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Botanischer Spaziergang in den Brochenzeller Wald am Samstag, dem 14.08.2021

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Treffpunkt: 10.00h am Wanderparkplatz im Brochenzeller Wald an der Landstraße L 329 zwischen Ettenkirch und Brochenzell, von Oberteuringen kommend links, kurz vor dem Kreisverkehr am Ortseingang von Brochenzell

Auf diesem Spaziergang gehen wir eine kleine Runde durch dieses schöne Waldgebiet mit abwechslungsreichem Baumbestand. Besonders interessieren uns die Pflanzen an den feuchten Wegrändern und Gräben.

Dauer: Etwa 2,5 Stunden

Ersatztermin bei schlechtem Wetter: 21.08.2015

Wälder am Rand des Schussenbeckens

Größere zusammenhängende Waldgebiete sind im heutigen Oberschwaben ziemlich selten. Im Laufe der mehrtausendjährigen Siedlungsgeschichte ist die typische kleinräumige Landschaft aus Felder – heute vielfach Obstplantagen -, Wiesen und kleinen Waldstücken entstanden. Das größte Waldgebiet, der Altdorfer Wald  etwa zwischen Vogt und Wolpertswende gelegen, hat immerhin eine Längsausdehnung von ca. 17 km. Dagegen ist das Waldgebiet , das sich am westlichen Rand des Schussenbeckens etwa von Ravensburg bis Meckenbeuren erstreckt, mit knapp 8 km deutlich kleiner. Die geplante Umgehungsstraße für Meckenbeuren könnte es noch weiter verkleinern. Trotzdem kann man in diesem Wald stundenlang wandern. Mehrere Bäche entwässern das Gebiet zur Schussen hin. Sie haben sich zum Teil ziemlich tief in die Jungmöräne eingeschnitten.Trotzdem ist der Wald ein guter Puffer, der einen Teil des Regenwassers speichert und dadurch vor Überschwemungen schützt.

SIG Sigmaringen, EHI Ehingen, UL Ulm, SLG Saulgau, BC Biberach, STO Stockach, ÜB Überlingen, KN Konstanz, TT Tettnang, RV Ravensburg, WG Wangen, MM Memmingen (aus Köhler, A.: Vom Wesen und Werden der oberschwäbischen Landschaft. In Ott, St. (Hrsg.), 1971: Oberschwaben. Otto Maier Verlag Ravensburg)

Mit dem Bodenseebecken wird das untere Schussental im Allgemeinen zum Landschaftsraum Bodensee-Schussen-Becken zusammengefasst, der am Ende der Würmeiszeit durch den Rheingletscher geprägt wurde.

Zum Exkusionsverlauf

Exkursionsweg

Wegbegleitende Hochstaudenflur

Wegränder sind häufig die artenreichsten Biotope eines Waldgebietes. Wenn sie nicht zu oft gemäht werden, entwickelt sich hier vor allem hochwüchsige, nährmineralliebende Stauden, aber auch Sträucher und Lianen. Besonders im Spätsommer und Herbst sind ihre Blüten ein wichtiges Futter für viele Nektar oder Pollen fressende Insekten. Auf unserem Spazierweg fallen besonders die großen Blüten- und Fruchtstände des Wiesen-Bärenklaus auf – wir messen beim höchsten 2,50m. Sie werden ebenso wie die der Wald-Engelwurz von Bienen, Hummeln, Schwebefliegen, Käfern und Schmetterlingen besucht.

Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) (Foto w.Probst, 20.8.2021)

Auch der Wasserdost liefert reichlich Nektar. Wegen der etwas tieferen Blütenkronröhren ist er vor allen für Schmetterlinge attraktiv. Wie Riesen-Schachtelhalm, Gilbweiderich und Kohl-Kratzdistel ist er Zeichen für einen feuchten Standort. Quellhorizonte sind typisch für die das Schussenbecken umrandenden Jungmoränen, in die immer wieder Lehm- und Tonschichten eingelagert sind. Neben dem befestigten Waldweg wurden zwei Gräben angelegt, um das Wasser der Quellhorizonte aufzunehmen.

Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) auf Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum) (Foto M. Pohl, 14.8.2021)

Der Name „Kohl“-Kratzdistel weist darauf hin, dass die Pflanzen als Gemüse genutzt werden können. Besonders die großen, weichen Grundblätter können wie Spinat zubereitet werden. Der Wurzelstock enthält reichlich Inulin und kann zu Mehl verarbeitet werden, das zum Andicken von Speisen dient. Auch der gegarte Blütenboden kann ähnlich wie Artischockenblütenstände genutzt werden. Kohl-Kratzdisteln werden in Japan angebaut. Ein weiterer Korbbühler, der Gewöhnliche Rainkohl, kann als Jungpflanze ebenfalls für Gemüse und Salate verwendet werden. Die einjährige, selten zweijährige Pflanze ist schon verblüht und überall stehen die weitgehend abgestorbenen Fruchtstände.

Ein auffälliges, häufiges Gras der Wegränder ist der Riesen-Schwingel mit langen überhängenden Rispen und großen begrannten Ährchen. Er ist typisch für feuchte Laubwälder und wächst besonders häufig in Auwäldern entlang der Wasserläufe. Zwei andere Gräser, die erst jetzt, für Gräser also ausgesprochen spät blühen, sind das Pfeifengras und die Rasen-Schmiele, die beide auf feuchten Standort hindeuten. Beim Pfeifengras ist der lange Halm knotenlos, alle Knoten finden sich an der Halmbasis. Pfeifengrashalme wurden deshalb früher zum reinigen langer Pfeifenrohre verwendet. In Norddeutschland heißt das Gras „Benthalm“. Dieser Name weist auf die Nutzung der Halme zum Aufbinden hin. Besenried wird das Gras genannt, weil man aus den Halmen früher auch Besen angefertigt hat. Pfeifengraswiesen sind typisch für teilweise trockenfallende Moore, auch entwässerte Hochmoore.

Die Rasen-Schmiele hat große, stark aufgeteilte Blütenrispen mit sehr kleinen Ährchen und sehr raue, gerillte Blätter, die im Durchlicht auffällig gestreift erscheinen. Die durchscheinenden Rillen sind die Stellen, über die sich die Blätter bei Trockenheit einrollen können. Außer auf feuchten bis nassen Wiesen, Weiden und Sümpfen gedeiht sie in feuchten, lichten Laubwäldern und in Quellfluren.

Blatt der Rasen-Schmiele (Grafik W. Probst)

Artenliste

Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)

Wald-Engelwurz ( Angelica sylvestris)

Gewöhnlicher Wasserdost (Eupatorium cannabinum)

Gewöhnlicher Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris)

Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum)

Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre)

Gewöhnlicher Rainkohl (Lapsana communis)

Kleiner Pippau (Crepis capillaris)

Große Brennnessel (Urtica dioica)

Zottiges Weidenröschen (Epilobium hirsutum)

Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium)

Gewöhnliches Hexenkraut (Circaea lutetiana)

Gewöhnliches Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Gewöhnlicher Wirbeldost (Clinopidium vulgare)

Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)

Wasserdarm (Myosoton aquaticum)

Gewöhnliches Mädesüß (Filipendula ulmaria)

Riesen-Schwingel (Festuca altissima)

Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa)

Pfeifengras (Molinia caerulea)

Brombeere (Rubus fruticosos agg.-Sammelart mit vielen schwer unterscheidbaren Kleinarten)

Kratzbeere (Rubus caesius)

Himbeere (Rubus idaeus)

Sträucher

Vogelbeere, Eberesche (Sorbus aucuparia)

Schlehe, Schwarzdorn (Prunus spinosa)

Weißdorn (Crataegus spec.)

Faulbaum (Rhamnus frangula)

Rote Heckenkirsche, Beinholz-Geißblatt (Lonicera xylosteum)

Artenreicher Baumbestand

Nach der waldökologischen Standortkartierung Baden-Württemberg ist der typische Wald des Schussenbeckens und seiner Randmöränen ein Buchenwald mit Tanne, Edellaubbäumen – also Ahorn-Arten, Ulmen, Kirschen, Linden und Eschen – Eichen und Hainbuchen. Die ebenfalls relativ häufigen Rot-Fichten und Wald-Kiefern sind vor allem auf Aufforstungsmaßnahmen zurückzuführen.

