies gilt auch für Mikrostrukturen wie Pollen und Sporen, mit deren Hilfe man die nacheiszeitliche Vegetationsgeschichte rekonstruieren konnte (Pollenanalyse).
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Dieser Beitrag beruht auf Recherchen, die ich im Zusammenhang mit dem Unterricht Biologie Heft „Naturschutz auf neuen Wegen“ (UB 465) durchgeführt habe. Das Heft ist im Sommer 2021 erschienen.
Seit Beginn der Industrialisierung haben sich die Verhältnisse auf unserem Bioplaneten Erde (Kattmann 1991,2004) durch exponentielles Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung drastisch verändert, besonders deutlich in den letzten Jahrzehnten. Dank der elektronischen Datenverarbeitung und immer genaueren Registrierungsmöglichkeiten durch Satelliten lassen sich diese Veränderungen recht genau beschreiben. Schon lange vorher gesagt aber erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des kollektiven Bewusstseins gerückt ist die durch menschliche Aktivitäten verursachte Klimaerwärmung, um die Dimension dieser drastischen Entwicklung besonders zu betonen, wird neuerdings von „Klimaerhitzung“ gesprochen. Obwohl diese negativen Veränderungen besorgniserregend rasch voranschreiten, besteht nach wie vor Hoffnung auf eine Stabilisierung. Es gibt viele Ideen und auch schon realisierte Beispiele, wie man die Zukunft des Bioplaneten nachhaltiger gestalten könnte.
Bioplanetenschutz heißt Schutz der Funktionsabläufe
Nach konservativen Verständnis geht es im Naturschutz um den Erhalt oder gegebenenfalls auch die Wiederherstellung eines jetzigen oder früheren Zustandes, der den Menschen und seine Aktivitäten weitgehend ausklammert. In einem erweiterten Verständnis bedeutet der Schutz der Natur Schutz des Bioplaneten, d. h. insbesondere Schutz und Erhalt der Funktionsabläufe. In diesem Sinne können auch weitgehende Eingriffe und Manipulationen durch den Menschen (Geoengineering, synthetische Biologie), ökonomisch Maßnahmen wie Steuererhebungen oder juristische Maßnahmen wie Verbote von Verbrennungsmotoren oder Kohlekraftwerken als Naturschutzmaßnahmen verstanden werden.
Für die Rechtfertigung solcher Eingriffe sind einmal auf breiter wissenschaftlicher Basis erstellte Analysen und Prognosen erforderlich. Zum anderen müssen diese Erkenntnisse Grundlage von Bildung und Ausbildung werden. Neben neuen technischen Lösungen muss Naturschutz deshalb verstärkt um die menschliche Akteure einschließen. Sozio-ökonomische Aspekte müssen mit gedacht und interdisziplinär behandelt werden. Dazu gehören besondere Anreize für umweltfreundliches oder naturschutzkonformes Verhalten, deren Vorteile unmittelbar wirksam werden. Nur dann wird es möglich sein, den demokratischen Konsens herzustellen, der für eine politische Durchsetzung sinnvoller Maßnahmen notwendig ist.
Landschaftsgestalterische Maßnahmen können zur Renaturierung oder sogar Regenerierung von Ökosystemen führen oder neue artenreiche Ökosysteme entstehen lassen.
Die Wiedervernässung von Mooren kann deren Fähigkeit wieder herstellen, Kohlenstoff in unvollständig abgebautem Pflanzenmaterial zu speichern. Außerdem wirken die Torfkörper der Moore regulierend auf den Wasserhaushalt.
Die naturnahe Gestaltung von stillgelegten Kiesgruben, Steinbrüchen und Tagebauflächen (z. B. Braunkohle) kann ökologisch wertvolle Biotope und Landschaften entstehen lassen und damit die Biodiversität fördern.
Entrohrung, Renaturierung und Remäandrierung von Bachläufen kann die Wasserqualität verbessern, Überschwemmungsgefahren mindern und im Sinne eines natürlichen Wasserkreislauf wirken. Außerdem entstehen dadurch vielseitige Lebensräume, welche die Biodiversität fördern.
Die Anlage von marinen Hartsubstratböden, z. B. um Offshore-Windparks kann die Biodiversität fördern, insbesondere durch die Schaffung neuer Siedlungsflächen für Aufwuchsorganismen und Brutgebiete für Fische.
Durch geeignete Maßnahmen können bisher eher als Plantagen genutzte Waldgebiete in naturnahe Wälder umgebaut werden.
In potenziellen Waldgebieten kann der Anteil der Bewaldung durch Aufforstungsmaßnahmen erhöht werden.
Vor allem in Trockengebieten können überweidete Landschaften durch Regulierung des Weidegangs aufgewertet werden.
Für diese Renaturierungs- und Regenerationsmaßnahmen werden viele Arbeitskräfte benötigt. Durch entsprechende Förderprogramme können Landwirtschaft und Forstwirtschaft in Renaturierungsprogramme eingebunden werden.
Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, für solche Aufgaben verstärkt das Militär einzusetzen und dafür entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten in die militärische Ausbildung einzubauen (J. Ellington in Randers 2012).
Besonders spektakuläre Großprojekte sind Chinas „Grüne Mauer“ und die 2005 diesem Vorbild folgende von der Afrikanischen Union initiierte grüne Mauer durch die Sahelzone . Sie sollen Wüstenbildung aufhalten und teilweise rückgängig machen.
Die chinesische „Grüne Mauer“ verdankt ihren Namen der chinesischen „Großen Mauer“: Während die Große Mauer Schutz gegen die Völker aus dem Norden bieten sollte, soll die Grüne Mauer vor Wüstenstürmen schützen. Das Projekt wurde schon 1978 begonnen und soll bis 2050 fortgesetzt werden. Bis dahin sollen 350.000 km² – dies entspricht etwa der Fläche der Bundesrepublik – mit Bäumen bepflanzt sein. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass durch die Bewässerung der neu angelegten Schutzwälder alte, flussbegleitende Wälder geschädigt werden (Missall u.a. 2018).
Afrikas „Grüne Mauer“ (GGWSSI; Great Green Wall of the Sahara and the Sahel Initiative) ist als 7775 km langer, mindestens 15 km breiter Baumstreifen geplant, der die Trockenregion am südlichen Rand der Sahara von Dakar bis Dschibuti durchziehen soll. Die Idee geht auf den 1987 ermordeten Präsidenten von Burkina Faso Thomas Sankara und auf die kenianische Professorin und Nobelpreisträgerin Wangari Maathai und ihr „green belt movement“ zurück. Unter der Präsidentschaft des damaligen Präsidenten von Nigeria Olusegun Obasanjo übernahm die Afrikanische Union das Projekt. Bisher wird es von 22 afrikanischen Staaten unterstützt. Mittlerweile sprechen viele Verantwortlichen nicht mehr von einer Mauer sondern eher von einem Mosaik, da verstärkt in Dorfgemeinschaften verwurzelte Projekte unterstützt werden sollen. Außerdem soll auch der Erhalt und Schutz bereits existierender Baumbestände stärker gefördert werden. Auf dem „One Planet Summit“ im Januar 2021 in Paris hat die internationale Gemeinschaft 11,8 Mrd. Euro für das Projekt zugesagt.
Über diese und zahlreiche weitere Aufforstungsprojekte berichtet Daniel Schilk in seinem 2019 erschienenen Buch „Die Wiederbegrünung der Welt“.
Ökosystemerhalt durch assistierte Evolution
Die Idee, gefährdete Arten dadurch zu erhalten, dass man sie in Gefangenschaft oder im Labor züchtet und dann in natürlichen Ökosystemen freilässt, ist schon mehr als 100 Jahre alt.1895 hat der Geschäftsmann und Ornithologe Edward McIlhenny auf diese Weise in Louisiana die vom Aussterben bedrohten Schmuckreiher erhalten. Zwischen 1885 und 1807 konnte Richard Henry den neuseeländischen Kakapo (flugunfähiger Papagei) und den Kiwi durch Translokation von Tieren auf die vor der Westküste Neuseelands liegenden Insel Resolution Island vor dem Aussterben retten (Seddon 2017). Mittlerweile gibt es viele mehr oder weniger erfolgreiche Beispiele solcher Versuche, durch Translokation oder Zucht und Aussetzen gefährdete Arten zu erhalten, in Mitteleuropa zum Beispiel Luchse, Biber und Waldtrappe. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt der betreffenden Arten sondern auch um die Funktion der Ökosysteme. Durch die Wiederetablierung von Schlüsselarten hofft man, Ökosysteme zu regenerieren oder auch neue wertvolle Ökosysteme zu schaffen.
Doch auch über weitergehende Schritte wird nachgedacht. Dabei könnte die synthetischen Biologie eine wichtige Rolle spielen, indem ausgestorbene Arten wie das Wollhaar-Mammut oder der Auerochse gentechnisch rekonstruiert werden (De-Extinction, Redford 2017). Als Quelle könnte genetisches Material aus alten Sammlungen oder aus Fossilien und verwandte noch lebende Arten genutzt werden.
Die Überlegungen gehen noch einen Schritt weiter: Es können nicht nur natürliche Arten künstlich vermehrt oder wiederhergestellt, sondern auch „verbessert“, also durch Zucht oder Gentechnik gezielt verändert werden. Bei Riffkorallen soll zum Beispiel versucht werden die endosymbiontisch Zooxanthellen gentechnisch so zu verändern, dass sie auch bei höheren Meerestemperaturen funktionsfähig bleiben und dadurch Korallenbleiche vermieden werden können. Allgemein soll es durch das Einbringen solcher „verbesserter“ Lebewesen, die veränderte Umweltbedingungen besser aushalten,gelingen Ökosysteme als Ganzes zu erhalten.
Verhinderung der Klimaerwärmung durch Geoengineering
Durch technische Eingriffe in das Klimasystem (Geoengineering) soll die Klimaerwärmung vermindert werden. Dabei sind vor allem zwei Möglichkeiten denkbar:
Der Atmosphäre werden direkt Treibhausgase, insbesondere Kohlenstoffdioxid, entzogen (Carbon Dioxid Removal CDR, Carbon Capture and Storage, CCS).
Die auf die Erde eintreffende Sonnenstrahlung wird verringert (Solar Radiation Management SRM).
Die Bindung von Kohlenstoffdioxid kann entweder terrestrisch oder marin erfolgen. Klassische Vorschläge beruhen auf Methoden, durch die der Aufbau von Biomasse – zum Beispiel durch großflächige Aufforstung – gefördert wird oder Kohlenstoff haltiges Material in den Boden eingearbeitet wird (Beispiel Terra Preta). Auch Möglichkeiten, CO2 direkt aus der Luft zu filtern und unterirdisch dauerhaft zu speichern – zum Beispiel durch Einpressen in tiefliegende geologische Formationen (Carbon Capture and Storage, CCS). Die meisten derzeit laufenden Pilotprojekte testen die Integration dieser Art der CO2 Abscheidung direkt in der Kombination mit Kohlekraftwerken, weil dort in den Abgasen der CO2 Gehalt hoch ist. Die Möglichkeit der direkten Filterung aus der Luft, in der CO2 derzeit höchstens zu 0,5 Volumenpromille enthalten ist, wäre bisher zwar möglich aber sehr kostenaufwendig.
Um CO2 verstärkt in den Ozeanen zu binden, wird die Ozeandüngung diskutiert. Dabei bedient man sich der sogenannten biologischen Pumpe. Kohlenstoffdioxid wird von Mikroalgen assimilert und ein Teil davon wird als dauerhaftes Kohlenstoff-haltiges Sediment am Meeresboden abgelagert. Durch Düngung könnte die Phytoplanktonproduktion angeregt werden. Da man von den Makronährmineralien Nitrat und Phosphat sehr große Mengen benötigen würde, hat man bei bisherigen Versuchen mit dem Mikronährmineral Eisen gearbeitet Entsprechende verhältnismäßig kleinräumige, zeitlich begrenzte Versuche, die zu Beginn des Jahrhundert durchgeführt wurden, hatten allerdings wenig überzeugende Ergebnisse. Zwar konnte man zunächst Algenblüten bewirken, aber das Absinken des Phytoplanktons trat nur in sehr geringem Maße ein. Ein großer Teil wurde vom Zooplankton aufgenommen und dadurch veränderten sich die Nahrungsnetze. Auch die Blüte von toxischen Kieselalgen konnte beobachtet werden. Zudem ist die kontinuierliche Düngung sehr energieaufwendig und die Bilanz des tatsächlich gebundenen CO2 ist dadurch viel geringer als zunächst theoretisch berechnet wurde.
Eine weitere Möglichkeit, die Phytoplanktonproduktion zu erhöhen, läge in der Manipulation der marinen Schichtung. Wenn man verstärkt nährmineralreiches Tiefenwasser in obere Wasserschichten verlagern könnte – wie dies unter derzeit natürlichen Bedingungen zum Beispiel an der Westküste des amerikanischen Kontinents geschieht – könnte man die Phytoplanktonproduktion anregen. Entsprechende aus langen Rohren bestehende Pumpen, die vom Wellenschlag angetrieben werden, wurden zwar erfolgreich konstruiert. Um einen messbaren Effekt bei der marinen CO2– Speicherung zu erreichen, wären allerdings eine sehr große Zahl solcher Pumpen notwendig und die Folgewirkungen sind schwer abzuschätzen.
Außer durch die biologische Pumpe wird auch durch eine physikalische Pumpe CO2 von der Oberfläche in die Tiefen der Weltmeere befördert. Kalte Wassermassen mit hohem Salzgehalt im Nordatlantik und in dem antarktischen Zirkularstrom sinken ab und setzen globale Meeresströmungen in Gang, bei denen es an anderer Stelle zum aufsteigen von Tiefenwasser kommt. Da CO2 in kaltem Wasser eine höhere Löslichkeit hat als in wärmeren Wasser, wird durch diesen Prozess langfristig CO2 aus der Atmosphäre in die tieferen Wasserschichten transportiert. Aber alle Methoden, die bisher versucht wurden, um diesen Absinkeprozess zu verstärken, waren nicht erfolgreich, insbesondere, weil das Absinken des Wassers an anderen Stellen den Auftrieb verstärken und damit kohlenstoffdioxidreiches Wasser an die Oberfläche befördern würde. Ob die Bilanz dann tatsächlich zu einer verstärkten marinen CO2– bzw. C-Speicherung führen würde, ist fraglich.
Die zweite Möglichkeit ist die Verringerung der auf der Erde auftretenden Sonnenstrahlung, also die Beeinflussung des Strahlungshaushaltes (Solar Radiation Management SRM). Sie beruht einmal auf Methoden, welche die Reflexion der Strahlung verstärken, also die Erhöhung des Albedos der Erdoberfläche. Diskutiert wird zum Beispiel das Weißeln von Dachflächen oder die Installation von großen Reflektorflächen in Wüsten oder auf Meeren. Zur zum anderen könnte das Einbringen von Aerosolen in die Stratosphäre oder von großflächigen Spiegeln in den Weltraum das Durchdringen der Sonnenstrahlen bis zur Erdoberfläche verringern. Alle diese Methoden sind höchst umstritten, da man nur schwer Aussagen über die dabei auftretenden Nebeneffekte und Folgen machen kann. Außerdem ist der finanzielle Aufwand sehr hoch.
Insgesamt birgt Geoengineering große Risiken. Wenn sich aber zeigt, dass die vom Weltklimarat 2018 festgelegten Klimaziele anders nicht erreicht werden können, wird man die Risiken einiger solcher Methoden wahrscheinlich in Kauf nehmen (Ginsky u.a. 2011).
Kreislaufwirtschaft zur Abfallvermeidung
Vermeidung von Abfall und Umweltverschmutzung muss nicht (nur) auf Sparsamkeit und Verzicht aufgebaut sein, mindestens genauso wichtig ist eine konsequente Kreislaufwirtschaft: Alle Produkte müssen so konzipiert und hergestellt werden, dass sie „rematerialisierbar“ sind, ob Möbel, Kleider, Autos, Baumaschinen Häuser oder Lebensmittelverpackungen. Nach Ansicht des Chemiker und Designers Michael Braungart und des Architekten William McDonough ist dieses „cradle to cradle-Prinzip“ (C2C, „Von der Wiege zur Wiege“) sogar alleine entscheidend. (McDounough, Braungart 2009). Sie berufen sich dabei auf die Natur als Vorbild. Die üppigsten und artenreichsten Ökosysteme, die tropischen Regenwälder, sind nicht nur die produktivsten, sie setzen auch die größten Stoffmengen um. Daraus folgert Braungart, dass es nicht darum gehen kann, zu „sparen“ also, weniger umzusetzen, sondern darum, nicht zu „verbrauchen“ sondern zu „gebrauchen“. „Verschwendet! Aber richtig: Macht keinen Müll!“ fordert er. Sonnenenergie steht im Prinzip soviel zur Verfügung, dass es kein Problem ist, verschwenderisch damit umzugehen. Soziale Ungerechtigkeit und das Nord-Süd-Ungleichgewicht können nicht durch Sparsamkeit gelöst werden. Ihre Lösung ist aber Voraussetzung für geordnete, friedliche Verhältnisse auf unserem Planeten.
Dieses Konzept steht in gewissem Widerspruch zu der Forderung einer verminderten Ressourcennutzung wie sie vom Wuppertal Institut für Klima,Umwelt, Energie, zunächst als „Faktor 4“ (v. Weizsäcker, Lovins, Lovins 1995) später als „Faktor 10“ (Schmidt-Bleek 1997) propagiert wurde. Sicher kann es bei einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Wirtschaft nur um ein „Sowohl-als-auch“ gehen, denn Kreislaufprozesse ganz ohne Abfall und Umweltschäden – das zeigt auch das Vorbild Natur – gibt es nicht. Fossile Brennstoffe sind ein Beispiel für solche natürlichen Abfälle und globale Katastrophen. Gutes Beispiel für die menschliche Wirtschaft ist die große Verschwendung von Nahrungsmitteln und die damit verbundene Zerstörung von gut funktionierenden Kreislauf-Ökosystemen und inhumaner Nutztierhaltung.
Wie zukünftiges Wirtschaften verbessert werden könnte zeigt ein in Dänemark entwickelter Industriepark, in dem eine „Symbiose“ zwischen verschiedenen Industrieunternehmen nicht nur eine starke Abfallverminderung sondern auch eine bessere Energienutzung ermöglichen (Kalundborg Symbiosis 2020).
Das größte Problem beim Plastikabfall sind die Verpackungen. Eine konsequente Einführung von kompostiertem Verpackungsmaterial könnte hier große Verbesserungen bringen. Weltweit hat die sehr erfolgreiche Einführung von Kaffeepads aus Kunststoff oder Aluminium zu einem enormen Anstieg von Verpackungsmüll und Ressourcenverbrauch geführt, jährlich mittlerweile über 40 Milliarden Kapseln. Aber immer mehr Firmen versuchen, kompostierbare Verpackugen zu produzieren. Ein Beispiel ist die Firma Nexe Innovations, die derzeit mit ihren kompostierbaren Kaffeepads recht erfolgreich ist, die in allen gängigen Kaffeemascinen verwendet werden können.
Neobiota-Management
Im Laufe der Erdgeschichte zerbrachen Kontinente oder schoben sich zusammen, Inseln und Inselarchipele entstanden neu oder gingen unter, aus Grabenbrüchen wurden Ozeane, Meeresbuchten wurden abgetrennt, Binnenmeere öffneten sich zum Ozean. Diese geologischen Ereignisse wurden begleitet von Ausbreitung, Rückgang, Einwanderung und Auswanderung von Lebewesen. Die Invasion neuer Arten und die Ausbreitung von Krankheitserregern und die dadurch bedingten Veränderungen von Ökosystemen sind ein natürlicher Vorgang in der Geschichte des Lebens. Doch im Gegensatz zu den geologischen Veränderungen haben die anthropogen verursachten globalen Veränderungen der letzten Jahrhunderte und vor allem der letzten Jahrzehnte zu einer enormen Beschleunigung dieser Invasionen beigetragen.
Schon im Zeitalter der europäischen Eroberungen und Kolonisationen und der Einwanderung von Europäern nach Amerika und Australien wurden Tier- und Pflanzenarten von Menschen gezielt von Kontinent zu Kontinent verbreitet.
In den letzten Jahrzehnten haben der globale Warenaustausch und der Reiseverkehr, aber auch die gezielte Einfuhr gebietsfremder Arten, zu einer starken Zunahme von Neobiota (Neubürgern) geführt. Diese Einwanderer sind ein ernst zu nehmendes Naturschutzproblem geworden. Durch die Verdrängung einheimischer Arten können sie Ökosysteme verändern und schließlich das Aussterben von Arten bewirken („invasive Arten“). In der EU-Liste invasiver gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten („Unionsliste“) werden derzeit 66 Tier- und Pflanzenarten als möglicherweise invasiv aufgelistet. Bereits in Deutschland etabliert sind zum Beispiel der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera), der Kamberkrebs (Orconectes limosus) und die Amurgrundel (Percottus glenii) (NABU 2019). Neben einer Konkurrenz mit einheimischen Arten geht es dabei auch um Schädlinge wie Kartoffelkäfer, Asiatischem Marienkäfer, Varoamilbe oder Buchsbaumzünsler, gegen die ansässige Arten kaum Abwehrkräfte entwickelt haben.
Besonders gefährdet durch invasive Arten waren und sind Inseln mit speziellen Ökosystemen und vielen endemischen Arten. Die absichtliche Aussetzung von Ziegen und Schweinen und die unabsichtliche Einfuhr von Ratten durch die frühen Seefahrer des 16.-19. Jahrhunderts hatten schon verheerende Auswirkungen auf pazifischen Inseln, aber auch die Besiedlung von Amerika, Australien und Neuseeland durch Europäer hat einen gewaltigen Invasionsschub verursacht, der das Ende zahlreicher einheimischer Arten bewirkte. Gut dokumentiert ist der Artenrückgang auf der Pazifikinsel Guam, der durch die eingeschleppte Braune Nachtbaumnatter (Bioga irregularis) verursacht wurde (Probst 2010).
Aber sind alle Neobiota problematisch? Einer der führenden Neobiota-Forscher, Ingo Kowarik, gibt darauf folgende Antwort:
Ja, wenn Veränderungen von Natur als Problem gesehen werden.
Ja wenn „Fremdes“ als negativ gesehen wird.
Nein, wenn unterschiedliche Auswirkungen berücksichtigt werden.
(Ingo Kowarik bei einem Vortrag zum Landesbiologentag an der Universität Hohenheim am 7.11.2020).
Durch auf wissenschaftlichen Grundlagen erarbeitete Management-Pläne versucht man, schädliche Auswirkungen von Neobiota auf die Biodiversität zu begrenzen. Ein Beispiel: Durch den organsierten Austausch von Ballastwasser in der marinen Schifffahrt seit 2017 soll die Einschleppung gebietsfremder Arten verhindert werden.
Pandemien und Naturschutz
Mit dem globalisierten Austausch von Menschen und Waren haben sich auch Krankheitserreger ausgebreitet. Dies führte nicht selten in den neuen Ausbreitungsgebieten zu verheerenden Epidemien. Besonders betroffen waren indigene Bevölkerungsgruppen Amerikas, zum Beispiel die mittlerweile (fast?) ausgestorbenen Ureinwohner Feuerlands, die Yagan oder Yamana (Kaiser 2013).
Auch in umgekehrter Richtung wurden schon lange Keime übertragen, zum Beispiel der Cholera-Erreger Vibrio cholerae aus Indien. Auch die Übertragung von Krankheitserregern von Tieren auf Menschen geht bis in das Neolithikum zurück, als durch die Einführung der Nutztierhaltung der Kontakt zwischen Tieren und Menschen enger wurde. Masern und Tuberkulose stammen von Kühen, Keuchhusten von Schweinen und Grippe von Enten (Shah 2020).
Die rasant voranschreitende Globalisierung der letzten Jahrzehnte hat die rasche Ausbreitung von Krankheitserregern, insbesondere von Bakterien und Viren, weiter gefördert. Dabei spielen nicht nur die größere Mobilität der Bevölkerung und der Reiseverkehr über große Entfernungen eine wichtige Rolle, sondern auch die immer stärkere Einschränkung von Wildtierpopulationen durch Verlust natürlicher Lebensräume, zum Beispiel tropischer Regenwälder. In den kleineren Populationen können sich Erreger schneller ausbreiten. Außerdem fördert der immer intensivere Kontakt der ständig wachsenden menschlichen Bevölkerung mit Tieren früher sehr abgelegener Regionen den Übergang von Krankheitskeimen von Wildtieren zu Menschen (Beispiel AIDS, Ebola, Vogelgrippe H1N5, SARS-Corona, Covid 19; vgl. Ruppert 2021, Keesing 2010, Jones 2008).
Man kann nur hoffen, dass die derzeitigen Erfahrungen mit der Covid 19 Pandemie zu einem Umdenken und einer vorsichtigeren Vorgehensweise führen.
Die immer intensivere Einflussnahme des Menschen auf alle Lebensräume und die räumliche Einschränkung naturnaher Biotope sollte gestoppt und womöglich rückgängig gemacht werden. Dabei geht es insbesondere darum, die Vielfalt der Arten in ausreichender Populationsgröße zu erhalten. Dadurch kann erreicht werden, dass sich Viren, auch neue mutierte Viren, nicht flächendeckend ausbreiten, sondern eher in einer Nische bleiben und nach einiger Zeit wieder Aussterben (infektionsbiologischer Verdünnungseffekt). Auch Generalisten wie Ratten oder Sperlinge, die für die Übertragung auf menschliche Populationen besonders gefährlich sind, sind in intakten Ökosystemen weniger verbreitet .
Inklusiver Naturschutz
Naturschutz sollte nicht nur in abgegrenzten Gebieten oder Biotopen stattfinden sondern überall. Die Einrichtung von Naturschutzgebieten hat zwar insofern eine gewisse Berechtigung, als es leichter ist, ökologisch wertvolle Lebensgemeinschaften, Schlüsselarten und Habitate auf diese Weise zu schützen. Außerdem sind naturnahe, von Menschen wenig beeinflusste Gebiete eine wichtige Voraussetzung für die ökologischen Funktionen des Bioplaneten. Es besteht aber die Gefahr, dass außerhalb von Schutzgebieten auf Natur und natürliche Funktionsabläufe keine oder zu wenig Rücksicht genommen wird. Angesichts der immer intensiveren Nutzung der Erde durch den Menschen wird es außerdem immer schwieriger, ausreichende Flächen für ungenutzte Gebiete bereitzuhalten. Flächendeckender „inklusiver“ Schutz der Natur auch in Städten und Gewerbegebieten, in Agrarlandschaften und entlang von Verkehrswegen wird deshalb immer wichtiger. Es gibt mittlerweile viele Ansätze, wie Natur auch außerhalb von Schutzgebieten nicht „ausgeschaltet, sondern eingeschaltet“ werden kann (Le Roy 1973), und Biodiversität und natürliche Funktionsabläufe erhalten bleiben.
Städte und Siedlungen
Zwischen 1985 und 2015 hat die die Ausdehnung von Städten und Siedlungen jährlich um 9687 km² zugenommen, mit steigender Tendenz (Liu et al. 2020). Damit ist der Flächenverbrauch der Städte schneller gewachsen als die Bevölkerung. Für eine nachhaltige Entwicklung müssen Städte deshalb „ökologisch“ werden. Eine Stadt mit großen Grünanlagen wie Parks und Gärten bietet zwar eine hohe Lebensqualität und eine bessere Ökobilanz. Dies geht aber insofern auf Kosten der Umgebung, als sie mehr Fläche für denselben umbauten Raum benötigt. Eine Erfolg versprechende Möglichkeit für dicht bebaute Großstädte ist die Integration von Bauwerken und Grünanlagen.
Neben Minderung des Klimawandels durch eine Verbesserung der CO2-Bilanz können dadurch auch die Auswirkungen einer Klimaerwärmung verringert werden (Grewe 2020). Schließlich wirken mit Sachverstand begrünte Städte auch dem Verlust der Biodiversität entgegen.
Dächer
Schon lange zählt es zu Attributen ökologischer Bauweise, Dächer zu begrünen. Die Etablierung und Ausgestaltung solcher Dachgärten und Wiesen ist aber noch sehr stark ausbaufähig, wie man auf Luftbildern von Städten leicht erkennen kann. Begrünte Dächer können durch Brücken vernetzt werden. Durch treppenartige Anordnung von Gebäudeteilen können Verbindungen zur bodenständigen Grundflächen hergestellt werden.
Fassaden
Auch begrünte Fassaden gibt es schon lange, aber eher an alten Bauernhäuser auf dem Land als an mehrgeschossigen Stadthäusern, Bankhochhäusern und Industrieanlagen. Eine Möglichkeit: Flächenhafte Begrünungsmodule, die mit einfachen Mitteln an Fassaden angebracht werden können und die durch Anschluss an eine Bewässerungsanlage wartungsarm sind. Die Elemente können aus einem Gerüst bestehen, an dem mehrere auswechselbare Pflanzgefäße aufgehängt werden. Fensterfassaden könnten durch berankte Schnurgerüste – Hopfenfeldern vergleichbar – begrünt und beschattet werden.
Ein interessanter Vorschlag sind vorbegrünte Pflanzennetze. Solche „Urban Pergolas“ sollen als Verschattungssystem der Aufheizung von Fassaden entgegenwirken und die Städte in einen „diversen Großstadtdschungel“ verwandeln. Die Pflanzennetze können an einem oder zwischen mehreren Gebäuden angebracht werden und dadurch Grünflächen schaffen, ohne andere Nutzungen den Platz wegzunehmen (Urban Pergola 2021).
Balkone
Eine weitere Möglichkeit der vertikalen Begrünung, die in wenigen Beispielen schon verwirklicht ist, wäre die Ausgestaltung von Pflanzbalkonen mit Sträuchern und Bäumen (Boeri 2015).
Städte mit grünem Pelz
Ergänzend zu den genannten Maßnahmen können Verkehrswege, insbesondere Straßen und Schienenverkehr, wie U-Bahnen unter die Oberfläche verlegt werden, wodurch Platz für bodenständige Grünanlagen aber auch Rad- und Fußwege gewonnen würde. Regenwasser können den Zisternen gespeichert und in Trockenperioden zur Bewässerung genutzt werden wodurch die Kanalisation entlastet würde.
So könnten schließlich Städte entstehen, die ganz in einem grünen Pelz eingehüllt sind und die sich fast übergangslos in die umgebende Landschaft einfügen (vgl. Jean Nouvel 2014, Boeri 2015).
Landwirtschaft
In der Landwirtschaft sollten großflächige Monokulturen durch ökologisch wertvollere Netze (Feldhecken, Blumenstreifen, Bachläufe) und Inseln (Feldgehölze, Feuchtgebiete) unterbrochen werden. Mischkulturen aus Gehölzen, mehrjährigen und einjährigen Nutzpflanzen (Agroforestry) könnten vor allem in wärmeren Klimaregionen eine ökologische Alternative zu Monokulturen darstellen. Die sehr aufwändige arbeitsintensive Bewirtschaftung würde durch einen Einsatz intelligenter Maschinen zu vertretbaren Produktionskosten möglich.
Landwirtschaft 4.0
Lange Zeit wurden Landmaschinen – den Dinosaurier vergleichbar – immer größer und größer. Vergleicht man einen Traktor aus den 19hundertfünfziger Jahren mit einer heutigen Maschine wird dieser Hang zum Gigantismus deutlich. Er hängt natürlich direkt zusammen mit der Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebee und vor allem der bewirtschafteten Flächen. Die Dinosaurier sind nicht zuletzt auch wegen ihrer Größe ausgestorben. Die immer größeren Landmaschinen stellen für die Landwirte eine große finanzielle Belastung dar und sicher sind sie ein Grund dafür, dass immer mehr landwirtschaftliche Betriebe aufgeben müssen. Auch die Verdichtung der Böden durch die Riesentraktoren ist ein großer Nachteil. Die Entwicklung kleiner intelligenter Landmaschinen könnte eine neue, ökologisch verträglichere und damit nachhaltigere Form der Landbewirtschaftung einleiten. Diese Maschinen könnten – ähnlich wie ein Schweizer Armeemesser – viele Funktionen in sich vereinen: ein Roboter, der jede Pflanze individuell behandelt, nicht nur mit Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden, sondern auch mit angepassten Düngemitteln, und der auch für eine gezielte Bewässerung sorgt. Dies alles könnte in einem Arbeitsgang und in individuell angepassten Mengen geschehen. Die Folgen einer solchen Behandlung von Einzelpflanzen statt von ganzen Feldern bedeutet nicht nur eine deutliche Reduktion benötigter Chemikalien und anderer Ressourcen. Diese Maschinen könnten von Drohnen oder von Satelliten gesteuert die jeweiligen Zielorte erreichen. Eine Weiterentwicklung der Erntemaschinen könnte Mischkulturen und Agroforestry wirtschaftlicher machen.
Vertical Farming
Eine zukunftsweisende und flächensparende Form zur Produktion von Nahrungsmitteln und anderen nachwachsenden Rohstoffen wird mit dem Begriff „Vertical Farming“ bezeichnet. Der New Yorker Professor für Umweltgesundheit und Mikrobiologie Dickson Despommier entwickelte mit seinen Studenten ab 1999 entsprechende Ideen zunächst für die Nahrungsmittelversorgung der 50000 Einwohner Manhattans. Ausgangspunkt waren Überlegungen zum möglichen Gemüseanbau auf Dachflächen. In der Weiterentwicklung wurden Hochhäuser geplant, die insgesamt der Pflanzenkultur dienen sollen. Diese Einbindung von Farmen in das Innere von Gebäude wird mit dem Begriff „Sponge City- Architecture“ oder „Agritecture“ bezeichnet. In mehreren oder allen Stockwerken eines solchen Hochhauses sollen Pflanzen auf optimale Weise automatisch gesteuert und reguliert kultiviert werden. Gleichzeitig sind diese Kulturen in Kreislaufsysteme, insbesondere der Wasserwiederverwendung und Abwasseraufbereitung, eingebunden (Despommier 2011). Auch eine Kopplung mit Aquakulturen und anderen Formen der Nutztierhaltung ist möglich.
Der Vorteil solcher Plantscraper ist nicht nur der gegenüber normalem Farmland 10-20mal geringere Flächenverbrauch. Erhebliche Ressourcen könnten dadurch ein gespart werden, dass es einen geschlossenen Wasserkreislauf gibt und kontrollierte Umgebungsbedingungen den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln reduzieren. Die Kulturen sind unabhängig von Außenbedingungen wie Dürre, Frost, Starkniederschläge, Hagel und Sturm und sie können ganzjährig betrieben werden. Künstliches Licht kann Pflanzenwachstum rund um die Uhr auch in dunklen Jahreszeiten ermöglichen. Die schnellere und einfachere Versorgung der städtischen Bevölkerung mit frischen Nahrungsmitteln erfordert weniger Transportkosten, verbessert die Luft und mindert über Wasserspeicher die Überflutungsgefahr. Die Energieversorgung kann über Solarzellen, Windenergieanlagen und die Produktion von Biogas aus organischen Abfällen in einem Kreislaufsystem gesichert werden.
Der extrem dicht bevölkerte Stadtstaat Singapur plant seine Nahrungsmittelversorgung durch schwimmende Hochhäuser zu verbessern.
Voraussetzungen für den erfolgreichen Betrieb solcher Hochhausfarmen ist eine ausgefeilte Technik, die von intelligenten Computersystemen gesteuert wird. Das schwedische Architekturbüro Plantagon plant ein Forschungszentrum für urbane Landwirtschaft in Linköping zu entwickeln. Ausgangspunkt soll ein im Bau befindlicher Plantscraper sein, an dem technische Systeme erprobt und verbessert werden können.
Verkehrswege
Je dichter die Besiedelung, desto dichter sind nicht nur Städte, Siedlungen und Industrieanlagen, desto dichter ist auch das Netz von Verkehrswegen, insbesondere Straßen und Autobahnen (in Deutschland derzeit nach Erhebung des Umweltbundesamt knapp 20000 km², das entspricht rund 5,5% der Landesfläche). Das wirkt sich r nicht nur über den Flächenverbrauch und die Versiegelung sondern vor allem über den Zerschneidungseffekt nachteilig auf die Funktion von Ökosystemen aus. Mehr noch als Pflanzenarten sind Tierpopulationen durch die dadurch bedingte Verinselung betroffen. Auch die direkte Tötung von Tieren durch den Verkehr spielt eine Rolle. Indirekt wirkt sich dies über die Bestäuber und die Verbreitung von Früchten und Samen auf die Vegetation aus.
Eine Verbesserung kann einmal durch geeignetes Straßenbegleitgrün erreicht werden (Kühne/Freier 2012). Vor allem aber kann die trennende Wirkung von Verkehrsflächen durch Brücken, sowohl Brücken über schützenswerte Landschaftsteile als auch verbindende Grünbrücken, und Tunnel erreicht werden. Schutzgräben oder Zäune können in Kombination mit kleinen Tunneln insbesondere Amphibien bei ihren Laichwanderungen schützen (Krötenzaun, Krötentunnel). Nicht mehr benötigte Verkehrswege sollten renaturiert (entsiegelt) werden.
Schließlich sind die hohe Verkehrsdichte und die damit verbundenen Emissionen der Verkehrsmittel ein großes Problem. Sie wird einmal durch den Individualverkehr, zum anderen durch den Güterverkehr verursacht. Beide haben in den letzten Jahrzehnten ständig zugenommen. Eine größere Verlagerung dieses Verkehrs auf die Bahn wird schon lange als Ziel formuliert, ließ sich aber bisher politisch nicht durchsetzen. Auch eine Förderung dezentraler Produktion könnte der ständigen Zunahme des Güterverkehrs entgegenwirken.
Despommier, D. (2011): The vertical farm: Feeding the world in the 21th century. Picador (Nachdruck der Ausgabe von 2010)
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Auch im Sommersemester 2019 biete ich unter der Veranstaltung „Regionale Lebensräume“ wieder vier ganztägige Exkursionen an. Zwei der Exkursionsziele decken sich mit Angeboten der letzten Jahre:
Neu ist eine Exkursion in das Naturschutzgebiet Altweiherwiese bei Oberteuringen (18.5.2019) und in den Altdorfer Wald mit dem NSG Füremoos bei Vogt (8.6.2019).