In den Bereichen in denen der Weg durch die Kronen der Laubbäume ziemlich stark beschattet ist, treten die Hochstauden am Wegrand zurück. Vor allem die dichten Kronen von einigen Winter-Linden (gekennzeichnet durch braune Haare in den Winkel der Blattadern auf der Unterseite) beschatten die Wegränder. Hexenkraut und Stinkender Storchschnabel sind häufig, in den moosreichen Nadelwaldbeständen gedeiht Wald-Sauerklee. An einigen Stellen haben sich große Bestände des einjährigen Großen Springkrautes (mpatiens noli-tangere) entwickelt, das im Gegensatz zu dem eingeschleppten Drüsigen Springkraut typisch für sehr schattige Standorte ist.

Winter-Linde und Weiß-Tanne (Foto W. Probst,20.8.2021)

Hier wachsen nebeneinander Rot-Fichte und Weiß-Tanne und wir beschäftigen uns mit den Unterschieden dieser beiden einheimischen Nadelgehölze („Fichte sticht, Tanne nicht“) und auch mit den Gattungsunterschieden von Tanne und Fichte: Für die Gattung Fichte sind die braunen Nadelstielchen charakteristisch, die nach dem abfallen der Nadeln am Zweig stehen bleiben. Für die Gattung Tanne ist die verbreiterte grüne Nadelbasis charakteristisch, die nach dem abfallen eine glatte Zweigoberfläche zurücklässt.

Gelbbauchunken (Bombina variegata)

Gelbbauchunke (Bombina vriegata) aus dem Brochenzeller Wald (Foto Lilli Schiller, 14.8.2021)

An der tiefsten Stelle des Weges, der die L 329 mit der Kreisstraße 7731 von Meckenbeuren nach Taldorf verbindet, liegen wir in einen kleineren Weg nach rechts ab. Er wird von einem Wasser führenden Graben begleitet, in dem große Bestände der Wasser-Schwertlilie stehen. In einer Wegpfütze entdecken wir Kaulquappen der Gelbbauchunke und nach genauem hinschauen sowohl in der Pfütze als auch im angrenzenden Graben die Unken selbst.

Kaulquappen der Gelbbauchunke in Wegpfütze, 20.8.2021 (Foto W. Probst)

 „Eine Gefährdung für die Vorkommen der Gelbbauchunke geht vor allem von Lebensraumverlusten aus, wie sie beispielsweise durch das Verfüllen von Tümpeln, durch Ausbau von unbefestigten Waldwegen und Rückegassen, aber auch durch natürliche Sukzession (vor allem die Verbuschung) der Pionierbiotope auftreten. Infolge einer räumlichen Verinselung, also einer Fragmentierung der Habitate (beispielsweise durch Straßen oder intensive Landwirtschaft), werden Vorkommen voneinander getrennt. Dadurch werden der genetische Austausch zwischen den Populationen und die Zuwanderung von außen eingeschränkt, was letztlich die Überlebensfähigkeit der isolierten Bestände gefährdet“.(Wikipedia)

Die Unken sind nach der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland stark gefährdet (2). Sie sind sowohl nach dem Bundesnaturschutzgesetz als auch nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie streng zu schützen. Innerhalb Deutschlands sind sie als „Verantwortungsart“ eingestuft.

Gelbbauchunke in einer Wegpfütze im Brochenzeller Wald (Foto W. Probst, 20.8.2021)

Die Unkenpfütze hat Verbindungen zum wegbegleitenden Graben. Dort gedeihen Hänge-Segge (Carex pendula), Gewöhnlcher Blutweiderich (Lytrum salicaria), Gewöhnliches Mädesüß (Filipendula ulmaria), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), Sumpf-kratzdistel (Cirsium palustre) und Pfeifengras (Molinia caerulea).

Unkenbiotop im Brochenzeller Wald 26.8.2021 (Foto W. Probst)