Am 24.4.2019 findet von 18:00 Uhr bis 19:15 Uhr eine einführende Informationsveranstaltung in der PH Weingarten, Fach Biologie, NZ 1.51, statt, bei der Erläuterungen zu den Exkursionszielen gegeben und mögliche Aufgaben besprochen werden.
*durch Anklicken kommt man zu Unterlagen für die Exkursion im Sommersemester 2018
Treffpunkt: 10:00h, Wanderparkplatz bei Appenweiler
Thematische Schwerpunkte: Lebensform Baum, ökologische Ansprüche von Waldbäumen und Waldkräutern, Lebenraum Waldgraben
Exkursionsverlauf
Um 10:00 Uhr versammelten wir uns bei leichtem Regen an dem kleinen Wanderparkplatz kurz hinter Appenweiler an dem Sträßchen Richtung Brochenzell. Nach einer Vorstellungsrunde gingen wir auf dem Weg ein kleines Stück am Waldrand entlang und in den Wald hinein. Während des „Bäume Ertastens und Wiedererkennens“ blieb es ziemlich feucht. Wie erwartet wurden die ertasten Bäume – Wald-Kiefern, Linden und Rot-Fichten – relativ leicht wiedergefunden (Anleitung Max Fischer; Markus Preuss). Anschließend – der Nieselregen wurde heftiger – führten wir eine Untersuchung zur Artenzusammensetzung mithilfe der „Wäscheleinen- Transektmethode“ durch.
Die Auswertung ergab in dem von uns untersuchten Waldstück eine deutliche Dominanz der Rot-Fichte, gefolgt von der Rot-Buche. Buchen fanden sich vor allem auch im Unterwuchs. Diese Naturverjüngung ist vermutlich von forstlicher Seite beabsichtigt, um auf längere Sicht den Fichtenanteil des Waldes zu verringern (Albijona Sabani).
Wetterradar online hatte in Aussicht gestellt, dass
der Regen nach 11:00 Uhr nachlassen würde. Leider regnete es 11:30 Uhr eher
heftiger als vorher und deshalb entschlossen wir uns, etwas Material
einzusammeln, um den zweiten Teil der Exkursion in der pädagogischen Hochschule
Weingarten fortzusetzen. Dort wurden von den Studierenden mit dem
eingesammelten Material Stationen eingerichtet, die dann reihum bearbeitet
wurden.
Wachstum und Alter von Bäumen (mit zwei mitgebrachten Baumscheiben; Anleitung Vanessa Golic, Susanna Wild)
Bäume und Sträucher nach Blättern/Zweigen bestimmen
Ökologische Ansprüche von Wegrandpflanzen und Waldbodenpflanzen vergleichen
Laubstreu untersuchen: Tiere, Zersetzungsstadien der Blätter
Blätterbilder
Zum Schluss wurden folgende Kräuter zur Zubereitung
einer Kräutersuppe genutzt:
Große Brennnessel, Giersch, Gundermann, Kriechender
Günsel, Wiesen-Kerbel, Knoblauchs-Rauke.
Die Kräuter wurden fein geschnitten und in eine
gebundene Suppe eingerührt, die mithilfe von Mehl,, Rapsöl, Wasser und Kräuterbrühwürfeln
zubereitet wurde. Bei der Nutzung von Wildkräutern für die Zubereitung von
Mahlzeiten empfiehlt sich das Abkochen (Suppe, Gemüse, Tee) aus hygienischen
Gründen.
Während die Suppe zubereitet wurde, erhielten wir von Madeleine Mayer Informationen über die Gefahren von Zecken und die Möglichkeiten, sie zu verringern. Hannah Dyx informierte uns über den Lebenszyklus des Fuchsbandwurms und die sich daraus ergebenden Gefahren beim Aufenthalt in der freien Natur.
Treffpunkt: 10:00h, Oberteuringen, Parkmölichkeit bei Unterführung unter L 329 an kleiner Straße Richtung Bibruck; NSG Altweiherwiese
Thematische Schwerpunkte: Verschiedene Wiesentypen insbesondere Streuwiesen, Gräser,Waldrand, Streuobstwiesen, Naturschutz-Pflegemaßnahmen, Landschaftsgeschichte
Das 78 ha große Naturschutzgebiet Altweiherwiesen wurde 1981 vom Regierungspräsidium Tübingen ausgewiesen. Es liegt nordöstlich von Oberteuringen auf einer Meereshöhe von rund 450 m.
Zur Landschaftsgeschichte
Die Niederung ist der Rest einer ehemaligen Schmelzwasserrinne der späten Würmeiszeit (Konstanzer Stadium), die ursprünglich vom Schussenbecken bis ins Salemer Becken reichte und die heute vom Taldorfer Bach durchflossen wird. Ihre Fortsetzung fand sie zuerst im Deggenhauser Tal, das zunächst von der Rotach, hinter Roggenbeuren von der Deggenhauser Aach durchflossen wird. Später bahnten sich die Schmelzwässer den Weg südlich vom Gehrenberg bis zum heutigen Überlinger See.
Im Bereich des NSG trennen tonige Sedmente den Untergrund zu den eiszeitlichen Schottern hin ab. Durch den Wasserstau kam es am Ende der Würmeiszeit zur Moorbildung. Die heutige L 329 verläuft auf einem im Mittelalter durch Mönche des Klosters St. Gallen errichteten Damm, der die Moorfläche zu einem großen Fischweiher werden ließ. Im 18 JH wurde das Wasser wieder abgelassen, um die Sumpfbereiche als Streuwiesen nutzen zu können. Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden das Mähgut von den umliegenden Bauernhöfer als Einstreu verwendet. Heute werden die Schilfflächen regelmäßig vom Naturschutz gemäht, um die Streuwiesen-typische Vegetation zu erhalten.
Flora, Fauna, Lebensräume
Wichtigster schützenswerter Lebensraum sind magere Flachlandmähwesen und Gewässersäume mit Erlen und Weiden. Dort gedeihen große Bestände des Breitblättrigen Wollgrases (Eriophorum latifolium), außerdem Pracht-Nelke (Dianthus superbus), Böhmischer Beinwell (Symphytum officinale ssp.bohemicum), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Berg-Klee (Trifolium montanum), Breitblättriges und Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza majalis und D. incarnata) und Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea).
Würden die Wiesen nicht regelmäßig gemäht, würden sich daraus schnell reine Schilfbestände entwickeln.
An Greifvögeln kann man regelmäßig Bussarde, Turmfalken und Rote und Schwarze Milane beobachten. den für das Gebiet angegebenen Baumfalken konnte ich allerdings noch nie sehen.Weitere Besonderheiten sind Kleinspecht, Nachtigall, Schwanzmeisen und Neuntöter. Im Taldorfer Bach leben Elritzen, verschiedene Weißfische und auch Hechte. Oft kann man in Bachnähe auch Ringelnattern entdecken.
Naturschutzmanagement
Im Jahr 2017 wurde aufgrund einer Kartierung für die Rotach einschließlich des Naturschutzgebietes Altweiherwiese (FFH-Gebiet 8222 – 342) ein Managementplan erstellt. Die für das Naturschutzgebiet vorgesehenen Pflegemaßnahmen sind in einer Karte dargestellt. Dabei bedeuten die mich violetter Farbe gekennzeichneten Flächen, dass auf diesen eine einschürige Mahd vorgesehen ist.
Ein gewisses Problem für das Naturschutzgebiet stellt der Kraftfahrzeugverkehr auf dem Sträßchen dar, das über Bibruck, Reute, Sederlitz bis nach Dürnast führt und dort in die B 33 mündet. Die Straße wird leider nicht nur von Anwohnern sondern auch als Shortcut von der K 329 zur B 33 und umgekehrt genutzt. Neben verkehrsberuhigten Maßnahmen („nur für Anlieger“) wäre auch an einen Bohlenweg parallel zum Sträßchen zu denken, der von Fußgängern (und Radfahrern?) genutzt werden könnte.
Wammeratswatt
Am Rande des Naturschutzgebietes liegt ein Weiler mit dem eigentümlichen Namen Wammeratswatt. Ein altes zwischen Vegetation verstecktes Schild weist darauf hin, dass dieser Ort bereits im zwölften Jahrhundert, 1164, als Wambrehteswathe urkundlich erwähnt wurde. Die Endung “-wathe” geht wohl auf einen altgermanischen Begriff zurück, der so viel wie “Weide” oder “Wiese” bedeutet. “Wanbrecht” ist ein alemannischer Name. Man könnte die Ortsbezeichnung also mit „Weide oder Wiese des Wanbrecht“ übersetzen.
Exkursionsverlauf
Bei trockenem Wetter und angenehmen Temperaturen treffen wir
uns um 10:00 Uhr in Oberteuringen an der Unterführung unter der Landstraße 329 am
Eingang zu dem Naturschutzgebietes Altweiherwiese.
Nach einer Einführung in die Landschaftsgeschichte und die
Besonderheiten des Naturschutzgebietes beschäftigen wir uns mit dem Stockwerkaufbau
einer Wiese.
Auf dem Weg Richtung Wammeratswatt werden zunächst möglichst
viele unterschiedliche Gräser gesammelt, sortiert und bestimmt. Anschließend
versuchen wir, die verschiedenen Grasarten allein aufgrund haotischer Merkmale,
also mit verbundenen Augen, zu erkennen. In dem langsam fließenden Taldorfer
Bach wachsen dichte Bestände des Wassersterns, von denen dank des Einsatzes von
Markus Preuss alle TeilnehmerInnen auch einen Zweig in den Händen halten
können.
Aufgrund der vorangegangenen relativ kühlen Witterung ist die
Vegetationsentwicklung auf der Streuwiese noch ziemlich weit zurück – keine Sibirischen
Schwertlilien, Pracht-Nelken oder fruchtenden Wollgräser sind zu sehen. Von den
charakteristischen Arten können wir nur gerade aufblühende Exemplare des
Breitblättrigen und des Fleischfarbenen Knabenkrautes entdecken, außerdem Berg-Klee,
Sumpf-Kratzdistel, Gewöhnlichen Hornklee und Gilbweiderich (noch nicht blühend).
Auf dem weiteren Weg zum Weiler Wammeratswatt fallen die als Straßenbegleitbäume gepflanzten Robinien auf, die gerade erst ihre Fiederblätter entfalten. Ebenso wie die alten Obstbäume der Streuobstwiese sind sie reichlich mit Misteln bewachsen. Die Bäume der Streuobstwiese – vorwiegend Äpfel auch einige Birnen – sind mehr als 100 Jahre alt. Sie werden immer noch zur Gewinnung von Fallobst für die Apfelsaftproduktion genutzt, das Heu der Wiese wird an Reiterhöfe verkauft. In der Wiese fällt uns der Kleine Wiesenknopf mit seinen weit aus den Blüten heraushängenden Staubfäden besonders auf.
Nach einer Mittagspause bei der Brücke über den Taldorfer Bach
leiten Yesim Örgerim und Beatrice Hell
zu „Blüten, lockende Signale“ an. Blütenteile – die Bestäuber anlocken sollen –
und Blätter werden zu Make-up oder schmückenden Kurzzeit-Tattoos umgewidmet.
Der Weg führt uns dann weiter dem Waldrand entlang. Unter Anleitung von Lisa-Marie Buemann und Sara Dittmann sammeln wir Tierspuren: Spuren an Blättern, Spuren an Zapfen und Früchten und Spuren an Holz. Besonders auffällig sind die Minen des Buchen-Springrüsslers an Rot-Buchen-Bättern.
Unser Exkursionsweg führt dann weiter zum Weiler
Blankenried. Dort kreuzen wir die L 329 und besteigen den Drumlin Horach (501,6
m ü.N.N.), auf dem sich ein Wasserreservoir der Wasserversorgung Bodensee
befindet. Von dort hat man eine sehr schöne Aussicht auf den Bodensee und die
Alpenkette – heute allerdings im Dunst verborgen. Sabrina Brendle führt die
Gruppe in einer blinden Raupe aus dem Wald heraus zum Aussichtsplatz, wo die
Augenbinde dann abgenommen werden.
Altdorfer Wald mit NSG Füremoos
Treffpunkt: 10:00h, Wanderparkplatz am Waldrand bei Vogt
Der Altdorfer Wald liegt auf einem Höhenzug zwischen Vogt im Süden und auch Aulendorf im Norden am nordöstlichen Rand des Schussenbeckens. Mit 82 km2 ist er das größte zusammenhängende Waldgebiet Oberschwabens. Der Name geht auf die welfische Grafschaft Altdorf bzw. auf die ehemalige Ortsbezeichnung „Altdorf“ für die Stadt Weingarten zurück. Bis 1865 wurde lediglich das Kloster als „Weingarten“ bezeichnet, während die umgebende Ortschaft Altdorf genannt wurde.
Naturraum
Der Altdorfer Wald besteht hauptsächlich aus Fichtenforsten, eingesprengt sind aber auch Buchen und andere Laubbäume. Er enthält die Naturschutzgebiete Saßweiher, Girasmoos, Tuffsteinbruch Weißenbronnen, Lochmoos und Füremoossowie ein Fauna-Flora-Habitat Gebiet „Altdorfer Wald“ mit 13,5 km2. Der Höhenzug übersteigt an einigen Stellen700 m, höchste Erhebung ist der Galgenberg mit 776,6 m ü.N.N.
Bedeutendstes Fließgewässer ist die Wolfegger Ach, die wie einige weitere kleinere Zuflüsse in die Schützen mündet und einige weitere kleinere Bäche der Schussen zufließt. In dem Waldgebiet liegen auch einige Seen, wie der Bunkhofer Weiher, der Neuweiher und der Langmoosweiher und aus einigen feuchten Senken haben sich Moore entwickelt. Eines davon, das Naturschutzgebiet Füremoos, werden uns genauer anschauen. (Weitere Unterlagen zum Thema Moore und Feuchtgebiete in den Unterlagen zur Exkursion ins Wurzacher Ried 2018):
Die Kalktuffbildungen bei Weißenbronnen weisen auf kalkreiches Jungmoränenmaterial im Untergrund hin.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten
Zum Exkursionsverlauf
Nach der Begrüßung durch Frau Ackermann, Diplom-Biologin und
Naturpädagogin am Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, beschlossen wir aufgrund
der Wetterlage, die für den Nachmittag geplante Exkursion zum Fünfeckweiher und
zum Bannwaldturm schon am Vormittag durchzuführen.
Startpunkt war – wie in den vergangenen Jahren -der
Parkplatz bei Uzhausen. An einer Übersichtskarte erklärte uns Frau Ackermann
die verschiedenen Schutzzonen des Pfrunger-Burgweiler Rieds und die jeweiligen Schutzziele
und -maßnahmen. Das Pfrunger-Burgweiler
Ried ist nach dem Federseegebiet das zweitgrößte zusammenhängende Moorgebiet
Südwestdeutschlands, die größte zusammenhängende Hochmoorfläche allerdings ist
im Wurzacher Ried zu finden.
Zunächst ging unser Weg durch Weideland, auf dem wir eine
Herde Scottish Highlander beobachten konnten, die hier zusammen mit eigen
anderen Robustrinderrassen zur Biotoppflege eingesetzt werden. Sie sind das
ganze Jahr über auf der Weide, werden allerdings im Winter mit Heu zugefüttert,
das im Sommer auf den Weideflächen gewonnen wird. Fleisch und Wurst waren von
den Robustrinder sind im Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf erhältlich, außerdem
werden sie in einigen Gaststätten rund um das Pfrunger-Burgweiler Ried
angeboten.
Entlang eines ehemaligen Entwässerungskanals, der in
regelmäßigen Abständen durch Querwände aufgestaut ist, konnten wir auf
Weidezäunen mehrfach Schwarzkehlchen und einen Neuntöter beobachten. Im
Feuchtbereich um den Graben blühte reichlich Mädesüß. Auf den Dolden des
Wiesen-Bärenklaus waren viele Nektar sammelnde Insekten, insbesondere Schwebfliegen
und kleine Bockkäfer, zu beobachten. Am Wegrand nahmen wir eine Geruchsprobe
vom Feld-Thymian, der gerade in voller Blüte stand.
Auf den Weideflächen brüten regelmäßig Kiebitze, für die in
diesem Jahr extra flache Gewässer, „Blänken“, angelegt wurden, die vor allem
für die jungen Kiebitze wichtig sind, weil sie dort leicht an geeignete Nahrung
(Insektenlarven, Würmer) kommen können.
Wir folgten dann dem Weg durch den Bannwald bis zum Fünfeckweiher.
In Baden-Württemberg bezeichnet der Begriff „Bannwald“ Totalschutzgebiete, die
vollständig einer natürlichen Entwicklung überlassen werden. Wege durch den
Bannwald sind zulässig, und dürfen – zum Beispiel durch Fällen umsturzgefährdeter
Bäume – gesichert werden. Auf dem Weg fällt auf, dass durch Wiedervernässung
die Fichtenbestände links des Weges großflächig abgestorben sind. Den Fünfeckweiher
erreichten wir auf einem Bohlenweg. Wie in den Vorjahren konnten wir eine ganze
Reihe von Insekten beobachten, insbesondere die dunkle Sommergeneration des
Landkärtchens, eines Schmetterlings, der oft auch in Schulbüchern als Beispiel
für die Ausbildung unterschiedlich aussehender Generationen angeführt wird.
Von der Aussichtsplattform des Bannwaldturmes hatten wir
einen guten Überblick über das gesamte Gebiet des Pfrunger-Burgweiler Rieds und
die umgebenden Höhenzüge. Man kann von dort aus sehr gut die verschiedenen
durch industriellen Torfstich entstandenen Seen beobachten. Eine kleine Schar
Graugänse flog am Turm vorbei.
Am sonnigen Wegrand wurde auf zwei Stammformen von
Kulturpflanzen hingewiesen, die hier besonders schön entwickelt waren: Wilde
Möhre (Daucus carota) und Wegwarte oder Zichorie (Cichorium intybus), aus der sowohl der Chicoréesalat als auch die
Wurzelzichorie (Zichorienkaffee) gezüchtet wurde. Bei unserem Vesperplatz konnten
wir ein schönes Exemplar des Kompass-Lattichs oder Stachel-Lattichs (Lactuca serriola) anschauen. Sein Name
rührt daher, dass sich seine Blätter an sonnigen Standorten senkrecht stellen
und in Nord-Süd-Richtung orientieren. Damit sind die Blattspreitenen weniger
dem intensiven Sonnenlicht ausgesetzt. Der Kompass-Lattich ist die Stammform des
Gartensalates (Lactuca sativa).
Da um uns herum erhebliche Gewitteraktivitäten zu beobachten
waren und die Zeit auch schon recht fortgeschritten war, beschlossen wir, auf
einen größeren Rundweg (vergleiche Exkursionen der Vorjahre) zu verzichten und
direkt zum Parkplatz bei Holzhausen zurückzukehren. Auf den Weiden in der in
der Nähe des Parkplatzes konnten wir eine große Zahl Weißstörche (gezählt
wurden 36) beobachten.
Da es bei unserer Ankunft am Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf
immer noch relativ gutes Wetter war, beschlossen wir, nun gleich mit dem Fang
von Wiesentieren und Wassertieren zu beginnen. Ausgerüstet mit Keschern und
Wasserschalen bzw. Schmetterlingsnetzen und Becherlupen machten sich zwei
Gruppen zunächst auf die Jagd, dann würden die Tiere im Großraum mithilfe von
Bestimmungsschlüsseln und Binokularen untersucht und bestimmt. Einige Fänger
konnten über den Monitor demonstriert werden.
Einige unserer Fänge:
Wiese
Larve einer Kurzfühler-Heuschrecke (vielleicht Corthippus
parallelus)
Schwebfliege
Mücke mit gelbem Hinterleib
Baumwanze
Weichwanze
Schaumzikade
Brauner Waldvogel
verschiedene Kleinschmetterling (Zünsler?).
Steinhummel
Teich
Wassermilbe
Kleinlibellenlarve
Stabwanze
Rückenschwimmer
Schwimmwanze
Büschelmückenlarve
Käferlarve
Kaulquappe eines Wasserfrosches (Kleiner Teichfrosch?)
Beim abschließenden Museumsbesuch gibt uns Frau Ackermann anhand eines großen Luftbilds der Region einen Überblick über die Entstehung des Pfrunger-Burgweiler Rieds. Auf der Fahrt in dem „Moorkäpsele“ werden diese Fachinhalte anschaulich wiederholt (vergleiche Exkursionsbericht von 2017).
Mögliche Aktivitäten von Studierenden
Anleitungen
Baum ertasten und wiedererkennen
Wachstum und Alter von Bäumen
Bäume zählen
Bäume berechnen
Baumkronenspaziergang
Kräuter fühlen, riechen, schmecken
Gräserberührungen
Pflanzenoberflächen: Rau und glatt und andere Gegensätze
Blüten, lockende Signale
Vertauschte Gegenstände
Wer war der Übeltäter?
Umwelt im Umschlag
Torfmoose und Moorbildung
Über alle Exkursionen:
Artenliste Pflanzen
Artenliste Tiere
Gut erkennbare Pflanzenfamilien besonders beachten:
Einen sehr guten Einstieg in die Landschaftsgeschichte Oberschwabens und ganz Südwestdeutschlands kann man sich mit folgendem neu erschienenen Werk verschaffen:
Seyfried, H., Simon, T., Beckenbach, E. & Müller, T. (2019): Der Südwesten im digitalen Geländemodell – wie LiDAR-Daten unsere Sicht auf die Welt verändern. Sonderbände der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg, 4; 434 S., 301 Abb. – Schmidt-Verlag. 34,90 €
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Im Sommersemester 2018 biete ich unter der Veranstaltung „Exkursion Regionale Lebensräume“ vier Exkursionen an. Drei der Exkursionsziele decken sich mit Angeboten des letzten Sommersemesters:
Eine weitere Exkursion führt uns am 3.6.2018 in das Wurzacher Ried.
Am 27.4.2018 findet von 13:00 Uhr bis 14:15 Uhr eine einführende Informationsveranstaltungim Raum NZ 1.51der PH Weingarten statt, bei der Erläuterungen zu den Exkursionszielen gegeben und mögliche Aufgaben besprochen werden.
Zusätzlich müssen die Studierenden der Veranstaltung mit einer sechsten Klasse aus dem Stuttgarter Raum, die im Juni in RV ihren Schullandheimaufenthalt verbringt, zwei Exkursionstage gestalten.
Mögliche Aktivitäten, die von Studierenden angeleitet werden
Bäume ertasten und wiedererkennen
Rindenoberflächen fühlen sich sehr unterschiedlich an
Ein Baumstamm mit seiner Borkenoberfläche wird blind ertastet. Anschließend versucht man diesen Baum offenen Auges wiederzufinden. Die unterschiedlichen Rindenstrukturen sind nicht nur arttypisch, sie unterscheiden sich auch von Baumindividuum zu Baumindividuum.
Jahresringe verraten das Baumalter
Wachstum und Alter der Bäume
Jahresringe von Bäumen geben Auskunft über ihr Alter, über gute und schlechte Jahre und über die Art ihres Wachstums. Bei jungen Bäumen kann man das Alter auch über die Art der Verzweigungen schätzen, da die Bildung von Seitenzweigen im Jahresrhythmus erfolgt. Die Abfolge von Jahresringen gibt – wenn man einen ausreichend langen Zeitraum von Jahren betrachtet – eine einmalige Sequenz. An der Universität Innsbruck hat man eine solche ununterbrochene Sequenz von Jahresringen für einen Zeitraum von über 10.000 Jahren festlegen können. Auf diese Weise lassen sich alte Hölzer sowohl aus Bauwerken als zum Beispiel auch aus Gletschernauf das Jahr genau datieren (Dendrochronologie).
Baumberechnung
In der Biomasse ist Kohlenstoff gespeichert, der aus dem Kohlenstoffdioxid der Luft stammt. Aus dem Volumen eines Baumstamms lassen sich Rückschlüsse auf den Wald als Kohlenstoffspeicher ziehen.
Baumarten zählen
Linientransekt zum Bäume zählen
In einem Waldstück wird die Häufigkeit verschiedener Baumarten durch Linientransekte ermittelt und grafisch dargestellt. Anschließend werden Überlegungen zu den ökologischen Ansprüchen der Baumarten und ihre forstliche Nutzung angestellt.
Mein Kraut in der Suppe – essbare Wildpflanzen
Wer Kräuter sammelt, um sie anschließend zu essen, setzt die uralte Tradition der Sammler und Jäger fort. Dieses Sammeln von Wildkräutern für den Suppenkopf kann dabei helfen, Pflanzenarten kennen und schätzen zu lernen.
Krautvegetation im Wald – Zeigerwerte und ökologische Gruppen
Aus der Artenzusammensetzung der Krautschicht eines Waldes lassen sich wichtige ökologische Rückschlüsse ziehen. Dabei helfen „Ökologische Zeigerwerte“ und „Ökologische Gruppen der Waldbodenpflanzen“.
Häufigkeit der Waldbodenpflanzen
Leben im Wassergraben
Stechmücken
Beobachtung mit Löffel und Lupe
Typisch für die Jungmoräne am Rande des Schussenbeckens sind Mergelschichten, die zu staunassen Bereichen und Quellhorizonten führen. Die wegbegleitenden Gräben sind deshalb oft bis in den Sommer mit Wasser gefüllt und Lebensraum für verschiedene typische Tümpelbewohner wie Grasfröschen, Molchen und Wasserinsekten.
1 Bäume ertasten, 2 Wachstum und Alter von Bäumen, 3 Baumberechnung (Volumen, Masse, Kohlenstoffgehalt), 4 Essbare Wildkräuter, 5 Krautschicht und Zeigerwerte der Pflanzen, 6 Bestimmung von Bäumen und Sträuchern nach Blattmerkmalen
Wurzacher Ried (So, 3.06.2018)
Treffpunkt: 9:00h, Wohnmobilparkplatz Bad Wurzach
Thematische Schwerpunkte: Hochmoor und Niedermoor, Moorregeneration, Landschaftsgeschichte, Reptilien und Amphibien im Moor
Entstehung des Wurzacher Rieds
Das Wurzacher Ried nördlich der Gemeinde Bad Wurzach ist mit etwa 18 km2 eines der größten Naturschutzgebiete Süddeutschlands. Mit etwa 6 km2 enthält es die größte noch intakte Hochmoorfläche Mitteleuropas.
Das Becken des Wurzacher Rieds wurde schon in der vorletzten bzw, vorvorletzen Kaltzeit angelegt. Während des Riss-Glazials wurde ein tiefes Gletscherzungenbecken gebildet. In der letzten Vereisung, dem Würm-Glazial, kam der Rheingletscher noch vor diesem Becken zum Stehen. Durch seine Endmöräne wurde ein Endmöränen-Stausee gebildet, dessen allmähliche Verlandung das Wurzacher Ried entstehen ließ. In einer Animation des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried wird die komplexe Entstehungsgeschichte relativ gut vermittelt.
Entwicklung zum Wurzacher Ried seit der letzten Vereisung vor ca. 12 000 Jahren (nach Karl Bertsch, 1947)
Feuchtgebiete
Moore
Moore entstehenauf Wasser durchdrängten Böden, in denen die anfallenden Pflanzenreste wegen Sauerstoffmangels nur sehr langsam abgebaut werden. Da die Produktion organischer Substanz schneller erfolgt als ihre Reminalisierung, kommt es zur Ansammlung mehr oder weniger mächtiger, mineralstoffarmer Humussubstanz („Torf„). Geologisch werden Moore definiert als Böden mit einer mindestens 30 cm dicken Torfschicht, deren Gehalt an brennbarer organischer Substanz 30 % übersteigt.
Vegetationskundlich werden Moore aufgrund ihrer ökologischen Bedingungen und der davon abhängigen Vegetation definiert und unterteilt:
Flachmoore entstehen an den tiefsten Stellen des Reliefs, wo Quellwasser auftritt, oder aus den Verlandungstadien stehender Gewässer. Sie sind vom Grundwasserstand abhängig und daher auf kein bestimmtes Klima angewiesen. Je nach Qualität des Wassers und des Mineraluntergrunds können sie mehr oder weniger nährsalz- und basenreich sein. Unter ariden Bedingungen entstehen Salzsümpfe.
Hochmoore sind vom Grundwasser unabhängig und allein auf den atmosphärischen Niederschlag angewiesen („ombrogen“). Sie sind charakteristisch für feuchtes, gemäßigte Klima mit hohen Niederschlägen (in Mitteleuropa über 600 mm pro Jahr) und geringer Verdunstung. Sie entstehen wenn sich auf nassem Untergrund Torfmoose (Gattung Sphagnum) ansiedeln. Diese können aufgrund ihres anatomischen Baus das bis zu 20fache ihres Eigengewichtes an Wasser speichern. Außerdem gestattet ihnen ein besonderer Ionen-Austausch-Mechanismus, selbst aus extrem mineralstoffarmem Wasser die wenigen Kationen im Austausch gegen H+,-Ionen herauszufangen. Dadurch wird das Wasser angesäuert (bis zu < pH 4). Die meisten Konkurrenten werden damit ausgeschaltet. Die Torfmoospolster wachsen immer höher, wobei die unteren Teile absterben und allmählich zu Torf werden. In den abgestorbenen Moosen hält sich das Regenwasser wie in einem Schwamm. So können wassergesättigte Torfschilde entstehen, die sich uhrglasförmig mehrere Meter über das Relief erheben, daher der Name Hochmoor. Aus den Rändern sickert saures, nährstoffarmes Wasser und sammelt sich im sogenannten Randsumpf (Lagg).
Flachmoore können sich zu Hochmooren entwickeln. Das Zwischenstadium wird Zwischenmoor oder Übergangsmoor genannt
Typische Gehölze der Hochmoore sind Zwergsträucher aus der Familie der Heidekrautgewächse. In natürlichen Hochmooren sind sie auf die höchsten Stellen sowie trockenere Randbereiche konzentriert, in teilweise trockengelegten Mooren können sie zur Vorherrschaft gelangen. Dank der Symbiose mit Mykorrhizapilzen und anderen Anpassungen können sie auch noch auf ärmsten Torfböden gedeihen, wobei sie nur langsam wachsen.unter unseren Klimabedingungen beträgt das Torfwachstum etwa 1 cm in 100 Jahren.
Schematische Darstellung eines Hochmoors (W.Probst)
Feuchtgebiete auf Mineralboden
Feuchtgebiete, die nicht auf torfigem Untergrund stocken, sind zum Beispiel die Auen entlang von Flussläufen, oft auch die Uferbereiche von stehenden Gewässern. Da in solchen Gebieten der Wasserstand stark schwankt, kommt es immer wieder zu Perioden mit guter Sauerstoffversorgung, in denen die organischen Abfallstoffe vollständig abgebaut werden können. Entlang von Flussläufen kommt es zur Ausbildung von Auwäldern, häufiger überschwemmt sind die Weichholzauen mit Weiden, Pappeln und Erlen, etwas höher liegen die Hartholzauen mit Eschen, Ulmen und Eichen. An flachen Seeufern können ausgedehnte Schilfbestände auftreten.
Die in Oberschwaben häufige Bezeichnung „Ried“ sagt nichts über den Untergrund aus. Das Eriskircher Ried zum Beispiel stockt auf Mineralboden, im Wurzacher Ried besteht der Untergrund weitgehend aus Torf.
Überblick über die Bezeichnungen von Feuchtgebieten (W.Probst)
Kreuzottern
Kreuzotter (Vipera berus)
Die Kreuzotter ist eine an kaltgemäßigtes Klima angepasste Viper, die einzige, die auch nördlich des Polarkreises angetroffen werden kann. In Deutschland kommt sie vor allem in den Heidegebieten der norddeutschen Tiefebene und in den Mittelgebirgen vor, in Oberschwaben sind Moore und feuchte Niederungen bevorzugte Siedlungsräume. Wegen der Bedrohung ihrer Lebensräume gilt die Art in Mitteleuropa als gefährdet und steht in Deutschland unter Naturschutz. Im Wurzacher Ried lebt eine stabile Population von Kreuzottern und wir hoffen, unter fachkundiger Führung durch den Amphibien- und Reptilienkenner Dominik Hauser Kreuzottern beobachten zu können.
Mögliche Aktivitäten, die von Studierenden angeleitet werden
Wasserspeichervermögen von Torfmoosen
Torfmoose sind so konstruiert, dass sie Wasser wie ein Schwamm speichern können. Das Wasserspeichervermögen lässt sich auch im Gelände leicht messen.
Torfmoose als Wasserspeicher
Messung des Wasserspeichervermögens von Torfmoosen
Messungen des pH-Wertes im Hochmoor und im Flachmoor
Der pH-Wert gibt die Wasserstoffionenkonzentration (von lat. potentia Hydrogenii) in einer wässrigen Lösung an, und zwar als negativen dekadischen Logarithmus der Konzentration in Mol pro Liter. Kleine Werte bedeuten also eine hohe Konzentration an Wasserstoff- (H+), genauer gesagt an Oxoniumionen (H3O+), und d. h. „starke Säure“. Auf Wasserorganismen hat der Säuregrad einen erheblichen Einfluss.
Umwelt im Umschlag
Eine gezielte Suche nach unterschiedlichen Naturobjekten schult die Beobachtungsfähigkeit und führt oft zu überraschenden Entdeckungen.
Gang durch die Baumkronen
Mithilfe eines Spiegels kann man sich die Baumkronen ins Blickfeld holen. Sie sind nicht nur die wichtigsten Orte der Stoffproduktion durch Photosynthese, sie sind auch entscheidend für den Stoffaustausch mit der Atmosphäre. Die Wasserverdunstung an den Blattoberflächen ist der Motor für den aufsteigenden Strom von Wasser und Mineralstoffen durch die Leitungsbahnen der Bäume.
„Grünt die Eiche vor der Esche, gibt’s im Sommer große Wäsche“ (Bauernregel)
1 Dank Dominik Hauser konnten wir je ein Exemplar einer schwarzen Form und einer gewürfelten Form der Kreuzotter beobachten. An verschiedenen Weidenarten des Waldrandes waren zahlreiche Schaumflocken der Weiden-Schaumzikade (Aphrophora salicina) zu beobachten.
2 An einem Moorgraben, dem wir mehrere 100 m entlang gingen, flogen zahlreiche Blauflügel-Prachtjungfern (Calopteryx virgo), im Wasser blühten Gelbe Teichrosen, häufigste Sumpfpflanze war die Aufrechte Berle, ein Doldenblütler mit langen Fiederblättern, an einigen Stellen standen Brunnenkresse und der sehr giftige Wasserschierling. Das Wasser im Moorgraben hatte einen pH-Wert von etwa 6,5.
3 An dieser Stelle ist am Ende eines Bohnenweges eine Plattform aufgebaut, von der man einen Blick auf die Hochmoorfläche des östlichen Wurzacher Rieds hat (Alberser Ried). Wir rekapitulieren die Entstehung eines Hochmoores und speziell die Geschichte des Wurzacher Rieds. Dann versuchen wir mit Erfolg, einige typische Hochmoorpflanzen zu finden (Moosbeere, Rosmarinheide, Rundblättriger Sonnentau, Torfmoose). Durch einen Auspressversuch konnten wir nachweisen, dass aus 680 g frisch entnommenem Torfmoos 250 g Wasser gepresst werden konnten. Das ausgepresste Wasser hatte einen pH-Wert von etwa 5.
4 Mittagspause
Suche nach eingeschmuggelten und vertauschten Gegenständen.
5 Hier führten wir die Übung „Umwelt im Umschlag“ durch. Eigentlich war auch die „Wanderung durch die Baumwipfel“ geplant, aber das Gebiet schien uns wegen fehlender, gut ausgebildeten Baumkronen nicht so geeignet. Wir hoffen, die Übung am 7. Juli im Pfrunger-Burgweiler Ried nachholen zu können.
Raupe der Zwetschgen-Gespinstmotte, 3.6.2018
An dem Standort wuchs ein mehrstämmiger, völlig kahl gefressener Baum, an dessen Zweigen man noch Reste von Gespinstmotten erkennen konnte. Ein dick eingesponnener Klumpen mit Motten hatte sich an einer darunter stehenden kleinen Fichte etabliert. Nach einigem Rätselraten konnten wir das Gehölz als Traubenkirsche identifizieren. Wir stellten fest, dass noch viele weitere Traubenkirschen aller Größen von den Zwetschgen-Gespinstmotten (Yponomeuta padella) befallen waren, allerdings nicht so stark.
Thematische Schwerpunkte: Die Rotach als drittgrößter Zufluss des östlichen Bodensees, Ökologie von Fließgewässern, Messung einiger abiotische Faktoren, biotische Faktoren: Wassertiere und Uferpflanzen, Gefährdung und Schutz von Bächen, Renaturierungsmaßnahmen:
Nach der Mittagspause fahren wir zum Wanderparkplatz bei Unterteuringen (Richtung Modellfliegerplatz)
Thematische Schwerpunkte: Landschaftsgeschichte, Landschaftpflege und Naturschutz mit Heckrindern, Gräser, Vegetationsaufnahmen in einer Wiese, Bedeutung von Saumbiotopen in der Agrarlandschaft.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten.
Pfrunger-Burgweiler Ried, auf dem Weg zum Fünfeckweiher
Nach einer Führung durch das Naturschutzzentrum werden wir uns – vorausgesetzt das Wetter ist günstig – auf der Blumenwiese bei dem Naturschutzzentrum mit Insekten beschäftigen (Fang und Bestimmung der Gruppenzugehörigkeit).
Didaktisch begründete Grobeinteilung der geflügelten Insekten nach Kattmann (Fotos W.Probst)
Am Nachmittag wird uns Frau Ackermann, Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, auf einer Wanderung durch das Naturschutzgebiet Planungen, Ziele und Konzepte des Naturschutzmanagements im Pfrunger-Burgweiler Ried erläutern.
Literaturempfehlungen
Bestimmungsbücher
Pflanzen:
Bergau, M./ Müller, H./Probst, W./Schäfer, B. (2001): Pflanzen-Bestimmungsbuch. Streifzüge durch Dorf und Stadt. Stuttgart: Klett (21,00€)
Fitter, R./Fitter, A./Blamey: Pareys Blumenbuch. 2.Aufl. 1986 beim Parey-Verlag, Neuauflage 2007 bei Franckh-Kosmos (preislich sehr unterschiedliche Angebote im Internet)
Kammer, P. M. (2016): Pflanzen einfach bestimmen. Bern: Haupt (29,90€)
Probst, W./Martensen, H.-O. (2004): Illustriert Flora von Deutschland. Bestimmungsschlüssel mit 2500 Zeichnungen. Stuttgart: Ulmer (Systematik nicht auf den neuesten Stand, 9,99€)
Tiere
Bergau, M./ Müller, H./Probst, W./Schäfer, B. (2004): Tiere-Bestimmungsbuch. Streifzüge durch Dorf und Stadt. Stuttgart: Klett (21,00€)
Brauns, A. (3. A., 1976): Taschenbuch der Waldinsekten. Grundriß einer terrestrischen Bestandes- und Standort-Entomologie. Band I: Systematik und Ökologie.-Band II:Ökologische Freiland-Differentialdiagnose – Bildteil. Stuttgart: G. Fischer. Einbändige 4. Aufl. 1991, Berlin-Heidelberg, Spektrum (bei Amazon ab 6,89)
Chinery, M.: Pareys Buch der Insekten. Hamburg und Berlin: Parey letzte Aufl. 2004, bei Franckh-Kosmos 2012 (62,89€)
Haymann, P. (1985): Vögel. Bern: Hallwag (bei ZVAB gebraucht ab 4,53€)
Kelle, A./Sturm, H, (1984): Tiere leicht bestimmt: Bestimmungsbuch einheimischer Tiere, ihrer Spuren und Stimmen. Bonn: Dümmler (bei Amazon ab 1,79€)
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere. Stuttgart: Klett (26,00€)
Tierspuren
Bang, P./Dahlström, P. (2000): Bestimmungsbuch Tierspuren. München: BLV (19,99€)
Bellmann, H. (2.A. 2017): Geheimnisvolle Pflanzengallen: Ein Bestimmungsbuch für Pflanzen- und Insektenfreunde. Wiebelsheim: Quelle und Meyer
Bezzel, E. (2014):Vogelfedern: Federn heimischer Arten nach Farben bestimmen. München: BLV (12,99€)
Brown, R./Ferguson, J./LawrenceM,/Lees, D. (2005): Federn, Spuren und Zeichen der Vögel Europas: Ein Feldführer. Wiesbaden: Aula (vergriffen)
Kriebel, H.-J. (2.A. 2007): Wie lerne ich Spurenlesen?: Ein praktischer Ratgeber zur Wiederentdeckung einer alten Kunst. Books on Demand (14,90€)
Wissenschaftliche Bestimmungbücher mit dichotomen Schlüsseln
Gefäßpflanzen
Jäger, E. J. (Hrsg.) (2017): Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband, 21. A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (39,99 €, ebook 29,99 €) – zu dem Werk gibt es einen Atlasband (37, 99 €, ebook 26,99 €) mit sehr guten Strichzeichnungen von ca. 3000 Pflanzenarten,auf denen die Differenzialmerkmale besonders hervorgehoben sind –
Oberdorfer, E. (2001): Pflanzensoziologische Exkursionsflora: Für Deutschland und angrenzende Gebiete, 8. A., Stuttgart: Ulmer (19,90 €)
Parolly, G./Rohwer, J.G. (Hrsg.) (2016): SCHMEIL-FITSCHEN Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder, 96. A., Wiebelsheim: Quelle und Meyer (39,95 €)
Moose
Frahm, J.-P./Frey, W. (2004): Moosflora, 4. A., Stuttgart: Ulmer (UTB 1250)
Tiere
Schaefer, M. (2016): Brohmer – Fauna von Deutschland: Ein Bestimmungsbuch unserer heimischen Tierwelt, 24. A., Wiebelsheim: Quelle und Meyer (39,95 €)
Klausnitzer, B. (2018): Stresemann – Exkursionsfauna von Deutschland. Band 1: Wirbellose (ohne Insekten), 9.A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (49,99 €)
Klausnitzer, B./Stresemann, E. (2011): Stresemann – Exkursionsfauna von Deutschland, Band 2: Wirbellose: Insekten, 11.A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (74,99 €)
Senglaub, K. (2013): Exkursionsfauna von Deutschland, Band 3: Wirbeltiere, 12. A., Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum (49,99 €)
Literatur zum Thema Baum und Wald
Bartsch, Norbert/ Röhrig, Ernst (2016): Waldökologie – Einführung für Mitteleuropa. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Braune, W./Leman, A./Taubert, H. (9.A, 2007): Pflanzenanatomisches Praktikum I: Zur Einführung in die Anatomie der Vegetationsorgane der Samenpflanzen. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Dylla, Klaus/Krätzner, Günter (1977): Das biologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald. Biologische Arbeitsbücher 9, Quelle und Meyer, Heidelberg/Wiesbaden. Folgeauflagen: Das ökologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald (4.A.1986); Lebensgemeinschaft Wald (1998)
Ellenberg, H./Leuschner, C. (6. erweiterte A, 2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Stuttgart: Ulmer
Hofmeister, H. (1990): Lebensraum Wald. Hamburg: Parey
Küster, Hansjörg (3. A. 2013): Geschichte des Waldes – Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck
Wohlleben, Peter (2013): Der Wald – ein Nachruf. Wie der Wald funktioniert, warum wir ihn brauchen und wie wir ihn retten können – ein Förster erklärt. München: Ludwig (vom Autor gibt es zahlreiche weitere Bücher zum Thema Wald und Baum)
Literatur zum Thema Fließgewässer
Baur, Werner H. (1997): Gewässergüte bestimmen und beurteilen. Blackwell-Wissenschaftsverlag
Brehm, J./Meijering, M. P. D. (3. A.1996): Fließgewässerkunde – Einführung in die Ökologie der Quellen, Bäche und Flüsse. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Engelhardt, Wolfgang (17. A.; 2015): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Stuttgart: Kosmos-Franckh
Fey, Michael, J. (1996): Biologie am Bach – Praktische Limnologie für Schule und Naturschutz. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Graw, Martina (2001):Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz Bd.64.
Klee, Otto (2. A. 1993): Wasseruntersuchungen – Einfache Analysenmethoden und Beurteilungskriterien. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Mischke, Ute/Behrendt, Horst (2007): Handbuch zum Bewertungsverfahren von Fließgewässern mittels Phytoplankton zur Umsetzung der EU-WRRL in Deutschland. Stuttgart: Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung
Sandrock, F. (Hrsg.,1981): Fließgewässer. – Unterricht Biologie, H. 59
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere – Ein ökologisches Bestimmungsbuch . Stuttgart: Klett Schulbuchverlag
Schulbiologiezentrum Hannover: Gewässergütebestimmung nach Tieren (Formblatt)
Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.): Naturbegegnung auf Wiese, Weide, Rasen. Schneverdingen 1996
Balzer, K., Holtei, C. (2013): Die Wiese: Ein Zoom-Bilderbuch. Weinheim: Beltz und Gelberg
Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.) (2005): Gräser und Grasland: Biologie – Nutzung – Entwicklung. Rundgespräch am 10. Oktober 2005. München: Friedrich Pfeil
Bertsch, K.: Die Wiese als Lebensgemeinschaft. Otto Maier, Ravensburg 1951
Bunzel-Drüke, M. u. a. (2009) : „Wilde Weiden“ – Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung. Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz e. V., 2. A., Bad Sassendorf-Lohne
Dierschke, H., Briemle, G. (2002): Kulturgrasland. Stuttgart: Ulmer
Horstmann, D. (2002): Ökologische Untersuchungen im Grünland. Ein fächerübergreifendes Unterrichtsprojekt. PdN Biologie 49 (5): 1-22
Hutter, C. P./Briemle, G./Fink, C. (2002): Wiesen, Weiden und anderes Grünland. Biotope erkennen, bestimmen, schützen. 2. A., Hirzel, Stuttgart
Jaitner, C. (2012): Wiesenblumen: Sehen und verstehen. Innsbruck: Kompass-Naturführer
Jedicke, E. (1986): Blumenwiese oder Rasen? Stuttgart: Franckh- Kosmos
Jaun, A., Joss, S. (2011): Auf der Wiese. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern: Haupt
Kremer, B. P. (2016): Die Wiese. Darmstadt: Thiess
Kremer, B. P. (1991): Wiesenblumen kennen lernen, erleben, schützen. München: Gräfe und Unzer
Poschold, P.(2015): Geschichte der Kulturlandschaft. Entstehungsursachen und Steuerungsfaktoren der Entwicklung der Kulturlandschaft, Lebensraum- und Artenvielfalt in Mitteleuropa. Stuttgart: Ulmer
Literatur zum Thema Landschaftsgeschichte/Oberschwaben
Eberle, J./Eitel, B./Blümel, W. D./Wittmann, P. (2007): Deutschlands Süden vom Erdmittelalter zur Gegenwart. Berlin/Heidelberg: Spektrum (39,99€)
Geyer, M./Nitsch, E. (2011): Geologie von Baden-Württemberg. Stuttgart: Schweizerbart (68€)
Hantke, R. (1991): Landschaftsgeschichte der Schweiz. Thun: ecomed (gebraucht ab 15€)
Ott, S. (Hrsg.,2.A. 1972): Oberschwaben – Gesicht einer Landschaft. Ravensburg: Otto Maier (booklooker 10,80€)
Keller, O. (2014): Erwägungen zur Korrelation mittelpleistozäner Relikte des Rheingletschers mit der Nordschweizer Stratigraphie. – E&G Quaternary Science Journal, 63 (1): 19–43. DOI: 10.3285/eg.63.1.02
Seyfried, H., Simon, T., Beckenbach, E., Müller, T. (2019): Der Südwesten im digitalen Geländemodell.Sonderbänd der Ges.f.Naturkunde in Württ., Bd. 4. Neustadt a.d. Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt
Zier, L. (2.A. 1998): Das Pfrunger Ried – Entstehung und Ökologie eines oberschwäbischen Feuchtgebietes. Stuttgart: Schwäbischer Heimatbund
Treffpunkt: Wanderparkplatz bei Appenweiler (entspricht 2016)
Thematische Schwerpunkte: Lebensform Baum, ökologische Ansprüche von Waldbäumen, verschiedene Waldgesellschaften, Lebensformen und Überwinterung von Pflanzen, Lebensraum Wassergraben
Bäume
Das Lebewesen Baum
Wenn man eine Pflanze als „Baum“ bezeichnet, meint man damit eine bestimmte Lebensform. Sie hat nichts zu tun mit der verwandtschaftlichen bzw. systematischen Zugehörigkeit der Pflanzenart, wenngleich es bestimmte Familien gibt, bei denen besonders viele Arten der Lebensform „Baum“ angehören. In unserer heimischen Flora sind dies zum Beispiel alle Vertreter der Familie Buchengewächse (Fagaceae).
Bäume sind Gehölze, das heißt, ein wesentlicher Teil ihrer Gewebe besteht aus Zellen mit verholzten Zellwänden, also Wänden, in die zwischen Cellulose und Hemicellulosen Lignin eingelagert ist. Dies bedeutet einen enormen Stabitlitätszuwachs. Diese Stabilität erlaubt den Bäumen sehr hoch zu wachsen – manche über 100 m –, und sehr alt zu werden – über 1000 Jahre, selten bis 5000 Jahre.
Beim Wachstum der Bäume unterscheidet man Spitzenwachstum und Dickenwachstum der Sprossachsen. Wenn das Bildungsgewebe an der Sprossspitze das einzige Bildungsgewebe ist, ist es auch für die endgültige Dicke der Sprossachse verantwortlich. Beispiele für solches auschließlich primäres Dickenwachstum sind Grashalme und Palmenstämme. Beim sekundären Dickenwachstum gibt es neben dem Bildungsgewebe an der Sprossspitze ein sekundäres Bildungsgewebe, das einen Zylinder in der Sprossachse bildet und nach außen und innen Zellen abgibt. Alle Stämme, Äste, Zweige und Wurzeln können dadurch immer dicker werden.
Bei lang anhaltenden Dickenwachstum kommen die außerhalb des Meristemzylinders liegenden Gewebe mit dem Wachstum nicht nach und reißen auf. Bäume haben verschiedene Wege eingeschlagen, um ihre Stämme und Äste durch Schutzschichten nach außen zu sichern. Primär werden junge Zweige durch eine Epidermis, eine Schicht dicht aneinanderliegender Zellen, abgeschlossen. Sekundär bildet sich in darunter liegenden Rindenschichten eine Schicht aus verkorkten Zellen (Periderm).
Wenn diese Schicht ständig aus einem eigenen Bildungsgewebe, dem Phellogen, weiterwächst, bildet sich eine glatte Rinde, wie sie für Buchen typisch ist. In den meisten Fällen wird jedoch die äußere Peridermschicht bei weiterem Dickenwachstum wieder geprengt und es bilden sich in tieferen Rindenschichten immer wieder neue Korkkambien und neue Periderme. Die abgestorbenen äußeren Schichten werden Borke genannt. Je nach Anlage der Phellogene unterscheidet man Schuppenborke (häufigster Fall), Netzborke oder Ringelborke.
Bäume berechnen
Einfache Ermittlung der Höhe: Am einfachsten lässt sich die Baumhöhe mit einem Stock in Armlänge ermitteln . Ebenso einfach ist das Umklappverfahren: der Baumwipfel wird über den lang gestreckten Arm mit einem Stock angepeilt. Die Länge des Stocks ist im Prinzip beliebig. Dann dreht man den Stock in die Horizontale und lässt einen Helfer vom Fuß des Baumes senkrecht zur eigenen Blickrichtung so weit gehen, bis er mit dem Ende des Stocks in Linie ist. Die Entfernung Beobachter-Baum ist dann die Baumhöhe. Mittlerweile gibt es auch Baumhöhenmesser als Apps.
Das Volumen eines Baumstammes hängt von seinem Umfang und seiner Höhe ab. Ein Zylinder hat das Volumen Grundfläche mal Höhe, ein Kegel das Volumen 1/3 Grundfläche mal Höhe. Für Bäume in einem Hochwald unserer Breiten kann man nährungsweise die Volumenformel V = ABh · h annehmen. ABh ist dabei die Querschnittsfläche in Brusthöhe (1,3 m).
Die Querschnittsfläche A eines Baumes steht in direkter Beziehung zu seinem Durchmesser d und dieser zu seinem Umfang u:
u = π·d; d =u/π ; A = πr2 = πd2 /4 = u2/4π
Daraus ergibt sich für das Volumen
V = u2 h/8π
Da 8π etwa 25 ist, gilt für einen Baum von 25 m Höhe die einfache Bezeihung
V = u2 (für u in m und V in m3)
Für jeden Meter, den ein Baum höher oder niedriger als 25 m ist, muss man 3% des Volumens zufügen oder abziehen. Förster arbeiten stattdessen mit der sog. „Försterformel“:
V = d2/1000 ( für d in cm und V in m3)
Vom Volumen zur Masse und zum gebundenen CO2
Die Holzmasse ergibt sich aus Volumen und Dichte.
Baumart
Fichte
Kiefer
Buche
Eiche
Esche
Dichte in g/cm3 bzw. t/m3
0,47
0,52
0,69
0,67
0,69
Die Hälfte der Holzmasse entspricht etwa der Masse des enthaltenen Kohlenstoffs. 1 t C entspricht 3,67 t CO2
Götterbaume
Zu Bäumen gehören die ältesten und die größten Lebewesen und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass ihnen etwas Numinöses anhaftet. Götter haben ihre Bäume: Stein-Eiche: Zeus, Ölbaum: Athene, Lorbeer Apoll, Myrte: Aphrodite; Stiel-Eiche: Thor, Hänge-Birke: Freya, Hollunder: Frau Holle = Frigg (germanische Muttergöttin),Ygdrasil = Weltenesche der Germanen. Auch bei den Kelten schrieb man Bäumen Übernatürliches zu. Aus solchen keltischen Wurzeln wurde in neuerer Zeit ein Baumhoroskop entwickelt, das auch als „Keltischer Baumkreis“ bekannt ist. Grundlage ist dr sog. Keltische Baumkalender, der jedem Datum eine Baumart zuordnet. Ähnlich wie bei den astrologischen Tierkreiszeichen wird versucht, jedem Baum bestimmte Menscheneigenschaften zuzuordnen (Apfelbaum = die Liebe, Hasel = das Außergewöhnliche usw.). Der deutsche Name „Götterbaum“ wurde übrigens dem ursprünglich ostasiatischen Baum Ailanthus altissima gegeben, der 1740 nach Europa eingeführt wurde und sich heute – vor allem in Städten – als Neophyt stark ausgebreitet hat. Der Name soll daher kommen, dass er seine Äste weit in den Himmel reckt – aber welcher Baum tut das nicht?
Kletterbäume
Auch für Kinder und Jugendliche haben Bäume einen besonderen Reiz, vor allem, weil man auf Bäume klettern und Baumhäuser bauen kann (konnte??), weil man auf gefällten Baumstämmen balancieren und wippen kann und weil man aus Baumrinde Boote schnitzen kann. Man kann also davon ausgehen, dass man mit dem Thema Baum bei SchülerInnen – mindestens im Vergleich zu anderen botanischen Themen – ganz gut ankommen kann. Einige Möglichkeiten: Bäume ertasten, Bäume vermessen und berechnen, Borken- bzw. Rindenabdrucke herstellen, Stoffkreislauf nachreisen, Alter bestimmen, Totholz und tote Bäume untersuchen.
Wälder
Was sind Wälder
Die Vegetation prägt das Aussehen einer Landschaft, ihre Physiognomie. Grob kann man unterscheiden zwischen Wäldern, Gebüschen, Zwergstrauchbeständen, Grasländern und anderen krautigen Vegetationsformen (Steppen, Prärien).
Einer der ersten, der versucht hat, die Vegetation der Erde nach ihren Lebensformen, also ihrem Aussehen, in Vegetationstypen einzuteilen, war Alexander von Humboldt (1801-1803: Ideen zu einer Geographie der Pflanzen)
Als „Wälder“ bezeichnet man Pflanzengesellschaften, die durch mehr oder weniger dicht stehende Holzgewächse – Bäume – ausgezeichnet sind. Für die weitere Untergliederung spielt eine Rolle, ob es sich um laubwerfende oder immergrüne Wälder handelt und wie dicht die Bäume stehen (Begriff des Offenwaldes, Savannen als Übergänge zu Grasländern). Die Nutzung der Wälder durch den Menschen hat in vielen Gebieten der Erde zu einer sehr starken Veränderung der ursprünglichen Waldvegetation (der Urwälder) geführt. Oft sind im Laufe der jahrtausendelangen Nutzung Wälder sogar vollständig verschwunden (Libanon, Vorderer Orient). Auch in Mitteleuropa hat die unregulierte Waldnutzung im Mittelalter zu einer sehr starken Degradation der Wälder geführt. Als Reaktion begann man im Im 18. Jahrhundert mit der gezielten, auf dauerhaften Ertrag angelegten Forstwirtschaft. In diesem Zusammenhang wurde von Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptman des Erzgebirges, 1713 zum ersten Mal der Begriff der Nachhaltigkeit verwendet. Er besagt, dass man dem Wald nicht mehr Holzmasse entnehmen soll als gleichzeitig nachwächst. Heute wird dieser Begriff auf den ganzen Bioplaneten Erde angewendet.
Mitteleuropas Wälder
Wälder gibt es auf der Erde schon seit mehr als 350 Mill.J. Hier soll aber nur auf die jüngste Erdegschichte eingegangen werden, in der die mitteleuropäischen Wälder entstanden sind.
Sie liegen in dem Laubwaldgürtel der gemäßigten Zone, der sich von Nordamerika über Europa bis nach Ostasien erstreckt. Das Besondere der zentraleuropäischen Wälder ist, dass sie erdgeschichtlich sehr jung sind. In den Kälteperioden des Pleistozäns war Mitteleuropa eine waldfreie, von Tundra oder Gletschern bedeckte Landschaft. Erst nach dem Rückzug der Gletscher vor etwa 12.000 Jahren konnte sich Mitteleuropa langsam wieder bewalden. Der Vergleich mit den entsprechenden Waldgesellschaften Nordamerikas und Ostasiens zeigt, dass dort etwa zehnmal soviele Gehölzarten vorkommen wie in Mitteleuropa. Man kann also davon ausgehen, dass der Wiederbewaldungsprozess hier noch längst nicht abgeschlossen wäre. Allerdings wurde die natürliche Sukzession durch das Auftreten des Menschen zunächst stark beeinflusst und schließlich durch die Forstwirtschaft ganz beendet. Die heutige Zusammensetzung unserer Waldgesellschaften hat zwar durchaus etwas zu tun mit den natürlichen Gegebenheiten und den Umweltfaktoren, sie wird aber entscheidend bestimmt von forstlichen Maßnahmen wie Umtriebszeiten, Aufforstungsmaßnahmen usw.
Auch in der erdgeschichtlich gesehen jungen Epoche seit der letzten Kaltzeit hat sich allerdings das Klima in Mitteleuropa mehrfach verändert und dies hat sich auch auf die Zusammensetzung der Vegetation ausgewirkt. Über diese Vegetationsgeschichte seit der letzten Kaltzeit ist man durch Pollen-Untersuchungen (Pollendiagramme) sehr gut unterrichtet.
Während zuerst (bis ca. -9000 J) Birken und Kiefern dominierten, gab es zwischen -9000 und -8000 J einen starken Anstieg der Hasel, Gleichzeitig begannen sich Eichen und Ulmen, an speziellen Standorten auch Linden und Eschen immer mehr auszubreiten und die Haselbestände gingen etwas zurück. Buchen haben sich vermutlich erst durch den Einfluss des Menschen aber auch aufgrund eines feuchteren und kühleren Klimas im Subatlantikum seit 3000 J immer mehr ausgebreitet. In den schattigen Buchenwäldern hatten Haselsträucher nur noch an Waldrändern eine Chance. Die heutige weite Verbreitung der Fichte ist auf Aufforstungsmaßnahmen ab Ende des 18. JH zurückzuführen.
Verschiedene Waldgesellschaften
Auf Grund von Jahrzehnte langen empirischen Erhebungen zu den Standortansprüchen von Pflanzenarten wurden von Heinz Ellenberg in den 1970 er Jahren für nahezu alle in Mitteleuropa heimischen Pflanzenarten Zeigerwerte für verschiedene Umweltfaktoren zusammengestellt und seither immer wieder neuen Erkenntnissen angepasst. Das ökologische Verhalten gegenüber einem bestimmten Standortfaktor wird in der Regel durch eine Ziffer von 1 bis 9 ausgedrückt. Diese Zeigerwerte spiegeln das Vorkommen einer Art unter Freilandbedingungen wider, d. h. bei ausgeprägter zwischenartlicher Konkurrenz. Die Zeigerwerte machen also keine Aussage über das Verhalten in Reinkultur.http://www.utb-shop.de/downloads/dl/file/id/27/zusatzkapitel_zeigerwerte_der_pflanzen_mitteleuropas.pdf
Die Zeigerwerte der Baumarten bestimmen die Zusammensetzung der Bäume in den verschiedenen Waldgesellschaften. Aufgrund ihres Wasserbedarfes und der bevorzugten Bodenreaktion kann man für mitteleuropäische Waldtypen ein sogenanntes Ökogramm aufstellen (vgl. Exkursionsangebot 2016). Auch die krautigen Pflanzen des Waldbodens lassen sich basierend auf den Zeigerwerten „Bodenfeuchte“ und „Bodenreaktion“ zu ökologischen Gruppen zusammenfassen. Pflanzen einer solchen Gruppe sind häufig nebeneinander anzutreffen. Sie können zur Charakterisierung von Standorten verwendet werden, insbesondere für Bodenfeuchte, pH-Wert und Nährmineralverfügbarkeit. Die Busch-Windröschen-Gruppe z. B. ist typisch für wenig saure mäßig trockene bis mäßig feuchte Böden.
Ökologische Gruppen von mitteleuropäischen Waldbodenpflanzen
1. Bäume und Sträucher (Luftpflanzen) im Adelsreuter Wald
Listen Sie die von uns auf der Exkursion beobachteten Bäume und Sträucher auf und ermitteln Sie für jede Art die Zeigerwerte für Lichtgenuss, Feuchtigkeit, Nitratgehalt und Bodenreaktion. Nutzen Sie diese Zusammenstellung für eine ökologische Bewertung des Waldgebietes und stellen Sie eine Beziehung zu den bodenkundlichen bzw. geologischen Gegebenheiten her.
2. CO2-Speicher Wald
Sie haben den Gehalt des gespeicherten Kohlenstoffs bzw. Kohlenstoffdioxids im Holzkörper eines Baumes abgeschätzt. Stellen Sie Vorgehensweise und ihr Ergebnis dar. Setzen Sie den erhaltenen Wert in Beziehung zu dem CO2-Ausstoß der Exkursions-Autos (vereinfachte Annahme: 8 PKWs PH-Weingarten – Appenweiler und zurück, Verbrauch 7 L/100 km). http://de.myclimate.org/de/?gclid=CKCtopHly9MCFUJAGwodw1QL5Q
3. Essbare Bäume
Wir haben die jungen Triebe von Fichten und Tannen verkostet. Recherchieren Sie zur möglichen kulinarischen Verwertung dieser jungen Nadelholztriebe, erproben Sie ein Rezept und berichten Sie von ihren Erfahrungen.
4. Bodenpflanzen (Geophyten) sind eine relativ häufige Lebensform in mitteleuropäischen Laubwäldern.
a) Geben Sie einige Beispiele und erklären Sie die Angepasstheit dieser Pflanzen an ihren Standort.
b) Beschreiben Sie den Lebenszyklus der Herbstzeitlose und erklären Sie, warum diese Pflanze deshalb besonders gut an den Standort Wiese angepasst ist.
5. Atmung von Wassertieren.
Die Wege im Adelsreuter Wald-Weißenauer Wald sind oft von Gräben gesäumt, die zum Teil permanent Wasser führen. Dort entdeckten wir kleine Grasfrösche (vermutlich Jungtiere vom vergangenen Jahr), Köcherfliegenlarven und Larven von Großlibellen.
Vergleichen Sie die Atmung (Sauerstoffaufnahme) dieser drei Tiere.
Literatur zum Thema Baum und Wald
Bartsch, Norbert/ Röhrig, Ernst (2016): Waldökologie – Einführung für Mitteleuropa. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Braune, W./Leman, A./Taubert, H. (9.A, 2007): Pflanzenanatomisches Praktikum I: Zur Einführung in die Anatomie der Vegetationsorgane der Samenpflanzen. Berlin/Heidelberg: Springer-Spektrum
Dylla, Klaus/Krätzner, Günter (1977): Das biologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald. Biologische Arbeitsbücher 9, Quelle und Meyer, Heidelberg/Wiesbaden. Folgeauflagen: Das ökologische Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald (4.A.1986): Lebensgemeinschaft Wald (1998)
Ellenberg, H./Leuschner, C. (6. erweiterte A, 2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Stuttgart: Ulmer
Hofmeister, H. (1990): Lebensraum Wald. Hamburg: Parey
Küster, Hansjörg (3. A. 2013): Geschichte des Waldes – Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck
Wildmann, Steffen et al. (2014): Wälder mit natürlicher Entwicklung in Deutschland
Wohlleben, Peter (2013): Der Wald – ein Nachruf. Wie der Wald funktioniert, warum wir ihn brauchen und wie wir ihn retten können – ein Förster erklärt. München: Ludwig (vom Autor gibt es zahlreiche weitere Bücher zum Thema Wald und Baum)
Rotach bei Oberteuringen (12.05.2017)
Treffpunkt: Oberteuringen, Franz-Roth-Platz
Fahrt von Ravensburg über die B33 bis Oberteuringen-Neuhaus, dort links abzweigen in die Teuringer Straße, die in die Augustin Bea Straße übergeht, dann bis zum Franz Roth Platz rechts.
Thematische Schwerpunkte: Die Rotach als drittgrößter Zufluss des östlichen Bodensees, Ökologie von Fließgewässern, Messung einiger abiotische Faktoren, biotische Faktoren: Wassertiere und Uferpflanzen, Gefährdung und Schutz von Bächen, Renaturierungsmaßnahmen
Die Rotach
Die Rotach entwässert das Pfrunger Ried nach Süden. Sie entsteht bei Wilhelmsdorf , durchfließt den Harttobel bei Horgenzell und erreicht durch den Benistobel vor Urnau das Deggenhauser Tal. Sie durchfließt die Gemeinde Oberteuringen, bis sie schließlich nach Friedrichshafen kommt, wo sie einen Kilometer östlich des Stadtkerns als westliche Grenze des Eriskircher Rieds in den Bodensee mündet. Ihr Einzugsgebiet beträgt rund 130 km².
Quellhöhe 620 m, Mündungshöhe 395 m, Höhenunterschied 225 m, Länge 38,8 km, Mittlerer Abfluss bei der Mündung 1,83 m3/s
An dem Lauf der knapp 40 km langen Rotach lagen einst 22 Mahl- und Sägemühlen. Für diese Mühlen wurde der Bach jeweils mit Wehren aufgestaut – für wandernde Fische, aber auch für andere Organismen ein Problem. Das Wehr bei Oberteuringen wurde im Juli 2002 durch eine schräge Rampe mit Steinblöcken aufgefüllt. Der Baggerfahrer berichtete, dass die ersten Fische schon versuchten, hochzukommen, als er noch bei der Arbeit war. Ein weiteres Wehr in Unterteuringen wurde im August 2005 gesprengt. Das Wehr bei der Reinachmühle wurde erst 2014 renaturiert.
Gewässergütebestimmung
Die Wasserqualität eines Fließgewässers, die Gewässergüte, hängt vor allem von seinem Gehalt an abbaubaren organischen Substanzen und anorganischen Substanzen (Nährmineralien) ab. Beide Faktoren stehen in Beziehung miteinander: Eine hohe Nährsalzkonzentration fördert die Produktion und Anreicherung von organischen Stoffen im Wasser, dagegen setzt der Abbau organischer Substanzen Nährsalze, vor allem Nitrate und Phosphate, frei.
In diesem Schema nicht berücksichtigt ist, dass es sich bei einem Fließgewässer um ein Durchflusssystem handelt. Organismen, Abfallstoffe und Nährsalze werden mit dem Wasserstrom transportiert. Dies wird in der folgenden Darstellung berücksichtigt. Daraus ergibt sich für das Stoff- und Nahrungsangebot in einem Fließgewässer aber auch, dass es von derr Quelle zur Mündung hin zunimmt. Außerdem bedeutet stäkeres Gefälle auch überwiegende Erosion, geringres Gewfälle überwiegende Sedimentation.
Die abiotischen Faktoren in einem Fließgewässer variieren meistens sehr stark, deshalb liefert ihre Messung immer nur eine Momentaufnahme. Demgegenüber reagieren Organismen und Lebensgemeinschaften auf die Wasserqualität über einen längeren Zeitraum.
Ein seit langem standardisiertes Verfahren zur biologischen Gewässergüte Bewertung liefert das Saprobiensystem. Über ausgewählte Tierarten (und Mikroorganismen) und deren Häufigkeit wird auf die Belastung eines Gewässers mit organischen, biologisch leicht abbaubaren Stoffen geschlossen (Saprobie = Intensität der heterotrophen, Sauerstoff zehrenden Stoffumsetzungen). Für das Verfahren gibt es eine DIN Norm, in die 160 wirbellose Tiere (vor allem Insektenlarven, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln, Egel), einige Fischarten, sowie 90 Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Ciliaten) aufgenommen sind. In der Praxis werden die Mikroorganismen vor allem dann herangezogen wenn nicht genügend Makroorganismen zu finden sind. Geeignet für diese Bewertung snd nur relativ stenöke Arten, die an einen engen Bereich von Umweltfaktoren gebunden sind (Zeigerarten). Arten, die in Gewässern fast aller Güteklassen vorkommen – wie z.B. Stechmückenlarven – sind als Indikatoren ungeeignet.
Die Zuordnung der Wassertiere zum Saprobiensystem geht auf Kolkwitz und Marson 1902 zurück, wurde aber immer wieder erweitert und bearbeitet. Bestimmte Belastungen – insbesondere mit nicht biologisch abbaubaren Schwermetallen und synthetiscvhen Schadstoffen – werden schlecht oder garnicht erfasst. Auch die großen regionalen Unterschiede der Fließgewässer sind ein Problem. Langsm fließende Bäche des Flachlandes enthalten natürlicher Weise mehr organische Abfallstoffe und haben einen geringeren Sauerstoffgehlat als Bergbäche. Deshalb können Flachlandbäche nach dem Saprobiensystem die Güteklasse I garnicht erreichen. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRR) berücksichtigt dies durch Einbeziehung des Gewässertyps in die Bewertung.
Diese Exkursion haben wir als Parcours durch 4 Stationen organisiert, die alle in der Nähe eines Grill- und Spielplatzes bei Oberteuringen eingerichtet wurden. Tische und Bänke konnten dafür als Abstell- und Arbeitsplätze genutzt werden.
Auf dem Weg vom Parkplatz zu den Stationen konnten wir neben Bärlauch und Einbeere die blassen Fruchtstande der Schuppenwurz (Lathraea squamariea, Fam. Sommerwurzgewächse) entdecken. Die fast völlig chlorophyllfreie Pflanze hat ein verzweigtes, unterirdisches Rhizom mit stärkereichen Schuppenblättern und Wurzeln mit Saugorganen, mit denen sie vor allem Baumwurzeln anzapft und Wasser und Assimilate ansaugt. Die langlebigen Samen können nur erfolgreich auskeimen, wenn sie dichter als 1 cm bei einer möglichen Wirtswurzel liegen.
Auf Holzresten fanden wir zahlreiche Fruchtkörper des Glimmer-Tintlings (Coprinellus micaceus), eine Pilzart, die man bei milder Witterung das ganze Jahr über finden kann.
Gemessen: pH-Wert, Nitrat, Nitrit, Ammonium, Phosphat, Gesamthärte. Der Sauerst0offgehalt konnte nicht gemessen werden, da die Sauerstoffelektrode defekt war.
Station 2: Zeigerorganismen, Saprobienwert, Gewässergüte
Es wurden vor allem verschiedene Einagsfliegenlarven gefunden. Besonders ein Exemplar der Gemeinen Kahnschnecke (Theodoxus fliuviatilis) mit dem Saprobinewert 1,7 (nach Schwab,1995) deutet auf gute Gewässerqualität.
Station 3: Fließgewschwindigkeit
Die Fließgeschwindigkeit und die Strömungseigenschaften wurden mit einem Papierbootrennen und mit einem einfachen Strömungsmesser untersucht.
Station 4: Bachbegleitende Pflanzen
Jede Gruppe bestimmte 6 bachbegleitende Pflanzenarten, sortierte sie nach ihrem Standort relativ zum Bach und ermittelte Zeigerwerte und Lebensform.
Auswertung der Stationsarbeit
Die Auswertung der Stationsarbeit wird jeweils von denen, die sich auf die Station vorbereitet haben bzw. bei unserer Abschlussbesprechung gemeldet haben, vorgenommen. Die Ergebnisse werden allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt.
Literatur zum Thema Fließgewässer
Baur, Werner H. (1997): Gewässergüte bestimmen und beurteilen. Blackwell-Wissenschaftsverlag
Brehm, J./Meijering, M. P. D. (3. A.1996): Fließgewässerkunde – Einführung in die Ökologie der Quellen, Bäche und Flüsse. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Engelhardt, Wolfgang (17. A.; 2015): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Stuttgart: Kosmos-Franckh
Fey, Michael, J. (1996): Biologie am Bach – Praktische Limnologie für Schule und Naturschutz. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Graw, Martina (2001):Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz Bd.64.http://www.vdg-online.de/96.html
Klee, Otto (2. A. 1993): Wasseruntersuchungen – Einfache Analysenmethoden und Beurteilungskriterien. Biologische Arbeitsbücher. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Mischke, Ute/Behrendt, Horst (2007): Handbuch zum Bewertungsverfahren von Fließgewässern mittels Phytoplankton zur Umsetzung der EU-WRRL in Deutschland. Stuttgart: Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung
Sandrock, F. (Hrsg.,1981): Fließgewässer. – Unterricht Biologie, H. 59
Schwab, H. (1995): Süßwassertiere – Ein ökologisches Bestimmungsbuch . Stuttgart: Klett Schulbuchverlag
Thematische Schwerpunkte: Hochmoor und Niedermoor, Moorregeneration, Wiesen und Ackerränder, Landschaftsgeschichte
Zum Exkursionsverlauf
Unter dem Klang der Kirchenglocken starteten wir pünktlich 10:00 Uhr in Blitzenreute. Nach den letzten Häusern hat man vom Weg einen weiten Blick über das Schussental bis zum Altdorfer Wald und weiter zu den Allgäuer Alpen. Dieses breite Schussenbecken markiert ein Rückzugsstadium des Rheingletschers. Letztes Jahr sahen wir hier verschiedene Getreidefelder, vor allem mit Sommergerste und Weizen, dieses Jahr war alles ein großes Maisfeld mit gerade gekeimten Maispflänzchen, dank Herbizid-Behandlung völlig unkrautfrei. Später ging es durch große Rapskulturen, also eine deutliche Zunahme der „Energiepflanzen“.
Der süße Duft der Rapsblüten konnte nicht nur von uns wahrgenommen werden, er lockte auch viele Bienen, auch Wildbienen, und einige Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer. Bei genauem Hinsehen waren fast in jedem Blütenstand Rapsglanzkäfer (Brassicogethes aeneus) zu finden. Die Käfer fressen nicht nur Pollen, sondern sie können auch die Fruchtknoten annagen und dadurch erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen.
Auf dem Weg bis zum Moorsteg sammelten wir blühende Pflanzen vom Weg- und Ackerrand, die wir dann sortierten und bestimmten. Besonders auffällig waren einige Schmetterlingsblütler , die vermutlich aus Zwischenfruchtmischungen stammen:
Schon von weitem waren die vielen weißen Haarbüschel des Scheidigen Wollgrases im Moor zu sehen. Unter Daniela Drehers Führung wurde auf dem Holzsteg ein Erkundungsgang in den Hochmoorbereich des Dornacher Rieds unternommen.
Anschließend nutzten wir eine blütenreiche und noch nicht gemähte Wiese zu einer Vegetationsaufnahme. Der Wiesen-Salbei fing gerade an zu blühen und wir beobachteten den speziellen Bestäubungsmechanismus („Schlagbaum“).
Auf mit Holzschnipseln bestreutem Weg ging es durch den im Rahmen eines LIFE-Projekts wieder vernässten Teil des früher durch Torfstiche und Entwässerungsgräben stark ausgetrockneten, teilweise bewaldeten Teil des Dornacher Rieds zum Mittagspausenplatz an einer Holzplattform über einer Torfstich-Wasserfläche (pH 5, Gesamthärte unter der Nachweisgrenze unseres Geräts) .Trotz den ziemlich extremen Bedingungen konnten wir in dem Gewässer zwei Wasserwanzenarten entdecken, eine Schwimmwanze und eine Wasserzikade, außerdem einige Stechmückenlarven. Wir stellten mit Plastiktüte und Federwaage fest, dass man aus einem feuchten Torfmoospaket mit den Händen fast 70 Gewichtsprozent Wasser auspressen kann.
Anschließend zeigten uns Jennifer Griener und Katharina Frick, wie man mit Hilfe eines Spiegels gefühlt durch die Baumwipfel spazieren kann.
Die Orchideenwiese, ein Niedermoorbereich Richtung Vorsee, erfreute uns mit vielen blühenden Knabenkräutern ( vor vallem Dactylorhiza majalis), außerdem Weißen Nazissen (Narcissus poeticus), einer Trollblume (Trollius europaeus) und Rostrotem Kopfried (Schoenus ferrugineus).
Unter Aufsicht eines Höckerschwans erprobten wir, wie gut man mit dem Gesicht bei geschlossenen Augen Pflanzen(teile) ertasten und erkennen kann.
Unsere Suche nach Holz bewohnenden Insekten in dem reichlich vorhandenen Totholz war nicht sehr ergiebig, aber das lag vielleicht auch daran, dass langsam unser Zeitbudget zu Ende ging, denn wir hatten ja noch einige Kilometer Rückweg vor uns. Als auffällige Holz bewohnende Pilzen beobachten wir zahlreiche Zunderschwämme (Fomes fomentarius) an einer alten Buche mit besetzter Spechthöhle und einen Stubben mit Fenchelporlingen (Gloeophyllum odoratum) sowie zwei kleine Fruchtkörper des giftigen Doppelgängers vom Stockschwämmchen, dem Gift-Häubling (Galerina marginata).
Aufgaben
Pflanzen am Weg- und Ackerrand: Recherchieren und bewerten Sie die Zeigerwerte der von uns gefundenen Pflanzenarten.Ermitteln Sie die natürliche Verbreitung von Persischem Klee, Inkarnat-Klee, und Ungarischer Wicke. Erläutern Sie die besondere Bedeutung von Leguminosen als Zwischenfrucht.
Beschreiben Sie die Rolle der Torfmoose bei der Bildung von Hochmooren und erklären Sie damit die extremen Bedingungen im Lebensraum Hochmoor.
Zur Charakterisierung der Wiesenvegetation haben wir auf vier 1m2-Flächen die vorkommenden Pflanzenarten registriert. Stellen Sie die Ergebnisse in einer Tabelle zusammen und machen Sie mit Hilfe von Zeigerwerten eine Aussage zu Nährmineralgehalt, Feuchtigkeit und Bodenreaktion.
Sauergräser können sehr unterschiedlich aussehen. Wir haben bisher die Gattungen Segge, Wollgras und Kopfried kennengelernt. Nennen Sie jeweils charakteristische Merkmale dieser drei Gattungen.
Auf der „Orchideenwiese“ (am Weg Richtung Vorsee) haben wir drei ganz besondere Pflanzenarten gefunden:Breitblättriges Knabenkraut, Weiße Narzisse und Europäische Trollblume. Ermitteln Sie Schutzstatus, Verbreitung und Ökologie dieser drei Arten.
Unter einer alten Rot-Buche hörten wir Vogelgepiepse. Dann entdeckten wir eine Spechthöhle. An dem Baumstamm waren mehrere Fruchtkörper des Zunderschwamms zu sehen. Beschreiben Sie die Lebensweise des Zunderschwamms und erklären Sie damit unsere Beobachtungen.
Eriskircher Ried (2.6.2017)
Geänderter Treffpunkt: Parkplatz beim Naturzentrum Eriskirch
Das Naturzentrumist im alten Bahnhofsgebäude untergebracht. Die Bahnstation existiert noch. Eine Anreise mit der Bahn ist deshalb möglich, aber von Weingarten nur mit zweimaligem Umsteigen.
Zum Exkursionsverlauf
Im Naturschutzzentrum Eriskirch versammelten wir uns vor einem großen Reliefmodell des Bodensees. Herr Kersting, Diplombiologe und seit seiner Einrichtung vor 24 Jahren Leiter des Naturschutzzentrums, erklärte uns die ökologischen und biologischen Besonderheiten dieses mit 536 km2 größten Voralpensees und seiner Uferregionen. Eine Besonderheit ist zum Beispiel, dass die jährlichen Wasserstandsschwankungen etwa 2 m betragen aber in extrem Jahren auch deutlich über diesem Wert liegen können. Weite Gebiete der flachen Uferregionen werden dann überschwemmt, zum Beispiel auch die Auwälder und Riedwiesen des Naturschutzgebietes Eriskircher Ried. Eine weitere Besonderheit ist die mit 250 m beachtliche Tiefe des Sees, die zum Beispiel dazu führt, dass in den tiefen Regionen eine konstante Temperatur von 4°C herrscht.
Das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried wurde schon 1939 eingerichtet und diese frühe Unterschutzstellung hat dazu beigetragen, dass hier – zwischen dem sonst dicht besiedelten Bodenseeufer – bis heute ein naturnaher Bereich mit ausgedehnten Ufer- und Flachwasserzonen, Auwäldern vor allem entlang der Schussen, Altwassern und Streuwiesen erhalten geblieben sind. Da die Streuwiesen nicht mehr genutzt werden, ist ihr Erhalt nur durch jährliche Mahd als Naturschutzmaßnahme möglich, sonst würden sie sich schnell in Auwald verwandeln. Herr Kersting berichtete mit eindrucksvollen Fotos von einigen besonderen Hochwasserereignissen, bei denen die Streuwiesen vollständig unter Wasser standen (und Bodenameisen, die zu ihrer Rettung ein Floß bildeten), von zahlreichen Vogelarten, die vor allem in den Zugzeiten hier zu beobachten sind, und dem erstaunlichen Lebenszyklus des Wiesenknopf-Ameisenbläulings, der seine Raupen nach dem Kuckucksprinzip von Ameisen aufziehen lässt. Nach einem Rundgang durch die Ausstellung sammelten wir uns wieder vor dem Naturschutzzentrum.
Unser Exkursionsweg führte zunächst durch Herbicid-behandelte Obstanlagen – über uns ein Schwarzer Milan – und dann direkt an die Schussen, die von großen Silber-Weiden gesäumt wird. Dann ging es durch eine feuchte Wiese, auf der man in der Ferne einige Sibirische Schwertlilien erkennen konnte, weitere blühende Arten waren Scharfer Hahnenfuß, Echter Baldrian, Kleiner Klappertopf und Kuckucks-Lichtnelken. Ein Versuch, die verschiedenen Schichten der Wiese durch unser Laken deutlicher zu machen, gelang nicht sehr überzeugend, da die Oberschicht an der ausgewählten Stelle nur von Gräsern gebildet wurde. Dieser Gruppe, der Familie der Süßgräser (Poaceae) widmeten wir im Schatten eines Walnuss-Baumes die nächste halbe Stunde.
In Erinnerung an Herrn Kerstings Vortrag wurden an dem angelegten Demonstrationsteichs „Laubfrösche“ entdeckt. Auf den Fotos zeigte sich allerdings, dass sie alle zu den Wasserfröschen gehören (Teichfrosch bzw. Kleiner Wasserfrosch).
Über eine Brücke querten wir einen Schussen-Altarm mit vielen Teichrosen und Schilfufer (aus Schilf und Rohrglanzgras) und gelangten dann in einen Wald mit großen Stiel-Eichen, Eschen, Hainbuchen und Sträuchern wie Gewöhnlichem Schneeball, Blutrotem Hartriegel und Hasel (Hartholzaue). Oft werden die Eichen von alten Efeupflanzen mit armdicken Sprossachsen umrankt. Eine krautige Kletterpflanze ist der Hopfen, dessen oft viele Meter langen Triebe jeden Herbst absterben. Er windet – wie die meisten Kletterpflanzen – immer in eine Richtung um die Unterlagen (Der Hopfen ist Rechtswinder oder S-Winder, die Zaunwinde dagegen Linkswinder oder Z-Winder).
Der Weg führte dann in einen 1-2 m tieferen Bereich. Nun sind die vorherrschenden Bäume Silber-Weiden und Schwarz-Pappeln, auch einige Birken und Zitter-Pappeln (Espen) wurden registriert (Weichholzaue). An einem Silber-Weiden-Stamm entdeckten wir die großen Fruchtkörper des Schwefel-Porlings (Laetiporus sulphureus). Der Pilz ist für eine rasch voranschreiende Baunfäule – das Holz wird brökelig und rotbraun – verantwortlich.
Über einen steilen Absatz gelangten wir auf den Hauptweg durchs Ried. Von der Brücke, welche die Schussen kurz vor ihrer Mündung quert, sahen wir zwei Haubentaucher. Dann ging der Weg zurück, zuerst durch Auwald, dann durch Streuwiesen,auf denen noch zahlreiche Sibirische Schwertlilien blühten. Kurz vor der Schranke am Zufahrtsweg zum Strandbad erfreute uns eine Nachtigall mit lautem Gesang.
An dieser Stelle beendeten wir den offiziellen Teil der Exkursion. Mit einigen Teilnehmerinnen fuhr ich noch zu dem neu gestalteten Strandabschnitt mit Grillplatz und Beobachtungsplattform neben dem Strandbad. Der hoch mit Kies aufgeschüttete Zugangsweg ist für Rollstuhlfahrer allerdings nur mit kräftiger Anschubhilfe passierbar.
Aufgaben
Die grünen Frösche, die wir in dem angelegten Teich gesehen haben, waren Wasserfrösche (oder Grünfrösche) aus der Familie der Echten Frösche (Ranidae). Der Europäische Laubfrosch ist der einzige mitteleuropäische Vertreter der vor allem in den Tropen verbreiteten, sehr artenreichen Familie der Laubfrösche (Hylidae), die wegen ihres guten Klettervermögens auch „Baumfrösche“ genannt werden. Vergleichen Sie Merkmale und Lebensweise von Europäischem Laubfrosch und Wasserfröschen (tabellarische Gegenüberstellung).
Wiesen zeigen eine mehr oder weniger deutliche Schichtung: Oberschicht (Blütenschicht), Mittelschicht (Blattschicht), Unterschicht. Zählen Sie einige Pflanzenarten (einschließlich Gräsern) auf, die für die verschiedenen Schichten typisch sind. Ordnen Sie folgende Tiergruppen verschiedenen Wiesenschichten zu: Schwebfliegen, Feldheuschrecken, Schmetterlinge, Schmetterlingsraupen, Blattwanzen, Laufkäfer, Bienen, Hummeln, Blütenböcke, Zikaden, Blattläuse, Asseln, Tausendfüßler, Krabbenspinnen, Trichterspinnen.
Erläutern Sie die besonderen Eigenschaften des Lebensraumtyps „Auwald“ und erklären Sie die Unterschiede zwischen Hartholzauen und Weichholzauen.
Obwohl das Eriskircher Ried ein Naturschutzgebiet ist, werden die Riedwiesen im Winterhalbjahr regelmäßig gemäht. Erklären Sie die Bedeutung dieser Pflegemaßnahme und erläutern Sie, welche Folgen es hätte, wenn die Wiesen nicht mehr gemäht würden.
Treffpunkt: Wanderparkplatz bei Unterteuringen (Richtung Modellflieger-Platz, wie 2016)
Thematische Schwerpunkte: Landschaftsgeschichte, Landschaftpflege und Naturschutz mit Heckrindern, Bedeutung von Saumbiotopen in der Agrarlandschaft
Zum Exkursionsverlauf
Der Treffpunkt beim Hof Reinöhl nahe Unterteuringen liegt in einer weiten Talebene zwischen Gehrenberg im Norden und mehreren kleineren Hügeln – Drumlins – im Süden. Morphogenetisch handelt es sich um ein ehemaliges Eisrandtal am Nodrand des zurückweichenden Rheingletschers, durch das Wasser vom Eisrandsee im Schussenbecken bei Ravensburg bis zum Eisrandsee im heutigen Bereich des Überlinger Sees abfloss. Das Eisrandtal wurde durch mehrere Schuttkegel in verschiedene Abschnitte aufgeteilt, die in der Nacheiszeit teilweise vermoorten. Die Torfmächtigkeit beträgt im sog. Unterried bis 9,9 m, in anderen Teilen über 7 bzw. über 4 m (Würdigung des Natur- und Landschaftsschutzgebietes “Hepbach-Leimbacher Ried“, Dr. Rixen 1982).
Vom Treffpunkt am Wanderparkplatz gingen wir zunächst ein paar Schritte bis zum Beginn einer Benjeshecke, die 1991 auf der ehemaligen Trasse der Teuringertal-Bahn (https://de.wikipedia.org/wiki/Teuringertal-Bahn). Als Benjeshecken werden – nach ihrem sehr wirkungsvollen Förderer und Propagandisten Hermann Benjes – Feldhecken bezeichnet, für deren Anlage zunächst Baum- und Heckenschnitt aufgeschichtet wird.
Da die Weg- und Feldränder teilweise noch nicht gemäht waren, nutzten wir die vielen blühenden bzw. fruchtenden Gräser zu einer Wiederholung unserer Gräserkennübungen von der vorigen Exkursion.
In der Talsenke vor Hepbach wurde in den 1970iger Jahren nach Erdöl gebohrt und eine kurze Zeit auch etwas Öl gefördert (mündl. Mitteilung von Franz Beer). Oberschwäbische Ölvorkommen entstanden zu Zeiten der Molasse Ablagerung in sumpfigen Bereichen am Rand von Süßwasserseen bzw. in sehr flachen Meeresbecken.
Hier trafen wir mit Herrn Jörg Münch vom Vorstand des BUND Markdorf zusammen..
Der Weg führte uns über einen kurzen steilen Anstieg auf einen Höhenrücken, von dem man einen guten Blick über das Hepbach-Leimbacher Ried hat. Herr Münch gab uns eine Einführung in das Naturschutzmanagement mit Heckrindern. Das Beweidungsprojekt mit dieser Robustrinderrasse wurde hier – betreut von der BUND-Gruppe Markdorf – 2001 begonnen. Zur Zeit werden 20 Rinder auf 17 ha Weidefläche gehalten.
Wir führten nun zwei Vegetationsaufnahmen auf der extensiv beweideten Fläche am Südosthang und zum Vergleich eine Aufnahme auf der angrenzenden Mähwiese durch.
Vegetationsaufnahme bei den HeckrindernWir gingen weiter auf einem durch zwei artenreiche Hecken gesäumten Weg bis zur reetgedeckten Beobachtungshütte. Nach der Mittagspause ging Herr Münch mit der Gruppe ins Ried hinab und erläuterte – im Anblick zweier Storchenhorste – das ebenfalls vom BUND Markdorf betreute Storchenschutzprojekt.
Weiter führte uns der Weg bergab – vorbei an einem Weizenfeld mit vielen einzelnen Roggenähren – und dann wieder steil bergauf auf den bewaldeten Höhenrücken des Drumlin „Franzenberg“. Vom Waldrand blickten wir auf den gegenüberliegenden Gehrenberg. Mit 754 m ü. NN erhebt sich der weitgehend aus Molasse bestehende Höhenrücken ca. 300 m über das Hepbach-Leimbacher Ried. Sein höchsten Punkt liegt im Wald und bietet keine Aussicht, aber von dem etwas tiefer stehenden 30 m hohen Turm hat man einen sehr schönen Ausblick auf den Bodensee und die Alpenkette.
Weiter ging es bergab durch den Wald bis zur Kreisstraße 7742, der wir eine Zeit lang folgten. Sie durchquert das Feuchtgebiet und deswegen wurden bei ihrer Anlage Maßnahmen für den Amphibienschutz getroffen (Barriere aus Betonsteinen und einige Durchgangsröhren unter der Straße).
Bevor wir auf einen weiteren Drumlin stiegen, blickten wir auf den Ort Raderach, der auf der Kuppe eines Drumlins liegt und nachdem das ganze Gebiet von Geologen als Raderacher Drumlinfeld benannt wurde. Der neue Drumlin ist auf der Karte mit dem Namen „Heidengestäud“ eingetragen, vermutlich, weil auf seiner Kuppe der Ringwall einer Keltenburg liegt.
Vom Waldrand hatten wir einen schönen Ausblick auf das Hepbach- Leimbacher Ried und unseren Exkursionsweg. Exkursions-dramaturgisch wurde das Aussichtserlebnis durch eine vorangehende „blinde Raupe“ verstärkt. Durch einen Blick rückwärts durch die Beine kann der räumliche Eindruck einer Landschaft verstärkt werden.
Wieder bergab und dann durch Felder und Obstanlagen ging der Weg etwa 1,5 km zurück zum Ausgangspunkt.
Aufgaben
Das Hepbach-Leimbacher Ried ist das größte Niedermoorgebiet des Bodenseekreises.
In den verschiedenen Bereichen der Niederung wurden Torfmächtigkeit zwischen 4 und fast 10 m gemessen. Erläutern Sie, wie man sich die nacheiszeitliche Entstehung von Niedermooren vorstellen kann und welches die Ursachen der unterschiedlichen Torfmächtigkeiten in den verschiedenen Bereichen sein könnten.
Im und am Hepbach-Leimbacher Ried sorgt eine Herde Heckrinder seit 2001 für die Landschaftspflege. Charakterisieren Sie diese Rinderrasse und erklären Sie die Namensherkunft.
Nutzen Sie die Ergebnisse ihrer Vegetationsaufnahmen, um die Auswirkung der extensiven Beweidung zu beschreiben und bewerten Sie dies aus der Sicht Naturschutzes. Erläutern Sie, wie sich die Flächen verändern würden, wenn man die Beweidung aufgeben würde. Nennen Sie Möglichkeiten alternativer Pflegemaßnahmen.
Thematische Schwerpunkte: Konzeption des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, Landschaftsgeschichte, Insekten
Zur Erdgeschichte Oberschwabens
Man geht davon aus, dass sich die Erde vor etwa 4,6 Milliarden Jahren gebildet hat. Aber von den ersten 4 Milliarden gibt es leider nur sehr wenige Sedimente, die wichtigsten Informationsquellen über die Erdgeschichte. Erst die letzten 541 Millionen Jahre sind relativ gut durch Ablagerungen dokumentiert und in diesen Sedimenten finden sich meistens zahlreiche fossile Lebensreste. Deshalb nennt man diesen letzten Zeitabschnitt auch das Äon Phanerozoikum oder „Zeitalter des sichtbaren Lebens“. Es wird in Erdaltertum, Erdmittelalter und Erdneuzeit eingeteilt (http://www.oekosystem-erde.de/html/geologische_zeittafel.html).
Unter normalen Bedingungen liegen die höchsten Ablagerungen oben, die ältesten unten. Doch durch Abtragung der oberen Schichten, Hebungen, Senkungen und sogar Faltungen und Überlappungen ist es hier im Laufe der Erdgeschichte zu erheblichen Veränderungen gekommen. Wichtigste Ursache hierfür sind die ständigen Bewegungen der obersten festen Erdkruste, Vorgänge, die als Plattentektonik bezeichnet werden. Diese oberste Erdkruste kann man sich nämlich aus Platten zusammengesetzt vorstellen, die sich ständig gegeneinander verschieben. Sie werden sogar untereinander geschoben und dann an solchen Subduktionszonen ganz im flüssigen Erdinneren eingeschmolzen, während an anderen Stellen durch aufsteigendes Magma aus dem Erdinneren neue Krustenabschnitte entstehen. Diese Plattenbewegungen betreffen die Kontinente ebenso wie den Meeresboden, allerdings sind die Platten unter den Meeren in der Regel etwas dünner.
Man kann sich vorstellen, dass es zu Auffaltungen der Erdkruste und zur Gebirgsbildung kommt, wenn zwei Platten gegeneinander geschoben werden. Der letzte große Gebirgsbildungsprozess, bei dem auch unsere Alpen entstanden sind, begann schon im Erdmittelalter, in der Kreidezeit, erreichte aber erst in der Neuzeit, im Tertiär vor 50-30 Millionen Jahren seinen Höhepunkt. Dabei wurde die afrikanische Platte gegen die europäische Platte geschoben. Die Folge war die Auffaltung der Alpen. Aber schon während der Hebung wurden die emporgehobenen Teile durch Erosion wieder abgetragen. In den Zentralalpen sind dadurch alle Sedimentgesteine abgetragen worden, so dass das vorwiegend aus Granit bestehende Grundgebirge zu Tage tritt. In den nördlichen und südlichen Kalkalpen finden sich kalkhaltige Sedimente des Erdmittelalters, vor allem aus Trias und Kreide.
Die Alpen haben sich im Norden über die Schichten geschoben, die aus den marinen Ablagerungen von Jura und Trias stammen. Dieses Schichtenpaket wurde dadurch nach unten gedrückt und geriet in eine Schieflage. Durch rückschreitende Erosion entstand daraus die Südwestdeutsche Schichtstufenlandschaft mit markanten Abbruchkanten im Nordwesten (z. B. Albtrauf). Die Senke am Nordrand der Alpen, die teilweise vom Meer überflutet, teilweise als Süßwassersee ausgebildet war, füllte sich im Laufe des Tertiär mit den Sedimenten aus dem Abtrag der Alpen. Diese tertiären Sedimente werden als Molasse bezeichnet, und zwar in Folge von unten nach oben als Untere Meeresmolasse, Untere Süßwassermolasse (mächtigste Schicht) Obere Meeresmolasse und Obere Süßwassermolasse. Grobe, durch Kalk verbundene Schotter nennt man Nagelfluh.
Mit dem Ende des Tertiär vor 2,6 Millionen Jahren begann eine Periode mit regelmäßig wiederkehrenden starken Klimaabkühlungen (Eiszeiten), die durch etwas wärmere Zwischenzeiten unterbrochen wurden. In dieser Zeit waren die Alpen von dicken Gletschern bedeckt, die sich nach Norden teilweise bis zum heutigen Verlauf der Donau und sogar etwas darüber hinaus ausdehnten. Von den Gletschern wurde weiteres Schotter-, Sand- und Tonmaterial aus den Alpen über der Molasse abgelagert. Dabei wurden vor allem die Täler mit Schotter aufgefüllt, der teilweise durch kalkhaltiges Wasser zu einem betonartigen Gestein verbackte (eiszeitlicher Nagelfluh). Diese harten Nagelfluhschichten widerstanden der späteren Erosion und ließen so die Höhenrücken von Höchsten (838 m ü. N.N.) und Gehrenberg (754 m ü. N.N.) entstehen (Reliefumkehr).
Am Ende der letzten Kaltzeit, der Würm-Kaltzeit, zog sich der Rheingletscher, der seine nordwestlichste Ausdehnung bei Schaffhausen hatte, langsam nach Südosten zurück. Eine Zunge des Rheingletschers reichte etwa bis zum heutigen Ostrach, wo eine deutliche Endmöräne abgelagert worden war. Der Rückzug kam in der Höhe des heutigen Wilhelmsdorf zu einem zeitweiligen Stillstand, vielleicht gab es auch einen zweiten Eisvorstoß bis zu dieser Linie. So bildete sich dazwischen ein Eisrandsee, in den mit der Zeit viel Schottermaterial verfrachtet wurde, das heute eine bis zu 75 m mächtige Schicht unter dem Pfrunger Ried bildet. Mit dem weiteren Rückzug des Eises wurden die Sedimente feinkörniger und bildeten schließlich eine Abdichtung aus Ton. Nachdem sich der Gletscher weiter nach Süden zurückgezogen hatte, wurde von den Zuflüssen kalkhaltiges Feinmaterial in den See transportiert und führte zu, einer Sedimentschicht aus Seekreide. Darüber folgten dann vorwiegend organische Ablagerungen, zunächst feinkörnige Leber- und Torfmudde, dann zunehmend torfige Ablagerungen. Aus dem verlandeten See hat sich das Pfrunger-Burgweiler Ried gebildet, das an der Europäischen Wasserscheide liegt: Nach Norden entwässert die Ostrach zur Donau, nach Süden fließt die Rotach, die bei Friedrichshafen in den Bodensee mündet.
Die Panoramakarte zeigt ein Landschaftsbild, bei dem sich der Gletscher etwa auf eine Linie vom Schussenbecken bei Ravensburg bis Markdorf zurückgezogen hat. Dabei hat sich im Bereich des heutigen Hepbacher-Leimbacher Rieds ein ähnlicher Eisstausee gebildet wie zwischen den heutigen Orten Wilhelmdorf und Ostrach. Im Gegensatz zum Pfrunger-Burgweiler Ried kam es hier aber nicht zur Hochmoorbildung.
Zum Exkursionsverlauf
Nach der Begrüßung gab uns Frau Ackermann, Diplombiologin und Naturpädagogin und seit 2006 Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, einen Einblick in ihre Arbeit. Sie führte uns dann in den Ausstellungsraum des Naturschutzzentrums. An einer eindrucksvollen Luftaufnahme, in der das Pfrunger-Burgweiler Ried in Nord- Süd-Richtung mit dem Bodensee und der Alpenkette im Hintergrund zu sehen ist, erhielten wir eine Einführung in die spät- und nacheiszeitliche Entstehungsgeschichte und die derzeitige Situation. Die zahlreichen Renaturierungsmaßnahmen, die schon durchgeführt wurden und die noch in Planung sind, dienen vor allem der Regeneration von Moorkomplexen (Hochmoore, Überflutungsmoore, Durchströmungsmoore,Hangquellmoore) und dem größten Bannwaldgebiet Baden-Württembergs. Nach weiteren Erläuterungen zur inhaltlichen und didaktischen Konzeption der Ausstellung wurde uns – angereichert durch optische und haptische Demonstrationen – die Geschichte der Moorentstehung vom Schmelzwassersee bis heute erläutert. Diesem Ziel dient auch die vor allem für Kinder und Jugendliche konzipierte, simulierte Fahrt mit dem „Moorkäpsele“ in den geologischen Untergrund, die wir ausprobieren durften.
Anschließend begaben wir uns auf Insektenfang. Auf der Blumenwiese (es blühten vor allem Wiesen-Pippau und Gewöhnlicher Hornklee) und am Waldrand konnten mit Insektennetzen aber auch mit der bloßen Hand bzw. mit Becherlupen viele verschiedene Exemplare gefangen werden. Zunächst ging es um die grobe Zuordnung zu Großgruppen (Ordnungen). Mithilfe von Lupe, Binokularen und weitergehenden Bestimmungsbüchern konnten auch einzelne Arten bestimmt werden, zum Beispiel Pinselkäfer, Raps-Glanzkäfer, Kleiner Kohlweißling, Dickkopffalter, Gartenhummel, Heideschrecke, Becher-Azurjungfer. Das von dem Biologiedidaktiker Ulrich Kattmann vorgeschlagenen kindgemäße Einteilungsschema der Insekten in „Elfen“ (alle Insekten mit ausschließlich durchsichtigen Flügeln wie Zweiflügler und Hautflügler), „Gaukler“ (mit bunt beschuppten Flügeln wie Schmetterlinge), und „Ritter“ (alle Insekten mit teilweise harten Flügeln wie Käfer, Wanzen, Heuschrecken) mit dem zugehörigen Buch wurde vorgestellt.
Nach der Mittagspause unternahmen wir – ausgehend vom Parkplatz bei Ulzhausen am westlichen Rand des Rieds – eine Wanderung zum Fünfeckweiher, in den 1920iger Jahren durch industriellen Torfabbau entstanden, und weiter bis zum Bannwaldturm, einem 32 m hohen Holzturm, der im Frühjahr 2016 eingeweiht wurde. Von seiner Plattform hat man einen sehr guten Überblick über das ganze Pfrunger-Burgweiler Ried, insbesondere über den als Bannwald ausgewiesenen „Tisch“ und den „Großen Trauben“, der den besterhaltenen Hochmoorkern des Gebietes enthält. Am Weg zum Bannwaldturm entdeckten wir den Sprossenden Bärlapp (Lycopodium annotinum), auch Schlangen-Bärlapp genannt. Diese Gefäßsporenpflanze fand früher als Zauber- und Hexenpflanze Verwendung. Wegen des hohen Ölgehaltes verwendete man die Sporen von Bärlapp-Arten früher als Blitzlichtpulver.
Auf den teilweise von Robustrindern beweideten und nicht vor 15. Juni gemähten Feuchtwiesen östlich wie westlich der bewaldeten Gebiete finden viele Wiesenvögel wie Kiebitz, Bekassine, Braunkelchen und Schwarzkelchen Lebens- und Brutmöglichkeiten. In den Bannwaldgebieten brütet ein Schwarzstorch. Den Neuntöter, den wir bei der Vorexkursion auf einem Zaunpfahl sitzend beobachten konnten, haben wir nicht wieder gesehen.
Frau Ackermann erläuterte uns die verschiedenen wasserbaulichen Maßnahmen, die nicht nur der Wiedervernässung und Renaturierung der Bachläufe dienen, sondern auch eine Gasleitung durch das Ried bis zu einem unterirdischen Depot in der Molasse unter Wilhelmsdorf sichern sollen. Von der Donau her eingewanderte Biber sorgen noch effektiver für die Wiedervernässung als die wasserbaulichen Maßnahmen. Eine Fischtreppe und ein Wanderweg mussten durch Elektrozäune vor der Verbauung und Überflutung durch die Biber geschützt werden. Als besondere Kostbarkeit des Rieds gilt die kleine Population der Europäischen Sumpfschildkröte, die man durch gezielte Fördermaßnahmen – wie Ausbrüten und Anziehen von Jungtieren, die dann wieder ausgesetzt werden –vergrößern will.
Der Weg zurück folgt dem „Riedlehrpfad“, zunächst etwa entlang der Gasleitung, und dann vorbei an einer Wiese mit Heckrindern durch das Bannwaldgebiet bis zu dem Weg, der uns schon von Ulzhausen zum Fünfeckweiher führte. Bemerkenswert auf dem Weg nach Westen entlang der Gasleitung waren die großen Bestände von Echtem Baldrian (Valeriana officinalis). An dem feuchten Graben beobachteten wir nicht nur Breitblättrigen Rohrkolben und Sumpf-Schwertlilie sondern auch ausgedehnte Bestände des schilfähnlichen Rohr-Glanzgrases (Phalaris arundinacea), das im Gegensatz zum Schilf schwachfließende Gewässer bevorzugt. Den trockeneren Wegrand säumten Brennnesseln an denen wir die Raupen von Landkärtchen und Admiral, vorher schon vom Brennnessel-Zünsler, beobachten konnten.
Aufgaben
Im Bereich des Pfrunger-Burgweiler Rieds kommen Hochmoore, Überflutungsmoore, Durchströmungsmoore und Hangquellmoore vor. Charakterisieren Sie diese verschiedenen Moortypen und beschreiben Sie die jeweilige Lage in der Riedlandschaft.
Durch ganzjährige Beweidung mit Robustrindern der Rassen Heckrinder, Galloways, Schottische Hochlandrinder und Limousin-Rinder werden die feuchten Grünlandflächen in den Randbereichen des Pfrunger-Burgweiler Rieds offengehalten. Geben Sie eine kurze Beschreibung der drei letzgenannten Rinderrassen.
In der Ausstellung des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf wird die Entstehung der Hochmoorkomplexe durch eine simulierte Fahrt in den Untergrund („Moorkäpsele“) vermittelt. Geben Sie eine didaktische Beschreibung und Bewertung dieser Vermittlungsmethode.
Erstellen Sie eine Liste der von Ihnen auf der Exkursion beobachteten bzw. bestimmten Insekten (Arten bzw. Gruppen wie „Feldheuschrecke“, „Schwebfliege“ …)
Hangwald über Flappachweiher bei Ravensburg (16.7.2017)
Treffunkt: Parkplatz des Freibads Flappachweiher
Thematische Schwerpunkte: Kalktuffbildungen an Quellhorizonten der Jungmoräne,
Die letzte Exkursion des Sommersemesters führte uns wieder an den Rand des Schussenbeckens, dieses Mal in die östliche Seitenmoräne, in die sich der Flappach, der bei Ravensburg in die Schussen mündet, tief eingegraben hat. An einem aufgestauten Weiher des Baches liegt eine große Badeanstalt („Flappachbad“). Wenn man beim Ort Knollengraben von der B 32 dem Wegzeiger „Flappachbad“ folgend abbiegt, fährt man zunächst durch den Ort Ittenbeuren. Die vielen Teiche, die man hier sehen kann, dienten früher der Flachsrösterei.
Treffpunkt war der Parkplatz des Schwimmbades. Unser Weg querte zunächst den Flappach und führte dann der Badeanstalt entlang und weiter in den bewaldeten Hang der Jungmoräne. Wir beschäftigen uns zunächst mit der Windepflanze Zaun-Winde (Calystegia sepium) an einem Bestand der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis). Auf den ersten Blick könnte man meinen, die großen weißen Windenblüten würden zu dieser Pflanze gehören. Aber bei genauerem Hinschauen sieht man, dass die dünnen Sprossachsen der Winde die Goldruten-Stängel umwinden und zwar in Wachstumsrichtung gesehen immer links windend.
Die Zaun-Winde als Vorbild nehmend schmuggelten nun drei Arbeitsgruppe jeweils 4 – 5 Objekte in ein etwa 3 m breites Stück der wegbegleitenden Vegetation ein (ein falsches Blatt, eine nicht passende Blüte oder Frucht …). Die anderen beiden Gruppen suchten dann jeweils gemeinsam nach den eingeschmuggelten Gegenständen.
Die Jungmoräne ist hier aus sehr unterschiedlichen Materialien aufgebaut. Insbesondere sind immer wieder wasserundurchlässig Mergelschichten eingeschoben, die dazu führen, dass sich Quellhorizonte ausbilden. Das an verschiedenen Stellen an kleinen Quellen und Sickerstellen austretende Wasser sammelt sich zu einem dem Weg folgenden Bachlauf. Immer wieder konnte man an Quellstellen und am Bachlauf frischgrüne, mehr oder weniger ausgedehnte Moospolster erkennen. Bei dem Moos handelt es sich um das Wandelbare Starknervenmoos (Palustriella commutata). Als wir die Moospolster an einigen Stellen abgehoben, konnte man erkennen, dass sie unten hart verkrustet waren und teilweise auf gesteinsartigen Brocken aufsaßen. Die Kosten an den unteren Moosteilen und das Gestein schwanken bei Behandlung mit Essigessenz, was auf ihre chemische Zusammensetzung – Calciumskarbonat (Kalk) – hindeutet. Wir versuchten im folgenden, uns die biogene Bildung von Kalktuff spielerisch verständlich zu machen.
Für den weiteren Exkursionsweg wurden folgende Sammel-Aufgaben verteilt:
Sammle mindestens fünf kräftig riechende Pflanzenarten
Sammle mindestens fünf Beispiele für Pflanzenteile, die sich sehr weich anfühlen
Sammle mindestens fünf Beispiele für Pflanzenteile mit Tierspuren
Sammle mindestens fünf verschiedene blühende Pflanzen
Sammle mindestens fünf Früchte oder andere Pflanzenteile, die „kletten“
Unterwegs wurden einige Pflanzen besonders in den Blick genommen:
Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telmateia, typisch für Quellstellen, basenreiche Untergrund, R 8)
Adlerfarn (Pteridium aquilinum, größte einheimische Farn-Art, typisch für mageren sandigen Boden R 3, Kosmopolit)
Wald-Bingelkraut (Mercurialis biennis, rhizombildende Schatten die ausgedehnte „Herden“ auf dem Waldboden bildet; an der windblütigen, zweihäusigen Pflanze entdeckte Johann Jakob Camerarius 1694 die Sexualität der Pflanzen)
Echtes Johanniskraut (Hypericum perforatum, an einer stärker besonnten Wegrandstelle, der „Blutstropfen“ den man aus den noch nicht geöffneten Blütenknospen pressen kann, enthält v. a. pupurfarbenes Hypericin und verwandte Antrachinonderivate, sie wirken antidepressiv und sedativ aber auch photosensibilisierend)
Winter-Schachtelhalm (Equisetum hyemale, wintergrüner, unverzweigter Schachtelhalm, dank seiner Siliziumdioxid-haltigen Warzen der Epidermiszellwand früher als Griffelspitzer und heute noch als Schleifwerkzeug für Klarinetten- und Saxophon-Blättchen verwendet)
Wald-Engelwurz (Angelica sylvetris, Doldenblütler mit sehr großen, dreifach gefiederten Blättern, medizinisch vor allem als schleimlösendes Mittel gegen Bronchitis eingesetzt)
Wir beobachteten in einer sehr schattigen Talniederung große Bestände des Winter-Schachtelhalms (R 7). Auf höheren Stellen des durch Hangrutschungen sehr ungleichmäßigen Reliefs wurden aber unmittelbar neben den Schachtelhalmen auch Heidelbeersträucher (R 2) gefunden.
Über einen immer steiler werdenden Weg (vielen Dank für den Anschub!) erreichten wir schließlich die Kreisstraße von Oberhofen nach Grünkraut (K7982), von der wir – nach Besprechung der Sammelaufgaben – links in die K7985 zum Weiler Menisreute abbogen. Von dort ging es auf steilem Pfad geradewegs zurück an den Flappachweiher – ich bedanke mich hiermit noch einmal für die Bike-Bremser, die mich vor einer rasanten Gleitfahrt bewahrten!
Aufgabe zum 13.7.2017
Skizzieren Sie einen didaktisch begründeten Plan zum möglichen Exkursionsablauf durch den Hangwald am Flappachweiher.
Aufgaben zum 16.7.2017
Nennen Sie einige Beispiele für windende Pflanzen und erläutern Sie den Unterschied zwischen S-Winder und Z-Winder. Kommen die beiden Typen unterschiedlich häufig vor? Geben Sie eine biologische Erklärung zur Lebensform „Winden-Pflanzen“.
Nutzen Sie die Abbildung zur Erklärung der Kalktuffbildung. Gehen Sie dabei besonders auf die Bedeutung von Moosen, Algen und Blaugrünen Bakterien ein (biogene Kalktuffbildung).
Im Hangwald oberhalb des Flappachweihers kommen dicht nebeneinander Pflanzenarten mit recht unterschiedlichen Zeigerwerten für Bodenreaktion und Nitratgehalt vor. Nennen Sie einige Beispielarten und erklären Sie den kleinräumigen Wechsel der Standortbedingungen.